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Nummer 16 Berlin, Donnerstag, den 21. April 1938 55. Jahrgang 8» Blut undRoden 2 K6/c/i50D5L/6//oD9 c/s§ 6oft6nL>au6§ 5§5sn ?-2S Ein Festtag des deutschen Gartenbaues tl arU>« stcunvirWaj» Wirsschaftszeitung des deutschen Gartenbaues Amtliche Zeitung für den Gartenbau im Reichsnährstand und Mitteilungen der Hauptvereinigung der „ deutschen Gartenbauwirtschajt lsorckstraße 71, Fernruf 66, 4406 Eröffnung am 26. April durch dm Reichsbaurrnführer N. Walther Darre In wenigen Tagen wird der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft uO Reichsbaucrn- führer R. Walther Darre die 2. Rcichsausstellung des deutschen Gartenbaus in Essen eröffnen, die der Reichsnährstand im Jahre 1938 gemeinsam mit der Stadt Essen durchführt. Die „Reichsgartenschau Essen 1938" wird bis Mitte Oktober geöffnet sein. Mit einer Gesamtausstcllungsflüche von 470 000 qm, von denen etwa 20 000 qm auf Hallenflächen ent fallen, wird sie die größte Ausstellung dieser Art in Europa und die bisher größte Schau Essens sein und einen umfassenden Ueberblick über das gesamte Gebiet des deutschen Gartenbaus geben. Die besten Leistungen unseres Berufsstandes werden hier im Wettbewerb stehen und Zeugnis ablegen von dem Wert deutscher gartenbaulicher Erzeugnisse. Hcrvorgegangen aus den Anlagen der „Großen Ruhrländischen Gartenbau-Ausstellung 1929", die unter dem Namen Gruga weithin bekannt ist, gliedert sich diese Ausstellung in den noch verhältnismäßig jungen botanischen Gar ten, in die Flächen der von 1929 vorhandenen „Gruga" und in das Neubaugelände, in dessen Be reich auch die Hallen für Sonderschauen zu finden find. Gartengestalterisch gab es große Aufgaben zu lösen; denn das teilweise sehr schwer zu behan delnde Gelände erforderte große Vorarbeiten, um die Flächen zu schaffen, auf denen die Qualitäts erzeugnisse des deutschen Gartenbaus zur Schau gestellt werden sollen. So hat man auch um die Ausstellung herum den Anfang zur Errichtung eines fast neuen Stadtviertels gelegt. Große Etrnßenbauprojekte wurden in Verbindung mit der Ausstellung vorsorgend durchgcführt. Durch einen neuen Haupteingang betreten wir die Reichsgartenschau. Ein schlichter Vorplatz emp fängt uns' und gibt den Blick auf den Keramik- odcr Eingangshof frei. Diese von Wasserkanälen durchzogene Anlage bildet mit dem Großen Blu- mcnhof die bedeutendste in der Neuanlage vor handenen Achsen. Der Große Blumenhof stellt eine Meisterarbcit neuzeitlicher Gartengestaltung dar. Eine architektonisch interessante Gaststätte mit den vorgelagerten Wasserspielen wird den Besuchern einen angenehmen Aufenthalt bieten. Große Rasen flächen, von Blumen eingerahmt, runden das Bild zu einer Einheit ab. Seitlich des Eingangshofes liegen die vielen kleinen Gartenhöfe, die mit ihren Motiven die Reichhaltigkeit der gartengestalterischen Arbeit zeigen werden. Dazu kommen zwei Lehr schauen, deren Wert und Bedeutung durch die Auf gabengebiete gekennzeichnet werden, die sie zu be handeln haben. Die „Lehrschau des Reichsnährstandes" befaßt sich mit allen Aufgaben, an denen der Erwerbsgarten bauer das größte Interesse hat; eine Lehrschau über die „Werkstoffe des Gartens" gibt nicht nur dem Fachmann, sondern auch dem Laien ein gehende Aufschlüsse über das Material, das not wendig ist, um den Garten in seiner Vielgestaltig keit erstehen zu lassen. Nicht weit davon finden wir die Kolonialpflanzenschau. Was hier gezeigt wird, vermittelt die Kenntnis der Pflanzenwelt der ehemals deutschen Kolonien. Sie gibt zugleich Aufschluß über die Bedeutung der Schätze der Ko- loninlländer. Nahrungsmittel, wie Kaffee, Kakao, Früchte usw., außerdem für die Industrie wichtige Faserstoffe sind für die europäischen