Volltext Seite (XML)
Gräfin Isabella Kwilceka, die Haupt person m dem bekannten Prozeß, hatte seiner zeit nach ihrer Freisprechung die Absicht kund gegeben, zum Danke sür die Sympathie, die ihr die Berliner Bevölkerung erwiesen, ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten der Armen Berlins zu geben. Für dies Konzert war der Monat März in Aussicht genommen. Wie polnische Blätter berichten, hat die Gräfin nun mehr auf Veranlassung ihrer Angehörigen diese Absicht aufgegeben. Durch Wucherer in den Tod getrieben. Die behördlichen Feststellungen zu dem frei willigen Tode des koreanischen Attaches Hong in Berlin haben die Einleitung eines Strafver fahrens gegen mehrere Wucherer zur Folge ge habt, denen der junge Mann in die Hände ge raten war. Es steht schon jetzt fest, daß der Koreaner das Opfer skrupelloser „Geldgeber" geworden ist. Die Versandung des Rheins. Schon seit einigen Monaten nimmt die Versandung der Mittelheimer Bucht immer mehr zu. Die Sandbänke find heute so angewachsen, daß bei niedrigem Wasserstande bereits ein großer Teil offen liegt. Von einer Zugänglichkeit der Ufer selbst für kleinere Schiffe ist keine Rede mehr. Die von der preußischen Wasserbauverwaltung zeitweise in größerem Umfange vorgenommenen Baggerungen vermögen die stetig fortschreitende Versandung aus die Dauer nicht zu verhüten. Die Einwohner von Oestrich, Mittelheim und Winkel wollen daher mit allen rechtlich zu Gebote stehenden Mitteln die ihnen durch Staatsvenrag gewährleistete Offenhaltung der Bucht zu fördern versuchen. Das zu diesem Zweck seit vergangenem Jahre wieder tätige Aktionskomitee hat jetzt beschlossen, die Sache den beteiligten Abgeordneten zu übergeben, damit diese die dringende Forderung der geschädigten Gemeinden vertreten. Ein Liebesdrama. Wie die ,Stettiner Neueste Nachrichten' melden, verwundete am Montag morgen in einem Stettiner Hotel der vom 2. Artillerieregiment nach Stettin komman dierte Zahlmeisteraspirant Schreidecke seine Braut durch einen Schuß lebensgefährlich und lötete sich dann selbst. Selbstmord am Grabe der Gattin. In dem Orte Ahlsdorf bei Eisleben sollte am Frei tag nachmittag die Ehefrau des Bergmanns Wilhelm König beerdigt werden. Als das Grab fertig ausgeworsen war, sprang der ver zweifelte Gatte der Verstorbenen in die Gruft, erschoß sich und machte so sein vierjähriges Söhnchen ganz zur Waise. Ansbrecher. In der Nacht brachen aus dem llnlersuchungsgesängnis am Klapperfeld in Frankfurt a. M. neun Untersnchungsgefangene ans, die meist wegen geringer Vergehen in Haft genommen waren. Dieselben hatten ein Loch durch die Mauer gebrochen und waren so ins Freie gelangt. Dem Vernehmen nach sind die meisten bereits wieder festig uommen worden. Zwei Jahre später aus der Schule entlassen. Der Sohn des Kaufmanns G. in Posen, der zwei Jahre länger in die Schule gehen mußte, weil er auf alle in dem Religions unterricht an ihn in deutscher Sprache gestellten Fragen nicht antwortete, ist jetzt aus der Schule entlassen worden. Dem irdischen Richter entzogen hat sich im Untersuchungsgefängnis zu Tilsit der Zimmermann Westphal, indem er sich in seiner Zelle mittels der Hosenträger erhängte. Westphal war unter dem dringenden Verdacht, an seiner Ehefrau einen Giftmord verübt zu haben, vor einiger Zeit in Haft genommen worden. Sein böses Gewissen scheint ihn jetzt in