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Allgemeiner Anzeiger : 05.10.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191210059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19121005
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19121005
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1912
-
Monat
1912-10
- Tag 1912-10-05
-
Monat
1912-10
-
Jahr
1912
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 05.10.1912
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Vie Regierungsmatznahmen gegen Sie Ueischnot. Die amtlichen Maßnahmen gegen die Fleisch not sind nunmehr bekannt gegeben worden. Danach hat die preußische Regierung beschlossen, vorübergehend folgende Erleichte rungen der Vieh-und Fleischeinfuhr aus dem Auslands eintreten zu lassen: 1) Für große Städte, die als Märkte für die Vieh- und Fleischpreise ganzer Landes teile maßgebend sind, soll die Einfuhr von frischem Rindfleisch aus dem europäischen Ruß land, und von frischem Rind- und Schweine fleisch aus Serbien, Rumänien und Bulgarien im Wege besonderer Genehmigung zugelassen werden, wenn das Fleisch zu einem unter behördlicher Mitwirkung festgesetzten, möglichst niedrigen Preise an die Verbraucher verkauft wird. „ Die Beförderung des Fleisches bis zum Bestimmungsort muß in plombierten Wagen erfolgen. 2) Unter den gleichen Bedingungen soll die Einfuhr von frischem Schweinefleisch aus Rußland im Wege besonderer Ge nehmigung in einzelnen größeren Städten des Ostens, bei denen für eine derartige Versorgung ein besonderes Bedürfnis besteht, gestattet werden. 3) Unter den gleichen Bedingungen soll ferner die Einfuhr von Schlachtrindern aus Holland im Wege besonderer Genehmigung in hierzu geeignete öffentliche Schlachthöfe großer Städte unter veterinärpolizeilichen Vorsichtsmaß regeln und Bedingungen gestattet werden. 4) Das Verbot der Einfuhr von frischem Rind fleisch aus Belgien wird aufgehoben werden. 5) Endlich ist für den Fall des Bedürf nisses eine vorübergehende Erhöhung der sür das oberschlesische Industriegebiet bestimmten Menge russischer Schlachtschweine in Aussicht genommen: Ferner sind auf dem Gebiete der Eisenbahn- tarise preußischerseits folgende Maßnahmen in Aussicht genommen. 1) Der mit Ende d. Js. ablaufende Aus nah m e 1 a r i f sür frisches Fleisch (der gegenüber den normalen Tarifsätzen wesentliche Verbilligungen enthält) wird auf ein weiteres Jahr verlängert und noch weiter verbilligt. Von den so ermäßigten Tarifsätzen wird außer dem ein weiterer Frachtnachlaß von 20 Prozent gewährt: ») zugunsten von Gemeinden und Organi sationen, die die Sendungen in Ausübung ge meinnütziger Tätigkeit an Verbraucher oder an Fleischer zum Verkauf zu unter behördlicher Mitwirkung festgesetzten Preisen abgeben; d) zugunsten gewerblicher Unternehmer, die die Sendungen zu oder unter den Selbkosten all eigene Angestellte oder zwecks Verkaufs an eigene Angestellte zu unter behördlicher Mit wirkung festgesetzten Preisen an Fleischer abgeben. 2) Unter den gleichen Bedingungen wird ein Nachlaß, und zwar von 30 Prozent, von den Frachtsätzen sür lebendes Vieh gewährt. — Soweit gefrorenes Fleisch zur Einfuhr zu gelassen ist, gelten die Ermäßigungen des Eisen- bahntarifs auch für gefrorenes Fleisch. 3) Die Vergünstigungen, die zugunsten von Gemeinden und gemeinnützigen Organisationen beim Bezug von Seefischen bestehen (Frachtnach- laß von 20 Prozent), bleiben auch für das Jahr 1913 in Kraft. 