Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 12.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190612122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19061212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19061212
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-12
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 12.12.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
für des Zur Begründung der Interpellation erhält N Der Meg 2um Zerren. 7j ränkungsbestim- schwedischer Erze neuen Militärorganisation einzu treten. L Anderthalb Jahre sind vergangen, für die Frau Kommerzienrätin und Melitta war es eine schwere, sorgenvolle Zeit gewesen. Sie hatten kein Privatvermögen und keine wohlhabenden Verwandte, wie die Frau Professor Bergen ver Erze notwendig ausführen muß. Staatssekretär Gras PosadowSky legt die tatsächlichen Verhältnisse in den AusbeutungSstätte« Schwedens dar: die Erhöhung der Tarife auf der Bahn nach Narvik ist nur eine Folge des teure« Bahnbaues. Die in Betracht kommenden Gesell' schäften hatten schon im September ihr Kontingent auSgeführt, und es lag die Gefahr allgemeiner Arbeiterentlassungen nahe. — Wir haben den Novelle von F. Stöckert. (Foryetzung.! Italien. *Der Papst wies in einem geheimen Konsistorium auf den bettübenden Sturm der Ereignisse unsrer Zeit hin und sprach die Hoffnung aus, das es gelingen möge, die bestehenden Feindseligkeiten und Drohungen gegen die Kirche zunichte zu machen. Belgien. * In der Kammer erklärten sich mehrere Abgeordnete entschieden gegen die Übernahme des Kongostaates durch Belgien und nannten die Bedingungen des Königs Leopold einfach unannehmbar, da ihre Annahme das Land in gewagte Unternehmungen stürzen würde. Hinderung der Ein muugen in der Aussu „Das gebe Gott," seufzte Bergen, „ich würde es kaum ertragen, sie in Not und Elend zu wissen." „Sie werden wohlhabende Verwandte haben, die sich ihrer annehmen, vielleicht sind sie gar nicht mehr in der Stadt," sagte die Frau Professor tröstend. „Und nun komm, deine Schwestern Haden noch ein solennes Abschieds mahl für dich hergerichtet. Versuchen wir, den letzten Abend noch so heiter wie möglich zu verleben. Es wird doch geraume Zeit vergehen, ehe wir einmal wieder so traulich beisammen sitzen." Aber zur rechten Heiterkeit wollte es in dem kleinen Kreise an diesem Abend nicht kommen. Die Abschiedsstunde lag allen schon in den Gliedern. Luise und Ida kämpften fortwährend mit Tränen, und Richard konnte der Gedanken an Melitta nicht Herr werden. Ihr Bild ver folgte ihn bis in den unruhigen Schlummer, in den er erst gegen Morgen verfiel. Und als er dann am andern Tage hinausfuhr in die Helle Frühlingswelt, als neue Gegenden sich seinen Blicken auftaten, da war es ihm, als beginge er ein bitteres Unrecht, daß er die Stadt ver ließ, in der ein bleiches, verhärmtes Kind, dem ein rauhes Geschick alle Blüten aus seinem Leben gestreift, vielleicht in Sehnsucht seiner gedachte. noch in der letzten Stunde eine Beichte ablegen; dein alter, ehrbarer Doktor Sohn kann auch noch törichte Streiche machen." Er nahm ihre Hand und führte sie in das trauliche Wohn zimmer ; dort erzählte er ihr mit kurzen Worten seine Erlebnisse. „Es ist eine Torheit, fast lächerlich, nicht wahr?" schloß er seinen Bericht. „Aber glaube mir, als ich dort in ihrem Zimmer einsam saß und mir ihr lieblich Bild so recht lebhaft vor Augen trat, da war aller Groll, den ich gehegt, vergessen, ich fühlte nur, wie unsäglich ich sie geliebt habe und noch liebe; und dann träumte ich, wie ich sie einst wiederfände und ihr dann die Räume wiederzaubern könnte, in welchen sie ihre glücklichen Jugendjahre verlebt." Die