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Allgemeiner Anzeiger : 29.01.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190801297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19080129
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19080129
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-01
- Tag 1908-01-29
-
Monat
1908-01
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.01.1908
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politische kunäfchau. Deutschland. *Der Aufenthalt Kaiser Wilhelms in Wilhelmshaven anläßlich der Ver eidigung der Rekruten der Marinestation der Nordsee und des auf den 29. Februar an gesetzten Stapellaufs des Linienschiffs „Ersatz Bayern", des ersten 18 OVO Tonnen-Schiffes unsrer Marine, wird mehrere Tage währen. * Der Bund esrat hat die neue Brüsseler Zuckerkonvention und das damit zusammen hängende Sonderabkommen zwischen Deutschland und Rußland genehmigt. *Die Ostseefrage erregt noch immer die Gemüter unsrer Nachbarn. Deutschland habe, so wird behauptet, die Frage, ob die Ostsee als geschlossenes Meer anzusehen sei, angeregt, um in Friedenszeiten die Ostsee in ein deutsches Meer zu verwandeln, im Falle eines Krieges aber eine Beschießung der Ostsee- Mten m verhüten. Die Ostseefrage sei somit ausschließlich deutsches Interesse. Demgegen über muß, wie dies ja auch schon von amt licher Stelle geschehen ist, wiederholt auf das bestimmteste erklärt werden, daß diese Frage bei den Ostsee-Verhandlungen über haupt nicht erörtert, also auch niemals von deutscher Seite angeregt worden ist. Aus Kopenhagen wird dazu berichtet, daß ein hervor ragender Diplomat ausdrücklich erklärt habe, alle die Ost- und Nordsee betreffenden Unter handlungen zwischen den dabei beteiligten Staaten verfolgen, ohne daß damit Grund zum Mißtrauen gegeben würde, sowohl örtliche wie für ganz Europa wichtige Interessen. * Die braunschweigische Landes versammlung beschloß, in Erwägung darüber einzutreten, ob und in welcher Weise das Gesetz über die Zusammensetzung der Landesversammlung und das Wahlgesetz einer Änderung bedürfen, und ernannte eine ssebengliedrige Kommission, die diese Ände rung vorberaien und weitere Vorschläge machen soll. *Da8meiningischeStaatsministe- riumhat im Landtage im Interesse einer künf tigen Verständigung die neuen Steuervor lagen bis zur nächsten Tagung des Land tages zurückgezogen. * In der hessischen Zweiten Kam mer erklärte bei der Beratung der Reform des Schulwesens der Minister des Innern, den Wunsch, Privalschulen zu verbieten und in diesem Sinne die allgemeine Volksschule zu einer zwangsweisen zu machen, lehne die Regierung ab. Frankreich. * Wie jetzt halbamtlich aus Paris gemeldet wird, soll der ehemalige Minister des Äußern, Delcass 6, der ein besonderer Günstling König Eduards VII. und ein Deutschen feind ist, zum Botschafter in Petersburg er nannt werden. * Die Deputierten kammer ge nehmigte die beiden im August und Dezember v. in Brüssel unterzeichneten Zuckerkonven tionen. * Nachdem die Bank von England den Dis kont von 5 auf 4 Prozent und die Deutsche Reichsbank von 7V- auf 6'/. Prozent ermäßigt hat, ist nun die Bank von Frankreich diesem Beispiel gefolgt. Sie hat den Dis kont von 3'/r aui 3 Prozent herabgesetzt. Es scheint also, als ob die schwerste Zeit der wirtschaftlichen Krise überwunden ist. England. * Trotzdem in England keine Neigung für die allgemeine Dienstpflicht besteht, bat der Kriegsminister Haldane immer noch nicht ganz diesen Gedanken aufgegeben. Er sühüe zu stiner Unterstützung in einer Rede eine Bemerkung an, die Kaiser Wilh elm zu ihm bet