Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 13.02.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190402130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19040213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19040213
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-02
- Tag 1904-02-13
-
Monat
1904-02
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 13.02.1904
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
politische Aunälckau. Der rnssisch-japauischc Konflikt. * Ohne zuvorige offizielle Kriegserklärung Hai Japan bereits am Dienstag die Feind seligkeiten eröffnet und dabei eine ver blüffende Fixigkeit an den Tag gelegt. Bor Porl Arthur, wo die russische Kriegsflotte lagert, haben japanische Torpedoboote einen erfolg reichen Angriff am russische Panzer,unternommen und dabei drei der besten Schiffe beschädigt, wahrscheinlich einstweilen kampfun fähig gemacht. Infolge dieses Angriffes hat der Z a r am Dienstag nachmittag in feier licher Weise an Japan den Krieg erklärt; dabei waren sämtliche Großfürsten, Minister, die Generalität und die Stabsoffiziere des Zaren anwesend. * Die Japaner gönnen sich keine Ruhe; daß es sich bei dem Angriff ihrer Torpedo boote auf die russischen Kreuzer nicht um einen Gelegenheitsstreich, sondern um eine plan voll vorbereitete Aktion handelt, zeigt die Tatsache, daß die Seeschlacht weiter dauerte , als der Bericht abging, und daß die Javaner 17 ihrer Kriegsschiffe ins Gefecht brachten. Außerdem haben sie schon mehrere feindliche Kauffahrteischiffe und auch den russischen Postdamp fer „Mongoli" gekapert. * Da erfahrungsgemäß mit jeder ehrlichen Kriegsberichterstattung zugleich das Unkraut der falschen Sensationsmeldung über aus üppig gedeiht, so muß man bei der Aus nahme der Nachrichten recht vorsichtig sein. Die englische Nachrichten-Ageniur .Associated Preß' weiß zu melden, daß 11 japanische und 1 russisches Kriegsschiff unter- gegangen seien und daß Port Arthur in Flammen stehe. Von einem solchen Ver lust der japanischen Flotte weiß der russische Bericht nichts, der doch gewiß ein Interesse daran hätte, neben dem Bösen, das er nach Petersburg melden mußte, auch freundliche Lichter aufzustecken! * Leider steht zu befürchten, daß der Krieg nicht auf Rußland und Japan beschränkt bleibt. Frankreich ist Rußlands, England Japans Freund und Verbündeter. Die Russen haben, da sie ihre Truppen gebrauchen, dieselben aus den Forts von Schanheikwan zurückge zogen. Statt der russischen sollen französische Truppen die Forts besetzen, auf denen bereits die französische Trikolore ge hißt sein soll. Die englischen Befehlshaber haben gegen die französische Besetzung der Forts Protest erhoben. Aufsehen erregt auch die Meldung, daß die Engländer sich eventuell der Durchfuhr russischer Schiffe durch die Dardanellen gewaltsam widersetzen werden. * In dem Gebiet von Port Arthur hat die russische Regierung denKriegszustand verkündet. "Wer trägt dieSchuld? In Peters burg behauptet man: Japan. Dort aber wird ebenso bestimmt Rußlani? als der Schuldige bezeichnet. In Wirklichkeit hatte man sich in Rußland drei Wochen lang Zeit gelassen, um auf die letzte japanische Note zu antworten. In dieser Hinzögerung hat man in Tokio eine b e - absichtigte Beleidigung erblickt und daraus die Folgerungen gezogen. * Koreas und Chinas Regierungen lassen versichern, daß sie in dem bevorstehenden Kampfe unbedingt neutral bleiben werden. Das wird ihnen aber schwer werden, weil der Kampf auf dem Boden des einen oder andern dieser Länder ausgefochten werden dürfte. * Präsident Roosevelt soll bereit sein, einen neuen Vermittelungsversuch