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Sonnabend, den 8. Dezember 1928 Nummer 148 SS. Jahrgang Anzeigenpreis: Die Ogespalteoe Petiizeile ro Pfg.. amtliche So Pfg., Reklame!«» r (3gesp.) SO Pfg. Tabell. Satz 80^ Ausschlag. Del undeutlich geschriebenen ; sowie durch Fernsprecher ausgegebenen Anzeigen sind wir für Irrtümer nicht! hastbar. » Druck und Verlag: Sünz ck Sule, Naunhof bet Leipzig, Markt S Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, nachmittag 4 Uhr Bezugspreis: Monatlich ohne Austragen 1.SS Mb.» Post ohne Bestellgeld monatl. 1.55 MN. Im Fall« höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Storungen-er Betrieb«, hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Rück- zahluag d« Bezugspreis». Fernruf: Amt Naunhof Nr. L Nachrichten W MOos . UN- Ltmgegen- «MreWhatn, Ammelshain, Sencha, Sar-horf, «cha, «rdmannshain, Zachshain, «roh- und «leln-einbna, NNnsa, «Shra, NndhaM, pamhen, «andnih, r-rem ich».) »leie« ist «mNiche« Organ des Llabtralkö ,» Aonnbof; e« enihM dekannlgade, de» »eM»l>«da»d«<, der SlmUdemNmannltoft «rimma mit »e« Nimmiamie« m Kriwma mich mMche» verSsteuNichon-e». Amtliches. Die Geschäftsräume des Stadträtes, des Standesamtes und der Sparkasse bleiben wegen Reinigung Montag, den 10. und Dienstag, den 11/Dezember 1928, geschlossen. Dringliche Sachen und Standesamtsfälle werden an beiden Tagen zwischen 10 und 11 Uhr vormittags im Rathause erledigt. Naunhof, am 5. Dezember 1928. Der Stadtrat. Skandale. «eelenfang in Paris. — Schlimme Saat. — Reben« regierung der Obersten. Wir haben uns wirklich gegenseitig nichts vorzu» verfen, die Völker hüben und drüben der alten und der reuen Grenzen. Wie lange ist es her, daß in der deutschen keichshauptstadt ein Schwindel- und Betrugs- - rozeß verhandelt wurde, dessen jeder redliche Deutsche ich schämen mußte, weil in ihm ein bis dahin angesehener end in wichtigen Strafsachen unbedenklich verwendeter Staatsanwalt als Angeklagter sich zu recht- fertigen hatte und dabei eines geradezu schamlosen Miß brauches seiner einflußreichen Dienststellung überführt wurde? Und heute steht der französische Ministerpräsident äch gezwungen, ein Mitglied der Kammer öffentlich um Namensnennung derjenigen politischen Persönlichkeiten zu ersuchen, die von der Parlamentstribüne herab der Be teiligung an dem neuesten Panamaskandal der Republik beschuldigt worden sind. Wieder sollen durch Ausbeutung der Leichtgläubigkeit breiter Volksschichten Hunderte von Millionen in falsche Taschen geleitet worden sein, aus denen sie niemals wieder den Weg zu ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückfinden dürften, und wieder sieht es so aus, als hätten bestimmte Gesellschaftskreise bewußt oder unbewußt, gewollt oder ungewollt bei diesen überaus ertragreichen Betrugsmanövern hilfreiche Mitwirkung geleistet. Man gründet in einer Zeit, in der die Währung noch auf tönernen Füßen ruht, ein kleines Wochenblatt, das sich vorn mächtig für internationale Verständigung und ähnliche schöne Menschheitsziele einsetzt, um in den mehr rückwärts gelegenen Spalten um so verdächtiger regel rechten Seelen- oder vielmehr Börsenfang zu betreiben. Die Sache bekommt den unehrlichen Maklern so lange aus gezeichnet, bis die ganze Herrlichkeit über einem unvor hergesehenen kleinen Zwischenfall zusammenbricht. Nun herrscht Heulen und Zähneklappern unter den vielen, vielen Leidtragenden, und Herr Poincarä, streng und un erbittlich, wie er ja ist, wird gewiß keine Schonung walten lassen, wo immer er unter Beamten oder Politikern Schuldige zu fassen bekommt. Werden wir etwa in den