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Kriegervereine und Wahlpflicht. Gegen die Wahlenthaltung. Unter der Überschrift „Unsere Aufgaben sind über den Parteigeist hinausgewachsen!" veröffentlicht der „Kyff- häiHtr", das Zentraloraan der deutschen Kriegervereine, einen Artikel über die Wahlfrage. Der Verfasser sieht in der Wahlrnthaltung, die in den letzten Wahlkämpfen er Heblich zugenommen hat, eine große Gefahr für den Staat Durch die freiwillige Wahlenthaltung würden die Parla mente nicht den Ausdruck des Willens der Gesamtnation darstellen können, sondern sie würden mehr und mehr nur Willensträger jener Parteien werben, die die Zwangs- und Machtmittel haben, die meisten Wähler zur Urne zu bringen. Darum sei die Wahlpflicht ein so unabänderliches Gebot für jeden, der in die Zukunft denke sie sei eine sittliche Forderung, die nicht von der Partei getragen werde, sondern von der Liebe zur Gesamtheit des Volkes, von der Erkenntnis, daß die idealen Kräfte unserer Nation gehütet werden müßten, weil von ihnen allein unsere Größe, unsere Kraft und unsere Zukunft ab hänge. Die Kriegervereine gäben keine Wahlparole her aus, sie verlangten aber von ihren Mitgliedern, daß sie der Wahlpflicht nachkommen und so wählen, wie es ihrer Inneren Überzeugung entspreche, denn „wer Soldat war «nd das Feldgrau in Ehren trug, dem wird der Weg zur Wahl nicht durch die Partei, sondern durch das Ge wissen vorgeschrieben". Die Kriegervereine lehnten es ab, irgendeiner Partei das Banner zn tragen, denn ihre Auf gaben seien hinausgewachsen über den Parteigeist, sie gelten dem Vaterlande in seiner Gesamtheit. poincaft über Reparation md Sicherheit Bedürfnis nach Ruhe. In Bordeaux hielt der französische Ministerpräsident eine Rede, die mit einem geschichtlichen Überblick begann. Frankreich habe ein Interesse daran gehabt, nicht auf die Zahlungen Deutschlands zu warten, um die Wiederauf- bauarbeiten durchzuführen. Hinsichtlich der Reparations zahlungen müsse er daran erinnern, daß von 1920 bis Ende 1923 angesichts des beständigen Versagens Deutschlands die Haltung aller französischen Kabinette di« gleiche ge wesen sei. Poincars sprach von der Notwendigkeit der republika nischen Verteidigung. Alle müßten sich freiwillig gewissen politischen Bedingungen unterwerfen und sich entschlossen zusammenfinden, um die republikanische Verfassung und das parlamentarische Regime gegen jeden Angriff zu ver teidigen. Der Ministerpräsident kündigte einige not wendige Reformen an: Befreiung der Lage der Landwirt schaft, Besserstellung der Pensionen und Unterstützungen für die Kriegsopfer, Vervollkommnung der Ausnutzung der Wasserläufe, Vervollkommnung der Kohlenfabrikation, Ausbau der Straßen und Wasserwege. Die Militärreform, die man durchgeführt habe, sei notwendig gewesen, da man nicht vergessen dürfs, daß Sicherheitsgarantien in einem noch immer unruhigen Europa auch für die fried- fertigsten Nationen eine Pflicht seien. Es gebe in Frankreich niemand, der irgendwelche Absichten hege, über die sich seine Nachbarn zu beunruhigen hätten. Es gebe auch niemand in Frankreich, der nicht begreift, daß ganz Europa, Sieger, Besiegte und Neutrale, das gleiche Be dürfnis nach Ruhe hätte, um die Ruinen, die der Krieg hinterlckssen habe, wiederaufzubauen. Es gebe niemand in Frankreich, der nicht geneigt sei, eine Annäherung zu be- Annen. Bemerkenswert bei seiner Rede war der Versuch Poincarss, die durch ihn veranlaßte Ruhrbesetzung zu rechtfertigen und ebenso sich gegenüber dem von der Linken erhobenen Vorwurf eines finanziellen Mißerfolges dieser Operation zu rechtfertigen, die, wie er erklärte, für Frankreich einen Reingewinn von 1N Milliarden Frank ergeben hätte. Ver-mdlichleitsettlärung des VuchdruckersKledssyruches 3,50 Mark Lohnerhöhung bleiben. Entgegen den Erwartungen ist doch noch der Buch druckerfchiedsspruch der tariflichen Schlichtungsstelle