Länder ja nur über den Weg der Kolonien erreichbar. Besondere Erwähnung verdienen die von den Pslanzengesellschaften vorgesehenen Sonderausstcl- lungcn und Jahrestagungen, durch die auf den hohen Staird gärtnerischer Züchtungsarbcit eindring lich hingewiescu werden soll. An diesen Sonderaus- stcllungen beteiligen sich die Deutsche Rhododcndron- Gesellschast, die'Deutsche Dahlien-Gesellschaft, die Deutsche Gladiolcn-Gescllschast und die Deutsche Kaktcen-Gcsellschast. Eine Friedhofsabteilung wird die wichtigsten Fragen unserer Grabmal- und Gräbergestaltung zeigen. Neben der beispielhaften Lösung einer neuzeitlichen Wohnstraße gliedert sich eine ansehnliche Reihe Hausgärten in das Gelände ein, die mustergültige Anlagen auf diesem Gebiet darstellen und von bekannten deutschen Karten- gestaltern geschaffen sind. Auch der Kleingarten, die Kleintierzucht und die Siedlungsfragen finden ans der Reichsgartenschau Berücksichtigung. Die Ausstellungshallen sind für die verschieden sten Sonderschauen bestimmt. Die Stadt Essen und der Reichsnährstand, die die Träger dieser Ausstellung sind, haben über die Presse des In- und Auslandes alle Interessenten eingeladen. Die Tore einer der interessantesten Großstädte des Deutschen Reiches werden sich am 26. 4. öffnen, um gastfreundlich all die Menschen zu empfangen, die hierher kommen und sehen, lernen und sich an dem erfreuen wollen, was deut- ,jcher Gürtnerfleiß geschaffen hat. große Industrieanlagen die Menschen auf engem Raum zusammen ballen und Lausende einen großen Teil ihres Lebens unter Tage verbringen, hat der Mensch ganz besonders das Bedürfnis, seine Umgebung durch lebendige grüne Pflanzen — sei es durch Blumen im Haus oder durch einen kleinen Garten — freundlicher zu gestalten. Dazu kommt, daß solche dicht bevölkerten Gebiete auch ausreichend mit Gemüse und Obst versorgt werden müssen. Es gibt keinen besseren weg, die Bevölkerung für alle wichtigen mit dem Gartenbau zusammenhängenden Fragen zu interessieren, als eine Ausstellung. Deshalb kommt der r. Rcichsausstellung des Deutschen Gartenbaues, die die Stadt Essen gemeinsam mit dem Reichsnährstand durchführt, besondere Bedeutung zu, um so mehr, als die Lage der Stadt Essen zum hochentwickelten Gartenbau der Nachbarländer einerseits und der in diesem Jahre in Deutschland stattfindende XII. Internationale Gartenbaukongreß andererseits auch zahlreiche ausländische Fachleute anziehen wird. Möge die Ausstellung die Anteilnahme der Bevölkerung an den Fragen des Gartenbaues noch vertiefen und der friedliche Wettkampf der Aussteller auf diesem für die seelische und körperliche Gesundheit unseres Volkes so wichtigen Gebiet ein Ansporn zu höchsten Leistungen sein. Oer kkeick»- uncl Orell/Ziscke /Hini«ler für Ernährung unü l-anüll-l'rtscüaft, Oeieksbauernfü/rrer unü Keicks- leiler üer lV8O^O. ,, , Darre Jahr )h;S ist ein Ehrenjahr des Deutschen Gartenbaues. wie nie zuvor tritt unser Beruf in das Blickfeld der Geffentlichkeit. wir selbst weiten unseren Blick über die Berufsgrenzen hinaus und erleben, daß das, was unseres Lebens Inhalt ist, in Millionen deutscher Volksgenossen mitklingt. Der Nationalsozialismus hat im deutschen Menschen die deutscher Art eigene Liebe zum Boden wieder freigelegt, er hat die alte Sehnsucht wieder geweckt, die uns im Blute liegt, selbst Erde in die Hände zu nehmen, zu pflanzen, zu säen und zu ernten. Der Mensch der Städte drängt hinaus und will, wenn auch auf noch so kleiner Scholle, deutschen Botzen wieder selbst bearbeiten. Da weht ihm der Hauch der Erde entgegen und der urewige Rhythmus der Naturgesetze geht ihm wieder auf und läßt ihn Kraft mitnchmen in sein Alltagsleben. Gartenleben und Gartenglück ist Gemeingut unseres Volkes geworden. Der