Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 27.01.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190401279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19040127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19040127
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-01
- Tag 1904-01-27
-
Monat
1904-01
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 27.01.1904
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
polltisede AMmed-m. Ter Herero-Aufstand. * Die letzten Nachrichten ausdemJnnern von Deutsch-Südwestafrika, so schreibt die .Köln. Ztg.', bestätigen nur, daß Windhoek und die übrigen Stationen e i n g e s ch l o s s en und bedrängt sind und daß die Kolonne des Oberleutnants v. Zülow sich auf einer von ihnen befindet. Die Befürchtung, sie könne auf dem Weg nach Okahandje überwältigt worden sein, hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. * Weitere 29 Mann des „Habicht" mit einem Maschinengewehr und einer Revolver kanone haben auf der Eisenbahn Karibik erreicht. Die Stationsgebäude in Obabis und Habis sind zerstört. Mit der Reparatur der Bahn jenseits Karibib ist begonnen. In einem Patronillengefecht bei Kubas ist ein Unteroffizier (Name nicht bekannt) verwundet worden. Eine größere Anzahl von Einge borenen soll dabei gefallen sein. Aus Oma- ruru liegen Nachrichten vom 18.'vor, wonach die Besatzung dort 50 Gewehre zählt. Sie hat sich gut verschanzt und hofft sich halten zu können. Über die 100 Mann starke Kolonne Zülow liegt in Swakopmund keinerlei Nach richt vor. * In einem Gefecht bei Okahandja ist nach der ,Nationalztg/ Kaufmann Boysch in Windhoek, der als Leutnant zur Schutztruppe eingezogen war, gefallen. In . dem einge schloffenen Okahandjadürften, wiedie,Braunschw. Neue!-. Nachr.' von einem in Okahandja an sässigen Braunschweiger erfahren, euva 70 Euro päer sein, daninter drei aus Braunschweig stammende Familien. *Dic V e rst är ku n g s tru p p e soll in zwei Teilen nach Südwestafrika befördert werden. Und zwar soll der erste Teil in Stärke von 180 Mann am 30. Januar mit dem fahrplanmäßigen Dampfer „Adolf Woer- mann" von Hamburg abgehen; ihm soll am 6. Februar der zweite Teil, etwa 350 Mann, auf dem Sonderdampfer „Lucie Woermann" von Hamburg aus folgen. Der Dampfer „Darmstadt" ist mit den für Deutsch-Süd- Westafrika bestimmten Truppen bereits am Donnerstag von Wilhelmshaven aus in See gegangen. * * * Der russisch-japanische Konflikt. *Der ,Nowoje Wremja' wird aus Wladi wostok telegraphiert, aus Japan eingegangene Nachrichten beseitigten die Kriegsbe- fürchtungen. Der Frieden sei augen scheinlich auf lange Zeit gesichert. * Die Zuversicht, daß der Konflikt friedlich beigelegt werden würde, hat in Japan ein Steigen der Kurse veranlaßt; indessen werde erklärt, daß eine bloße Annahme der Vorschläge von feiten Rußlands nicht aus reiche. Japan bestehe unzweifelhaft darauf, daß Rußland mit der Herabminderung seiner Flotte in den japanischen Gewässern vorgehe. Die Regierung ziehe die Notwendigkeit einer Ein mischung auf Korea in Erwägung, zögere aber damit noch mit Rücksicht auf die heikle Lage. * * * Deutschland. *Der Kaiser hat an den Philosophen Professor Zeller in Berlin, der am Freitag seinen 90. Geburtstag feierte, ein in herzlichen Worten gehaltenes Handschreiben gerichtet. * Kaiser Wilhelm hat mit seiner Ver tretung bei der Beerdigung des englischen Admirals Keppel den