von 19. März vom Reichsarbeitsminister für verbindlich er klärt worden. Die Verbindlichkeitserklärung hat folgend Begründung: „Die in dem Schiedsspruch vorgesehene Regelung sieh eine Erhöhung der tariflichen Wochenlöhne in der Orts klasse ä von 58,50 auf 56 Mark und in den übrigen Orts klaffen eine entsprechende Lohnerhöhung vor. Aus der gesamten Lohntage, wie sie tatsächlich im Buchdruck aewerbe besteht, kann nicht gefolgert werden, daß dieser Vorschlag die sozialen und wirtschaftlichen Verhättniss ungenügend berücksichtige. Dies gilt um so mehr, als es sich auf Arbeitgeberseite um einen Verband handelt, der sich aus das ganze Reich erstreckt und der neben großer und leistungsfähigen Betrieben auch eine große Anzahl von mittleren und kleinen, in ihrer Finanzkraft beschränkten Betrieben umfaßt. Bei einheitlicher Beurteilung des gesamten Ge werbes muß daher berücksichtigt werden, daß schon die in Schiedsspruch vorgeschlagene Lohnerhöhung für viele dieser mittleren und kleinen Betriebe eine Belastung ist die die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit übersteigt. Das Maschinengewehr des polizeimajors Ein auffallender Fund. Nach einer Mitteilung des Polizeipräsidiums i Berlin wurde bei einem Polizeimajor der Berliner Schuh Polizei ein Maschinengewehr mit Zubehör gefunden unk beschlagnahmt. Der Polizeipräsident hat sofort dem Ma jor die Ausübung der Diensttätigkeit untersagt und beim preußischen Innenminister Amtssuspendierung beantragt die bereits ausgesprochen worden ist. Der Polizeipräsident hat ferner ein Strafverfahren gegen den Major wegen Verstoßes gegen das Republikschutzgesetz eingeleitet. Der suspendierte Offizier ist der Kommandeur der Polizeiinspektion Tiergarten, La Baume, der in Berlin-Zehlendorf wohnt. La Baume war einer der jüngsten Majore der Schutzpolizei. Aufregende Verbrecherjagd. Mißlungener Tresordiebstahl in Berlin. Im Verlauf weniger Wochen ereigneten sich in Berlin drei Tresordiebstahlsversuche, die alle drei mißglückten. Der letzte ist einer der verwegensten und kompliziertesten Ein- brüche, die die Kriminalgeschtchte überhaupt kennt. Vor- läufig noch unbekannte Banditen drangen in den Tresorraum der Depostteukaffe der Dresdner Bank in der Budapester Straße 10 ein. Deutschland-Amerika im Flugzeug Neuer deutscher Ozeanflug. Pilot Köhl in Berlin gestartet. Der vo« dem Flug der „Bremen" her bekannte Nacht- flieger der Lufthansa, Hauptmann a. D. Köhl, und sein Begleiter, Herr von Hünefeld, sind in aller Heimlichkeit in Berlin gestartet, um über Irland nach Amerika zu fliegen. Köhl hatte in den letzten Tagen wiederholt Probeflüge gemacht, aber immer wieder erklärt, daß er wahrscheinlich erst im Mai starten werde. Er hatte auch nur 360 Liter Betriebsstoff mitgenommen, so daß er zu nächst nickt weiter als bis Irland fliegen kann. Sein Flugzeug „D. 1167" trägt wieder die Aufschrift „Bremen" wie vor etwa drei viertel Jahren, als Köhl von Dessau aus startete. Köhl will alle größeren Städtt auf feinem Fluge vermeiden und lediglich die Eisenbahnen als Richtlinien benutzen. Sollte Wider Erwarten starker Ost- Wind auftreten, so wird er nach Berlin zurücKehren, um auf besseres Wetter zu warten. Bei günstigem Weiter wird er in Irland jedoch nur Betriebsstoff ausnehmen und nach Amerika weiterfliegen. Seine Maschine ist, wie er den Junkerswerken drahtlich mttteUte, in bester Ordnung. Oer Roman „Gohr, -er Knecht" von Amo Kranz Hal bei allen unseren Lesern größtes Gefallen ge sunden, sodaß verschiedentlich an uns die Frage ge- richtet wurde, ob dieser Roman in Duchsorm zu erwerben ist Wir können heute mitteilen, daß uns unser Weidauer Verlag genannten Roman gebunden für Wk. 3.