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Fernruf: Aml Naunhof Nr. 2 Druck und Verlag: Sünz S- Eule, Naunhof bet Leipzig, Mark' i Anzeigenpreis: Die Sgespalteae Petitzeile SO Psg., amtliche SO Pfg., Reklametetl (Sgesp.) 50 Psg. Tadelt. Satz 50°/<, Ausschlag. Bet undeutlich geschriebenen, sowie durch Fernsprecher ausgegedenen Anzeigen find wir für Irrtümer nicht hastbar. Erscheint wöchentlich Ämal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, nachmittag 4 Uhr: Bezugspreis: Monatlich ohne Austragen 1.50 Wk., Post ohne Bestellgeld monatl.: 1.50 Mk. Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Störungen des: Betriebes, hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Rück-: zahlung des Bezugspreises. : Nachrichten siir Namchos UN- Ltmgegend (Albrechtshain, Ammelshain, Vevcha, Vorsdorf, Eicha, GrdmannShain, Fuchshain, Groß- und Kleinstkindes Klinga, Köhra, Lindhardt, pomßen, Stao-ni-, Threna ufw.) dieses Statt ist amtliches Organ des Siadirates zu Aaunhof; es enthält Velanntgaben des Vezirlsverbandes, der «mtshauptmannsch t Grimma und des Finanzamtes zu Grimma nach amtlichen Veröffentlichungen. Nummer 36 Die Schraube ohne Ende. Wir sind ja jetzt mitten drin in den Kämpfen um die Lohnerhöhung und vorläufig ist ein EnUe der Massen kündigung von Tarifverträgen noch gar nicht abzusehen. Man hat sich bisher im allgemeinen leidlich geeinigt; und das ist überaus- erfreulich. Der bayerische Sozialminister Oswald hat nun gerade in den letzten Tagen eine ent sprechende Mahnung zu einer solchen friedlichen Einigung veröffentlicht, aber auch gleichzeitig darauf hingewiesen, welche Gefahren in einer Überspannung der Lohnforde rungen liegen. Das Wort von der „Schraube ohne Ende" ist ja hierfür schon oft genug gebraucht worden, ist fast abgebraucht, verliert aber dadurch keineswegs an Berechti gung. Der einstige Schöpfer der deutschen Arbeiter bewegung, Ferdinand Lassalle, gebrauchte für die in jenem Wort liegende wirtschaftliche Selbstverständlichkeit den Ausdruck vom „ehernen Lohngesetz". Wenn ein Teil der Arbeiterschaft Lohnerhöhungen herbeiführt, so tritt sie keineswegs in den tatsächlichen Vollgenuß des erzielten Mehrlohnes, sondern die Preise steigen, aber nicht bloß in jenem Industriezweig, der die Lohnerhöhung tragen muß, sondern auch das allgemeine Preis niveau wird dadurch iu die Höhe gedrückt; das führt wieder zu Lohnforderungen auch aus vicsen anderen Gebieten der Wirtschaft und so treiben sich Lohn und Preis wechselseitig in die Höhe. Diese Anschauung ist aber nicht unbedingt richtig, nämlich dann nicht, wenn der Unternehmergewinn einen Prellbock zwischen Lohn- und Preisgestaltung darzusteüm vermag. Eine kleine wirtschaftliche Überlegung: der End- Preis eines Erzeugnisses setzt sich zusammen aus dem Roh stoffpreis, den Kosten der Verarbeitung, dem Lohnfaktor, den auf die Erzeugung gelegten öffentlichen und sonstigen Lasten und schließlich dem Unternehmergewinn. Nun ist die deutsche Wirtschaft leider in der schlimmen Lage, als rohstoffarmes Land angewiesen zu sein auf die Preise, die ihr die ausländischen Rohstofflieferanten diktieren, so daß hier kaum etwas zu ändern ist. Ebensowenig lassen sich von der Wirtschaft aus die öffentlichen Lasten vermindern, so daß als bewegliche Faktoren nur die eigentlichen Ver arbeitungskosten, die Lohnhöhe und der Unternehmer gewinn verbleiben. Niemand wird bestreiten können, daß Vie deutsche Wirtschaft vor allem in ihren wichtigsten Zweigen aufs schärfste und mit Erfolg bemüht war, durch Rationalisierung ihrer Betriebe die Verarbeitungskosten möglichst herunterzudrücken, so daß weitere Einschrän kungen kaum noch möglich zu sein scheinen. Bleibt also nur noch die Auseinandersetzung zwischen Lohnhöhe rind sogenanntem Unternehmergewinn, den man auch als Kapitalrente bezeichnen kann. In derZapitalistischen Wirt schaftsordnung verlangt nun das Kapital eine angemessene Verzinsung, sonst wandert es ab. Diese angemessene Ver zinsung