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Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat?u Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend, «donnementsprei» inkl. de» allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltung«blattes" vlmtt^jührlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in» Haus 1 Mark 2V Pfennige, durch di« Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf de« All« gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitung-boW jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« «ir Rabatt nach Nebereinkunft. Inserate bitten wir für di« Mittwoch-Nummer bi« Dienstag vormittag Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag l/,I1 Uhr einzusende«. Inserate, welche in den oben vermerkten Geschäftsstellen abgegeben werden, werden an gedachten Lagen nur bi« vormittags S Uhr angenommen. Schriflltiiung, Druck und Verlag von N. ölhuvig, Bretnig. Nr. 29. Sonnabend den 9. April 1904. 14. Jahrgang. Bomden Attentat in Barzelona. Barzelona, 7. April. Al« der König Alfons von Spanien heute vormittag die Ar beit». Ausstellung in Barzelona verließ, wurde von Anarchisten eine Bombe geworfen. Die selbe platzte und verwundete zwei Landleute. Der König blieb unversehrt. Ein Verdächtiger ist verhaftet worden. Oertlicke- und Sächsische- Bretnig. Die letzte Ostern an hiesiger Schule frei gewordene HilfSlehrerstelle ist durch Herrn Hilfslehrer Uhlig vom Nossener Seminar besetzt worden. — Der am 1. April d. I. in Kraft ge tretene neue deutsche Personen- und Gepäck tarif bringt für Sachsen insofern eine sehr wichtige Neuerung, als es nunmehr nicht mehr gestattet ist, wie bisher auf Rückfahr karten die Reise innerhalb der 45tägigen Gültigkeit anzutreten; der Antritt der Reise muß nach den neuen Bestimmungen nunmehr spätesten» an dem Tage nach der erfolgten Abstempelung der Karte erfolgen ; andernfalls erlischt die Gültigkeit der Karte. Die» gilt sowohl für einfache als auch für Rückfahr karten. Das bei uns jetzt neu eingeführte Verfahren bestand z. B. in Preußen schon bisher. — Das nächste Deutsche Turnfest wird 1908 in Frankfurt a. M., der nächste Deut sche Turntag 1907 in Worm» abgehalten werden. — Das neue sächsische Lotteriegesetz ist Nunmehr in Kraft getreten. Das wesentlich Neue gegenüber dem bislang geltenden Rechte faßt § 1 zusammen, der besagt, daß der, der Lose oder Losanteile außersächsischer Lotterien, die nicht mit Genehmigung der Ministerien de» Innern und der Finanzen im Königreiche Sachsen zugelaffen sind, kauft oder sonst an sich bring', mit Geldstrafe bis zu 600 Mark bestraft wird. Es ist also in Sachsen nicht Nur, wie bisher, das Verkaufen, resp. Ver- treiben, sondern auch das Kaufen oder sonstige Erwerben solcher außersächsischsr Lose ver boten. Auch das Auslegen von Anpreisungen ist unter Strafe gestellt. Lichtenberg. Die am Oster-Sonnabend nachmittag hier abgehaltene Beichtseier, an welcher 69 Kommunikanten teilnahmen, fand ein vorzeitiges, jähe» Ende. Denn als die heilige Handlung soweit vorgeschritten war, baß der Geistliche die Beichtfragen an die Gemeinde richtete, ergoß sich plötzlich eine ge- wattige Feuergarbe von oben in den Raum zwischen Turm und Schiff, worauf alsbald eine finnbetäubende, dumpfe Detonation, so wie lautes Geklirr zerbrechender Fensterschei- ben (e» wurden später deren 5S gezählt) und Herunterfallen von Mörtel und