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Allgemeiner Anzeiger : 16.10.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190910160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19091016
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19091016
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-10
- Tag 1909-10-16
-
Monat
1909-10
-
Jahr
1909
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 16.10.1909
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Vas franrösilcke Kegierungsprogramm. Fern von dem Leben und Treiben der Hauptstadt, in Perigueur. hat der französische Ministerpräsident eine bemerkenswerte Rede über das Programm der Regierung gehalten. Er erklärte, er wolle in der gegenwärtigen Zeit der parlamentarischen Ruhe die Republik hoch über die Parteien erheben. Der Minister präsident Briand führte weiter aus, daß die un mittelbar notwendigste Reform das Gesetz betr. die Altersversicherung der Arveiter und der Bauern fei. Die republikanische Partei müsse sich von örtlichen Interessen frei machen, damit das Herz von ganz Frankreich in ihr schlage. Die Regierung könne die Macht nicht behalten, wenn sie nicht imstande sein werde, der repu blikanischen Partei ein neues Leben zu geben. Im weiteren Verlauf seiner Rede berührte Briand die soziale Frage und erklärte, er werde die Organisation der Arbeiter fördern und für ihren Anteil an den Vorteilen der Industrie wirken. Alle aufrichtigen Repu blikaner körnten sich um die Regierung scharen, um die Reformen durchzuführen. Die Angriffe der regierungsfeindlichen Parteien von der Rechten und der Linken könnten ihn nicht ver wirren. Wenn aber der Versuch gemacht werden sollte, diesen Angriffen Taten folgen zu lassen, werde er da sein, um ihnen den Weg zu ver- kverren. Der begeisterte Empfang, den die Bevölkerung den Truppen bei den großen Manövern bereitet habe, sei die beste Antwort an diejenigen, die behaupten, daß das Land, wenn es einmal angegriffen würde, von manchem seiner Kinder im Stiche gelassen würde. Die Armee sei in der Lage, allen Schwierigkeiten zum Trotz ihre Aufgabe zu erfüllen. Der Ministerpräsident schloß: Das Land bewahrt seine Kraft und will leben und gedeihen. Es wird niemals zulassen, daß sein Ruhm oder sein Leben angetastet wird. Wmn unglücklicherweise eiwas Derartiges Vor kommen würde, so würden alle Franzosen mar schieren, um das so geliebte Vaterland zu ver teidigen. Tie Rede Briands fand stürmischen Beifall. Die Pariser Presse bespricht die Worte des Ministerpräsidenten mit großer Genugtuung. Das Regierungsblatt ,Radical' begrüßt die von Briand ausgegcbene Parole der Einigung aller Republikaner und erwartet, das ganze Land werde bereit sein, ein solches Programm zu unterstützen. Der monarchistische .GauloiS' ge steht dem neuen Ministerpräsidenten die Gabe zu, die Gutdenkenden zu beruhigen, ohne die Bösen zu beunruhigen. Sein ernster Wille scheine die Beschwichtigung, die Einigkeit, die brüderliche Verschmelzung aller Franzose» unter der republikanischen Leitung zu sein. Die konservative .Republique Franyaise' bezeichnet Briands Rede als eine Tat. Sie enthalte Ge danken, an denen sich alle Werkzeuge der Regie rung am Vorabend der Wahlen begeistern sollten. Sie möge eine Bürgschaft für die Ge rechtigkeit bedeuten, mit der die Nation über ilwen Willen befragt werden werde. Ohne Ein schränkung begrüßt auch ,Echo de Daris' die Worte, deren Verheißungen eine goldene Zeit, eine athenische Republik herauszu führen scheinen. Die radikale Furore' fordert auf, an der Ver wirklichung des schönen Programms mitzu arbeiten, das sich in die Worte zusammenfassen läßt: Einigung durch Arbeit im Frieden. Politische Kunälckau. Deutschland. * Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und Gemahlin treffen am 12. November in Berlin ein. Der Erz- s Herzog fährst mit K a i s er W i lh