den Tod ge trieben zu haben. Vierfacher Mord. In der Sonntag-Nacht schlich sich der Fleischhauergehilfe Ebner in die Wohnung des Fleischhauers Svatos in Ottakring bei Wien ein und ermordete diesen sowie dessen Frau durch Messerstiche, danach auch einen Lehrling und eine Dienstmagd. Der Mörder hatte die Absicht, die eiserne Kasse des Fleisch hauers zu berauben, durch die Hilferufe der Magd wurde er aber daran verhindert. Ebner wollte durch das Fenster die Flucht ergreifen, durch einen vorbeitommenden Soldaten und einen Radfahrer wurde er indessen festgenommen. Darauf machte er einen Selbstmordversuch. Prozeß gegen falsche Zekgen. Gegen die beiden angeblichen Zeugen des schrecklichen Automobil? Unfalles, der dem amerikanischen Millionär Fair und seiner jungen Gattin, einer geborenen Vander bilt, in der Nähe des Städtchens Passy-sur-Eure in Frankreich das Leben kostete, Moräne und Mas, finden zurzeit die Verhandlungen vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht statt. Sie sind angellagt, sich von der Familie Vanderbilt sür das falsche Zeugnis, daß sie sicher wären, Frau Fair habe nach ihrem Manne das Leben ausgehaucht, haben bestechen lassen. Es handelt sich bei dieser Sacke um eine Erbschaft von 50 Millionen, die je nach den Feststellungen den Erben der Frau oder des Mannes zufallen müßle. Die Verhandlungen haben ergeben, daß die beiden übrigens sehr anrüchigen Individuen Mas und verlor. Er mußte nach einer Heilanstalt ge bracht werden und als er nach längerer Zeit aus der Anstalt entlassen wurde, befiel ihn tiefe Melancholie. Vier Jahre litt er an Schlaf losigkeit, die seine Nerven zerrüttete und dazu beitrug, daß sich sein Geist immer mehr ver- .düsterte. Fortwährend sah er den Sterbenden vor sich, der ihn mit vorwurfsvollen Augen an- blickte. Jetzt ist Frey unheilbar wahnsinnig und es unterliegt keinem Zweifel, daß er seine Tage im Jrrenhause beschließen wird. Gericktskatte. Aachen. Im Altenberger Spielbankprozeß wurde das Urteil verkündet. Die Angeklagten Bara, Übersichtskarte ru äem Gefecht bei Owikokorero. Der Ort des Zusammen stoßes mit den Hereros ist mit einem Kreuz bezeichnet. Nach den letzten Meldungen ist das Detachement Gla senapp, das die schweren Verluste eilitten hat, am 6. März vom Biwak bei Owiugi in zwei Kolonnen nach Westen aufgebrochen, um die nach den Onjaübergen östlich von Okahandja zurückgegangenen Hereros zu stellen. Major von Glascnapp eilte mit seinem Stabe, zahlreichen Offizieren und einer beritte nen Abteilung von 38 Mann voraus, wurde aber ge zwungen, unter empfind lichen Verlusten zurückzu gehen. Moräne auf keinen Fall an dem betreffenden Tage sich in oder um Passy-sur-Eure ausgehalten haben und daß sic mithin vor den amerikanischen Gerichten falsches Zeugnis abgelegt hatten. Sie hatten durch ihren Advokaten Einspruch gegen die Zuständigkeit des Pariser Gerichtes erheben lassen und waren dann, als dieser verworfen wurde, den Verhand lungen fcrngeblieben, so daß nur ein Kontumazurteil gegen sie erfolgen kann. In de» Wellen begraben. Aus Dublin wird folgendes schwere Schiffsunglück mitgc- teilt: Die deutsche Bark „Mona" stieß mit der großen Bark „Lady Cairus" zusammen. Diese sank rasch und, obgleich die „Riona" zur Hilfe leistung bei ihr blieb, wurde von Mannschaften oder Reisenden nichts mehr gesehen. Später wurde die „Mona" nach Dublin