seinem Bemch in Berlin machte. Der Kaiser sagte, er hätte die englischen frei willigen Hsereskräfte gesehen und wunderte sich, warum man keinen ausgiebigeren emau h davon mache. Httdane habe oft über die,e Worte nachgedacht, und nun sei die Zeit gekommen, den Versuch in weiterem Umfange anzustellen. Spanien. * Uber Spaniens Stellung zu den jüngsten Vorgängen in Marokko äußerte sich, nach einer Meldung aus Madrid, der Minister des Äußern, die Proklamation Muley Hafids sei für Spanien nicht verbindlich. Die spanischen Konsuln hätten Befehl erhalten, Abd ul Aziz als alleinigen Herrscher anzu erkennen. Portugal. * Aus Lissabon wird berichtet, daß im ganzen Lande wieder vollkommene Ruhe herrsche. Zwar wurde in der Hauptstadt eine bedeutende Revolverniederlage und eine Dynamitfabrik in einer vornehmen Straße entdeckt, aber man ist deshalb nicht be sonders besorgt, weil man in Regierungskreisen glaubt, daß die Anarchisten, die immer mehr aus dem Lande gedrängt werden, alles ver suchen, um ihre Niederlage zu verbergen. Die Regierung läßt jeden verhaften, der ohne Erlaubnis im Besitz irgendwelcher Waffen be troffen wird. MnM-md. * Aus Petersburg kommt die Aufsehen er regende Nachricht, daß General Kurovatkin mit seinem ganzen Stabe nach den im Stöffel-Prozeß festgestellten Tatsachen gleichfalls dem Militärgericht übergeben werden wird. Er habe im Stösselprozeß wissentlich falsche Aussagen gemacht, die in geradem Widerspruch mit seinen Berichten an den Zaren stehen. * Es wird immer klarer, daß das Dasein der dritten Duma von ihrer Stellungnahme zu den ungeheuren Marineplänen der Regierung abbängt, die insgesamt für Flotten zwecke 2 Milliarden Rubel fordert. Der Führer der Oktobristen, Graf Uwarow, erklärte, man habe der Panei einen Wink gegeben, falls die Marineforderungen abgelehnt würden, werde die Duma aufgelöst werden. Trotzdem ist die Mehrheit der Duma gegen die Marine- Pläne. Amerika. * Präsident Roosevelt richtete an den Kongreß eine Sonderbotschaft, das deutsch-amerikanisch eHandelsab- kommen betreffend. Die Botschaft ersucht um befchleunigte Erledigung der Beratung des Ab kommens im Kongreß. Das Abkommen ist auf ein Jahr abgeschlossen. Der deutsche Reichstag hat es bereits genehmigt, der amerikanische Bundesrat aber, der alle Verträge bestätigen muh, noch nicht. Es bleibt aber bis zum 1. Juli d. auf Grund einer Verfügung des Präsidenten in Kraft, wozu dieser verfassungs- gemäh berechtigt ist. Lehnt der Senat es ab, so scheint ein Zollkrieg zwischen Deutsch land und den Ver. Staaten unausbleiblich. *Zu den bisherigen vier Kandidaten für die bevorstehende Präsidentenwahl in den Ver. Staaten hat sich noch ein neuer gesellt. Wie aus Washington gemeldet wird, bewirbt sich nun auch der frühere Schatz sekretär Shaw um die Wahl zum Präsidenten. Afrika. ' Gegenüber den immer erneuten Versuchen Frankreichs, die Vorgänge im Innern Ma rokkos als unwesentlich hinzustellen, weisen die neuesten Meldungen aus Tanger mit be sonderem Nachdruck darauf hin, daß die Lage überaus ernst sei. — Die Anhänger Raisulis, die bisher in Fez gefangen gehalten waren, sind in Freiheit gesetzt und unterwegs zu ihrem Oberhaupt. Infolgedessen erwartet man jetzt bestimmt, daß Raisuli in allernächster Zeit den Kaid Mac Lean freiläßt. Falls Raisuli, wie er sckwn vor einigen Wochen gedroht hat, sich auf Seite Muley Hafids schlägt, würde die Lage für Frankreich noch bedrohlicher. Asien. * Die Errichtung einer russisch-japa nischen Bank in der Mandschurei, woran sich Japan mit 15 Millionen beteiligt, ist nunmehr beschlossene Sache, doch sind die näheren Einzelheiten noch