alte Frau Professor lächelte fein, sie kannte das Herz ihres Sohnes vielleicht besser, als er selbst. Sie wußte, daß er genug des gefahrvollen Elements einer reichen Phantasie und ideale Träume sich bewahrt, trotz aller ernsten, strengen Studien, und daß daraus jene Liebe zu Melitta emporgeblüht. „Ich werde die Sachen in dein Zimmer stellen lassen und alles hübsch instandhalten," sagte sie jetzt, indem sie mit ihrer weichen Hand liebevoll über das krause Haar ihres Sohnes strich, wie sie es vor langen Jahren mit dem hübschen, dunkeläugigen Knaben getan, wenn er ihr seine kleinen Sünden gebeichtet. „Und wenn ich etwas von ihr höre, werde ich es dir schreiben; vielleicht sind ihre Verhältnisse nicht ganz so traurig, wie es das Ansehen hat, viel leicht hat die Frau Kommerzienrätin noch Privatvermögen." Asien. * Die Verstärkung der japanischen Armee wird von der Tokioter Regierung mit nicht geringerem Eifer bettieben als die Ver größerung und Verbesserung der Flotte. Nach einer Meldung aus Jokohama hat das japanische Ministerium beschlossen, in das kommende Budget einen Kredit für den Rücktransport zweier Divisionen aus der Mandschurei und Korea und für die Bildung von zwei neuen Divisionen im Jahre 1907 einzustellen. * DaS Befinden des seit langem schwer er krankten Schahs von Persien hat sich nach Meldungen aus Teheran so verschlimmert, daß man mit dem baldigen Ableben des Herrschers rechnet. Bei der großen politischen Beunruhi gung, die im Lande herrscht, befürchtet man von nnem Thronwechsel schlimme Folgen, dement- prechend haben viele Gouverneure der großen Städte Waffen und Munition gesammelt und große Vorräte an Korn aufgespeichert, um Ar die Ru h estö ru n g en vorbereitet zu sein, )ie sicher ausbrechen werden, wenn der Schah stirbt. Holland. * Die holländischen Truppen hatten auf der Insel Timor ein siegreiches Gefecht mit den Eingeborenen. Man hofft, in kurzer Zeit die Ruhe wiederhergestellt zu haben. Rustland. * Angesichts der nahe bevorstehenden Duma wahlen muß es der Regierung höchst unangenehm sein, daß ihre politischen Gegner gerade jetzt durch die fortgesetzte Enthüllung unerhörterFinanzskandale wuchtiges Anklagematerial in die Hände bekommen. Nach dem Lieferungsschwindel, der durch Unter schlagung von Geldern, die für die Notleidenden bestimmt waren, verübt wurde, ist jetzt ein neuer Beamtenbetrug ans Licht gekommen. Es handelt sich um die Unterschlagung mehrerer hunderttausend Rubel, die zum Unter halt der ins Gouvernement Archangelsk ver schickten politischen Gefangenen be stimmt waren, deren Verpflegung erbärmlich ist. Es ist bereits der frühere Gouverneur von Minsk, Kurkow, zur Untersuchung dieser Unter schlagung wie der Lage der dortigen politischen Gefangenen überhaupt mit mehreren Beamten nach Archangelsk entsandt worden, und zwar auf die Veranlassung Stolypins. * In aller Stille sacht Rußland seine Flotte wieder herzustellen. Für die Schwarze meerflotte wurden bei der Schiffswerft zu Nikolajew vier Minenkreuzer von be deutender Größe nach dem Muster der besten Fahrzeuge der europäischen Flotten in Auftrag gegeben. Handelsvertrag nist Schweden abgeschlossen, M , unsrer deutschen Eisenindustrie die ungehinderte l Ausfuhr schwedischer Erze zu sichern. Ich hofft, s daß die schwedische Negierung im Verein mit den t gesetzgebenden Körperschaften Vorkehrung treffen , wird, damit der ungehinderten Ausfuhr schwedischer Erze nichts mehr im Wege stehe. Bei der Besprechung der Interpellation rührt Abg. Beumer (nat.