zur Beilegung des Konfliktes zwischen Japan und Rußland zu machen, falls er hierbei von Deutschland, Frankreich und England unterstützt wird. Frankreich soll angeblich seine Zustimmung schon gegeben haben. * über die Haltung Deutschlands im ost asiatischen Konflikt heißt es in einem offenbar offiziösen Artikel der ,Köln. Ztg.': Die Aufgabe der deutschen Politik sei übr ein fach : Wie wir früher den dringenden Wunsch hatten, daß die Leiden eines Krieges den Russen mldLapa- nern erspart bleiben möchten, werden wir jetzt Hu'ere Aufmerksamkeit darauf zu richten haben, daß aus dem Zwist in Ostasieu nicht weitere Verwickelungen entstehen und daß nicht die dem Kriegsschauplätze benachbarten chinesischen Gebiete in Störungen hineingezogen werden. Diesem Zwecke werden wir aber am bellen dienen durch eine Politik, die keinen Zweifel an unserer loyalen Neutralität auf kommen läßt. *Das permanente Friedens bureau in Bern hat sich an die Mächte gewendet, damit der Friede zwischen Rußland nnd Japan aufrecht erhalten bleibe. (Man soll die gutgemeinte Absicht nicht verspotten Red.) Von diesem Schritte hat das Berner Friedensbnreau Rußland und Japan unterrichtet. Diese beiden Staaten haben sich darauf beschränkt, dem Friedensbureau den Emp fang seiner Zuschrift anzuzeigen. * * Der Herero-Aufstand. * Die Herero haben sich auch aus der Nähe von Omaruru zurückgezogen. *Jm südlichen Teil von Deutsch- Südwestastika stehen gegenwärtig nach einer telegraphischen Meldung des Gouverneurs Leut wein Truppen-Abteilungen in der Gesamtstärke von 300 Gewehren und vier Ge schützen, die vorläufig dort bleiben sollen. (Die Mitteilung darf zwar als Bestätigung da für gelten, daß der Aufstand der B o n d e l - zwarts n i e d er g e w o rf e n ist, sie zeigt aber auch, daß der Gouverneur dem Frieden doch noch nicht ganz traut. Er hat für alle Fälle eine größere Truppenabtsilung zurück geiassen, um einem erneuten Ausbruch des Auf standes vorzubeugen. Deutschland. *Der hohe Ernst der politischen Lage hat das Kaiserpaar veranlaßt, seine für den 1. März geplant gewesene Mittelmeer fahrt vorläufig aufzugeben! * Die deutsch-italienischen Han delsvertrags-Verhandlungen in Rom nehmen einen ordnungsmäßigen Verlauf. Eine zeitweilige.Unterbrechung derselben steht nicht in Frage. * Der Reichstagsabgeordnete Rosenow (Sozial demokrat, 20. sächsischer Wahlkreis) ist am Montag plötzlich am Schlagflusse verstorben. Er hat ein Alter von nur 33 Jahren erreicht. * Die Kohlenproduktion in Deutsch land ist im Klahre 1903 erheblich größer gewesen als im Vorjahre. Nach den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie wurden in Deutschland im Jahre 1903 im Vergleich zu 1902 produziert: 116,66(107,44) Mill. Tonnen Steinkohlen, 45,95 (43,31) Mill. Braunkohlen, 11,50 (9,20) Mill. Koks, 10,47 (9,21) Mill. Briketts. *Die nächste Sitzung dec Kartell- Untersuchungs - Kommission wird Mitte März stattfinden. Es wird nicht, wie zuerst beabsichtigt war, der Grobblech-, Schienen- und Feinblech-Verband zur Verhand lung kommen, sondern das Kartell der deutschen Buchhändler. *Die Verfassungs-Kommission der Zweiten badischen Kammer beanstandet an der W a h l- rechtsvorlage die Erweiterung des Budget- rechis der Ersten Kammer, sowie die Vermehrung ihrer Mitgliederzabl. Zur Wahlkreiseinteilung hat das Zentrum die unerläßliche Bedingung aufgestellt, daß eine Bevölkerungszahl von 25 000 statt 30 000 zugrunde gelegt werde, mit Rücksicht auf die länd lichen Kreise. Dänemark. *Der frühere Kriegsminister Bahnson hatte zu der Zeit, als er noch im Amte war, (also vor 1894) beim Jnvalidenfonds eine Anleihe von 140 000 Kronen