nicht festgestellt. Zus äem keickstage. Der Reichstag überwies am Donnerstag zunächst das Scheckgesetz nach kurzer Debatte einer Kom mission von 14 Mitgliedern. Die dritte Lesung der Majestätsbeleidigungsnovelle ging rasch vorüber. Abg. Gvkling ssreis. Vp.) nahm kurz Veranlassung, die Schilderung des Aba. Heine (soz.) über den Königsberger MajesiätsveleidigunqSprozsß richtig zustellen und die Königsberger Richter gegen die schweren Vorwürfe Heines in Schutz zu nehmen. Dann wurde das Gesetz gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. Längere Debatten rief die zweite Lesung des Entwurfs betr. Abände rung des 8 833 (Haftung des Tierhalters) hervor. Es kam dabei zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den Konservativen und den Sozialdemo kraten, die behauptet halten, die Vorlage trage einen rein agrarischen Charakter. Der Entwurf wurde schließlich ebenfalls an eine Kommission verwiesen. Am 24. d. steht zunächst aus der Tagesordnung das Zusatzabkommen zur Brüsseler Zucksr- konvention, das Protokoll über den Beitritt Rußlands zum Zuckcrvertrag und das Ab kommen über den Zuckexvcrkehr zwischen Deutsch land und Rußland. — Ein Antrag des Abg. Grafen v. Schwerin- Löwitz (kons.) auf Herab setzung der Zuckersteuer aus 10 Äk. wird mit zur Debatte gestellt. Staatssekretär Frbr. v. Stengel empfiehlt die Vorlagen zur möglichst baldigen Annahme, da mit die Inkraftsetzung derselben noch znm 4. Februar ermöglicht werde. Am Schluffs seiner Ausführungen gibt der Staatssekretär eine Regierungserklärung ab, in der für eines der nächsten Jahre ein Gesetz entwurf zur Ermäßigung der Zucker steuer von 14 auf 10 Mk. pro Doppelzentner in Aussicht gestellt Wird, sofern zwischen Bundesrat und Reichstag eine Verständigung über einen ausreichenden Ersatz für den dadurch zu erwartenden finanziellen Aus fall erreicht werde. Für den Augenblick sei eine solche Maßnahme aus „bekannten Gründen" nicht möglich. Abg. Graf Schwerin-Löwitz (kons.) stellt und begründet seinen Antrag, die Zuckersteuer auf 10 Mk. von 100 Kilogramm Reingewicht sestzu- setzen. Sollte danach der Nettoertrag der Zucker steuer in den Etatsjahreu 1909, 1910, 1911 den Betrag von 140 Mill. Mk. nicht erreichen, so ist der Reichskanzler befugt, zur Deckung des jeweiligen Fehlbetrages eine Anleihe aufzunehmen. Sobald die Einnahmen aus der Zuckersteuer den Betrag von 140 Mill. Mk. übersteigen, ist der Mehrertrag zunächst zur Tilgung dieser Anleihen zu verwenden. Wir sind bereit, an eine umfassende Reform unsrer gesamten Verbrauchsabgaben heranzutreten und an Stelle des Zuckers andre Luxusartikel stärker zu belasten. Die Lage der Zuckerindustrie ist sehr ernst, viele Fabriken werden die nächste Kampagne nicht mehr mitmachen. Wir könnten daher der Vorlage nur zuüimmen, wenn die verbündeten Regierungen vorher unserm Anträge auf Herab setzung der Zuckerstcuer beiträten. Zur gründlichen Vorberatung beantragen wir die Verweisung der Vorlage an eine Kommission. Abg. Wiemer tsrs. Vp.) konstatiert mit Ge nugtuung, daß die Auffassung der Liberalen be züglich der Eniwlckelung der letzten Jahre vollauf bestätigt worden sei. Die Brüsseler Konvention hat durchaus günstige Folgen gehabt. Die Ver hältnisse auf dem Zuckermarkte haben sich erheblich gebessert. Von Kartellbildungen sind wir nicht nur nicht Freunde, sondern sogar Gegner. Die Herab setzung der Zuckersteuer würde einen großen finan ziellen Ausfall bedeuten, wenigstens sür die Über gangszeit wird ein Ausfall hsrbeigeführt werden. Wir stimmen dem Schatzsekretär bei, wenn er ge nügende Deckung voraussetzt sür eine Ermäßigung der Verbrauchssteuer. Der Konvention stimmen wir zu, im übrigen behalten wir nnsre Stellung nahme für die Kommission vor. Abg. Paasche (nat.