-lib.) aus, Schweden müsse «« seine moralische und völkerrechtliche Pflicht ermnert werden, die getroffene Maßregel wieder aufzuheben. Abg. Kämpf (frs. Vp.) warnt vor Ergreirunz von Nepressivmaß'egeln. Ausfuhrzölle sind ein zweischneidiges Schwert, aber nicht nur für Schweden, sondern auch für uns, und sie dürfen in die Welt wirtschaft nicht wieder eingeführt werden. Abg. Graf Kanitz (kons.): Der Abg. KäiM hat ganz richtig aus die Ausfuhrzölle als Repressiv' maßregel hingewiesen, nur Hütte er vor ihnen nicht warnen sollen. Wir sollten zurückkehren z»r Politik der autonomen Regelung unsrer Handels beziehungen. Abg. Dove (frs. Vag): Ich kann nicht r«' geben, daß man die vorliegenden Tatsachen eis Illoyalität bezeichnet, aber ich stimme mit dcN Interpellanten insofern überein, als mir die Be schränkung der Ausfuhr von Erzen seitens Schwedens töricht erscheint. Abg. Hue (soz): Eine Verstaatlichung der Grubeuuntecnebmungen ist unbedingt erforderlich! bei der allgemein herrschenden kapitalistischen Wut' schast würden Ausfuhrzölle zuletzt doch nur die in ländische Bevölkerung treffen durch Verteuerung aller Lebensmittel. Abg. Gothein sfts. Vgg) betont, daß Deutsch land ein weit größeres Interesse an dem Handels vertrag habe als Schweden, und empfiehl, die Erze aus Norwegen zu beziehen. Abg. Sv eck erklärt sich mit der von der Negie rung gemachten Zusage, die schwedische Negierung um die Abstellung der getroffenen Maßregel ersuche« zu wollen, für befriedigt. Präsident Graf Ballestre m macht dem Hause die Mitteilung, daß der Staatssekretär des Inner« vom Dienstag an bereit ist, die Fleischnot-Jntcr« pellation zu beantworten. Hierauf vertagt sich das HauS bis Montag. I Abg. Speck kJentr.1 das Wort: Man Hai auf ist Einfuhr des schwedischen Erzes bei Ab chluv d» Handelsvertrages großen Wert gelegt: vieUeim hat man dies in der Denkschrift zu unserm .Nach teil allzu sehr betont. Die Regierung war sei Meinung, daß durch die Bindung der schwedische« Ausfuhrzölle den Interessen unsrer Industrie ge nügt sei. Diese Bindung war eine von mu teuer genug erkaufte Konzession. Schweden M zwei Grubengebiete, das eine südliche kommt tN uns nicht in Bettacht, daß andre im Norden wurtt erst vor einigen Jchren durch die Eisenbahn nach : Narvik erschlossen. Das dortige Erz ist stw sie rheinische Industrie von Bedeutung. Im 1906 mußte die schwedische Regierung, um Gruben nicht zu schädigen, das erlaubte fuhrquantum erhöben. Sie hat aber den FrachM« bedeut-nd erhöht. Auch eine ausnahmsweise Erschwe rung ist mit dem Wortlaut, nicht aber mit dem Gen« der Handelsverträge zu vereinbaren. Wir müsse« der schwedischen Regierung prinzipiell gleich bei de« ersten Schritten entgegentteten. Dies ist um so leichter, als der Art. VIl des Handelsvertrages be stimmt, daß die Vertragschließenden verpflichtet sind, die Ein- und Ausfuhr in keiner Weise zu be schränken. Die Reichsregierung muß bei der schwedischen Regierung vorstellig werden und am der loyalen Auslegung des Vertrages bestehen. D« ist auch im Interesse Schwedens gelegen, das seine Hus äem keicbslage. Der Reichstag beschäftigte sich am Donnerstag mit der Interpellation des Abg. Speck (Zentr.) betr. Verwendung der als „Futtergerste" verzollten Gerste als „Malzgerste". In der Begründung der Anfrage verlangte Abg. Speck eine reinliche Scheidung zwischen Futtergerste, die allein zu begünstigen sei, und jeder andern Gerste, gleichviel, ob sie zu Brau oder Brennzwecken verwendet würde und schlug zur Verhinderung jedes Zollunterschleifcs die allgemeine Anwendung des Denaturierungsvcrsahrens vor. Reichsschatzsekretär Frhr. v. Stengel, der die Jnter- regierenden Bürgermeister 1907/08 den Senator Dr. Schoen. Österreich-Ungarn. *Jm Wiener Ministerium mutet. Sie hatten den harten Kampf mit ter Armut aufnehmen müssen, wenn sie eben weiter leben wollten. In