e l m zu den! Hofjagden in der Provinz Hannover, während die Herzogin von Hohenberg vier Tage bei der! Kaiserin verbleibt. Festlichkeiten während der Anwesenheit des erzherzoglichen Paares sind vorläufig nicht geplant. * Über die Aussichten einer wirtschafM lichen Versöhnungspolitik hat sich der frühere Reichskanzler Fürst v. Bülow in einer Antwort auf eine Huldigungsadresse des Vereins Berliner Kaufleute durchaus hoff nungsvoll ausgesprochen. In seinem Schreiben heißt es u. a.: „Die warmen Worte, mit denen darin meines Scheidens aus dem Amte gedacht wird, haben mich mit aufrichtiger Genugtuung erfüllt. Sie bestärken mich in der Überzeugung, daß die von mir verfolgte Politik der Über brückung scheinbarer wirtschaftlicher Gegen sätze und der dadurch erstrebten Zusammenfassung aller nationalen Kräfte trotz mancher gegen sätzlicher Erscheinungen nicht erfolglos geblieben ist und, wie ich hoffe, auch in der Zukunft noch gute Früchte tragen wird." * Generalleutnant z. D. v. Pelrt - Nar - banne ist gestorben. Mit dem 70jährigen ist nicht nur ein hervorragender Reitergeneral, sondern auch ein bekannter militärischer Schrift steller dahingegangen. Namentlich sein großes Werk über die Geschichte der brandenburgisch preußischen Reiterei hat berechtigtes Aufsehen gemacht. *Das neue Linienschiff „West falen" hat seine Probefahrt glänzend bestanden. Es hat dabei 24 000 Pferdekräfte und eine 20-Knoten-Geschwindigkeit entwickelt, obwohl durch den Bauvertrag mit der Schiffs werft „Weser" nur 20 000 Pferdekräste und 19 Knoten in der Stunde vereinbart waren. *Der mit den Vorberatungen über die Vereinfachung des Geschäftsbe triebes betraute Unterausschuß zur Vorbe- rsstLng der Reform der allgemeinen Landesverwaltung, der in Berlin tagte, hat unter dem Vorsitz des Ministers des Innern v. Moltke die Beratungen über die Verein fachung der Geschäftsordnung zum Abschluß ge bracht und der Kommission überwiesen. "Nach der Reichstagsersatzwahl in Koburg, die am 11. d. stattfand, wird Stichwahl zwischen dem Nationalliberalen und Sozialdemokraten nötig. *Aus verschiedenen Gegenden Deutschlands, wo infolge des neuen Tabak st euer- gesetz es viele Arbeiter und Arbeiterinnen entlassen worden sind, haben sich die Arbeiter verbände an den Reichskanzler mit dem Ersuchen gewandt, die nach dem Beschluß des Reichs- tag"s vorgesehene Entschädigung von vier Millionen schleunigst auszahlen zu lassen und für die Bereitstellung weiterer Mittel unverzüglich Sorge zu tragen. Es hat sich nämlich heraus- gestellt, daß vier Millionen Mark Entschädigung oei weitem nicht reichen. * Den staatlichen Bernsteinbau in Ostpreußen beabsichtigt man ertragreicher zu gestalten, indem man statt des unterirdischen bergmännischen Betriebes auf dem Werke Palmnicken einen oberirdischen Betrieb einzu führen gedenkt. Beim unterirdischen Betrieb gestaltet sich die Ausbeutung immer kostspieliger und die Überschüsse aehen immer mehr zurück. Es soll nunmehr festgestellt werden, ob ein Tagesbau dis Betriebsergebnisse so günstig beeinflussen wird, daß die Aufwendung nicht ganz unerheblicher Mittel zur Umwandlung des Betriebes gerechtfertigt erscheint. * Nach einer Meldung aus Deutsch- Südwestafrika ist Vermessungsdirektor Dörgens mit dem Landmesser Schmidt unter wegs nach dem Ovamboland. Ec hat den Auftrag, die Ovambohäuptlinge aufzusuchen, mit denen seinerzeit Hauptmann Franke Schutz- Verträge abschloß, um ihnen die Kunde der Be stätigung jener Verträge zu bringen und sie mit Geschenken zu erfreuen. Seine Hauptauf gabe wird aber darin bestehen, die Grenzen zwischen deutschem und portugiesischem Ovambo- land festzulegen oder doch geeignete Unterlagen für eine endgültige Grenzregulierung zu schaffen. Österreich-Ungarn, *Jn Wien hat sich ein Komitee gebildet, das die bereits vor einiger Zeit aufgetauchte Idee der Schaffung eines Denkmals zur