Marineattachö der Londoner deutschen Botschaft v. Cotzhausen beauftragt. * Der frühere preutz. Eisenbahnminister v. Mah - bach, der Vorgänger des Herrn v. Thielen, ist, 81 Jahre alt, am Donnerstag in Berlin gestorben. *Die Petitions-Kommission des Reichstags war zu Freitag einberufen worden, um ihre Arbeiten zu beginnen. Seit Beginn der Tagung find sehr viele Eingaben, die sich auf die verschiedenartigsten Fragen er strecken, eingegaugeu. Die Kommission wird Mühe und Not haben, auch nur den über wiegendsten Teil der Bittgesuche für das Plenum reif zu machen. *Die Vorschläge der verbündeten Re gierungen zur B o r s enfteuer sollen, wie die ,Natlib. Korresp/ mitteilt, noch so zeitig an den Reichstag gelangen, daß sie in der Budget- kommission zusammen mit dem Etat der Stempel abgaben beraten werden können. *Eine allgemeine Einführung des Nacht dienstes im Fernsprechverkehr des Reichstelegraphengebietes mit Bayern, Würt temberg und Österreich ist vom Reichspostamt mit Wirkung vom 1. Februar an angeordnet worden. Sämtliche Anstalten, die bisher nur bei Tage untereinander in Verbindung standen, nehmen dann auch den Nachtverkehr aus, so weit dies nach den Dienststnnden der einzelnen Anstalten möglich ist. Oberst Dürr, Inspekteur der Marineinfanterie, ist mit der Führung des nach Südwest-Afrika zu entsendenden Marine- Jnfantcriekorps betraut worden. Oberst Dürr wird mit seinem Stab, der am 1. Februar in Berlin zu sammentritt, am 6. Februar die Ausreise antreten. Bis zu seinem Eintreffen in Südwest-Asrika behjlt der Transportführer und Kommandeur des Marine- Jnfanterie-Bataillons Major v. Glasenapp die Führung des Expeditionskorps. *Gegen deutsche Eisenbahnver waltungen find beim Reichs-Eisen bahnamt im Jahre 1903 insgesamt 60 Be schwerden eingelaufen. Davon beziehen sich 17 auf die Eisenbahn-Verkehrsordnung, 8 auf das internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, 15 auf die Tarife, 4 mff den Fahrtarif und 16 auf andere Gegen stände. Das Reichs-Eisenbahnamt hat von diesen Beschwerden für begründet erachtet 4, als unbe gründet abgelehnt 18 und auf den Rechtsweg verwiesen 2. 36 Beschwerden find an die zu ständigen Landesaufsichtsbehörden oder an die Eisenbahnverwaltungen zur Erledigung abge geben worden. *Zur Kanalvorlage hört die ,Köln. Volksztg/, daß es noch längere Zeit dauern werde, bis sie dem Landtage vorgelegt werden könne. Der Druck der Karten allein, die der Vorlage beigegeben werden sollen, würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Vor Ende Februar werde die Vorlage nicht an das Abgeordnetenhaus gelangen, wenn nicht erst im März. England. * Chamberlain hat eine neue Enttäuschung erlitten.. Am Mittwoch wurde bei der Par lamentsnachwahl in Gateshead der Freihändler Johnson (liberal) mit 8220 Stimmen gewählt. Der konservative Gegen kandidat Viscount Morpety, ein Anhänger der Chamberlainschen Handelspolitik, erhielt 7015 Stimmen. Die liberale Mehrheit ist gegen die letzte Wahl um 259 Stimmen gestiegen. Schweden-Norwegen. *Jn Stockholm wurden am Donnerstag die Feierlichkeiten anläßlich des 75. Geburts tages des KönigsOskar durch Gottes dienst in den Kirchen der Hauptstadt eingeleitet. Die Stadt ist reich mit Flaggen geschmückt. Im Namen des Hospersonals überreichte der Reichshofmarschall Frh. v. Essen eins goldene Medaille. Die schwedischen und norwegischen Minister überbrachten Adressen. Der König empfing ferner