4) Die Tarife für Futtergerste und Mais werden unter der Bedingung, daß die Frachtermäßigung dem Viehhalter zugute kommt, bis Ende September 1913 ans den Spezial tarif MI zurückgejührt, was eine Frachter mäßigung um fast dieHälfte bedeutet. Ein gleicheA Vorgehen ist bei den übrigen SlaatLeisenbahnoerwaltungen angeregt worden. Endlich ist, um die Mitwirkung der Gemeinden an der Fleischoersorgung zu fördern, dem Bundesrat der Entwurf eines Ge setzes vorgelegt worden, der den Bundesrat er mächtigt, sür die Zeit bis zum 31. März 1914 mit Wirkung vom 1. Oktober 1912 ab an Ge- j memden, die srisches, auch gefrorenes Fleisch von Lieh aus dem Ausland sür eigene Rech nung einführen und unter Einhaltung der von A Ans L,icbt gebracht. 7) Loman von H. Köhler. tS-rts-*««.) „Dn kemist die Verhältnisse in unserm Hause nicht, Lily/ seufzte Klara. .Meine Mutter habe ich nie gekannt, und Vater war von im au immer in fremden Händen. Er ist auch seelensgut, aber entsetzlich schwach, und die alte Bella, die uns nun schon seit fünf Jahren die Wirtschaft führt und ihn einst in einer sehr schweren und bösen Krankheit mit wirklicher Aufopferung gepflegt, gilt alles bei ihm. Sie selber hängt dafür mit seltener Treue an ihm, und daß ich, die eigen« Tochter, von ihm ge liebt werde, hat sie ordentlich eifersüchtig gegen «ich gemacht. Ich fürchte auch fast, ihr Drängen und Treiben gilt ebensoviel dem Wunsche, mich zu entfernen und ganz allein Herrin im Hause zu sein, als ihrem Entzücken und ihrer Be wunderung für meinen Bräutigam/ .Und du willigtest ein?" .Vater und Bella drängten mich, seinen Litten uachzugeben — ich selber war ihm ja auch gut, denn seine glänzenden Eigenschaften hatten mich bestochen, eS schmeichelte meiner Eitelkeit, daß er mich vor allem bevorzugte — ich wußte, wie ich seinetwegen beneidet wurde, und — und als er am nächsten Morgen kam —" .Da willigtest du ein?* .Ja/ hauchte Klara. .Und bereust du eS jetzt?* flüsterte Elisabeth. .Ich weiß es nicht,* jagt« Klara, aber so Bundesrat vorzuschreibenden Bedingunge^u angemessenen Preisen an die Verbraucher ge langen lassen, den nach Nr. 108 des Zoll tarifs erhobenen Eingangszoll bis auf einen Betrag zu erstatten, der sich ergibt, wenn anstatt der Zollsätze von 35 oder 27 Mk. der Zollsatz von 18 Mk. für den Doppelzentner zugrundegelegt wird. Was die Regierung in dieser Ankündigung bietet, wird — soviel zeigt der erste Blick — bei dem unversöhnlichen Interessengegensätze, der unser innerpolitisches Leben beherrscht, mehr Kritik als Zustimmung finden. Dem einen wird es angesichts des Notstandes sehr wenig, dem andern, der in dem augenblicklichen Mangel nur einen vorübergehenden Notstand erblickt, viel zu viel erscheinen. Es ist darum, um zu einer gerechten Würdigung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu gelangen, doppelt nötig, vorurteilsfrei zu prüfen. Die Regierung ist ohne Zweifel be müht gewesen, die Mittelstraße zwischen den Wünschen der von dem Notstand in erster Linie betroffenen Volkskreise und den Schutz sorderungen der Landwirtschaft zu halten. Un bedingte Voraussetzung der Maßnahmen war, daß unsre Landwirtschaft, wenn die Konjunktur sich einigermaßen bessert und die Folgen der Mißernte des vorigen Jahres überwunden sind, in der Lage sein wird, den Schlachtviehbedarf Deutschlands restlos zu decken. Die Zukunft wird lehren, ob diese Voraussetzung zutrifft, und ob die jetzt ergriffenen Maßnahmen aus reichen, die