dem dunkeln Hause, in dem Melitta einst so jugendfroh und übermütig die vielen Treppenstufen hinauf geklommen, finden wir die , beiden Damen wieder. Sie bewohnen dieselben j Räume, in denen Helene Bauer langsam dahin !t geschmachtet, bis der Tod sie von allem Erden leid erlöste. Und wie kalter Todesschauer hatte es Melitta angeweht, als sie am Tage nach dem Begräbnis ihres Vaters ihre elegante Wohnung verlassen und in das ihr so wohl- bekannte Gemach Helenens getreten war. Sie sah deutlich daS kranke, junge Mädchen L vor sich wie sie die großen, dunkeln Augen so forschend auf sich gerichtet. Es war ihr gewesen, als lägen lange Jahre zwischen jenem Früh lingsnachmittag und dem fürchterlichen ersten Abend, den sie mit ihrer Mama in der neuen s Wohnung ^gebracht. Me ein gefangenes Vögelchen m seinem engen Käfig, war sie rastlos hin und her gelaufen in dem kleinen l niedrigen Gemach, und dann war sie heftig auf schluchzend zusammengesunken und hatte den Kopf in der Mutter Schoß gelegt, und aus de« t starren, tränenlosen Augen der Frau Kommerziell- i rätin, da waren die ersten heißen Tropfen lang- ? sam die blasse Wange heruntergerollt. V" < hatten sie gesessen, lange, lange Stunden, der Mond hatte sein bleiches Licht ' das kleine Zimmer gesandt und war dann reu nahmlos vorübergezogen. Er hatte saM " , viel weinende Menschenkinder gesehen, o Schicksal der einzelnen konnte ihn nicht rühr Äußeren ist gleichfalls die gemeinsame Note Frankreichs und Spaniens, die die Marokkoangelegenheit behandelt, über reicht worden. Wie verlautet, enthält das Akten stück die Versicherung, daß die beiden Mächte in keinem Falle über das in Algeciras festge setzte Programm hinausgehen und ihre gemein same Flottenkundgebung beenden wer den, sobald die Polizei inMarokko be gründet ist. *Der Tiroler Landeskulturrat erhob gegen die Bestrebungen der Städte Ein spruch, die Ausfuhr österreichischen Viehes nach Deutschland zu verbieten, und dankte dem Ackerbauminister für seine entschiedene Haltung im entgegengesetzten Sinne. *Jm Hseresausschuß der unga rischen Delegation erklärte Kriegs minister Schoenaich, die Beobachtungen und Folgerungen aus dem russisch-japanischen Kriege würden auf das sorgfältigste von der Kriegsverwaltung berücksichtigt ; sie bezögen sich in erster Linie auf die Ausrüstung der Artillerie. Frankreich. * In der Deputiertenkammer hielt Jaurös, der Führer der Sozialisten, eine längere Rede, in der er die Regierung vor der ins Uferlose steuernden Politik warnte. Er warf dem Ministerium vor, daß es die Grenzen des Marokko-Abkommens überschreite. Vom Ministettisch wurde noch nicht geantwortet. Die Algecirasakte wurde mit 537 Stimmen ohne Widerspruch genehmigt. England. * Das Oberhaus bat mit vielen Ände rungen das Unterrichtsgesetz in dritter Lesung mit 105 gegen 28 Stimmen an genommen. Schweiz. * Der Nationalrat hat einstimmig be schlossen, in die Beratung des Entwurfs einer pellation beantwortete, erklärte, daß die Unter- zur Verhandlung, scheidung der Futter- und Malzgerste außerordentlich Politische kun^sckau DeMschll'nd. * Der Kaiser ist von seinem Jagd aufenthalt in Schlesien wieder in Potsdam «ingettoffen. *Die Note Frankreichs und Spaniens über das wegen der Unruhen in Marokko geplante Vorgeben ist durch die Berliner Bot schafter beider Staaten dem Staatssekretär des Auswärtigen v. Tschirschky überreicht worden. Herr v. Tichirschky erklärte, daß Deutschland an den Beschlüssen der Konferenz von Alge ciras festhalten werde. *Wie verlautet, hat der Bundesrat beschlossen, die Fleischnotfrage am 12. d. im Reichstage verhandeln zu lassen. * Der Bundesrat erteilte den Ausschuß berichten über die Etats für