die Glückwünsche des Reichs tages und der Kommnnalverwaltungen, welch letztere 200 000 Kronen für einen Krönungs- j u b i l ä u m s f o n d s für unbemittelte Tuberkulosekranke in Stockholm gestiftet haben. Der norwegische Storthing hatte ein Glückwunschtelegramm gefchickt. Balkanstaaten. * Infolge aus Ochrida eingelaufener Alarm nachrichten, die den Ausbruch eines all gemeinen Aufstandes der Alba nesen ankündigten, wies die Pforte die dorti gen Militär- und Zivilbehörden an, die Auf standsgelüste rücksichtslos zu unterdrücken. Amerika. *Das Repräsentantenhaus in Washington nahm mit 201 gegen 68 Stimmen einen Gesetz entwurf gegen Nahrungsmittelfäl schung an, der innerhalb des Unionsgebietes von Staat zu Staat den Handel mit ver fälschten oder mit falschen Warenzeichen ver sehenen Nahrungsmitteln und Drogen verbietet. Das Verbot bezieht sich auch aus die betreffen den Waren ausländischen Ursprungs. Der Ackerbausektretär wird ermächtigt, verdächtige Waren untersuchen zu lassen und im Falle einer Übertretung des Gesetzes gegen die Ver käufer der Waren einzuschreiten. * Unveränderte baldige Annahme des Panama-Kanalvertrages ist nunmehr mit größter Mebrheit gesichert. Die Demokraten haben infolge eines Druckes der Golsstaaten kapituliert. Panama gibt eine offizielle Erklärung ab, den Vertrag so auszu legen, wie die Zusatzanträge des Senats be zweckten. Asten. *Die Tibetaner befinden sich erklär licherweise wegen des bewaffneten Ein dringens der E n g l ä n d er in ihr Gebiet in hoher Aufregung. Die Lamas (Geistlichen) sollen erklärt haben, sie würden sich an Ruß land um Hilfe wenden, wenn die Eng länder weiter vordrängen. Man glaubt viel fach, daß es in nächster Zeit zum Kampfe kommen werde. Uus clem Aeicbstage. Der Reichstag brachte am Donnerstag die erste Beratung der Vorlage über die Kansmannsgerichte zum Abschluß und verwies dieselbe an eine Kom mission. Die Bedenken gegen die Errichtung von Sondergerichtcn wurden in der Debatte sehr scharf hervorgehoben. Abg. Dove (frs. Vgg.) warnte vor einer Parzellierung der Rechtspflege. Ihm schloß sich in gewisser Beziehung der Abg. Storz (südd. Vp.) an und am allerschärfsten brachten die nationalliberalen Abgg. Semler und Lucas diesen Standpunkt zum Ausdruck. Den Beschluß der Verhandlung bildete eine Auseinandersetzung zwischen oem Abg. Lieber mann v. Sonnenberg (Antis.) und dem früheren Antisemiten, jetzigen Hospitanten der Freisinnigen Vereinigung, v. Gerlach. Am 22. d. folgt nach Erledigung einer Rech nungssache die erste Beratung des Gesetzentwurfes betr. den Servistarif und die Klasseneinteilung der Orte. Abg. Fritzen-Düsseldorf (Zentr.) bedauert, daß die Regierung noch immer nicht die vollständige Trennung von Servis und Wohnungsgeldzuschuß durchgeführt habe. Deshalb könnten seine Freunde dem Gesetz nicht für eine lange Reihe von Jahren zustimmen. Auf die Erörterung aller Einzelheiten bitte er zu verzichten, da sie in die Kommission ge hörten. Abg. H ö f f e l'(freikons-) hält die Scheidung des Servis vom Wohnungsgeldzuschuß für sehr schwierig und die Vorlage für ganz geeignet zur Verhand lung. Eine Reihe von Grenzorten sei nicht genügend berücksichtigt. Abg. Eickhoff (st. Vp.) meint, der Entwurf habe dieselben Fehler wie der vom Jahre 1902; er habe auch nur etwa 40 Städte berücksichtigt, während 168 Städte unbedingt in eine höhere «servisklassc versetzt werden müßten. Der Zolltarif werde