ist ja auch die Grundlage zu einer wirklichen und vor allem in Deutschland unbedingt notwendigen Kapital- neubildung. Und das alles ist abhängig von den Strö mungen im Weltkapital, also in der Hauptsache unab hängig von deutschen Wünschen, weil wir in diesem Strom mitschwimmen oder untergeben müssen. So bleibt für die Lohnhöhe nur eine geringe Ausdehnnngsmöglichkeit, wenn nicht — was leider ja nur allzusehr der Fäll ist die Preise der deutschen Erzeugnisse über die des Auslandes hinausgetrieben werden sollen. Das geschieht aber, wenü mit Gewalt eine angemessene Lohnerhöhung erzwungen wird. Die unerhörte Passivität unserer Handelsbilanz ist ein sprechender Beweis dafür. Wir sind zu teuer geworden für den Weltabsatz; das macht sich übrigens auch im Inland durch eine zwar allmähliche, aber doch fortgesetzte Steigerung der Lebenshaltungskosten bemerkbar. Die Kaufkraft des errungenen Mehrlohnes verwirk licht sich also keineswegs in ihrem gesamten Ausmaß; wir wissen aus Erfahrung, wie Preiserhöhungen fast auto matisch auf Lohnerhöhungen antworten. Das ist die „Schraube ohne Ende", von der der bayerische Sozial minister spricht und vor der er warnt. Ein klassisches Beispiel für die Richtigkeit dieses Ausdrucks war nicht zuletzt die Vorgeschichte und der Ursprung des englischen Bergarbeiterstreiks, der ja zu einer schweren Niederlage der Arbeitnehmerseite geführt hat; trotzdem ist dort aber ein wirtschaftlicher Ausgleich immer noch nicht herbei geführt worden und die Wunden, die er beiden Seiten schlug, bluten noch immer sehr stark. Im wirtschaftlichen Geschehen, namentlich dann, wenn, wie in der Gegenwart, alles zu einer großen Welt wirtschaft aufs engste verknüpft ist, walten eben eherne Gesetze, gegen die anzurennen völlig vergeblich ist und wo nur gilt, was wirtschaftlich, also auch lohnpolitisch möglich, aber längst nicht alles, was wünschenswert ist. Rußlands Genfer Vorschläge undurchführbar. Die Kritik der Mächte Die Vorbereitende Abrüstungskonferenz beschäftigte sich m ausführlicher Weise mit den russischen Abrüstungsvorschlägen Zunächst nahmen de Marinis für Italien und Clauzel für Frankreich zu dem sowjetrnssischen Entwurf in höflicher, aber ablehnender Weise Stellung Dann sprach in längerer Rede Lord Cushendyn für England. Er beleuchtete die grundsätzliche Frage der Stellungnahme Sowjetrußlands zum Völkerbund und übte an zahlreichen Artikeln des russischen AbrüstunasemwurkS strenge Kritik Donnerstag, den 22. März il928 39. Jahrgang Linstmzlatastrophe einer Förderbrücke brücke gebaut. Die Brücke sollte zur Kohlenförderung beim Tagebau diene» unv war ungefähr 50 Meter hoch und mehrere 100 Meter lang. Das gewaltige Bauwerk war freistehend konstruiert. Die Brücke war bereits so weit fertiggestellt, daß die Montagearbeiten unmittelbar vor ihrem Abschluß standen. Das große Eisengerüst war fahrbar auf einer Schienen bahn aufgebaut. Tausende von Zentnern Eisen waren nötg, um den Bau fertigstellen zu können. Etwa fünfzig Arbeiter waren damit beschäftigt, die letzten Arbeiten an dieser Förderbrücke vorzunehmen, als die Katastrophe ein trat. Die Opfer stammen sämtlich aus dem Mückenberger Ländchen. Eine Erklärung -er Direktion. Die Direktion der Bubiag in Lauchhammer gibt über Hergang und Ursache des Unglücksfalles auf der Grube Friedländer folgende Darstellung: Der außerordentlich heftige Sturm hat das hölzerne Montagegerüst der in Bau befindlichen Abraumbrücke in der Grube Fried- länder der Bubiag eingestürzt, wodurch der geringe Teil der bereits aufgelegten Eisenkonstruktion zusammen brach. Die Gewalt des Sturmes hat das Unglück trotz aller Vorsichtsmaßregeln herbeigeführt. Das Montage gerüst ist neu verseilt worden, so daß nach menschlicher Voraussicht nichts passieren konnte. Auf Weisung des Richtmeisters waren alle 24 bei der Montage beschäftigten Leute im Begriff, den Bau zu verlassen. Schweres AM bei der Vnbiag. Elf Tote und sieben Verletzte. Infolge des heftigen Sturmes stürzte die bei der Braunkohlen und Brikettindnstrie A.