bekannten Chauvinistenblättern demnächst zu hören bekom men, daß im Grunde genommen auch an diesem neuesten Finanzskandal kein anderer als — Deutschland die Schuld trägt? Vielleicht wegen des deutschen Namens der Frau, die als Hauptangeklagte in dem bevorstehenden Prozeß zu figurieren haben wird? . * Herr Poincarö mag aber auch aus anderen Gründen sich augenblicklich in nicht gerade behaglicher Stimmung fühlen. Da wagt es ein Pariser Schwurgericht, was bisher noch keine Regierung, kein fremdes Staats oberhaupt riskiert hat: es schleudert dem großen und ge waltigen Mussolini de« Fehdehandschuh ins Gesicht, in- dem es einen Mann, der aus antifaschistischen Beweg gründen einen in Paris amtierenden italienischen Staats beamten über den Haufen schoß, so gut wie freisprach. Kein Wunder, daß darob ganz Italien aufflammt wie eine Pulvermine, daß italienische Offiziere ihren französischen Waffengefährten aus den Jahren des Weltkrieges die einst mit Begeisterung erttgegenge- nommenen Ordensauszeichnungen zurückschtcken und daß namentlich die akademische Jugend am liebsten mit starker Hand über die Grenzen aufgebrochen war*, um den Fran zosen sozusagen Auge in Äuge ihre Verachtung ins Ge sicht zu schreien. Es kommt ja auch hier natürlich eins zum andern^ und den Italienern ist es schon lange ein Dorn im Auge, daß Paris nachä/eade ein Sammel- und ein Tummelplatz für die nach Mussolinis Auffassung un geratenen Söhne ihres Landes ^ worden ist. Das ist eine schlimme' Saat, die leicht einmal über Nacht ganz plötzlich aufgehen kann. * Da sind diePolen doch etwas rücksichtsvoller. Vie setzen den Revolver nicht gegen fremde Staatsange hörige an. die das zweifelhafte Glück haben, in ihrer Mitte zu leben, sondern sie lassen im Dunkel der Nacht das schöne Schloß ihres Staatsgründers und Staatsretters, des Mar schalls Pilsudski, von bewaffneten Mordgesellen um schleichen, denen aus Versehen zunächst einmal ein Harm- loser Schutzpolizist zum Opfer gefallen ist. Das nächste Mal wird ihre Kugel vielleicht schon ein höherqestelltes Ziel zu erreichen wissen. Jedenfalls wird jetzt schon ganz offen in ihrem Sejm von der Nebenregierungder Obersten gesproch^i, denen eine ganz ansehnliche Zahl von unaufgeklärten Entführungen, von Überfällen miß- liebiger Politiker und Schriftsteller mit teils voll, teils nur halb gelungenen Totschlägen zur Last gelegt wird. So- gar leibhaftige Generäle sind ja von dieser unheimlichen Verschwörergesellschaft unschädlich gemacht worden, ohne daß dafür auch nur die geringste Sühne zu erreichen ge- Wesen wäre. Wie Marschall Pilsudski sich persönlich zu Strefemann-Vnand-Chamderlam Die Fahrt nach Lugano. Gedämpfte Erwartungen. ReichSautzenminister Dr. Stresemann verabschiedete sich am Freitag vor der für den Abend vorgesehenen Ab- reise »ach Lugano vom Reichspräsidenten von Hindenburg. Mittags sand noch eine kurze Ministerbesprechung über Lugano in Berlin statt. Dr. Stresemann wird be- gleitet von dem Staatssekretär Dr. v. Schubert, dem Ministerialdirektor Gaus und einer Anzahl von Sach verständigen. Die Ratstagung in Lugano soll bis zum 16. oder 18. Dezember dauern. Der französische Außen minister Briandist bereits Freitag morgen nach Lugano abgereist, ebenso hat sich auch Chamberlain, Eng lands auswärtiger Minister, dessen Erscheinen angeblich wegen der Krankheit des Königs in Frage gestellt war, entschlossen, bestimmt an der Ratstagung teilzunehmen und baldigst einzutressen. Am Sonntag werden die drei Außenminister in Lugano versammelt sein und man nimmt an, daß sie alSvald über die wichtigen Dinge, die zur Entscheidung stehen, in Verbindung treten werden. Montag vormittag soll die Tagung des Völkerbund rates durch Briand eröffnet werden. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht nach dem Programm der litauisch, polnischen Streitfall, wobei die beiden Länder durch den Ministerpräsidenten Woldemaras und den polnischen Außenminister Zaleski vertreten sein werden. Aber diese Frage dürfte, so wichtig sie im allgemeinen auch ist, doch zurückstehen gegen die mehr in offiziellen Dinge, die hinter den Kulissen vor sich gehen werden. Das ist die Fühlungnahme zwischen den drei Herren Stresemann,. Briand und Chamberlain über die Konstituierung der Sachverständigenlonferem zur Schuldenregelung. Während zu Anfang, als die Einsetzung dieser Sach verständigenkonferenz von Deutschland angeregt wurde, die Hoffnungen groß waren, sind mittlerweile die Erwar tungen doch wesentlich gedämpft worden. Ohne Zweifel hat sich die Situation mittlerweile so entwickelt, daß England den Wünschen Frankreichs fast voll ständig nachgegeben hat uktd Deutschland sich einer ge schlossenen Front dieser beiden Männer gegenübersieht. Freilich besteht immerhin noch die Annahme, daß unter Umständen auch Amerikaein gewichtiges Wort sprechen könnte, aber nach den abweisenden Äußerungen Chamber lains in den letzten Tagen und dem ganzen zurückhalten den Verhalten der englisch Regierung kann man kaum er warten, daß nun alsbald eine wenigstens für Deutsch land einigermaßen befriedigende Lösung gefundey wird. Oie Nheinlandraumung steht — man kann noch so oft beteuern, daß sie mit der Schuldenregelung nichts zu tun habe — im Hintergründe Frankreich beteuert, bereit zu sein zur endlichen Bereini gung der Kriegsschulden. Aber, und das läßt sich nicht verkennen, es will besondere Vergütungen herausschlagen für eine rechtmäßig schon längst fällige, von ihm aber als „verfrüht" bezeichnete Räumung der besetzten Gebiete. Diese Sonderleistungen kommen aber, vom deut schen Standpunkt aus gesehen, absolut nicht in Frage und müssen von uns auf das entschiedenste abgewiesen werden. Wird nun in Lugano eine Form gefunden, dre auch für Deutschland annehmbar ist? Das ist die Frage, um die sich alles drehen wird. Einstweilen muß man der Entwicklung nicht ganz pessimistisch, aber doch ohne große Hoffnungen entgegensehen. Schneller als Sie denken wird der Tag herankommen, wo Sie Weihnachtsgeschenke auf den Tisch Ihrer Angehörigen und Freunde legen müssen. wenn Sie noch nicht wissen, was Sie schenken, so lesen Sie jetzt den Anzeigenteil in den Nachrichten für Naunhof und Sie werden Geschenke finden, die Ihnen und den Be« schenkten Freude machen werden. Zm richtigen Schenken liegt es, Vie echte Weihnachtsfrenve zu bereiten. diesen lichtscheuen Dingen stellt, weiß man natür- lich nicht. Nun ihm aber allem Anschein nach direkt nach dem Leben getrachtet wird, werden ihm doch wohl mit der Zeit sehr bestimmte Entschlüsse aufgenötigt werden. Vor- läufig läßt er es noch bei der vollendeten Mißachtung be wenden, mit der seine Regierung alle parlamentarischen Entscheidungen behandelt, die mit ihren eigene» Wün schen und Anträgen nicht übereinstimmen. Der unaus bleibliche Konflikt, der am außenpolitischen Himmel von Warschau heraufzieht, wird ihn aber ohne Zweifel voll- auf gerüstet finden. Dr. Sy. Oesterreichs neuer Bundespräsident. Der bisherige Präsident des Österreichischen National- rates, Wilhelm Miklas, Kandidat oer Christlich-Sozialen, wurde im dritten Wahlgange mit 94 vorr 1M gültigen Stimmen bei 91 leeren Stimmzetteln der Sozialdemo kraten zum neuen österreichischen Bundespräsidenten an die