ohne hin noch zu einer Steigerung der Lebensmittclpreise führen und bald eine neue Revision der Servissätzc erforderlich machen. Abg. v. Gersdorff (kons.) erklärt, seine Freunde wollten ihre Bedenken bis nach den Komnussions- bcraiungen zurückhalten. Die Verquickung von Servis mit Wohnungsgeldzuschuß hielten auch seine Freunde für falsch. Die Festsetzung könnte auf 5 Jahre be schränkt werden. Abg. Bärwinkel (natl.) bemerkt, der Ent wurf habe in den meisten Städten große Enttäu schung hervorgerufen, da er nicht mit den Zeitver- häitnissen rechne. Er rufe vor allem dem Schatz sekretär zu: „Tue Geld iu deinen Beutel I" Abg. Burckhardt (wirtsch. Vgg.) erklärt sich gleichfalls für sehr enttäuscht von dem Entwurf. Die Wünsche des Reichstags seien in keiner Weise be rücksichtigt worden. Abg. Schrader (st. Vgg.) stimmt den Aus führungen der Vorredner bei, auch darin, daß der Entwurf zeitlich aus 5 Jahre zu beschränken sei. Hoffentlich lege die Negierung noch die Gründe dar, ans welchen sie den Wünschen des Reichstags nicht nachgegeben habe. Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt, die verbündeten Regierungen haben die Resolution des Reichstages betr. die Trennung von Servistarif und Wobmmgsgeldzuschuß, eifrig erwogen, aber keinen gangbaren Weg gefunden. Er habe keine einseitige Vorliebe für den Militarismus, aber die Stellung des Offiziers in einer enggeschlossenen Körperschaft, die Verpflichtung, Uniform zu tragen und Pferde zu halten, bringe eben gewisse Aufwen dungen mit sich, die Zivilbeamte nicht zu machen hätten. Zu einer Erhöhung des Wohnungsgeld zuschusses fehle das Geld. Abg. Lattmann (Antis) stimmt der Ver weisung an die Budgetkommission zu und kündigt einen Antrag an, die Stadt Kassel in die Klasse zu versetzen. Damit schließt die Debatte, die Vorlage geht an die Budgetkommission. Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs betr. Verlängerung der F r i e d en s p r äs en z- stärke des deutschen Heeres auf ein Jahr. Abg v. Elern (kous.) bedauert, daß nur eine einjährige Periode für die Feststellung der Fricdcns- präsenz in Aussicht genommen ist. Wir sürchten, daß die Parteien, die einer mehrjährigen Feststellung der Friedcnspräsenz unfreundlich gegenüber stehen, die jetzige Vorlage später benutzen werden, um der Regierung Schwierigkeiten zu machen. Wir hoffen daher bestimmt, daß uns im nächsten Jahre ein Ge setz mit einer mehrjährigen Friedenspräsenz vorgelegt wird. Abg. Bebel (soz.): Ich habe nicht die Absicht, zu der eigentlichen Vorlage zu sprechen. Wir stimmen aus demselben Grunde heute gegen sie, wie vor fünf Jahren. Ich will nur meiner Ver wunderung Ausdruck geben über die Art der Motivierung. Der Reichstag hat in diesem Jahre außer dem Etat nur zwei Gesetzentwürfe zu beraten, die Session wird also vergleichsweise kurz sein. Man will aber eine bedeutende Vermehrung der Friedenspräsenzstärke, und aus diesem Grunde, und aus keinem andern hat die Negierung diese Vorlage gemacht. Wenn sie einfach ihre wahren Gründe er klärt hätte, hätte ich kein Wort gesagt. Abg. Fritzen (Ztr.): Wir sind mit der Vor lage einverstanden, da wir überhaupt die jährliche Festsetzung der Präsenz für wünschenswert halten. In der Kommission wird uns hoffentlich der Herr Kriegsminister reinen Wein über die Motive der immerhin auffallenden Rücksichtnahme der Militär verwaltung auf die Arbeiten des Reichstages ein schenken. Sollte im