— liesert. Wer also dieses Buch sür seine Bibliothek oder als postendes Geschenk erwerben will, wird gebeten, Bestellung in unserer Geschäfts, stelle auszugeben, die aber nur bis spätestens 31. März entgegengenommen werden kann Vertag der Nachrichten sür Naunhof. durchstießen die Betonwände und waren eben daran, die Safes mit Hilfe von Sauerstoff gebläsen zu öffnen, als sie durch einen Zufall verraten wur den. Hausbewohner alarmierten das Überfallkommando, das den ganzen Häuserblock sofort absperrte und die Verfolgung der über die Dächer flüchtenden Verbrecher auf nahm. Trotzdem gelang eS den Banditen, zu entkommen. Die Tat war von langer Hand vorbereitet worden. Der Tresorraum grenzt an einen privaten Weinkeller, von dem auS der Tresorraum angebohrt wurde. Wenn die Einbrecher weggiugen, stellten sie eine Attrappe vor das Mauerloch, so daß man des Tags im Keller nichts merken konnte. Als sie die Eisenstäbe vor dem Tresor mit einem Sauerstoff gebläse zerstören wollten, geriet die Füllung der Betonwand in Brand. Die Einbrecher waren auch hierauf vorbereitet, denn sie hatten einen Feuerlöfchapparat mitgenommen. Aber der Feuergeruch verriet sie. Die Flucht nahmen sie nun auf originelle Art vor. Sie löschten das Licht aus. fuhren mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock, wo sie in dem Dunkel niemand vermutete. Als die Haus bewohner und die Polizei in den unteren Rumen suchten, gingen sie auf das Dach und eilten aus die angrenzenden Häuser Die Verfolger waren ihnen auf der Spur und es entwickelte sich nun gegenüber der Berliner Kaiser-Wilhelm- Gedächtniskirche (der verkehrsreichsten Gegend des Westens) eine Feuerschlacht. Leider konnte man die Verbrecher nicht fassen, Ne sind bei dem allgemeinen Wirrwarr entkommen. Auch die Spuren sind nur schwer zu finden, da sie über dem Schuhzeug noch Socken trugen. Da die Einbrecher aber am Tatort Instru mente zurückgelassen haben, hofft man, ihnen doch bald auf die Spur zu kommen Schlußdienst. Vermischte Nachrichten vom 26. März. rlnklageerhebung tm Ventschener Aeichsbaynslandal. Berlin. Wie gemeldet wird, ist im Ventschener Reichs bahnskandal nach mehr als einjähriger Untersuchung nun mehr die Anklage erhoben worden, und zwar gegen den Bau unternehmer Schmidt in Rosengarten wegen schwerer Ur kundenfälschung, den Bauunternehmer Gensch m Züllichau wegen Betruges, Betrugsversuches, aktiver Bestechung und schwerer Urkundenfälschung sowie gegen den früheren An gestellten der Reichsbahn, den Architekten Berkholz in Reppen wegen schwerer und einfacher passiver Bestechung, Betruges, Beihilfe zum Betrug und Betrugsversüchs. Reichsbahn beamte befinden sich unter den Angeschuldigten nicht, da, wie erinnerlich, einige besonders belastete Beamte sich seinerzeit durch Selbstmord ver Verfolgung entzogen haben. Mit der Anberaumung des Hauptverhandlungstermins in Frank furt a. d. O. ist noch in diesem Frühjahr zu rechnen. Schadenfeuer durch Brandstiftung. Alt-Kemnitz (Riesengebtrge). Hier brannte das an der Bahnlinie gelegen« Raisfeisenlager nieder. Auch der dem Unternehmen gehörende Schuppen der Kirschmühle brannte ab. Verbrannt find außer dem Inventar 250 Zentner Weizenmehl, 300—400 Zentner Futtermittel, etwa 1100 Zentner Dünge mittel und einige hundert Zentner Getreide Nach mehr stündiger Tätigkeit der an die Brandstelle geeilten Feuer wehren der umliegenden Ortschaften konnte der Brand auf seinen Herd beschrankt werden. Der entstandene Schaven, der zum großen Teil durch Versicherung gedeckt sein dürfte, wird aus etwa SO 000 Mark geschätzt. Man vermutet Brandstiftung. Sächsische und Lokale Mitteilungen. Naunhof, den 27. März 1928. Merkblatt sür den 28. März. Sounettaufgang 5" l! Moudaufgang 9^ Sonnenuntergang 18-' Monduntergang 2°* 1483 Der Maler Raffael Santi in Urbino geb. Wie wird der Sommer? Die Meteorologen sind bereits stark an der Arbeit, um aus dem eben erst gewordenen Frühling den werdenden Sommer herauszulesen. Gedeutet aber werden beide, Früh ling und Sommer, aus dem Winter, den wir hinter unS haben. Der Winter gibt den Grundakkord an: er und die Erfahrungen, die man mit