-lib.): Wir haben seinerzeit der Konvention zugestimmt und werden anch der Zusatzatte beitretcn. Die Herabsetzung der Steuer wird einen vorübergehenden Ausfall bringen, dieser wird sich jedow bald ausgleichen. Durch die Zusatzakte wird Rußland in seiner eignen Gesetzgebung keineswegs beengt. Das Abkommen mit Rußland ist von ganz geringem Nutzen. Bei der bevorstehenden Reichsfinanzreform wird man auf die indirekten Stenern zurückgreifen, da muß man dafür sorgen, daß auch für diesen Ausfall Er satz durch indirekte Steuern geschaffen werde. Von einer Ermäßigung der Zuckersteuer werden die Kon sumenten wie auch die Industrie Vorteil haben. Abg. Südekum (soz.): Unsre Agrarier sind zu jedem Opfer bereit, wenn sie den Vorteil davon haben. So auch soll die Zuckersteuer ermäßigt und vom Reich dafür neue Schulden gemacht werden. Dem stimmen wir niemals zu. Man sollte lieber die andern notwendigen Lebensmittel verbilligen. Abg. v. Grabski (Pole) meint, das Ab ¬ kommen mit Rußland mache den Eindruck, als ob Deutschland Schritt sür Schritt vor Rußland zurück gewichen sei. Der Zusatzakte werde seine Fraktion nur zustimmen, wenn die Verbrauchsabgabe von 14 auf 10 Mk., und zwar bis spätestens den 1. April 1909 herabgesetzt werde. Abg. Gothein (frs. Vgg.): Besonders erfreu lich ist die Zuckerkonvention für uns nicht. Die meisten Weissagungen für den Zuckermarkt haben sich sonderbarerweise nicht erfüllt. Sehr wenig wahrscheinlich ist eS, daß der Zuckerkonsum sich in dem erwarteten Maße vermehren wird. Die Herabsetzung der Steuer würde für das erste Jahr einen Ausfall von 33,8 Mill. Mk. bringen. Eine Anleihe ohne Aussicht auf Deckung machen wir nicht mit. So sehr ich eine Herabsetzung der Zuckersteuer wünsche, so sehr muß ich verlangen, daß zunächst anderweitige Einnahmen geschaffen werden. Abg. Voigt-Hall (wirtsch. Vgg.): Ich be- daure, daß in dieser für Industrie und Landwirt schaft äußerst wichtigen Frage erst so kurz vor dem Jnkraftsetzungstermin der Reichstag befragt wird. Darin scheint System zu liegen. Gegen eine der artige Behandlung müssen wir energisch Protest einlegen. Wir sind aus dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht hervorgegangen, wollen trotzdem nicht als Parlament zweiter Klasse be handelt werden. Dem Antrag Schwerin-Löwitz stimmen wir zu. Staatssekretär Frhr. v. Stengel erklärt, eine schnellere Vorlegung der Materie sei nicht denkbar gewesen, da der Vertrag erst am 20. d. in Peters burg festgelegt sei. Die alte Konvention sei sür unsre Zuckerindustrie günstiger gewesen als die neue, jetzt handele eS sich aber darum, ob die neue Konvention eintreten solle oder ein vertragsloser Zustand, und da se! die Konvention doch vor zuziehen. Abg. v. Oertzen (freikons.): Durch Ar nähme der Konvention werden die Produzenten geschädigt, und für diesen Ausfall muß ein Ausgleich ge schaffen werden. Abg. Neumann-Hofer (Hosp. b. d. srf. Vgg.) widerspricht der Meinung, als oh der Konvention ein großes Gewicht beizulegen sei. Rußland Wird gar nicht in der Lage sein, das ihm zugestandene Quantum Zucker aus den Markt zu werfen. Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Darauf vertagt sich das Haus bis Mittwoch. Von wab und x Geheimrat Htnzpeter als Wohl täter» Der kürzlich verstorbene Geheimrat Dr. Hinzveter in Bielefeld, der frühere Lehrer des Kaisers, hat in seinem Testament auch das dortige städtische Krankenhaus mit einem nam haften Betrage bedacht. Er überwies der Stadt Bielefeld letztwillig ein Kapital von 18 000 Mar? mit der Bestimmung, diese Summe zu Zwecken des städtischen Krankenhauses, in dem er seinerzeit eine so ausgezeichnete Pflege ge nossen habe, zu verwenden. X Eine „Kaiser"-Glückwunschkarte aus Steinkohle. Eine aus Steinkohle ge fertigte Glückwunschkarte hat der Häuer Joseph Dudek von der KleophaS-Grube in Ober- schlesien an den Kaiser gesandt. Die Karte ist von dem einfachen Manne geschmackvoll aus geführt und hat die lobende Anerkennung des hohen Adressaten gefunden. Als Geschenk für die mühevolle Arbeit ließ der Kaiser dem M- sender durch das Hosmarschallamt mit seinem Danke eine kostbare goldene Busennadel zu gehen. Hinterlistige Ermordung eines Försters bei Rahnsdorf. Ein schweres Verbrechen ist in der Nacht zum 23. d. in der Nähe der RahnSdorfer Mühle bei Berlin verübt worden. Der 55 jährige Königliche Förster* Schwarzen, stein, der sich auf dem Nachhausewege befand, wurde meuchlings niedergeschossen. Von dem Täter fehlt jede Spur, ebensowenig ist eins Veranlassung zur Tat ersichtlich. X Eine vierfache Hinrichtung wird demnächst in Bonn stallfinden. Es handelt sich um jene vier kroatischen Raubmörder, die ' om dortigen Schwurgericht zum Tode verurteilt und deren Revisionen vor kurzem vom ReichSgeiicht verworfen wurden. Für die Aufstellung der Guillotine sind dieser Tage im Bonner G» sängnishofe bereits Abmessungen vorgenommen worden. Eine derartige Massenhinrichtung dürfte in Deutschland bisher nicht vorgekommen sein. A In goldenen ketten, löj Roman von F. Sutau. 'Fortsetzung.) „Nein, der Reichtum ist kein Schicksal, aber wenn wir uns von ihm blenden, uns verkaufen Lssen, dann kann er schon zum Schicksal wer den/ erwiderte Leska. „Doch — ich — ich muß gehen, ich tauge nicht sür dieses Paradies, diesen Sonnenschein, diesen Rosenduft." LeSka eilte mit flüchtigem Gruß davon, nicht bedenkend, daß sie dem Gebot ihres Mannes zuwider nun doch wieder einsame Pfade ging. Als sie den beiden glücklichen Menschenkindern in dem stillen Garien den Rücken gewandt, kam sie sich vor wie eine Verdammte, die einen Blick in das Paradies getan. — Ihr Blick verdunkelte sich und sie hatte iörmliche Wahnvorstellungen. War daS nicht Blut, das sie dort auf dem Grün des RasenS zu sehen glaubte? Eine namenlofe Angst, ein dunkles Ahnen von etwas Schrecklichem, das die nächste Zukunft bringen müsse, eriaßte sie. Adloff — und ihr Mann und dessen finstere, rachedürstende Gedanken, das war es — das — und sie mußte Adloff warnen, ihn bitten, um seine Verletzung nach einem fernen Orte bei seiner vorgesetzten Be hörde einzukommen, — sobald als möglich Trennung für alle Zeit, das war das beste für sie beide. Wild und wirr jagten die Gedanken durch ihr erregtes Gehirn und trieben sie, ihre Schritte dem Grenzhause zu-uvenden. Sie dachte nicht daran, daß ihr Mann oder dessen Schwester sie sehen, sie Lssbächicu könnte!!. Sie handelte eben noch so töricht wie an jenem Morgen nach dem Balle in M., wo sie vor Brandhorst geflohen, und so wenig wie sie damals ihrem Schicksal entging, so wenig würde sie es heute können. Marthas scharfe Augen beobachteten Leska. Ms jene sich überzeugt, daß Leska die Achtung nach dem Grenzhause eingeschlagen, rief sie auch ihren Bruder herbei. Bleich, mit vor Wut verzerrtem Antlitz stand Brandhorst neben seiner Schwester auf der kleinen Anhöhe im Park und starrte der schlanken weiße» Gestalt nach, wie sie flüchtig den schmalen Wiesenweg am plätschernden Gebirgsbach dahin glitt, dem Grenzhause zu. „Wie habe ich sie geliebt!" stöhnte er auf, „wie liebe ich sie noch!" Martha lachte höhnisch und sagte: „Das verworfene