Volltext Seite (XML)
Hmid nehmen. Das ist mir besonders verdächtig. Bei einer einfachen Tiebstnhlsaffare verläßt der Chef sonst Berlin nicht. Das muß schon etwas ganz großes sein. Was in diesem Falle „in die Hand nehmen" heißt, scheint mir ganz klar. Das ganz Große ist eben der Erpressungsfeldzug, den man gegen den Dieb eröffnen will." „Meinen Sie?" „Ich glaube es ganz bestimmt. Mein Entschluß ist bereits gefaßt. Ich gehe nicht mehr iu den Dienst des Detektivbureaus Merkur zurück. Das ist natürlich ein Vertragsbruch, aber man wird sich hüten, gegen mich die Polizei in Bewegung zu setzen. Die Leute werden froh sein, wenn sie nicht selbst mit der Po lizei zu tun haben." „Und was dachten Sie, daß ich tun soll?" „Ich kam eben her, mich mit Ihnen zu besprechen. Sie seben, ich spreche sehr ossen, im Vertrauen auf die große Liebens würdigkeit, mit der Sie mir bisher entgegengekommen sind, Herr von Binden, nnd die weit über das Maß des Geschäftlichen hinausging." „Sie baben mir nichts zu danken. Sie sind mir sym pathisch." „Ich danke Ihnen. Glauben Sie mir auch, daß das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, ehrlich gemeint Ivar und keine .Ko mödie?" „Ich glaube Ihnen aufs Wort." „Verzeihung, aber ich habe Ihnen noch eine Frage zu stellen: Sind Sie fest entschlossen, den Diev zu verfolgen, wer es auch immer sei?" Binden dachte »ach. „Ich muß sagen, Sie erschrecken mich. Natürlich habe ich die Absicht, aber das soll kein fester Entschluß sein." „Ich meine, ob Sie ihn zur Rechenschaft ziehen ließen, wenn er auch Ihren Preisen angehörte?" „Standesunterschiede wären bei meinem Entschluß jeden falls nicht maßgebend. Aber ich müßte natürlich Nüssen, nm wen es sich handelt." „Das ist selbstverständlich. Das würde ich Ihnen auch vorher mitteilen, wenn ich genügend Material habe, um vor zugehen." „Wann wird das sein?" „Ich denke übermorgen." „Gut. Aber was geschieht mit dem „Merkur". Ich habe doch den Auftrag nicht Ihnen persönlich, sondern dem Bureau gegeben. Wenn Sie Ihre Verbindungen lösen . . ." „Ja, jetzt kommt es eben darauf an, ob Sie die Fortfüh rung der Angelegenheit meinem Chef lassen wollen . . ." Binden schüttelte den Kopf. „Nein, das möchte ich nicht — ich sähe es weit lieber, wenn Sie alles zu Ende führen, Herr Raden. Natürlich unter der Voraussetzung, daß Sie auch die Ueberzeugung haben, den Dieb zu bekommen." „Die habe ich. Dann würde ich Sie also bitten, Herr von Binden, an das Bureau jetzt einige Zeilen zu richten des Inhalts, daß Sie den Auftrag zurückziehen. Denn ich selbst habe Anweisung, morgen abend abzufahren, das heißt also, daß mein Chef morgen mittag nach hier abreist. Er müßte also morgen früh den Brief bekommen." „Sie können den Brief gleich mitnehmen." Binden setzte sich an den Schreibtisch, um den Brief auf- znsetzen. Es waren nur wenige Zeilen. „Und wann sehe ich Sie wieder, Herr Raden?" „Ich komme übermorgen früh zu Ihnen, Herr von Binden, um dann mit Ihnen alles zu besprechen. Und ich gedenke auch am selben Tage de» entscheidende» Schlag zu führen." „Abgemacht. Also übermorgen auf Wiedersehen. Ich muß Ihnen sagen, ich bin schon sehr neugierig auf Ihre Ent hüllungen." l-l. Renüe war schon ungeduldig. Sie hatte sich mit Wolf um fünf Uhr verabredet und jetzt war es schon ein Viertel aus sechs. Unruhig ging sie den kleinen Seitenweg auf und ab, der