Not zu lindern. m—————— politische Kuncilckau. Deutschland. *Jn einem vom Reichskanzler an die Bundesregierungen gerichteten Erlasse wird aus geführt, daß in weiteren Kreisen vielfach die Meinung verbreitet ist, als ob die im Verkehr befindlichen sogenannten „Blutweine" eine besonders günstige Wirkung auf die Blutbildung hätten. Das ist indes nicht der Fall. Es handelt sich bei diesen Weinen zumeist um Phantasie-Bezeichnungen für dunkle Dessert weine verschiedenster Herkunft. Es wird daher amtlich als erwünscht erachtet, die Bezeichnung „Blutwein" .aus dem Verkehr verschwinden zu lassen. Die Interessenten sollen sich der Be zeichnung enthalten, um etwaige Strafanträge auf Grund des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb zu vermeiden. *Da die Vorschriften der Reichsver sicherungsordnung über die land wirtschaftliche Unfallversicherung zum 1. Januar 1913 in Kraft gesetzt worden sind, muß vor diesem Zeitpunkt die Neufestsetzung des durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienstes landwirtschaftlicher Arbeiter mit Wirkung vom 1. Januar 1913 erfolgt sein. Das Versiche- rungsamr hat vor Abgabe seines Gutachtens die Vertreter der Arbeitgeber und der Ver sicherten bei der unteren Verwaltungsbehörde oder Rentenstelle anzuhören. * Bei den Urwahlen für die Abgeord- netene'rsatzwahl im erstenBerliner Landtagswahlkreise wurden 375 frei sinnige, 18 konservative und 85 sozialdemokra tische Wahlmänner gewählt. *Der Prozeß Borchardt-Leinert hat mit der Verurteilung der Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen die Staatsgewalt geendet. Die Annahme der Sozialdemokratie, es könnten die einfchlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung des Ab geordnetenhauses durcht Gerichtsurteil für un gültig erklärt werden, ist damit zunächst hin fällig geworden. Es bleibt nun abzuwarten, wie das Reichsgericht sich zu dem Urteil stellen wird. *Jn Hamburg macht wieder einmal eine Spionageangelegenhett viel von sich reden. Am 26. März d. Js. wurde dort der pensionierte Steuermann der Marine Kagelmann wegen Verdachts der Spionage verhaftet. Die i Untersuchung, die fünf Monate gewährt hat, ist jetzt abgeschlossen. Kagelmann wurde nach Leipzig übergeführt. Er hat sich wegen f Verrats von Küstenbefestigungen,! leise, daß die Worte kaum von der Freundin verstanden wmden, „es ist em wunderbares Doppelwesen, das in mir lebt — ich fürchte, ich würde mich unglücklich fühlen, wenn ich ihn missen müßte und fürchte wieder, daß ich mich au seiner Sette nie glücklich fühlen werde." „Aber liebe, beste Klara," bat Elisabeth, sie fest an sich ziehend, „sei mir nicht böse, wenn ich dir vielleicht harte Worte sage, doch ich kann wirklich nicht anders — bist du da nicht wie ein törichtes Kind, das sich mit Grillen plagt, die nicht 'mal eine bestimmte Form und Ge stalt haben?* „Ach, wenn du recht hättest," seufzte Klara. „Kannst du mir denn einen vernünftigen Grunkl nennen, weshalb du deinen Bräutigam, wenn du ihn je geliebt hast, nicht noch lieben könntest?' Klara sah sinnend vor sich nieder. „Einen vielleicht," sagte sie, „er spielt, und ich habe ihn ost gebeten, das Spiel mir zu- liÄe zu unterlassen; trotzdem hat er, wie ich aus ganz sicherer Quelle weiß, in voriger Woche wieder gespiKt und nicht unbedeutende Summen verloren." „Das Spiel ist freilich ein böseS Laster," nickte Elisabeth, „aber glaubst du nicht, daß du als seine Frau Ai acht genug über ihn gewinnen