das Auswärtige Amt und das Reichsschatzamt, den Etat der Zölle, Steuern und Gebühren, die Etats für das Reichsamt des Innern und das Reichs kolonialamt, sämtlich auf das Rechnungsjahr 1907, sowie über den Entwurf eines Gesetzes, bett, die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete aus das Rechnungsjahr 1907 seine Zustimmung. * Das Zentrum beantragte in der Budget-Kommission, die Schutz truppe in Süd Westafrika im nächsten Etatsjahr auf 2500 Mann herabzusetzen. *Der Preuß. Landeseisenbahnrat hat mit großer Mehrheit der Vorlage der Staats- regierung über Ermäßigung der Stückgut- uiid Wagenladungs-Frachten für Fleisch von frischgeschlachtetem Vieh zugestimmt. *Wie verlautet, werden infolge der Er gebnisse des Prozesses gegen Wilhelm Voigt, den falschen Hauptmann von Köpenick, die Bestimmungen über die Ausweisung Strafentlassener einer wesentlichen Ände rung unterzogen werden. *Der Lübecker Senat wählte zum Die zarten Hände, dachte Dr. Bergen, die stets so müßig waren, sie werden sich ab mühen, die augenverderbenden, feinen Arbeiten zu machen, um einige Groschen zu ver dienen. Melittas erfrischende Heiterkeit, ihre rosig blühende Schönheit, ihr kecker Übermut, alles wird nach und nach verloren gehen, in Armut wird sie verkümmern. Und er, dann so wett von ihr, in der fernen, fremden Stadt, wohin er vor all' diesem ihren berückenden Zauber geflüchtet. Der Hauswirt erschien jetzt wieder und störte ihn in seinen melancholischen Bettachtungen. Bergen fand die Berechnung der Möbel nicht so hoch; in der Stimmung, in der er sich befand, hätte er das Doppelte gegeben, damit nur kein andrer ein Anrecht an Melittas Eigentum ge wönne. Der Handel wurde schnell und zur ! beiderseitigen Zufriedenheit abgeschlossen. Dann * mußte Bergen den Raum verlassen, er hatte kein Recht, länger in demselben zu verweilen und törichten Träumen nachzuhängen. Er eilte nach Hause, dort standen die Koffer gepackt; seine Mutter legte eben noch die sorgsam geplätteten feinen Chemisetts hinein. Freundlich blickte das alte gute Gesicht zu ihm auf. „Bist du fertig mit deinen Besuchen?" fragte sie, „unsre Arbeit ist auch vollendet, nun können wir den letzten Abend noch recht gemütlich ver plaudern." „Ja, komm mein Mütterchen, ich muß dir Von uncl fern. Der Onkel als Mörder. Der Kaufmann Richard Röwer, der unter der Anklage, seine Nichte Elisabeth Buley ermordet zu haben, vor dem Berliner Schwurgericht stand, ist wegen Totschlags zu fünf Jahr Zuchthaus verurteilt worden. Die Pocken-Erkrankungen in Metz nehmen in den letzten Tagen wieder zu. Das Hospital und die Baracken sind noch immer überfüllt. In dem nahe gelegenen Dorfe La Mare ist ebenfalls eine derartige Erkrankung festgestellt worden. große Schwierigkeiten bereite, daß aber nach den Betrachtungen der Behörden von dem behaupte ten Mißbrauch i - irgendwie nennenswerten Um fange nicht die Rede sein könne und eine Schädi gung der Reichsfinanzen nicht vorliege. Das selbe bestätigte auch der preuß. Finanzminister Frhr. v. Ryeinbaben. Don den Rednern aus dem Hause gaben die Sozialdemokraten und Freisinnigen ihrer Genugtuung darüber Ausdruck, daß ihre seinerzeit bei Festsetzung deS Gerstenzolles aus gesprochenen Befürchtungen in Erfüllung gegangen seien, wobei sie auch aus die Verteuerung der Lebensmittel eingingen. Von den Rednern der Rechten, des Zentrums und der Nationalliberalen sowie des bayrischen Bauernbundes wurde die vom Bundesratstisch aus gegebene Antwort als nicht befriedigend bezeichnet und die Forderung des Interpellanten bekräftigt. Namentlich wurde die Forderung ausgestellt, daß die Futtergerste keimunfähig gemacht werden müsse, damit sie nicht als Malzgerste