Gestein von den Wänden folgten. Drei männliche Per sonen wurden von den Blitzstrahlen getroffen, stäubt und gelähmt, sodaß sie au» dem Gotteshaus getragen werden mußten. Doch sieht nach ärztlichem Gutachten deren baldige Wiederherstellung zu hoffen. Die allgemeine Befürchtung, daß die elektrische Entladung ouf dem Turm und Kirchboden gezündet haben würde, erwies sich glücklicherweise als unbe- gründet. Auch die umliegenden Gebäude, ^'"rre, Post, das Louis Gärtner'sche Wohn- H?ur, son ie der Spritzenschuppen wurden durch H I - hkn getroffen und mehrfach beschädigt. R?? sachverständigem Urteile hat die eiserne ^chableitungsanlage der Kirche nicht funk- Kamenz. Seit einigen Tagen treibt hier und in der Umgegend ein Schwindler sein Unwesen. Derselbe verschafft sich unter irgend einem Vorwande Zutritt in die Wohn ungen und gibt den Bewohnern an, daß er Räder zu kaufen oder leihen beabsichtige, da er kurze Touren nach unweit gelegenen Orten zu machen habe. Gestern gelang es dem Unbekannten, welcher der Beschreibung nach mit dem kürzlich in Elstra aufgetauchten Fahrradschwindler identisch sein dürste, eine in der Grünenstraße hier wohnhafte Person auf die geschilderte Weise um ein Fahrrad zu prellen und sich damit auf Nimmerwieder- sehen zu verduften. Vorkommenden Falles also Vorsicht vor dem Betrüger! Etwaige Wahrnehmungen dürsten den städtischen Poli zeiorganen sehr erwünscht sein. — Ein schreckliche» Ehedrama hat sich am Dienstag nachmittag in Bautze«, Steinstraße 32 abgespielt. Dort wohnt seit Sonnabend der Maurer Lowke mit seiner Familie. Lowke geriet mit seiner Ehefrau in Streit und er stach dieselbe. Der Stich traf die Herzgegend und wirkte sofort tödlich. Lowke verließ nach de: Tat seine Wohnung, trank sich einen Rausch an und wurde nach seiner Rückkehr auf der Treppe liegend vorgefunden und ver haftet. Er ist Vater von drei erwachsenen Kindern. Die Ermordete galt in ihrer Um gebung als äußerst friedliebende, tüchtige Haus frau und sorgsame Mutter ihrer drei Kinder, während der Mörder von jeher al» ein arbeits scheuer und roher Mensch bekannt war. — Landgericht Dresden. Die Bautzener Offiziers-Affäre beschäftigte die 6. Straf kammer. Wegen Beleidigung der sächsischen Offiziere insbesondere des Bautzener Offizier korps hatte sich der frühere verantwortliche Redakteur des „Beobachters", Eberhard Jo hann Stein, zu verantworten. Die Belei digungen sind enthalten in 3 Artikeln in Nr. 10 des Beobachter vom 9. März. Unter der Ueberschrift „Einiges au» der Offiziers- Aera", „Knorpelgedanken" und „Hundeführen in Bautzen" wurden einigen Bautzener Offi zieren schwere sittliche Verfehlungen zum Vor wurfe gemacht. Die betreffende Nummer ist übrigens bald nach dem Erscheinen konfis ziert worden, worauf da« KriegSmimsteriu.n und sämtliche Bautzener Offiziere Strafantrag stellten. Der Angeklagte muß zugeben, daß die aufgestellten Behaupt ungen völlig au« der Luft gegriffen sind, führt aber zu seiner Ent schuldigung an, daß da» von dem sächsischen Bevollmächtigten Krug v. Nidda im Reichs tage abgegebene Dementi zu spät zu seiner Kenntnis gelangt sei, um die beleidigenden Artikel noch zurückhalten zu können. Das Gericht verurteilte den Angeklagten in Rück sicht auf die bekannte Tendenz des „Beob achter" zu 6 Monaten Gefängnis. Dresden. Sensationelle Enthüllungen hat eine Verhandlung vor ver 3. Strafkammer des Königlichen