von der Hauptallee des Stadtparks abzweigte und in das Innere des Parks führte. Sie hatten sich hier verabredet, weil in diesen Teil niemand hinzukommen pflegte; wenigstens niemand, von dem sie fürchten mußten, daß er sie erkannte. Der See, auf dem sich die Schlittschuhläufer tummelte», lag fernab, ganz aus der anderen Seite des Parkes. Renäe war schon besorgt. Wenn nur nichts passiert war. Sie hatte.setzt vor jeder Kleinigkeit Angst. Und sie selbst hatte auch nicht gerade mit amumehmen Neuigkeiten aufzuwarten. Endlich hörte sie Schritte, die sich rasch näherten. Es war tatsächlich Wolf. Sie erkannte ihn schon von weitem, seine hohe, schlanke Gestalt, den weitausgreifenden, elastischen Schritt. Er eilte, so schnell er konnte, auf sie zu, als er sie bemerkte. Er war noch ganz atemlos vom schnellen Gange. „Verzeih' mir — ich konnte nicht früher. Ich war dienst lich aufgehalten und konnte beim besten Willen nicht los kommen." „Es macht ja nichts, Wolf," sagte sie mit etwas leiser Stimme, „ich fürchtete nur, daß etwas vorgefallen wäre, und dann wurde es auch schon so finster — ich — ich —" Dann plötzlich konnte sie nicht weitersprechen, sondern be gann ganz bitterlich zu weinen. Wolf erschrak ordentlich bei diesem elementaren Ausbruch. Er war so etwas an Renäe gar nicht gewöhnt. Sein mutiges Mädel — und weinen. Er hatte sie noch nie weinen gesehen. Es mußte etwas Arges ge schehen sein. Aber er fragte sie vorderhand nichts, sondern schloß sie in die Arme und küßte ihr ganz zärtlich die Tränen von den Wange» und Augen. „Aber Mädi, »rein Liebstes, was ist denn? Mein tapferes Mädi wird doch nicht weinen. Geh, ist's denn so schlimm? Wird schon wieder gut werde», ja?" Sie zuckte die Achseln. (Fortsetzung folgt.) Ich sah in bleicher Silbertracht Die Birkenstänimc prangen, Als wäre dran aus Heller Nacht Das Mondlicht blieben hangen; llud in dem zarten Birkenhain Sah ich ein Häuschen blinken, Das hob gleich an, zn sich hinein lsoldfreundlich mich zn winken. lvie da im roten Morgenstrahl Die Fensterlein erglänzten; Und wie so freudig Berg und Tal Mit Rosen sich bekränzten! Die Rebe auf zum Fenster klomm Mit ihren goldnen Trauben; Die Unschnld saß am Dache fromm Fu stillen weißen Tauben. keile-Linptinäung^ Die Lerche sang nnd schwand dahin Auf morgenfrohen Schwingen, Daß mir der blane Himmel schien Ins Tal herabzusingcn. — Da meint' ich schon, das Fenster soll Sich freundlich mir erschließen, lind ans dem Rahmen liebevoll Mein Liebchen mich begrüßen Du seligste der Hhantasci'n! Ach, wär' cs mir beschieden, Mit ihr zn leben hier allein Jin süßen lvaldessrieden! Mit ihr im linden Frühlingshanch Durch diesen Hain zn wallen, Zu lauschen hier im Blütenstranch Dem Lied der Nachtigallen; Mit ihr zn schau'n im Hcrbsteswehn Die welken Blätter fliegen, Umrauscht vom schmerzlichen vergehn, Mich tränt an sie zn schmiegen. lvcnn dann in rauher lvinterzcit Tin Lied mein Liebchen sänge, Und aller Himmel Seligkeit Mir in die Stube dränge! — Ich wagt' cs mich zu rcgen kaum In meinem stillen Sinnen, Besorgt, das Häuschen möcht', ein Traum, vor meinem Blick zerrinnen. Doch, sieh, da öffnet sich die Tur, Der Zauber war geschwunden, Ts trat ein Jägersmann hcrfür Mit nachgcsprengten Hunden Tr grüßte mich mit raschem Blick Und streift' waldein gar heiter, Ich gab ihm seinen Gruß zurück, Und traurig ging ich weiter.