-G. (Mückenberg) im Bau befindliche Abraumförderbrücke zusammen. Els Bergleute sind dabei umgekommen, weitere sieben wurden verletzt. Der Sturm hat zunächst das Montagegerüst umge worfen, wodurch die Eiseukonstruktion mitgerissen wurde. Als die Schwankuugeu des Gerüstes im Sturm immer stärker wurden, gab der Richtmeister an die Montage arbeiter Anweisung, es zu verlassen. Noch in der Aus führung dieser Anordnung wurden die Leute von dem Einsturz überrascht. Die Bergungsarbeiten waren bei dem außerordent lich sandigen Gelände infolge des heftigen Sturmes sehr erschwert. Von allen Seiten eilten sofort Grubenarbeiter hinzu, die die Verunglückten aus ihrer gefahrvollen Lage befreien wollten. Die Feuerwehren der umliegenden Ortschaften, darunter Liebenwerda und Lauchhammer, beteiligten sich an dem Rettungswerk. Der Bau der Förderbrücke. Auf der Grube Bubiag bei Mückenberg im Kreise Liebenwerda wird im Tagebau Braunkohle gewonnen. Seit mehreren Wochen wird dort durch die Mitteldeutsche Stahlwerke A.-G, Lauchhammerwerk, eine große Förder- Lvrd Cusbeuduu mies dann» gm, daß eine Annahme Zes russischen Entwurfs nicht nur die Abänderung und Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die Abrüstungskouventlon inner halb eines Jahres, sondern auch die Abänderung des Völler- bundpaktes selbst notwendig machen würde Es gebe zwei Friedensarien, wie es zwei Kriegsarten gebe, den internauo- nalen Krieg und den Bürgerkrieg Sei Iowjelrußland bereit, auch den Bürgerkrieg abzuschasfen? Eine weitere Frage sei es. ob die sowjetruffische Regierung zur Änderung ihrer bis herigen Politik des bewaffneten Aufstandes in fremden Län dern bereit sei und damit aus jede Einmischung in nationale Angelegenheiten verzichten wolle Einige der russischen Vor schläge über die Flottenabrüstung könnten, wenn sie mit den nöligen Abänderungen versehen würden, wertvolle Anregun gen darstellcn. Lord Cushenvnn war der Ansicht, daß es aus der gegen wärtigen Tagung nicht möglich wäre, bereits eine endgültige Stellungnahme zu den sowjetrussischen Vorschlägen herbei zu führen Wenn die sowjetrussischen Vorschläge dnrchgcführt werden könnten, so würde dadurch zweifellos eine glücklichere Epoche in der Geschichte beginnen Zweifellos sei der Fort schritt in der Abrüstungsarbeit des Völkerbundes langsam, aber es seien doch schon große Fortschritte fcstzustcllen Im Augenblick müsse man die Inangriffnahme der ruffischen Plane als eine Unmöglichkeit bezeichnen Wenn von russischer Seite aus ein gewissenhaftes Urteil Wert gelegt werde, so sei auch die notwendige Zeit zur Stellungnahme erforderlich, und dafür seien sechs Monate nicht zuviel Einige andere Redner, so die Vertreter Japans und Kanadas, äußerten sich ähnlich In der Mittwochsitzung gaben die Delegierten der Vereinigten Staaten, Polens und Schwe dens Erklärungen ab, in denen sie nachdrücklich die sowjet ruffischen Abrüstungsvorschläge als völlig ungeeignet und unter den gegenwärtigen Umständen und Bedingungen undurchführ bar ablehnten Den gleichen Standpunkt hatte vorher auch der holländische Delegierte eingenommen Ebenso bezeichnete die Vertretung der Vereinigten Staaten es als unnötig und unmöglich, in ein eingehendes Studium des russischen Vorschlags einzutrcten. Die deutsch-russischen Beziehungen. Stresemann über den DonezkonsNkt. Im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages berichtete Neichsautzenminister Dr. S t r e s e m a n n über die augen blickliche Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Rußland. Der Minister ging dabei auch auf die Verhaftung der Deutschen im Donez gebiet ein. Die Haltung der Rcichsregierung wurde von allen Parteien mit Ausnahme der Kommunisten gebilligt. In Moskau hat der deutsche Gesandte Graf Brockdorff- Rantzau erneut bei dem Volkskommisftr Tschitscherin vor gesprochen und erneut die deutsche Auffassung betont In der Unterredung wurde festgestcllt, daß der verhaftete Koster