eingeschleppt. Die Mannschaft des bei einem Zusammen stoß am Freitag gesunkenen englischen Unter seebootes ,,^L 1" ist von Tauchern im Innern des Bootes ertrunken vorgesunden worden. Der älteste Parlamentarier. Seinen hundertsten Geburtstag hat jüngst deii Doyen der Parlamentarier, der Senator David Wart in Montreal (Kanada) gefeiert. Bei dieser Gelegenheit hat er viele Glückwunschtelegramme erhalten, auch eine Depesche von König Eduard. David Walk ist in Londonderry (Irland) ge boren und gehört seit dem Jahre 1845 dem kanadischen Parlament an. Er gehört mit zu den 21 Senatoren, die im Jahre 1867 bei der Begründung des Bundes zu Senatoren auf Lebenszeit ernannt wurden. Des Opfers vorwurfsvoller Blick. Durch das Gericht in Philadelphia wurde ein unheilbar Geisteskianker dem städtischen Jrren hause überwiesen. Der Bedauernswerte ist ein Deutscher, ein ehemaliger Lokomotivführer und seine Geschichte dürste zu den traurigsten ihrer Art gehören. Frey, so ist der Name des Mannes, hatte vor etwa 6 Jahren das Un glück, mit seiner Lokomotive einen Mann zu überfahren, der wenige Niinuten nach dem Unfall starb. Der Überfahrene war ein guter Freund von Frey und hinterließ eine Frau mit sieben kleinen Kindern, die nun ihres Ernährers beraubt waren. Der Sterbende warf, ehe er die Augen für immer schloß, Frey noch einen langen vorwurfsvollen Blick zu, der den Loko- moüvführer so erschütterte, daß er den Verstand Bayly und de Witte wurden zu Geldstrafen von je 100 Frank und der Wirt Bergcrhof zu 50 Frank Geldstrafe verurteilt, während der Advokat Bogaert sreigesprochen wurde, weil er seit der eigentlichen Gründung der Gesellschaft nicht mehr Mitglied der selben war. Nen-Ruppi». Um 80 000 Mk. bestohlen und hinterher wegen Steuerhinterziehung bestraft wurde der hiesige Holzhändler Sechting. S. machte im April v. bei der Polizeibehörde die Anzeige, daß. ihm am Tage zuvor eine Summe von 80 000 Mk. in Effekten gestohlen worden sei und übergab der Polizeibehörde ein Verzeichnis der gestohlenen Wertpapiere. Dieses Verzeichnis wurde, nach dem S. auf die Ermittelung der Diebe eine Belohnung von 1000 Mk. ausgesetzt, durch die Staatsanwaltschaft veröffentlicht. Alle Nachforschun gen zur Ermittelung der Diebe blieben jedoch er folglos. Desto findiger erwies sich die Steuerbehörde. Sie hatte auf Grund des von S. aufgestellten Ver zeichnisses bald herausgefunden, daß dieser in den Jahren 1899—1903 in den von ihm aufgestellten Steuerdeklarationen über sein Einkommen wissentlich falsche Angaben gemacht habe; auf diese Weise habe er etwa 130 820 Mk. absichtlich verschwiegen. S. hatte sich dieserhalb vor der Strafkammer zu Neu-Ruppin ivegen Steuerhinterziehung zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Gesamtstrafe von 5164 Mk., der Gerichtshof erkannte auf 4505 Mark oder 3 Monat Haft. Ablckn. V Abt. r § r. Es war einmal ein Postgehilfe auf einem Postamt III, der fleißig zum Examen lernte und am Schalter saß. Zu dem kam eines Tages ein Mann und lieferte einen Geldbnef über 8000 Mk. nach Belgrad auf. Aber nicht an König Peter, der hatte damals noch genug. Jetzt hat er vielleicht auch genug, es fragt sich nur — was! Der Postgehilfe, der seine Bücher kannte, sagte zu sich: „Abfchn. V Abt. 2 8 2 letzter Absatz: Bei Wertbriefen, für die das vom Einlieferer bar entrichtete Franko seitens der Postanstalt