XII. Internationale Gartenbaukongreß im August wird so einen ungeahnten Widerhall finden im deutschen Volke. Er spannt seinen Rahmen über das rein Fachliche und wissenschaftliche hinaus zum erstenmal auch über jene Bezirke, die sich die Entwicklung und pflege des Gartengedankcns im ganzen Volke zum Ziele gesetzt haben. Die Tausende ausländischer Gäste des Internationalen Kongresses werden neben und nach der fachlichen Arbeit auch nach den Zeugen dieses Denkens und seiner Auswirkung schauen. Das dritte große Geschehen dieses Jahres ist die r. Reichsgartenschau Essen. Der deutsche Gartenbau hat sich zusammengcsunden zu einer umfassenden Leistungsschau aller seiner vielgestaltigen Einzelgruppen. Alle Zweige unseres Berufes kommen in eindrucksvollster weise zu Wort. Sie werden Zeugnis ablegen von dem hohen Stande gartenbaulicher Entwicklung und werden das mustergültige Können unserer vielen Berufskamcraden zeigen. wert und Bedeutung unserer Gartcnbauerzeugung in der Ernährungswirtschaft wird in Erscheinung treten. Ziel und Sinn unserer Reichsnährstandsarbeit für Erzeugung und Marktordnung wird nicht nur den Berufskameraden, sondern auch der Allgemeinheit dargestellt. Die Schönheit unserer Blumen und Pflanzen, die Fülle unserer Arten und Sorten wird die Gestaltungskraft unserer Gartenkünstler zu einem großen Erleben formen. Die Reichsgartenschau Essen ist für uns deutsche Gärtner Erfüllung und Verpflichtung zugleich. Verpflichtung wird sie aus dem Erkennen jener allgemeinen lebensgesetzlichcn Entwicklung, die den Gartenbau in das Neuwerden des deutschen Lebens in so besonderer weise hineinstellt. Ver pflichtung ist sie aus dem Bewußtsein der ernährungswirtschaftlichen Aufgabe des deutschen Gartenbaues im Hausbalt des Volkes, wir deutschen Gärtner weisen mit Stolz aus die Reichsgartcnschau Essen, wir bekennen uns glücklich zu dieser Leistung unseres Berufes. Dieses Bekenntnis ist aber in seinem tiefsten Sinn ein Dank an den Führer, der uns durch seine Tat nicht nur zu jener Lei stung, sondern zum Leben überhaupt erst wieder fähig gemacht hat. Er hat unserem Leben Sinn und Ziel gegeben, unserer Arbeit Schasfcnsgrundlage und Kraft. Der Reichsbauernführer wird am r6. April die r. Reichsgartcnschau in Essen feierlich eröffnen. — Er bekennt sich damit in schönster weise zu uns und unserer Arbeit. Er stellt damit auch in der Oeffcntlichkcit die bohe sittliche, kul turelle und wirtschaftliche Bedeutung unseres Berufes heraus. Vor fünf Jahren durfte ich im Auftrage des Reichsbauernfükrers den gesamten Deutschen Garten bau sammeln, um ihn dann in die breite Front des Reichsnährstandes cinzusügen. In den fünf Jahren dieser Arbeit bat Darre uns geführt, er hat uns den weg gewiesen und hat uns in beruflicher Selbstverwaltung unser Schicksal selbst mit- schmiedcn lassen, wir haben gerungen, gearbeitet und aufgebaut. Der Deutsche Gartenbau tritt in Essen vor seinem Rcichsbauernführer an. 6arkenbau Ist das Kohlenpott? Wo die Ruhr ihren Weg zum Rhein nimmt, liegt ein Gebiet, das in der ganzen Welt bekannt ist, ein Gebiet großer Schätze an Kohlen, ein Zen trum deutscher Arbeit. Geologisch wie geographisch interessant, ist diese oft umstrittene Landschaft von einem weitverzweigten Verkehrsnetz durchzogen. Schnell entwickelte sich das Ruhrgebiet. Mit der Ausbeutung der Bodenschätze und mit deren Ver arbeitung fanden immer mehr Menschen hier ihren Arbeitsplatz. 