nächsten Jabre eine ms Ge wicht fallende Erhöhung des Quinquermats bean tragt werden, so wären meine Freunde dafür nicht zu haben. Abg. Sattler (natl.) hätte eine längere Bindung der Friedenspräscnz lieber gesehen. Abg. Schrader: Die Motivierung der Vor lage geht uns nichts an. Daß sie nicht zutrifft, da von sind wir alle überzeugt. Da die Vorlage uns keine neuen Lasten bringt, werden wir ihr zusti.nmen. Abg. v. Kardorff (freik.): Wier stimmen der Vorlage zu, behalten uns aber alles übrige vor. Kriegsministcr v. Einem sagt zu, in der Kom mission nähere Ausführungen darüber zu machen, Was im nächsten Jahre zu erwarten sei. Jedenfalls werde die neue Vorlage nicht das Bedeutende ent halten, was Herr Bebel erwarte. Damit schließt die Beratung. Die Vorlage geht an die Budgetkommission. Nächste Sitzung Montag. "Von Mk Mä fern. Erstickt sind am Mittwoch in Erfurt drei Kinder eines Druckerei-Angestellten des Allge meinen Anzeigers'. Sie hatten, als sie unbe aufsichtigt waren, mit Feuerzeug gespielt und dabei Möbel angezündet. In dem von diesen ausgehenden Rauch erstickten sie. 13j Roman von Theodor Almar. Wortsktzunn.) Frau Falk mochte wohl eine andere Er klärung erwartet, vielleicht auch gefürchtet haben, eine Erklärung, welche sie selbst im Innersten berührt hätte; denn sie hatte das Haupt t' -ser gesenkt während Rosens letzter Reds, und nur mit Anspannung aller Willenskraft wahrte sie ihre äußere Haltung. Als er geendet, bemerkte Rosen mit Besorgnis die Veränderung ihrer Züge, bis sie seinen teilnehmenden Blick auf fing und sich zusammenraffend mit bebender Stimme sagte: „Ich bin tief erschüttert von dem, was Sie da gesagt und verhehle Ihnen nicht, daß ich der Ruhe bedarf, Doch bitte, noch einen Augenblick!" rief sie Rosen zu, der sich sofort erhob. „Versprechen Sie mir, vorläufig keinem dritten von dem etwas zu sagen, was Sie mir mitgeteilt haben. Darf ich Ihrer Ver schwiegenheit hierin mich versichert halten?" Sie sprach nur langsam und mit matter Stimme, reichte Rosen ihre Hand und sah ihn mit unbeschreiblich traurigen Augen an. Der Assessor konnte seine Wehmut nur mühsam be herrschen, als er ihre letzte Frage beantwortete: „Niemand soll etwas davon erfahren, bis Sie selbst mich des Schweigens entbinden werden." „Dank, herzlichen Dank! Ich bin gewiß: Sie werden, was ich auch künftig tue, meine Handlungsweise nie mißverstehen; auch selbst dann nicht, wenn alle andern irre an mir werden könnten." „Ich weiß nicht, wodurch man nre an Ihnen Werden sollte, gnädige Frau? Was mich be trifft, ich werde im Geiste immer Ihren Wegen folgen und mir jeden Ihrer Schritte klar zu machen suchen; weiß ich doch, daß Sie nur ein edles Ziel verfolgen. Doch jetzt erlauben Sie mir, Sie nach dem Hause zu geleiten; oder soll ich Ihre Dienerin rufen?" „Ihre Fürsorge, Herr von Rosen, tut mir wohl, sehr wohl — aber seien Sie ruhig, ich fühle mich schon besser. Es war nur der erste Schreck, die beklemmende Angst der Vorahnung neuer, kommender Leiden." Frau Falk zuckte zusammen, als erschreckte sie vor ihren eigenen Worten. Sollte sie schon zuviel gesagt haben? Sich beherrschend, fügte sie gefaßter hinzu: „Es gilt eine neue, schwere Aufgabe zu lösen und einen harten Kampf zu bestehen — allein, da Sie mir zur Seite sind, fühle ich Mut genug dazu und hoffe als Siegerin daraus hervorzugehen. Sobald ich Ihnen etwas mit zuteilen haben werde, sollen Sie von mir hören; für