Stelle Dr. Hainischs gewählt. , Wilhelm Miklas, der neue Präsident, wurde am 15. Oktober 1872 als Sohn eines Postbeamten in Krems an der Donau (Niederösterreich) geboren. Er studierte von 1890 bis L895 an der Wiener Universität, widmete sich nach Ablegung der wissenschaftlichen Lehramtsprüfung dem Lehrfache und wurde Gymnasial- professor und -dtrektor in Horn (Niederösterretch). Miklas gehörte seit 1908 dem Niederösterreichischen Landtage und seit 1912 dem Landesschulrate an. Nach dem Kriege wurde er von der Christltchsozialen Partei in die Österreichische Natio nalversammlung gewählt und 1920 zum Staatssekretär für Kultus ernannt. Auch wurde er 1920 zum Mitglied und 1923 sowie 1927 zum Präsidenten des Nattonalrates gewählt. Er gilt als überzeugter Anhänger des Anschlußgedankens. Der Ehe, die Miklas im Jahre 1900 mit Leopoldine Heidinger geschlossen hat, sind zwölf Kinder entsprossen. Lärmszenen im Österreichischen Nationalrat. Wien. Der Nationalrat hat die Regierungsvorlage über Zuwendungen an die Beamten unverändert angenommen. In der Debatte kam es mehrfach zu stürmischen Lärmszenen. Die Sozialdemokraten warfen den Großdeutschen vor, daß sie um- gcfallen seien. Das wurde von den Großdeutschen mit leb haften Protestrufen erwidert, die von sozialdemokratischer Seite mit stürmischen Gegenrufen beantwortet wurden. Es fielen dann gegenseitig Schimpfworte und einen Augenblick hatte es den Anschein, als ob es zum Handgemenge zwischen Großdeutschen und Sozialdemokraten kommen sollte. Dem Eingreifen besonnener Elemente gelang es jedoch, Tätlich keiten zu verhindern. Finanzmtnister Dr. Kienböck stellte für nächstes Jahr, sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse und eine Erleichterung der staatsfinanziellen Lage es erlaubten, weitere Zuwendungen in Aussicht. In diesem Jahre könne aber mit Rücksicht darauf, daß die Kassenbestände und Einnahmeüber- schüsse für Investitionen reserviert werden müßten, eine Er höhung der Zuwendungen nicht eintreten. , Staat und Wirtschaft. Kiel. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund er- öffnete hier seine Beratungen mit einer öffentlichen Sitzung in der der erste Bundesvorsttzende Leipart zahlreiche Vertrete, von städtischen, staatlichen und Reichsbehörden begrüßen konnte. Zum LohnkonfliktindernordwestlichenGrupp« der Eisenindustrie erklärte Leipart, er sehe keinen Anlaß, den Vorwürfen, die in diesem Zusammenhang gegen die Reaterunx erhoben worden seien, zuzustimmen. Die Arbeiterschaft hab« keinen Anlaß, unzufrieden oder verzagt zu sein, denn es steh« fest, daß die Unternehmer nicht durchgedrungen seien. Der Bundesvorsitzende gab der Hoffnung^ Ausdruck, daß der Schiedsspruch des Reichstnnenministers der Arbeiterschaft ihr Recht geben werde. Nach Begrüßungsansprachen nahm das Bundesvorstandsmitalted Eggert das Wort zu einem Vortraa über das Thema ^taat und Wirtschaft", in dem er zunächs! ein Bild von der Entwicklung des Lohnkonflikts in der nord- westlichen Metallindustrie entwarf und erklärte, in der Per fönlichkeil des Kampfrichters habe die Regierung eine gut« Wahl getroffen. Severing habe das Vertrauen des Bundes Zum Schluß verlangte der Redner eine wirkungsvolle Durch leuchtung der Gesamtwirtschaft. Dazu fe» in erster Ltni« nötig eine lausende und umfassende Produktions, statistik der wichtigsten Groß- und Mittelbetriebe, eine er- weiterte Publizität der Aktiengesellschaften, ein Monopol- kontrollamt und für die Eisenindustrie besonders der Ausbau des Eisenwirtschaftsbundes. Der Rest der Taauna ist den Mitgliederversammlungen der angeschlossenen Verbände ge widmet.