gemacht und als Sicherheit eine Hypothek auf sein kleines Gut gegeben, das auf etwa 300 000 Kronen taxiert worden war. Als aber Kriegs minister Bahnson seinen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte, übemahm eine Bank in Kopenhagen das Gut, doch nur für 70 000 Kronen. Der für die Kriegsinvaliden bestimmte Fonds ist also um 70000 Kronen geschädigt worden. Rußland. *^Die Reise des Zaren nach Moskau ist verschoben worden. (Von Moskau aus sollte das Kriegsmanifest erlassen werden). Balkanttaaten. * MazedonischeWühlereien kündigt die Pforte an, die sich darüber beklagt, daß sich in Bulgarien Banden frei bewegen, welche die Ankunft Sarafows erwarten, um mit ihm bei der ersten sich bietenden Ge legenheit die Demarkationslinie zu durchbrechen. *Die Beziehungen zwischen der Pforte und Bulgarien find infolge der Amnestie- srage und der Aufrechterhaltung der Ausnahme maßnahmen in letzter Zeit ungünstig ge worden. Die Abreise des bulgarischen Agenten Natschowitsch von Konstantinopel ist jedoch unwahrscheinlich. Er steht vorläufig' noch in regem Verkehr mit dem Palaste. * InSerbien hat der bisherige Minister präsident Gruitsch ein neues Kabinett gebildet mit Pafitfch als Minister des Äußern, General Putnik als Kriegsminister, Protitsch als Minister des Innern, Vesnitsch als Justizminister, Davidowilsch, der bisherige Vize präsident der Skupschiina, als Unterrichtsminister, Velimirowitsch als Bautenminister. Das Ministe rium ist gemäßigt, dürfte jedoch auch von den Extremen unterstützt werden. Uus ciem Aeickstage. Der Reichstag setzte am Montag die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern fort. Beim Kapitel Reichsgesundheitsamt entspann sich eine längere Debatte über die Verunreinigung der Flüsse, über Fleischeinfuhr, Geheimmiitelwesen und die bio logische Abteilung. Staatssekretär Graf Posadowsky teilte mit, daß systematische Untersuchungen der Flüsse stattfinden sollen. Bezüglich des Rheinstromes sei ein erfreulicher Anfang gemacht. Abg. Scheide mann (soz) kritisierte die Wirkung und Handhabung des Fleischbeschaugesetzes, das nicht gesundheitlichen Zwecken, sondern nur dem Zweck der Preisverteue- ruug diene. Staatssekretär Graf Posadowsky er kannte die Beschwerden über die Höhe der Gebühren bei der Fleischbeschau zum Teil als berechtigt an. Er würde dieserhalb mit den verbündeten Regie rungen in Verbindung treten. Mit einer Reform des Apothekerwesens auf neuer Grundlage sei jetzt der Kultusminister beschäftigt. Am 9. d. wird die zweite Lesung des Etats fortgesetzt beim Etats des Reichsamts des Innern, Kapitel „Reichsgcsundheitsamt". Abg. Müller-Sagan (freis. Vp.) hält den Vorwurf des Bursaukratismus gegen die biologische Abteilung des Ncichsgesundheitsamts aufrecht und bedauert die Geheimniskrämerei des Beirats. Ferner erbittet er Auskunft über die Verleihung des Doktor- tiiels für Veterinäre. Unterstaatssekretär Hopf erklärt, daß die letzte Frage zur Zuständigkeit der Einzelstaaten gehört, daß das Reich aber gegen die Verleihung des Doktor titels nichts einzuwenden hätte. Württemb. Ministerialdirektor v. Schicker und Präsident des Reichs-Gesundheitsamts Dr. Köhler verteidigten nochmals die Geheimmittelliste des Reichs-Gesundheitsamts und den Arbeitsplan des Beirats, der durchaus nicht bureaukratisch sei. Abg. Graf Reventlow (wirtsch. Vgg.): Von einer Fleischnot sei jetzt bei uns in Deutschland keine Rede, die Steigerung der Preise sei lediglich auf die Händler zmückzusühren. Er habe das Kompromiß beim Fleischbeschaugesetz stets sehr bedauert, die Ein fuhr von Pökelfleisch habe seitdem zugenommen. Die Fleischuniersuchung in Amerika sei sehr oberflächlich, Abg. Graf v. Bernstorff (Welfe) bedauert, daß die Veröffentlichungen des biologischen Instituts nicht jedermann zugänglich seien. Abg. Klofe (Zentr.) beklagt, daß man die Hausschlachtungen unter die Fleischbeschau stelle. Staatssekretär Graf v. Posadowsky stellt in Aussicht, die Veröffentlichungen des biologischen Instituts in billiger und handlicher Form herauszu geben. Abg. Wallau (nat.