irrtümlich, feines Namens wegen, für einen Deutschen gehalten worden, in Wirklichkeit aber Russe sei. Es sind also nur noch drei Deutsche in Haft. Nach Mft teilnng Tschitscherins wird die Untersuchung gegen die drei yerhafteten Deutschen beschleunigt durchgefuhrt; sm werde voraussichtlich in zwei bis drei Wochen beendigt sein. Nach Meldungen aus Charkow ist der freigelassenc Ingenieur Goldstein von Charkow nach Deutschland ab- gereist. Die von dem Generalkonsulat in Charkow für den aus der Haft entlassenen Monteur Wagner nach gesuchte Ausreisegenehmigung ist nicht bewilligt worden, da die russischen Behörden dem Vernehmen nach darauf bestehen, daß Wagner bis zum Beginn des Prozesses in Charkow verbleibt. über den unmittelbaren Anlaß zur Verhaftung ver lautet in Berlin, daß eine nicht zustande gekommene Dampfprobe bei einer vor kurzem gekauften Turbine die Ursache gebildet habe. Die deutschen Ingenieure haben es angeblich abgelebnt, diese in völlig unbenutzbarem Zustande Vorgefundene Turbine einer Dampfprobe zu unterziehen, was ihnen als „Sabotageakt" ausgelegt wurde. * Eine Verhaftung in Anhalt. Im Anhaltischen Landtage teilte ein Vertreter der Negierung auf eine Anfrage mit, daß die kürzlich bei den Deutschen Solvay-Werke in Bernburg wegen des Ver dachts der Handelsspionage zugunsten Rußlands er folgte Verhaftung des Laboranten Meyer aus freiem Ermessen der Staatsanwaltschaft und nicht als Ver geltungsmaßnahme wegen der Deutschenverhaftungen in Rußland erfolgt sei. Weder der Staat noch das Reich hätten dabei irgendwie mitgewirkt. Meyer war im Be griff, nach Rußland auszuwandern, und hatte sich bereits zahlreiche chemische Rezepte der Solvay-Werke angeeignet. Deutsch-belgisches Ausgieichsabkommen. Ein zwischen der deutschen und der belgischen Regie rung im Dezember v. I. geschlossenes Abkommen über die Regelung der beiderseitigen kleinen Ausgleichsforde- rnugen ist nunmehr in Kraft gesetzt worden. Durch dieses Abkommen sind im Wege der Pauschalgutschristen etwa 85 Prozent aller noch im deutsch-belgischen Ausgleichsver fahren schwebenden Forderungsposten (rund insgesamt 46 000) mit einem Schlage erledigt worden. Danach kann mit einer Beendigung dieses Verfahrens, dessen Abwicke lung bisher im Verhältnis zu dem Ausgleichsverfahren mit den übrigen beteiligten alliierten Staaten am stärkste» im Rückstände war, in absehbarer Zeit gerechnet werden. Britische Stimme sürRhemlandbesteiung. Die Regierung dagegen. In der letzten Unterhaussitzung kritisierte bei der Beratung des Armeevoranschlages der Abgeordnete Kenworthy das Verbleiben der britischen Besatzungs armee in Wiesbaden, die vollkommen zwecklos sei. Der Abgeordnete Kell y unterstützte den Antrag Kenworthys und betonte, daß die Anwesenheit der Truppen rin be setzten Gebiet den Anschein erwecke, als ob eine Art be waffneter Friede zwischen England und Deutschland bestehe. Kenworthy hatte gefordert, wenn die Be satzungsarmee nicht ganz zurückgezogen werden könne, so solle sie weiter verkleinert werden. Die ganze Be setzung bringe keinen Nutzen. Sie rufe bei denen, die jetzt auch Mitglieder des Völkerbundes sind, Groll und Verstimmung hervor. Sie sei nutzlos als Bollwerk gegen eine Invasion und nutzlos vom politischen und vom allgemeinen Standpunkt aus. Der Staatssekretär für Krieg, Worthington Evans, erwiderte, das britische Besatzungsheer sei ein Teil einer internationalen Streitmacht, die auf Grund des Frie- densvertrages dort stehe. Die Politik seiner Aufrecht erhaltung sei eine Frage, die heute nicht erörtert wer den könne. Kenworthys Antrag wurde mit 222 gegen 129 Stimmen abgelehnt. * Der Barmat-Prozetz. Berlin. Im Barmat-Prozetz wurden die Plädoyers und Repliken beendet Bei der nächsten Sitzung am Sonnabend werden die Angeklagten Gelegenheit erhalten, ihr Schluß wort zu sprechen. Die beiden kommenden Wochen sind der Beratung des Gerichtes Vorbehalten. Es wird voraussichtlich in jeder Woche nur eine formale Sitzung stattfinden.