Landgericht« hier geliefert. Au» der Haft vorgeführt wurde ein hübsches, junges, intelligent unv unschuldig ausschauen- des Mädchen — ohne Namen, wie sie be hauptet. Das Mädchen hat lange Zeit hin durch die Städte Chemnitz, Leipzig, Plauen, Zwickau, Crimmitschau, Stollberg, Zittau, Beutzen, Görlitz und Breslau unsicher gemacht, sich in mehr al« 90 Fällen, jedesmal unter falschem Namen, den es nach Belieben änderte, und unter Vorlegung gefälschter Zeugnisse, von welchen 100 Stück in ihrem Besitze ge funden wurden, vermietet und sich den üblichen Miet«taler erschwindelt, ohne jemal« eine der Stellen angetreten zu haben. Al« das Mädchen endlich abgefaßt wurde, verweigerte es jede Auskunft über seine persönlichen Ver hältnisse, Der Staatsanwaltschaft fiel nun die schwierige Aufgabe zu, über die in den gefälschten Zeugnissen angegebenen Namen Recherchen anzustellen, und nach vieler Mühe glaubte man endlich, in der Schwindlerin die 1875 in Obrrba um garten in Schlesien geborene Verkäuferin Anna Johanne Baudi» entdeckt zu haben. Da» Mädchen bestritt aber, Bau- dis zu heißen, behauptet« vielmehr das eine Mal, Anna Buschmann aus Zwickau, da» andere Mal, Anna Friedrich au« Plauen i. V. zu sein. Im übrigen verfügte sie über 25 verschiedene Namen. In der Hauptver- Handlung stellte sie entschieden in Abrede, Anna BaudiS zu heißen, bestritt auch, vorbe straft zu sein, denn da« Strafregister der Anna Baudi» weist 7 Jahre Zuchthaus und mehrere Jahre Gefängni» auf. Da» Gericht hatte vorausgesehen, daß die Schwindlerin infolge dieser Vorstrafen auch heute bei ihrer Behauptung verbleiben werde. Um sie nun als die „Anna BaudiS" zu entlarven, waren die hochbetagten Eheleute Baudis, sowie deren Sohn au» Schlesien geladen worden, um festzustellen, ob die Angeklagte die Tochter der ersteren ist. Nun spielte sich ein tiefergreifen der Akt im Gerichtssaale ab. Al» die Eltern den Saal betraten, sprach die alte Mutter: „Ja, da» ist unser Kindl" Der Bruder er klärte: „Das ist meine Schwester!" Keine Miene verzog das Mädchen, mit keiner Wim per zuckte sie, als sie auf die Frage de« Präsi denten, was sie zu den Aussagen ihrer Ange hörigen zu bemerken habe, unter atemloser Spannung sagte: „Das sind nicht meine Eltern, da» ist nicht mein Bruder, ich heiße nicht Anna Baudi«, sondern Anna Buschmann und stamme au» Zwickau!" Der Gerichtshof gab sich weiter keine Mühe, die abgefeimte, Eltern und Geschwister verleugnende Betrü gerin noch weiter zu entlarven. Die Ange hörigen erklärten nur, daß da» Mädchen seit 10 Jahren von daheim fort sei, e» habe sich während dieser Zeit in der ganzen Welt Herumgetrieben und mehrmals Zuchthausstrafen verbüßt. Nach der Heimat habe e» sich nicht mehr getraut. Ohne jede» Zeichen sichtlicher Erregung nahm die Gefallens ihr Urteil: 4 Jahre Zuchthaus, 37SO Mark Geldstrafe oder weitere 500 Tage Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust entgegen und verließ dann, ohne ihre Angehörigen auch nur eines einzigen Blicke« zu würdigen, festen Schrittes den Ge- richttsaal. Dresden. Ueber die jetzt im König!