Geschöpf, das sich nicht scheut, am Hellen lichten Tags den Geliebten anfzusuchen, das meinst du noch zu lieben?" „Dieser Schurke, dieser Heuchler, dieser Ver führer," rief Brandhorst in höchster Wut. „Den Zweikampf verweigert er mir. Natürlich ist er seiner Sache sicher, aber er soll es büßen!" „Und LeZka?" fragte Martha und sah den Bruder lauernd an. „O, sie wird Vernunft anneümen, ich werde ihre Mutter kommen lassen. Wer weiß, was der Elende sür VeMhrrmgsumste angewandt hat, sie so weit zu bringen/Er ist jung, hübsch, und war ihre erste Liebe, und sie ist ein halbes Kind noch, so weftunerfahren." „Nimm sie nur noch in Schub, entichuldige siel Das aber >age ich dir, ich bleibe nicht länger mehr mit solch einer Person unter einem! Dache!" erklärte Martha. „Wo willst du denn dann hin, wenn ich fragen darf?" „Das laß meine Sorge sein." Martha wandte dem Bruder schnöde den Rücken und stieg den Hügel hinunter. Finster schaute ihr der Bruder nach, im Grunde mußte er ihr ja recht geben, er begriff sich selbst nicht, daß in seinem Innern immer noch eine Summe sür Leska sprach, und all sein Zorn, sein Haß sich nur gegen Adloff richtete. » Rache, Rache nehmen'an ihm, dem er, alle/ Schuld an seinem Eheunglück beimaß, , serc Gedanke brannte förmlich in seinem Hirn. So/ mochte der Wahnsinn bei ihm heranschleichen,! denn Brandhorst kam nicht mehr los vow dem; einen finsteren Gedanken, er trieb ihn zu Taten, die den Stempel des Wahnsinns an sich trugen. „Wahnsinn!" murmelte Brandhorst und er' legie die Hände aus seine brennende Stirn. Noch war es klar in seinem Kopfe, noch wvßte! er, was er zu tun und zu lassen hatte. Zu nächst galt es ihm aber, die schlanke Helle Ge stalt dort zu verfolgen, sein Weib sich zu retten, den» klar stand ihm dies vor Augen, aber was dann geschehn mußte, das wußte Brandhorst nicht. Er fühlte sich aber in seinem Recht, wenn er sein teuerstes Gut schützte^ es verteidigte vor dem, der es wagte, die HärLe danach auszustrecken. Leska, Vie sich unterdessen dem Grenzt,muss näherte, kam das Unsinnige ihres Handelns all mählich zu.» Bewußtsein. DiS jetzt hafte- sie noch nichts getan, worüber man sie hätte zur Rechenschaft ziehen können, jetzt aber war sie auf dem Wege dazu, dergleichen zu begehen und sich mindestens schwer zu kompromittieren. Sollte sie umkehren? Da lag es schor: Lor ihr, das weiße Haus, ein Grenzaufseher lehnte in der Haustür. „Der Herr Oberkontrolleur sind nicht zu Haus!" rief er ihr mit einem dreisten Lächeln zu. „Er ist nach Benzheim geritten, dort bleibt er bis zum Abend. Die Nacht ist scharfer Dienst an der Eliasguelle, eS sollen dort Schmuggler als Liebespaare verkleidet herum- streifen." Leska war über diese Reden deS Mannes dunkelrot geworden, sie brachte kein Wort über die Lippen, und eilends wandte sie sich um, den Rückweg anzutreten. Es war vielleicht gut, daß sie Adloff nicht getroffen, dachte sie auf dem Rückwege. Wer weiß denn, ob er ihren Warnungen und Bitten überhaupt Beachtung geschenkt hätte. Er schien ja fest und sicher zu stehen, seine Wege so klar vor Augen zu haben. Das Wiedersehen mit ihr, die er doch einst geliebt, hatte ihn auch in seinen Zielen nicht schwankend gemacht. Mit welcher Ruhe, welch edlem Stolz war er ihrem Manne begegnet. Ihr Mann! Eiskalt zog es ihr bei dem Gedanken an ihn ins Herz. O Gott im Himmel, wenn er sie auf diesem ver botenen Wege hier sähe l ES war so leicht möglich, daß er in seinem Argwohn hierher kam. Von der Villa kormte man ja den Weg bis nach dem Grenzhause verfolgen, und Auge" hatte er wie ein Fall«.
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