wirst, daß er es unterläßt?" „Nein," sagte Klara kopfschüttelnd, „das gerade ist es, was ich fürchte, daß ich als seine Frau jede Macht über ihn verlieren werde, denn sein Charakter ist fest und hart wie Esten, er mag brechen, wird sich aber nie biegen, um eine andre Form anzunehmen." hauptsächlich an der Jademündung, an Eng land zu verantworten. *Dem kürzlich berichteten Einbruchsversuch einer kleinen Hottentottenbande in den Süden von Deutsch-Südwestafrika ist jetzt ein neuer Zwischenfall gefolgt, dessen militärische und politische Bedeutung sich nach der zunächst nur vorliegenden kurzen Nachricht noch nicht erkennen läßt. Wie amtlich gemeldet wird, ist am 27. September auf einem Patrouillenritt der Reiter Müller von der kaiserlichen Schutztruppe erschossen worden. Der Gefreite Strauch wird seit demselben Tage vermißt. Anscheinend handelt es sich um einen Zusammenstoß mit Eingeborenen. Frankreich. * Heftige Angriffe richtet der ,Figaro' gegen den Marineminister Delcass 6. Es sei wenig würdig gewesen, die Welt glauben zu machen, daß Frankreich die Aufgabe erhalten habe, die Wacht im Mittelmeer zu übernehmen. Diese Aufgabe habe niemals bestanden, da man als bald nach diesem peinlich berührenden Bluff feststellen müsse, daß England seine Streitkräfte im Mittelmeer verdoppele, dessen Wacht es niemals einem Einzigen überlassen habe. Der lärmend angekündigte Beschluß Delcassös habe lediglich eine Vermehrung der Rüstungen des Dreibundes hervorgerufen. Es sei nicht das erstemal, daß Delcassö die Ruhe Frankreichs gestört habe. — Diese Worte enthalten manche bittere Wahrheit! Schweiz. * Der internationale Friedens kongreß, der kürzlich in Genf tagte, hat gegen den entschiedenen Widerspruch der deutschen Teilnehmer sich in einem Beschluß dahin ausgesprochen, daß Els aß-Loth ringen dieselben Rechte wie die andern Bundesstaaten Deutschlands und eine Ver fassung nach den Wünschen der Bevölkerung er halte. Damit scheint der Kongreß wett über die Aufgaben, die er sich selbst gesteckt hat, hinausgegangen zu sein. Er will für eine Ver ständigung zwischen den Nationen tätig sein und mag zu diesem Zweck Reden halten und Be schlüsse fassen. Nur sollte er nicht vergessen, daß dahinter keine Macht steht, sie durchzusctzen, und daß jeder Beschluß, mag er noch so gut gemeint sein und aussallen wie er will, geeignet ist, Gefühle und Interessen andrer zu verletzen. Der Kongreß hat keine Mittel, den dadurch er weckten Widerspruch zum Schweigen zu bringen, seine Mehrheiten gelten nichts für die übrige Welt. Infolgedessen sollte er sich hüten, über haupt Anlaß zu einem solchen Widerspruch zu geben. Die staatsrechtliche Stellung Elsaß- Lothringens und seine Verfassung sind aber eine innere deutsche Angelegenheit, in die der inter nationale Kongreß nichts hineinzmeden hat. Mobilmachung aus dem Balkan. Bulgarien» Serbien und Griechenland krtegsberett. Was nach den Ereignissen der letzten Tage unvermeidlich schien, ist schneller, als Europa fürchtete, eingetroffen. Die Armeen Serbiens, Bulgariens und Griechenlands sind kriegsbereit aufmarschiert. Damit haben die Dinge eine Vielleicht entscheidende Wendung zum Schlimmen genommen. In Sofia erklärt man, die Maß nahme sei durch türkische Herausforderungen nötig geworden und auch die serbische Mobilisierung wird amtlich mit der teilweisen Mobilisierung der türkischen Truppen an der serbischen Grenze begründet. Feind selige Absichten der Türkei gegen