durch Freimarken zu verrechnen ist, sind zum Zwecke der Gewichtsermittelung die Freimarken mit auf die Wagschale zu legen." „Aber," fuhr er fort, „will ich wisfen, wieviel Marken ich auf die Schale zu legen habe, muß ich vorher das Gewicht seststeUen. Denn je schwerer der Brief, desto höher das Franko." Er ermittelte also zunächst das Gewicht ohne Marken und zwar auf nicht ganz 195 Gramm. Kostenpunkt: 2 Mk. 60 Pfg., 20 Pig. Ein schreibegebühr, 6 Mk. 80 Pfg. Versicherungs gebühr, also zusammen 9 Mk. 60 Pfg. Diesen Betrag forderte er ein. Als er nun die neun zehn Fünfzigpfennig-Marken (höhere Werte hatte er nicht) und eine Zehnpfennig-Marke mit auf die Wage legte, wog der Brief über 196 Gramm und kostete noch 20 Pfg. mehr. „Was!" schrie der Aufgeber. „Noch 20 Pf.? Fällt mir nicht ein! Nehmen Sie Zweimark- Marken statt der vielen Fünfziger, dann wiegt der Brief unter 196 Gramm." „Aber er wird immer noch über 195V- wiegen; das ändert also am Preise nichts," sagte der Postgehilse ruhig. „Ein halbes Gramm wird nicht gerechnet," schrie der Auslieserer. „Da muß ich Ihnen widersprechen. Im 4. Absatz des ß 2 Abschn. V Abt. 2 heißt es: Das Gewicht — bei Wert briefen — wird in ganzen und halben Gramm angegeben, übelschießende Gewichtsteile von weniger als V- Gramm bleiben unberücksichtigt," erklärte der Gehilfe. „Junger Mann," donnerte der Besucher ihm entgegen, „ich bin zweimal im Afsistentenexamen durchgefallen, aber ich weiß, daß im Weltposthandbuch Seite 203 geschrieben steht: Auf jedem Briefe mit Wertangabe ist das genaue Gewicht desselben in Gramm zu vermerken. Da gibt's nichts Halbes!" — Das ist schon lange her, seit diese Geschichte passiert ist; heute wird's wohl anders sein, berichtet das ,Posthorn'. Etwas von Munäerkmäern. Waren die großen Künstler in ihrer Jugend Wunderkinder? Die .Revue' richtete jüngst diese wichtige Frage an eine Anzahl franzö sischer Künstler und veröffentlicht jetzt die Ant worten. Drei dieser Antworten seien hier wiedergegeben. Der Komponist Saint-Sasns schreibt: „. . . Ich begann schon als Kind von 30 Monaten mich für Musik zu interessieren; ich konnte vollständig lesen und hatte in einem Monat Le Carpentiers Klaviermethode ver schlungen, mit fünf Jahren komponierte ich Walzer, Romanzen und andere „Kleinigkeiten" ohne Wert, aber sie waren fast immer korrekt geschrieben . . ." Ein Wunderkind ähnlicher Art war der Komponist Reynaldo Hahn: „Es mag unwahrscheinlich klingen," schreibt er, „aber es bleibt trotzdem wahr, daß ich schon im Aller von einem Jahre für die Musik eine ausge sprochene Vorliebe zeigte und stammelnd einige Noten einer Melodie, die ich unaufhörlich im Hause fingen Hörte, nachzusingen begann Mit drei Jahren warf ich mich auf die Erde, wenn meine Schwestern Klavierunterricht halten, und war lustig oder bis zu Tränen traurig, je nach der Art der Musik, die ich hörte . . ." Der bekannte Maler Raffaelli beichtet: „Im Zeichnen war ich immer der Letzte; man gab mir Modelle, die ich verschlang und in einer Stunde reproduzierte. Sie waren schlecht, aber mein heißes Begehren war gestillt. Mit zehn Jahren war ich Solist in der Kirche des Pensionats, in das man mich gebracht hatte. JchspielteKömödie und sang bei Preisverteilungen und Festen. Ich bat junge Freunde um Verse und sang sie nach einer Melodie, die ich beim Lesen der Verse erfand. Ich