Erinnerung an die anläßlich der Kriegs gefahr bewährte Treue Deutschlands zur Durchführung bringen soll. Das Denkmal ^oll die Form einer eckigen Säule haben: daran werden zwei Figuren angebracht, Germania und »Austria, die gemeinsam ein mit Eichenlaub um- 'wundenes Schwert halten. Die Kosten in Höhe von 57 000 Kronen sind schon zur Hälfte gedeckt. Frankreich. *Das Gerücht von einem engli sch- französischen Geheimvertrage für den Fall eines Krieges zwischen dem Dreibund und dem Zweibund taucht wieder einmal in der italienischen Presse auf. Danach müsse Frank reich eine Flotte gegen das österreichische und das italienische Geschwader entsenden, während England die Küsten Frankreichs und Englands gegen die deutsche Flotte zu schützen habe. Schon vor einiger Zeit ist man diesem Gerücht in Paris und London entgegengetreten. * Vertreter Deutschlands, Italiens, Frank reichs u. a. haben auf der Pariser Konferenz ein die Regelung des Automobil- verkehrs betreffendes Abkommen unter zeichnet. . *Die Regierung hat der Türkei bisher keine Entschädigung sforderungen wegen der Plünderungen und Metzeleien in Adana übermittelt. Es besteht auch nicht die Absicht, diese Angelegenheit mit der Zustimmung zur Erhöhung des türkischen Einfuhrzolls in Zusammenhang zu bringen. Der Ansvruch auf die erwähnte Entschädigung wird von der türki schen Regierung grundsätzlich nicht bestritten, jedoch soll die Regelung dieser Frage verschoben werden, bis sich die Finanzlage der Türkei ge bessert hat. Italien. * Die Zusammenkunft des Zaren mit dem König Viktor Emanuel findet in der Nähe von Turin statt. Auf der Rückreise ist eine Zusammenkunft mit dem König von Rumä nien vorgesehen. Wie verlautet, hat Kaiser Wilhelm für die Reise durch Deutschland den größten Schutz zugesagt. * Die Einführung der grauen Uniform in der italienischen Armee, die im Jahre 1906 von einem Privatmann in Mailand nach von ihm angestellten Schießveriuchen angeregt worden war, ist jetzt für zwei Armeekorps ange ordnet worden. Zugleich wird der bisherige Tornister durch eine Tasche aus wasserdichter Leinwand ersetzt, Kappe und Gamaschen werden in grauer Farbe augefertigt. Bis zum Ende des Jahres 1912 soll die Einführung der grauen Uniform für die ganze italienische Armee be endet sein. Spanien. *Aus Anlaß des Todesurteils über den spanischen Anarchisten Ferrer, der der Urheber mehrerer Attentate und des Aufstandes in Katalonien gewesen sein soll, fanden in Rom, Paris, Madrid und im Haag große Straßen- kundgebungen statt, bei denen zum Teil nur durch Aufgebot von Militär die Ruhe auf- recht erhalten werden konnte. Ruhland. "Die russische Regierung hat be schlossen, einen Teil ihrer Truppen aus Persien abzuberufen; das zeigt, daß die Beruhigung des Landes Fortschritte macht. Balkanstaaten. * Der serbische Minister des Äußern, Milo- wanowitsch, hat eine Reise ins Ausland angetreten und wird Wien, Berlin, Paris und Rom besuchen. Regierungskreise versichern, daß die Auslandsreise des Ministers ganz privat sei. Dieser Versicherung wird jedoch wenig Glauben geschenkt. Vielmehr soll sie dem, Handelsvertrag zwischen Osterreich-Ungarn und Serbien wie der beabsichtigten Anleihe in Paris dienen. Dem Lüäpol am nässten. 4t Die Veröffentlichung von Leutnant Shackletons Tagebuch, das in einer englischen Zeitung abgedruckt wird, ist jetzt bis zu dem denkwürdigen Tage fortgeschritten, an dem der kühne Südpolarforscher nahe am Ziele seiner Wünsche innehalten muß, am südlichsten bisher erreichten Punkt der Erde im ewigen Eise den „Union Jack" (die englische Reichsflagge) aufgepflanzt und mit herber Selbstüber. Windung den bitteren Beschluß faßt, um- zukebren. Am 28. Oktober begann der ent scheidende Vorstoß nach Süden. 