1890 hatte die Stadt Essen nur 78 000 Einwohner; heute, nach etwa fünfzig Jah ren, ist sie eine Großstadt mit fast 700 000 Men schen. Essen ist bekannt als Waffenschmiede des Reichs; den Namen Krupp kennt die ganze Welt. Wir bezeichnen sie heute als die Ruhrmetropole. Viele bedeutende Unternehmungen wurden in die ser Stadt geboren. Tagungen und Kongresse, Aus stellungen und Veranstaltungen jeder Art kenn zeichnen das pulsende Leben. Dem kulturellen Leben läßt man die größte Pflege angedeihen. Der Mensch, arbeitsam und fortschrittlich, besitzt hier zwischen den rauchenden Schloten und den bewal deten Hängen eine Heimat, auf die er stolz ist. Das Leben in der Grube und die Arbeit vor dem Hochofen haben dem deutschen Kumpel ihren Stem pel ausgedrückt. Der Bergmann und der Hütten mensch charakterisieren das emsig schaffende Volk und genießen die größte Achtung bei ihren Mit bürgern. Ein gesunder Mittelstand und ein fleißi ges Handwerk' bevölkern die großen und kleinen Städte, die der Landschaft nur recht wenig Raum übriggelassen haben. Ist doch das Industriegebiet eigentlich eine große, zusammenhängende Stadt; denn weltbekannte Städte, wie Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen und Duisburg a. Rhein mit dem größten Binnenhafen der Welt, stoßen beinahe mit ihren Häusern aneinander. Ebenso liegt Düssel dorf, die Stadt der Künste, in unmittelbarer Nähe. Trotzdem bleibt noch genug Raum, um hier am Rand des Bergischen Landes Wälder und Täler zu finden, in denen alte Kulturdenkmäler von der ge schichtlichen Vergangenheit des Landes zeugen. Wo die Arbeitskraft des Menschen so in Anspruch genommen wird, wie hier in dieser Stadt der Ar beit, da ergibt es sich von selbst, daß man Mittel und Wege finden, daß man Quellen schaffen mußte, aus denen die Menschen neue Kraft schöpfen kön nen. Es ist nicht leicht, in einer Stadt wie Essen Schritt zu halten mit einer Aufwärtsentwicklung im Bauwesen und in der Bevölkerungsziffer, wie wir sie bier erlebt haben. Dennoch ist es gelungen, die Waldungen in ihrer Schönheit zu erhalten. Man hat sie der Bevölkerung durch Wanderwege erschlossen, Lagerwiesen laden zum Ruhen ein, und sorgende Hände beschützen den Bestand an Laub- und Nadelhölzern, in denen Natur- und Vogelschutz eine Pflegestätte fanden. Diese Kraftquellen und „Lungen" der Stadt sind das sonntägliche Ziel ihrer Bewohner. Die Baum bestände reichen wie Zungen in das Innere der Stadt hinein. Ebenso lockern Siedlungen und Kleingärten, von denen die letzteren von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind, das Weichbild der Stadt auf. Wohnsiedlungen, wie die Mar- garetenhöhe, können vorbildlicher heute nicht mehr gelöst werden. Daneben hat die soziale Fürsorge der großen Werke Siedlungen erstehen lassen, in denen auch der einfachste Arbeiter ein wirkliches Zuhause findet. Darüber hinaus ist man bestrebt, den arbeitenden Menschen die Möglichkeit zu geben, im Kleingarten die Verbindung mit der hei matlichen Erde wiederzugewinnen. Die Kleingnr- tcnbeweguug mit ihrem wirtschaftlichen, sozialen und ethischen Wert hat für die Erneuerung der Lebenseinstellung des deutschen Menschen einen un geheuren Wert. Interessant ist in jeder großen Stadt die Lösung des Friedhofsproblems, wie ja immer der Friedhof in Deutschland ein Gradmesser völkischer Kultur sein wird. Essen hat auch diese Frage glück lich gelöst. Ausbaufähig und schön gestaltet tragen die Beerdiguugsstättcn wesentlich zur Begrünung des Stadtbildes bei. Wie alle großen deutschen Städte, so hat auch Essen seine ' repräsentativen Anlagen vor öffent lichen Gebäuden, seine freundlich begrünten Straßenzüge, seine öffentlichen Parks und Er holungsstätten. Es ist ja so wichtig, daß Pflanze und Blume auch dem Städter als wahres Volks gut erhalten bleiben. Deswegen ist es der Stolz einer jeden Stadt, über den Weg der öffentlichen Verwaltung dem Menschen, der schuldlos so leicht der Natur' entfremdet wird, sie hier wieder nahe zu bringen. So erweist sich Essen als eine Pflegcstütte großer gartenbaulicher Tradition.