-lib.) verlangt eine scharfe Kontrolle des ausländischen Fleisches. Wenn die Sozialdemokratie dagegen spreche, so vertrete sie die Interessen der amerikanischen Importeure. Abg. Dröscher (kons.): Das Fleischbeschau gesetz hat eine hygienische Grundlage. Ein Teil der Darmkrankheiten ist sicher durch die vermehrte Ein fuhr schlechten ausländischen Fleisches herbeigeführt. Redner tritt für die Freiheit der Hausschlachtung und das Verbot der Anwendung von Borsäure ein. Abg. Dahlem (Zentr.): Eine Beaufsichtigung der Hausschlachlungen ist überflüssig, weil die deut schen Schweine nicht trichinös sind. Am besten wäre cs, wenn der Staat die Kosten der ganzen Fleisch untersuchung übernehmen würde. Abg. Kulerski (Pole): Nach der neuen Prü fungsordnung für Arzte soll die Approbation bei schweren sittlichen Verfehlungen verweigert werden. Ich fürchte, man wird schon die Zugehörigkeit zur polnischen Nation als eine solche „sittliche Verfehlung" hinstellen. Derartige Kautschukbest immuugen sollte man beseitigen. Auch eine Apothekenkonzefsion wird heute keinem Polen erteilt. Gebrauchsanweisungen für Arzneien dürfen nur noch in deutscher, nicht in polnischer Sprache abgefaßt sein. Das ist ein fre ventliches Spiel mit der Gesundheit der Bevölke rung Abg. Horn-Sachsen (soz.) macht auf die Ge fahren der Übertragung von Tuberkulose und Syphilis unter den Arbeitern der Glasindustrie durch die gemeinsame Benutzung der Mundstücke beim Blasen des Glases aufmerksam und ersucht die Regierung, Maßnahmen zu treffen, die diese An steckungsgefahr heseitigen. Staatssekretär Graf Posadwsky erklärt ent gegen einer Bemerkung eines Vorredners, daß nach 8 24 des Fleischbeschaugesetzes die Bundesregierungen sehr wohl befugt seien, Ausnahmen zuzulassen nnd auch für Sausschlachtungen die obligatorische Fleisch beschau vorzuschreiben. Gegen den Gedanken, die Kosten für die Fleischbeschau auf die Staats- oder Reichskasse zu übernehmen, müsse er entschieden Stellung nehmen. Der Staatssekretär sagt eine wohlwollende Untersuchung der Arbeitsstätten und -Verhältnisse der Glasarbeiter zu, um die Ausbreitung der Tuberkulose zu verhindern. Abg. Gras v. Kanitz (kons.) bedauert den ! augenblicklichen niedrigen Preisstand für Schweine und fordert die Abschaffung der städtischen Mahl- und Schlachtsteucrn. Durch die Einfuhr von ver seuchtem Fleisch könnte unter Umständen die Volks ernähruna nicht verbilligt, sondern verteuert werden. Redner schließt mit der Forderung eines aus reichenden Schutzes der Landwirtschaft und der deut schen Viehzucht. Abg. Stauffer (wirtsch. Vgg.) polemisiert deS längeren gegen die Ausführungen des Abg. Scheidemann. Deutschland sei sehr wohl in der Lage, den Bedarf an Fleisch selbst zu decken. Abg. Böttger (nat.-lib.) tritt für eine bessere Besoldung der technischen HilfSbeiter ein. Abg. Paasche (nat.