Verwendung finden könne. Am 7. d. steht auf der Tagesordnung der Ent wurf eine? Gesetzes zur Ausführung der Generalakte der internationalen Konferenz von Algeciras vom 7. April 1906. Zur Be gründung des Entwurfes nimmt das Wort Staatssekretär v. Tschirschky: Die Algeciras- Akte bildet die Grundlage für eine gesunde Weiter- entwickelung in Marokko, ausgehend von der Sou veränität deS Sultans und der Gleichberechtigung sämtlicher dort lebender Völker. Es sind darin Be stimmungen getroffen, welche den Angehörigen der fremden Staaten ein friedliches Rebeneinanderleben in Marokko verbürgen, Bestimmungen, deren Aus führung teilweise schon begonnen Hal. Diejenigen Bestimmungen der Akte, welche Deutschland betreffen, bedürfen der Zustimmung deS Reichstages. Ich hoffe, daß das Haus dem Gesetzentwurf seine Zu stimmung erteilen wird. Abg. Bassermann (nat.-lib.): Der Gesetz entwurf selbst wird keine Beratung notwendig machen. Eine berechtigte Kritik aber verdient die Form des vorliegenden Gesetzentwurfes. An den Herrn Staatssekretär richte ich nur die Frage, ob er bereit ist, uns Aufklärung zu geben über die französische und spanische Agitation, die gegenwärtig in den marokkanischen Gewässern betrieben wird. Staatssekretär des Auswärtigen v. Tschirschky: Frankreich und Spanien haben Kriegsschiffe nach Tanger geschickt, um die Ordnung aufrecht zu er halten. Die beiden Staaten haben an die übrigen Mächte eine Note gerichtet, des Inhaltes, daß sie diese Maßnahmen nur zur Beruhigung der Be völkerung getroffen haben und daß sie nur im Sinne der Algeciras-Akte vorzugehen gedenken. Die Auto rität des marokkanischen Gouverneurs solle aufrecht erhalten werden. Nachdem Spanien und Frankreich ausdrücklich erklärt hatten, streng loyal und im Sinne der Akte zu Verfahren, war für Deutschland keine Veranlassung, gegen die französisch-spanischen Maßnahmen einzuschreiten. Abg. v. Vollmar (soz.): über die Marokko frage ist kein andres Parlament so ungenügend informiert worben wie der deutsche Reichstag; wir haben unsre Kenntnis nur aus der Presse ge wonnen. Wir verlangen, daß die Aktion auf den engsten Rahmen beschränkt werde, denn wir sind keine Freunde einer Einmischung in fremde Ange legenheiten. Ferner bestehen wir darauf, daß dafür gesorgt werde, daß Frankreich und Spanien sich strenge an die von ihnen abgegebenen Erklärungen halten. Abg. Spahn (Ztr.): Ich will auf die Marokko- Angelegenheit nicht näher eingehen, ich will nur mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, daß die französisch-spanische Note nicht zur Kenntnis des Reichstags gekommen ist, das ist eine förmliche Rücksichtslosigkeit gegen uns. Abg. Wiemer (fress. Vp): Die jetzige Aktion sollte anstatt nur im „Geiste" auch dem Wortlaut der Algecirasakte gemäß ersolgen. Vorderhand mag jedoch die Erklärung Frankreichs genügen, da Deutschland kein so lebhaftes Interesse an Marokko hat, um sich jetzt der französisch-spanischen Aktion entgegcnzustellen. Nur darf unsre Diplomatie nicht die Meinung aufkommen lassen, daß wir uns über haupt beiseite schieben lassen. Wir wünschen die Herbeiführung friedlicher Verhältnisse und werden der Vorlage zustimmen. Staatssekretär v. Tschirschky: Seitdem Frankreich und Spanien gesprochen haben, steht einer Veröffentlichung der französisch-spanischen Note im Wortlaut nichts mehr im Wege. Nachdem noch die Agg. Schrader (fress. Vgg.), Porzig (kons.), Blumenthal (südd. Vp.) und Dirksen (freik.) gesprochen, wird die Vorlage in erster und gleich darauf in zweiter Lesung angenommen. Als zweiter Punkt der Tagesordnung kommt die Interpellation Speck (Zentr.) betr. die Ver-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)