Serbien gingen auch aus der Verfügung der türkischen Regierung hervor, durch die serbisches Kriegs material, zu dessemDurchfuhc die türkische Re gierung die Erlauonis bereits erteilt hatte, ohne Grund angehalten worden sei. Durch den Beschluß der Regierungen ist selbstverständ lich die Kriegsgefahr erheblich näher gerückt. Denn die Türkei, die ihrerseits zehn Divisionen ! in Mazedonien zusammengezogen hat, wird ! nun gleichfalls mit der amtlichen Anordnung „Und ist das nicht schön an einem Mann?" „Ja gewiß, und das gerade gewann ihm zuerst meine Achtung — später meine Bewunde rung und — Liebe." Elisabeth schüttelte mit dem Kopf. „Ich plaudere lwü schon eine geraume Weile mit dir/ sagte sie lächelnd, „und kann noch immer nicht dahinter kommen, was im eigentlich gegen ihn hast. Daß er spielt — ja, ich gebe es zu — das ist schlimm, aber dir zu liebe läßt er es doch vielleicht. Das allein aber ist kein Grund, an seiner Liebe zü dir zu zweifeln ..." „Ich kann dir auch weiter keinen bestimmten Grund dafür nennen, Herz," unterbrach sie Klara seufzend; „es liegt in so tausend kleinen Einzelheiten, die an sich vollkommen un bedeutend erscheinen und nur im ganzen, im Zusammenwirken dieses Gefühl, diese Furcht in mir Hervorgemfen haben. Ich wollte, du selbst könntest ihn mal einige Zeit beobachten — und vielleicht ist es möglich, wenn er bald zurück- kehrt." „Kannst du mir denn keine einzige dieser „kleinen Einzelheiten" nennen? Vielleichi wäre ich denn jetzt schon imstande, deine, wie ich fest glaube, grundlose Befürchtung zu zerstreuen." „Du wirst mich auslachen, weiter nichts," sagte Klara, „denn an und für sich sind sie auch nichtig; nur eben im Zusammenhänge beunruhigen st« mich." „So fang' einmal an, — lachen werde ich gewiß nicht, denn es handelt sich ja hier um eine ganz ernste Sache," sagte Elisabeth. „Siehst du," berichtete Klara und sah sich der Mobilisierung antworten, und niemand ver mag zu sagen, ob dieser Maßregel nicht die Eröffnung der Feindseligkeiten auf dem Fuße folgen wird. Der Ernst der Lage kann von niemand mehr verkannt werden, und auch an allen europäischen Börsenplätzen hat sich die bisherige Hoffnungsfreudigkeit in nervöse Stimmung gewandelt. Es bleibt noch die schwache Hoffnung, daß die Großmächte durch einen gemeinsamen energischen Druck auf die kriegslustigen Balkanregierungen im letzten Augenblick das Schlimmste zu verhindern vermöchten. Der österreichisch-ungarische Minister Graf Berchtold hat denn auch, in der Delegation über die Lage befragt, die Versicherung ab gegeben, daß die Bemühungen der Mächte sich nach wie vor in dieser Richtung bewegen. Daß er aber noch an einen Erfolg dieser An strengungen glaube, ja, daß er ihn nur erhoffe, hat der Minister nicht gesagt, und das ist recht bezeichnend für den Stand der Dinge. Eigen artig berührt unter diesen Umständen die Ariedenszuversicht der Türkei. Der türkische Minister des Äußeren sagte zu einem Berichterstatter: „Trotzdem in Sofia und Belgrad die Stimmung ziemlich gereizt ist, glaube ich nicht, daß dies augenblicklich dem Frieden schaden wird. Ebensowenig wie wir, würde Bulgarien und Serbien einen Nutzen aus einem Kriege ziehen. Diese beiden «staatev- würden in einem gewaltsamen Konflikt nur ver lieren. Wir haben in Rumelien mit den von uns versprochenen Reformen begonnen. Die Justiz und die Verwaltung in diesen Bezirken des Reiches werden von der Erfahrung fremder Ratgeber Gebrauch machen, die