-lib.) verlangt Vorlegung - eines Reichsviehskuchengesetzes und führt Klage über die Ausführung des jetzigen Viehseuchengesetzcs im Hunsrück. Daraus vertagt sich das Haus. tzandt-g. In der Montag-Sitzung des Abgeordnetenhauses standen auf der Tagesordnung die erste Lesung der Gesetzentwürfe betr. die Regelung der Richtergehälter und bett, die Dienstanfstcht bei größeren Amts gerichten. Die Abgg. Rören (Ztr.), Peltasohn (fr. Vgg.) und Cassel (fr. Vp.) äußerten Bedenken gegen die verschärfte Aufsicht der Amtsrichter. Justiz minister Schönstedt hielt diese Bedenken für unbe gründet und erklärte, daß mit diesem Gesetz auch das Gesetz betr. Regelung der Richtergehälter fallen würde. Die Abstimmung über den Antrag auf Kommissions verweisung blieb zweifelhaft, sodaß Auszählung er folgen mußte. Diese ergab die Anwesenheit von nur 164 Mitgliedern. Da das Haus somit nicht beschlußfähig war, mußte die Sitzung abgebrochen werden. Vizepräsident Porsch beraumte die nächste Sitzung auf eine Viertelstunde später an. In der zweiten Sitzung wurde zunächst die Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung fortgesetzt. Am Schluß der Sitzung wurde die Abstimmung über die Justizgesetze wiederholt. Beide Gesetzentwürfe wurden an eine besondere Kommission verwiesen. Am Dienstag fand keine Sitzung statt. Von unä fern. Riesenbrand in Baltimore. Am Mon tag brach in Baltimore in dem Stadtteile, in dem sich die großen Manufakturwarenhäuser be finden, ein Brand aus, der sich mit furchtbarer Schnelle verbreitete. Nachdem 600 Häuser be reits eingeäschert waren, ließ der Bürgermeister die zunächst gelegenen Häuser durch Dynamit sprengen. Trotzdem war es bis Mitternacht noch nicht gelungen, des Feuers Herr zu werden. 20 Häuserblocks des Geschästsviertels sind zerstört, darunter mehrere öffentliche Ge bäude. Der bis Mitternacht angerichtete Schaden wird auf mehr als 40 Millionen Dollar geschätzt. Auch ist der Verlust mehrerer Menschenleben zu beklagen. Der Brand ist eine der größten Katastrophen, die das Land je heimgesucht haben. » K f)erta falk 18j Roman von Theodor Almar. Tie Familie Millner aber vermag sich das jetzige Gebar, n der Frau Doktor nicht zu er klären. Während die Schwestern höchst betrübt darüber sind, mit einem Male so viel Tadelns wertes an der Frau zu entdecken, deren Tugenden sie stets als nachahmenswert hinge- stell:, ist der lebhafte Baurat ganz uneinig mit sich nnd der Welt geworden. Ja, er würde den Deutsch-Amerikaner, der fich seine Gunst in so hohem Grade zu erringen gesucht hatte, heute sicherlich nicht mehr vor den Angriffen Oswalds in Schutz nehmen, wie er es früher tat, da Ihm weder Herta Falk noch Werden ge fallen; wenn Rosen nur reden wollte. Aber er vermeidet sichtlich jede Gelegenheit, über diesen Punkt mit dem Freunde sich auszu sprechen; er scheint ganz andere Dinge im Kopfe zu haben. Das ist indessen nur scheinbar so; denn der Assessor sieht und beobachtet alles und ignoriert Werdens Triumph völlig, wenn der Zufall ihn mit diesem einmal zusammen führt. Mit Frau Falk hat er seit jenem bedeutungsvollen Begegnen in ihrem Garten nie wieder allein sprechen können; aber der Blick, mit dem sie ihn ein einziges Mal an gesehen gelegentlich eines Besuches bei Millners, der hatte ihm beinahe ihr Geheimnis enthüllt und den Schlüssel zu ihrem fremdartigen Be nehmen gegeben. Jedoch Tag um Tag geht so dahin, und selbst Rosen empfindet endlich einige Unruhe. Nicht nur darüber, daß bei' Major von Klewitz auf eine Depesche hin schleunigst nach Berlin zurkckgereist ist und Werden trotzdem täglich Frau Falk besucht, was bösen Zungen Ver anlassung gab, den Ruf der Frau zu ver dunkeln, deren strenge Tugend man bisher ge rühmt hatte; nein, seine Besorgnisse beruhten auf tieferen Gründen. Der Gefangene war jetzt zwar nicht mehr bettlägerig und hatte auch schon um die Er laubnis gebeten, wieder arbeiten zu dürfen; aber er war nichtsdestoweniger hinfällig und sein mattes, bleifarbenes Aussehen beängstigte Rosen aufs tiefste. Wenn die sonst starke Natur