- Ministerium des Innern stattgefundene Kon ferenz in Sachen des Aerzte-Konflikts zu Leip zig teilt das dortige „Tageblatt" folgende» mit: „Die Konferenz hatte in erster Linie den Zweck, die Stellungnahme der Regierung gegenüber dem Landtage und dem Reichstage sestzulegen. Zu diesem Zwecke war auch be sonders der stellvertretende Bevollmächtigte Sachsen» im Bundesrate, Geh. Rat Dr. Fischer, zugegen. Außerdem wurden natür lich auch die Richtlinien für die sich etwa in Leipzig notwendig machenden Maßregeln fest gelegt. In Regierungskreisen ist man der Ansicht, daß der Orttkrankenkasse da« Recht, DistriktSärzte anzustellen, sowohl durch da» Reichsgesetz, al» auch durch ihr eigene» Statut gewährleistet sei, und daß andererseits die freie Airztewahl durch die enormen Kosten, die sie verursachen würde, die Wohltaten de« Krankenversicherungs-Gesetzes überhaupt in Frage stellen könnte. Darüber, daß die jetzt von der Ortskrankenkasse in Leipzig geschaffene ärztliche Versorgung unzureichend ist, und daß über kurz oder lang die Kreishauptmannschaft al« Aufsichtsbehörde für eine genügende An zahl von Aerzten wird sorgen müssen, gibt man sich keinem Zweifel hin." — Ein tragikomische» Vorkommnis hat sich am Abend des ersten Osterfeiertages in Mei ßen zugetragen. In einer im erhöhten Unter stock wohnenden Familie hatte die Mutter ihren elfjährigen Sohn zu Bett gebracht, und als e» anfing zu regnen, verließ sie die Stube, um einen unter dem Fenster befindlichen Gegen stand in» Trockene zn bringen. Die« verur sachte aber ein eigentümliches Geräusch, wel che» dem noch wachen Knaben Furcht einflößte. Er verließ rasch da« Bett, riß da» Fenster auf und sprang hinaus und der darunter ge bückt stehenden Mutter auf den Rücken. Zum Tode erschrocken, läuft die Frau, so schnell sie kann, in» Haus, dec Junge hinter ihr her. Erst in der Stube, al» sie sich erkannten, verwandelte sich die Furcht in ebenso heftige Heiterkeit, Le üben, 5. April. In jetziger Zeit der Skatturniere und -kongreffe wird e» Freunde der vier Wenzel interessieren, daß ein hiesiger Einwohner, ein alter aber noch knorr iger Herr, vorige Woche einen Dauerskat von — 30 Stunden ohne merkliche Anstrengung ausgefochten hat- Es handelt sich um keine Wette, sondern man spielte nur zum „Ver gnügen". Hainewalde. Die Unsitte de» Oster schießens hat hier schweres Unheil hervorge rufen. Am Ostersonntag früh vergnügte sich der etwa 30jährige ledige Fabrikarbeiter Gustav Pietschmann in einem Wäldchen an der Bahn, indem er au» einem alten Reiter- Karabiner einige Schüsse abgab. Plötzlich zersprang der Lauf der Waffe und die linke Hand vls Schützen wurde vollständig zer schmettert. Der schnell hinzugezogene Arzt legte sofort jeinen Notverband an und ord nete die Ueberführung des Verletzten in die Klinik nach Zittau an, wo ihm die Hand amputiert werden mußte. Crimmitschau. Nach einer vorläu figen Abrechnung betragen die vorläufigen Ausgaben für den Crimmitschauer Textilar beiterkampf 1,064,956 Mark 17 Pfg. Be teiligt waren an der Bewegung 7500 Per sonen. Die Streikunterstützungen haben aber zur Zeit noch immer nicht ihr Ende erreicht, da gegen 300 Personen, die jetzt noch be schäftigungslos sind, noch regelmäßig Unter stützung erhalten. Kirchennachrichten von Bretnig. Sonntag Quasim.: Früh Uhr Gottes dienst. Nach demselben Verteilung des Kirch armengeldes. Kirchennachrichten von Großröhrsdorf. An Geburten wurden eingetragen: Helens Gertrud, T. des Fabrikarbeiters Alwin Max Rammer, Nr. 109 b. Eir. unehel. Knabe und ein desgl, Mädchen. Als gestorben wurden eingetragen: Jo hanne Christiane Juliane g:b. Schäfer, Wit we des Gemeindeoorstands a. D. Carl Fried rich Schöne, Nr. 227 g, 76 I. 3 M. 22 T. ali.