trieb alle Künste, ohne eine einzige gelernt zu haben. An Kühn heit und Selbstvertrauen fehlte es mir nie . ." Kuntes Allerlei. Die schöne Uniform. Im Bulletin der französischen Polizeikommisfare stand dieser Tage folgende Annonce: „Herr A. . . ., Polizei kommissur in B. . . ., möchte seine Kommissar- unifoim spottbillig verkaufen. Die Uniform ist nur einmal bei einem großen Empfange ge tragen worden und machte einen so vortreff lichen Eindruck, daß man den Träger für einen Unterpräsekien hielt!" Was braucht man mehr, um glücklich zu sein! Es sollte, schreibt ein Pariser Blatt, kein 'Mensch, der ein paar Frank übrig hat, sich die schöne Gelegenheit entgehen lassen, eine Uniform zu erwerben, in der ein Polizeikommissar einem Unterpräiekten zum Ver wechseln ähnlich sieht. Mildern aufbauten, und zu diesen Glücklichen gehörte das schöne blasse Mädchen, das ihm dort gezenübersaß, so liebevoll mit seiner Tochter plauderte und ihm selber ein ungewöhnliches Interesse entgcgenbrachte, seit sich herausgestellt, daß er ihre verstorbene Mutter gekannt hatte. Nachdem der Kellner mit den verlangten Er frischungen gekommen und dann wieder ge gangen war, gab Erna Hellwald der Unter haltung eine andere Wendung. Ihrer Meinung nach war genug über das alte Ungetüm in Ost preußen gesprochen worden, und die Gefahr lag nahe, daß sie ihrem vornehmen Gegenüber ver riet, wie Mildern tatsächlich dachte und zu handeln beabsichtigte. Dem aber mußte unbe dingt vorgebeugt werden. So wandte sie sich denn an die jungen Mädchen mit einigen nichts sagenden Bemerkungen über das Leben und Treiben im Garten. Darauf wurde das Ge spräch auf kurze Zeit ein allgemeines. Dann aber richtete Herr von Hagel seine Worte aus schließlich nur an Fanny. Frau Erna sprach in die kleine blonde Asta hinein. Aber Backfisch, chen zeigte sich dec alternden Dame gegenüber stllsam zurückhaltend. Während sie doch vorhin mit deren Nichte lebhaft und harmlos geplaudert hatte, antwortete sie jetzt fast nur mit „ja" und »nein" auf die freilich auch ziemlich albernen Fragen der Frau Hofrat, die dem jungen Mäd chen durchaus unangenehm erschien. n, Beständig warf sie verstohlene Blicke auf ^ltpll. (Ls iE-, als wenn sie Herr von Hagel durch dieselben veranlassen wollte, ihr wieder ^as hübsche blasse Fräulein zu übeuassen, mit dun er je^ eifrig über deren verstorbene Mullei sprach, Hanna von Mildern, die er mit großer Lebhaftigkeit zu schildern wußte. Aber Herr von Hagel wollte „sein Kleines" nicht verstehen und redete fort und fort zu seinem schönen Gegenüber. Fanny hörte mit feuchten Augen den Lobeserhebungen zu, die der neue Bekannte für den Liebreiz und die Lebhaftigkeit der Verstorbenen hatte. Endlich rief die Kleine: „Papa, wollen wir uns jetzt nicht ein wenig im Garten umsehen? Es gibt hier gewiß noch vieles zu sehen, und sicher wird uns das Fräu lein begleiten." „Hat mein Liebling die Wahrheit getroffen?" fragte Herr von Hagel. „Warum nicht," entgegnete Fanny harmlos. Als die drei dann den Rundgang beginnen wollten, erhob sich auch Frau Erna. „Mich wollten die Herrschaften wohl als- Hüterin des Platzes zurücklassen?" fragte sie empfindlich und nahm darauf ungeniert den Arm ihres „Lebensretters".