dieses Mannes der dumpfen, ungesunden Kerkerlnst doch zum Opfer fiel, dann würde ja diese nervöse Frau, die einen so steilen Weg zu seiner endlichen Befreiung wählte, der ihr so unberechenbare Opfer auferlegte, dem Irrsinn zur Beute werden. Starb Falk, so blieb sein Name, blieb seine Familie mit Schande bedeckt. Bisher war es seine Aufgabe gewesen, zu verhüten, daß sie Kenntnis vom Kranksein ihres Mannes erhielte; als er Falk aber immer leidender werden sah und der Dulder nur noch ein schwermütiges Lächeln als Antwort auf den Lippen hatte, wenn er ihm von der Hoffnung auf baldige Befreiung sprach, da glaubte Rosen es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren zu können, wenn er noch länger schwiege. Daher faßte er folgenden an Herta Falk ge richteten Brief ab: „Gnädige Frau! Da cs mir endlich zur unabwendbaren Pflicht wird, Sie zu bitten, mich meines gegebenen Wortes zu entbinden, verhehle ich Ihnen nicht, daß ein längeres Zögern und Ver schweigen in unserer Sache Verlust und Gefahr im Gefolge haben würde. Schon zu lange habe ich es Ihnen zu ver bergen gesucht, daß Ihr Herr Gemahl krank ist, in der Hoffnung , der starke Geist des Be wunderungswürdigen werde seine körperlichen Leiden besiegen; allein meine Besorgnis mehrt sich und ich fürchte für sein Leben. Dies in aller Kürze, gnädige Frau, und in der Erwar tung, daß Sie Ihrem treuesten Freunde darum nicht zürnen werden." Den Schluß des Briefes bildeten nur noch einige wenige Zeilen und im ganzen hatte Rosen fich viel kürzer ausgedrückt, als dies an- fänglick seine Absicht gewesen. Er fühlte, daß dieses Wenige genügen würde für die Frau, deren Seelenleben ihm nicht mehr fremd war. Das Billet sandte er sogleich an sie ab und in gespannter Erwartung harrte er auf ihre Antwort. * * * Herta Falk promenierte mit ihrem nunmehr schon steten Begleiter Werden in den grünen, schattigen Gängen ihres Gartens, als Rosens Brief an sie unterwegs war. Sie waren ein auffallend schönes Paar, diese beiden hochgewachsenen Gestalten, und wer hätte wohl die in ihrer Brust brennenden Gefühle und Leidenschaften erraten können, die in ihren Zügen keinen Spiegel fanden? Werden, dessen Auge nicht müde wurde, sich am Anblick des heißgeliebten, an seiner Seite lustwandelnden Weibes zu weiden, schreckte die in sich Versunkene immer wieder auf, so oft er leicht ihre Hand berührte. „Herta, woran denken Sie jetzt — d«f ich eS wissen?" „Gewiß, mein Freund." „Mein Freund! wie kalt, wie fremd das noch immer klingt. Wann wird denn endlich diese Schranke zwischen uns fallen? Ich dächte, Ihre Kälte häue mich nun lange genug gequält. Gehen wir hier nicht in klösterlicher Einfalt nebeneinander her, während die Welt aus unserem Zusammensein bereits ganz andere Schlüsse ziehen mag?" „Andere Schlüsse? Davon ist mir noch nichts zu Ohren gekommen," sagte die für Werden etwas ganz unüberwindbar Fesselndes in ihrem Wesen habende Frau zu ihm auf- schauend, und in ihren magischen Augen lag so viel unschuldsvoll Vertrauendes. „Geliebtes, teures Weib, glaubst du wirklich, daß die Leute noch nichts von dem vermuten, was wir anstreben und erreichen werden?" Herta Falk fühlte einen Stich im Herzen, sie bemeisterte sich indessen schnell und ent gegnete leichthin: „Nein, wirklich, nicht das geringste habe ich darüber gehört, und was könnte man an meiner Handlungsweise wohl tadeln?" „Das wir uns lieben, Teuerste?" „Still!" und sie blickte, abgewendet, zur Seite. „Still? nein, Herta, jetzt nicht mehr. Ich habe um dich zu lange ringen müssen, um nicht endlich den Preis verlangen zu dürfen. Herta,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)