ihm gemacht hat, sollen den Witterungsverlaus deS Jahres bestimmen. Wir wollen unS mit den Meteorologen in keine Debatte über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Wettertheorie einlassen, sondern nur registrieren, was sie gefunden haben Und da muß von allem Anfang an gesagt werden: sehr erfreulich sind die Voraus sagungen nicht. Aus mäßig milde Winter und auf Winter, die normal verlaufen, wie es mit dem verflossenen Winter der Fall gewesen ist, folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit kühle Sommer. Dazu kommt noch als wichtiger Faktor daS be rühmte und mit Recht gefürchtete Sonnenflecken maximum: in den Jahren eines solchen MaximumS pflegen die Sommer fast immer kühl und regnerisch zu sein. Nun ist zu sagen, daß für 1928 das Fleckenmaximum erwartet wird, so daß wir jetzt genau wissen, woran wir mit dem diesmaligen Sommer sind. ES kommen ja freilich Aus nahmen vor, aber allzu großen Erwartungen für die kom mende warme Jahreszeit dürfen wir uns, wenn wir den Wetterkundigen Glauben schenken wollen, nicht hingeben, und wir werden schon zufrieden sein dürfen, wenn die FrühlingS- monate und der Sommer wenigstens einigermaßen warm und nicht allzu regnerisch verlaufen werden. LI Verbilligung des Postverkehrs Dänemark—Deutsch land. Am t. April wird die Telephonverbindung zwischen Dänemark und Deutschland um 30 Ore pro Gespräch her abgesetzt werden. Weiter sollen vom 1. April ab Brief telegramme im Verkehr mit Deutschland eingeführt wer den. Diese Telegramme werden dem Empfänger von der Bestimmungsanstalt aus brieflich zugestellt und sind um 50 Prozent billiger als gewöhnliche Depeschen. Die Einheitskurzschrift bleibt unverändert. Dos Reichsministerium des Innern hatte die Länderregierungn» und die obersten Reichsbehörden um eine Aeußerung über ihre Er- sahrungen mit der deutschen Einhettsdurzschrift gebeten. Die »Deutsch« Slenographenzeitung" veröffentlicht eine Denkschrift des Retchsmtnt- sleriums, tn der diese Aeußerungen zusammengefaßt und dem Aus schuß für dos B lduna-wefen des Reich-tage» unterbreitet worden sind. Das AeichSwehrminifterium teilte aus Grund seiner Erfahrunaen im Keeresdeietche, besonders in den Leereslachschulen mit, daß da« Gesamt- urletl über Erlernbarkeit, Schreibflüistgkeit und Wtederlesdorkett oünstig lei. Besonders günstig ist dos Urteil der -auptverwaltvNg der deutschen Reichsbahn: .Die Unterrichtsdurse hoben ergeben, daß die Emheiiskurzschrift gut erlernbar ist. An den Kursen haben Bedienstete aller Ausbildungsgrade, vom einfachsten Arbeiter bis zum akademisch gebildeten höheren Beamten tn den Altersstufen vom L0. bis zum SO. Lebensjahre mit Erfolg teilgenommen. Mit Rücksicht auf dt« leichte Erlernbarkeit wird beabsichtigt, das Psltchtalter zur Erlernung der Kurzschrift zu erhöhen." Nach Mitteilung des Präsidenten de» Rech» NUNgShofe» des deutschen Reiches ist die Einheitskurzfchrtft von jedem Durchfchmttsdegabten leicht zu erlernen. Sayern hebt di« günstigen Erfolge im Schulunterricht hervor und führt sie aus die Einfachheit des Regelwerkes und den klaren Aufbau de» Systems zurück. Nach Mitteilung des anhalttschen StaatSministeriumS sind in den Behörden mit der Einheitskurzichrift hinsichtlich ihrer Schreibtähtgkett «nd Wtederlesbarkett gut« Erfahrungen gemacht worden. Vremen bemerkt, daß sich die Einheitskurzichrift im Unterricht durchaus bewährt habe. Sämtliche Regierungen sprechen sich gegen eine Aendenmg der Sin» heitskurzschrist aus. Eine alsbaldige Aenderung wird nur von der Konsosladt Lübeck gesordert, die aber ebenfalls zuatbt, daß gegen die Schreibslüssiakeit und Wi«derle»bark«tt der Linheitskurzichrtst Einwendungen nicht zu erheben seien. Da staatsrechtlich «tn« Resorm der Einheitskurzschrift nur vorgenommen werden kann, wenn asie Regierungen damit einverstanden sind, so ist für ein« läng«« Reche von Jahren jeglich« Eystemänderung ausgeschlossen.