heute adieu, Herr Assessor." Herr von Rosen empfahl sich, jedoch nicht ohne Besorgnis tür den Gesundheitszustand der schönen Frau. Schon allzuvertraut mit ihrem Mienenspiel, entging ihm nicht die leiseste Ver änderung ihrer Züge und so fühlte er auch jetzt, daß nur die äußerste Willenskraft sie aufrecht erhalten hatte. Was sie ihm zu verbergen strebte, darüber glaubte er jetzt Gewißheit zu haben. Ja, das war es! Werden mußte in dem Leben dieser seltsamen Fran schon eine Rolle gespielt haben, und fast bereute er es jetzt, daß er in seinem Eiser unvorsichtigerweise eine vernarbte Wunde unsanft berührt. Und doch> stand er nicht wieder vor einem unge lösten Rätsel? Liebt sie doch ihren unglücklichen Gatten, daran ist kein Zweifel, und was könnte dessen Todfeind ihr heute noch sein, daß sie sich vor neuen, kommenden Leiden fürchtet? Und er selbst, Rosen, wie sollte er sich dazu verhalten? Sollte er, sie schonend, einem Werden noch fernerhin freies Spiel für sein heuchlerisches Treiben lassen? Nein, vielleicht litt sie nur darum so sehr unter dem Eindruck seiner Mit teilungen, weil sie so Niedriges von einem Werden nimmer erwartet hatte. Aber was nun tun, wie und auf welche Weise unter dem neuen Gesichtspunkt in der Sache weiter gehen ? In solche Gedanken versunken, näherte sich der Assessor langsamen Schrittes dem Aus gange des Gartens und trat durch das Gittertor hinaus auf die Straße; doch noch ehe er die Worte hinter sich geschlossen, schlug eine Stimme an sein Ohr, welche ihn das Blut ins Gesicht trieb. „Ein entzückend schöner Tag heute, nicht wahr? Doch welch ein Zufall, Ihnen hier zu begegnen! Pardon, Herr Assessor — haben gewiß dem Herrn Major einen kleinen Besuch gemacht?" Rosen war im ganzen ein ziemlich gleich mütiger Mann; aber gerade heute, und noch dazu gleich nach der eben erlebten Szene der Aufregung dem zu begegnen, den er für einen Verbrecher Hielt, ihn aber trotzdem als einen solchen noch nicht brandmarken konnte, das stellte seine Selbstbeherrschung auf eine harte Probe. Anscheinend bedachtsam schloß er das Garten- ior und wandte sich langsam gegen den Sprecher. „Ich habe die Freude, den alten Herrn zu sehen, heute noch nicht gehabt; mein Besuch galt nicht ihm, sondern Frau Falk." „Ah, wahrscheinlich der Ulrike wegen! die wollen Sie sehen." „Ich fand Frau Falk ganz allein, so wie ich es wünschte," antwortete Rosen trocken und wie es schien, gelangweilt. Werden hingegen konnte eine gewisse Er regtheit nicht unterdrücken, man könnte vielleicht besser sagen Eifersucht. „Sie war allein," rief er erstaunt, „allein und empfing Sie doch? Das befremdet mich, setzt mich in Erstaunen, das ist mir unerklärlich! So zugänglich war Herta — er sprach den Namen absichtlich aus — früher nicht. Sie wissen doch wohl, daß sie selbst für mich hierin keine Ausnahme machte; sie gestattete mir nicht, ihre Abgeschlossenheit von der Welt zu durch brechen. Aber wozu davon reden! Sie hatten ihr sicherlich eine wichtige Mitteilung zu machen, daß fie nicht umhin konnte, Sie zu empfangen." „Das letztere trifft buchstäblich zu, Herr von Werden; und obgleich wir darüber vor läufig noch Stillschweigen zu beobachten haben, nehme ich doch nicht Anstand, in Rücksicht auf das Interesse, welches Sie bisher für unsere gerechte Sache zeigten, Ihnen diese wichtige Mitteilung gleichfalls zu machen. Es handelt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)