^ Nun mußte sich derselbe in die wenig beglückende Zumutung fügen, den Koloß durch das Etablissement zu schleppen. Aber während er dies tat, machte er doch allerhand Bemerkungen zu Fanny und richtete hin und wieder ein freundliches Wort an „sein Kleines". Das aber war jetzt ganz Vergnügen und Freude, und während Ada immer wieder den Arm der jungen Dame, für die sic sich so schnell begeistert Halle, an ihr Herzchen preßte, rief sie dem Lawr zu: „Daß mir heule noch ein so großes Glück zuteil werden würde, habe ich mir nicht träumen lassen, Papa, als du mich mit so ernsthafter Miene ahholtest, um mich nach deinem Gasthof zu führen!! — Weißt du, Väterchen," setzte sie dann hinzu, „ich wünschte mir, der Tag nähme gar kein Ende und wir hörten gar nicht auf, hier umherzuwandeln." „Da hegt mein Kleines ja sonderbare Wünsche," entgegnete Herr von Hagel lächelnd und fuhr fort: „Der heutige Tag muß seinen Abschluß finden, wie alles im Leben, das ist Naturgesetz. Aber, Liebling, ihm sollen noch eine Reihe gleich schöner folgen, da wir noch für eine Weile in Hohenburg bleiben!" „Aber Papa, du meintest doch erst heute morgen, daß wir unbedingt in vierundzwanzig Stunden nach Bradoczin abreisen müßten!" „Meinte ich das ? — Nun Kind, auch Leute, deren Haare grau zu werden beginnen, können ihre Ansichten und Beschlüsse ändern. In diesem Fall befinde ich mich, Ada!" Johannes v. Hagel warf hier einen schnellen fragenden Blick zu Fanny Hellwald hinüber, deren bleiches schönes Gesicht jetzt erfreut auf leuchtete, und dieser Ausdruck in den sprechenden Zügen entzückte ihn so, daß ein Gedanke, der sich ihm vor kaum einer Stunde zum erstenmal aufgedrängt hatte, sich mehr und mehr in ihm befestigte und ihn sortfahren ließ: „Ich will meinem Töchterchen deshalb auch jetzt gleicy sagen, daß wir unsern Aufenthalt hier noch um einige Tage verlängern. — Ich denke jedoch nicht daran, das ungemütliche Hotelleben fortzuführen, sondern wir werden uns morgen eine möblierte Wohnung mieten." „O, das ist himmlisch — ganz furchtbar hübsch!" ries Backfischchen. Ihr Köpfchen an Fannys Schulter gelehnt, flüsterte Ada: „Nicht wahr, Fräulein, Sie finden das auch?" Eine lebhaft hingeworfene Bemerkung der Frau Hosrat überhob die junge Dame der Er widerung und erleichterte Hagel die Bitte, den Damen seine Aufwartung machen zu dürfen. Die Witwe bejahte diese Bitte mit großer Liebenswürdigkeit, während Fanny, an die fich der Herr noch ganz besonders wandte, nur da- blasse Gesichtchen neigte. * * * Tag reihte fich an Tag, und jeder von ihnen trug den vollen Zauber der schönen Herbstzeit, zur Freude der Parkbewohner und der beiden Hagels, die, soviel dies anging, bei den Damen Hellwald weilten. Der Ritterguts besitzer zeigte jetzt offenkundig, was ihn noch in Hohenburg hielt. Sein Töchterchen aber hing mit einer Zärtlichkeit an Fanny, die diese rührte und zu voller Erwiderung nötigte. So kam eS denn auch, daß die junge Dame eines TageS ihren alternden Verehrer bat, die Kleine wäh rend der Zeit seines Hohenburger Aufenthalte- bei ihr und Tante Erna zu lassen. „Dazu gebe ich nur zu gern meine Erlaub nis," erwiderte Herr v. Hagel; das Kind aber warf fich jauchzend an Fannys Hals uiü) flüsterte in das Ohr der lieben älteren Freundin: „Wie ich mich freue, Fräulein Fanny, daß ich bei Ihnen bleiben dari l Ach Gott, am liebsten möchte ich ja sür immer mit Ihnen vereint sein, oenn so gut wie Sie zu mir sind, war noch kein Mensch auf der ganzen weiten Wett." M»r (Fortsetzung folgt.)