durch die otto- manische Regierung berufen worden sind. Bul garien kann nichts von einem Kriege erhoffen, den es gegen den Willen der Mächte unter nimmt. Unsre Mäßigung und unsre Ruhe haben uns das Vertrauen und die Unterstützung der Großmächte eingebracht. Und deshalb erscheint mir das Balkanproblemgerücht gar nicht so beunruhigend. Der Krieg wäre eine Dummheit für die Balkan staaten, weil im Augenblick die europäische diplomatische Meinung noch nicht für den Fall eines Verschwindens der Türkei vorbereitet ist. Die Sieger würden sicherlich nur einen Vertrag unterzeichnen, der der Revision eines neuen Berliner Kongresses zu unterbreiten wäre. Aber das internationale Leben wimmelt ja von Dummheiten und es hilft nicht viel, wenn man sich auf die Logik verlassen wollte. Wenn automatisch an irgend einem Punkte ein Zu sammenstoß stattfindet, so würde es den Diplo maten der ganzen Welt nicht gelingen, eine Verallgemeinerung des Konfliktes zu verhindern. Jedenfalls hängt die Entscheidung zwischen Krieg und Frieden an einem seidenen Faden — und niemand vermag zu errechnen, was di« Zukunft birgt." t)eer und flotte. — Von verschiedenen Seiten sind bereits jetzt Mitteilungen darüber gebracht worden, wo im nächsten Jahre die Kaisermanöver abgehalten werden sollen. Es wurden in erster Linie Schlesien und Hessen genannt. Die ,Tgl. Rdsch.' erfährt dazu aus sicherer Quelle, daß noch keinerlei bezügliche Entscheidungen ge troffen worden sind. Die Bestimmungen werde» erst zu einem viel späteren Zeitpunkte getroffen werden. —Die Bergung des Torpedobootes „6t 171* stößt weiter auf Schwierigkeiten. Nach den bis jetzt in Cuxhaven vorliegenden Meldungen war es den Fahrzeugen des Nordischen Bergungs- Vereins bis Freitag noch immer nicht gelungen, das Wrack des Torpedobootes aufzufinden. Das große Hebefahrzeug „Oberelbe" ist inzwischen an der vermutlichen Untergangsstelle des Tor pedobootes vor Anker gebracht worden. Die beiden Schleppdampser „Reiher" und „Müve" haben dort cm weiteren Umkreise den Grund des Meeres nach dem Wrack abgesucht, aber bisher nichts gesunden, dabei scheu um, ob sie auch nicht von jemand behorcht würden; „vor allen Dingen grüßt er, wenn er ins Zimmer tritt, nie mich zuerst, auL nicht den Papa, sondern Bella, dann de» Papa und dann erst mich — überhaupt Hai er mit Bella viel zu reden und oft sogar flüster« sie miteinander." „Das ist allerdings eigen — und dann?* „Dann macht er mir wohl viel Geschenke, — viel mehr, als ich beanspruche, — so hat er mir erst gestern wieder eine Brillantbrosche mit» gebracht, und doch hätte er mir mit einer ein fachen Blume mehr Freude gemacht, aber — er bringt nie Blumen, denn er kann sie nicht leiden und ihren Dust nicht ertragen.* „Und dann?" „Er spottet über die Religi«,, und weiß, wir weh' er mir damit tut." „Das ist häßlich von ihm.* „Das Schlimmste von allem aber ist . . ." „Nun, Schatz?" „Er hat kein Gemüt." „Kein Gemüt?" „Nein, und ich habe schon viele Beweise davon gehabt. Er gibt wohl den Armen, aber in einer Weise, daß es den Empfänger mehr verletzen als erfreuen muß; und im Theater, wo wir verschiedene Maie zusammen waren, bleibt er bei den rührendsten Stellen kalt unö tettnahmlos — ich habe noch nie eine Träne in seinem Auge gesehen." „Aber liebes Herz, das ist kein Beweis dafür, daß er gemütlos ist. Es beweist schließ lich nur, daß er wenig oder gar leine Phantasie besitzt."
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