'Dr. Marshall, Adams und Wild begleiten Shackleton auf dem verwegenen Zuge, der die vier Teilnehmer aut lange Monde den furchtbarsten Entbehrungen und Anstrengungen ausliefert. In kurzen, schlichten, packenden Worten schildert das Tage buch das wochenlange Sichemporarbeiten zu dem großen Hochplateau. Endlich, am 19. De zember, ist die Hochebene erreicht und mit ihr eine Höhe von 2200 Metern. Die Temperatur sinkt, wilde Stürme toben über die Eiswüsie, dir Nahrungsmittel schrumpfen zusammen und noch immer trennen 544 Kilometer die Forscher von dem Ziel ihrer Sehnsucht, dem Pol. Die ohnehin knappen Rationen werden herabgesetzt. Unter eisigem Südwind feiern die vier bei einer Kälte von Minus 27 Grad das Weibnachtsfest. Nur für einen Monat noch langen die Nahrungs mittel und hin und zurück zum Pol harren noch 917 Kilometer der Überwindung. Aufs neue wird die Tagesration geschmälert; noch läßt die Zuversicht die Reisenden die zunebmende körper liche Schwächung nicht spüren. Immer bitterer werden die Temperaturverhältnisse; bisweilen bannt gewaltiger Schneesturm die Forscher in ihre Zelte, wo sie fühlen, wie die kostbare Zeit verstreicht und der Proviant abnimmt. Die mangelhafte Ernährung steigert die Leiden der Kälte, die Körpertemperatur geht zurück, aber „trotzdem fühlen wir uns noch kräftig". Aber nach und nach gewinnen der Frost und der Sturm und der Schnee die Überhand. Immer schwieriger wird das Vordringen. Am sechsten Januar verzeichnete man 28 Grad 8 Minuten südlicher Breite; das Thermometer zeigt 39 Grad unter Null. Endlich, am 9. November, wird bei 88 Grad 23 Minuten der Beschluß zur Rückkehr gefaßt. In das Eis graben die halberstarrten Hände den Flaggstock des „Union Jack", der lustig im Winde flattert. „Dort ist der Pol, 175 Kilometer vor uns; aber es ist unmöglich, ihn zu erreichen. Vor uns dehnt sich die ein tönig weiße Ebene, auf der wir so lange gelitten. Mit unsern großen Ferngläsern suchen wird den Horizont ab; nirgends sieht man Erde. Allem Anschein nach liegt der geo graphische Südpol inmitten dieses riesiger Hochebene in einer Höhe von 3000 Metern, zweifellos die kälteste und stürmischste Gegend der Erdkugel." Noch eine Aufnahme der auf gepflanzten Flagge, ein Gruß den wehenden Landesfarben. „Unmittelbar danach traten wir den Rückmarsch an, wieder nach Norden!" Von unc! fern. Distanzfahrt Berlin—Wien. Nach dem Erfolge der vorjährigen Distanzgespannfahrt Berlin—München, die der Berliner Herren fahrerklub veranstaltete und bei der Herr W. Felsing-Berlin siegreich blieb, hatten sich der Berliner und Wiener Herreniahrerklub zu einer Distanzfahrt Wien—Berlin vereinigt. Die 619 Kilometer lange Strecke Wien—Berlin wird in sieben Teilrennen aufgelöst, und zwar: 12. Ok tober: Wien—Znaim, 88 Kilometer; 13. Ok tober: Znaim—Deutschbrod, 101 Kilometer; 14. Oktober: Deutschbrod—Jungbunzlau, 112 Kilometer; 15. Okober: Jungbunzlau—Bautzen, 95 Kilometer; 16. Oktober: Bautzen—Luckau, 111 Kilometer; 17. Oktober: Luckau-Teltow, 77 Kilometer; 18. Oltober: Teltow—Berlin, 25 Kilometer. In Ruhleben wird am Ankunfts tage ein kleiner Renntag abgehalten. über die Kinderlähmungs - Epidemie in Westdeutschland, die in letzter Zeit eine größere Ausdehnung angenommen hat, wird dem ,B. L.-A.' von gutunterrichteter Seite fol gendes mitgetcilt: „Die Krankheit ist unter dem Namen „Spinale Kinderlähmung" bekannt. Sie wird meistens nur in Einzelfällen beobachtet, zuweilen aber nimmt sie einen epidemischen Charakter an, wie dies augenblicklich in West deutschland der Fall ist. Im Jahre 1905 trat die Epidemie in Schweden auf: zurzeit wütet sie auch in Österreich. Da alle Sorgfalt an gewandt und jeder Krankheitsherd sofort isoliert wird, so liegt kein Grund zur Beunruhigung wegen erneuter Ausdehnung der Krankheit vor." O Sein Verhängnis. 11) Roman von G. Löffel. Usortsktzung.) „Gerechter Gott," rief ich im Tone des Schreckens, „Sie halten an diesem unseligen Lerdacht fest, daß der dort sich verborgen- -altende Verbrecher der Verbündete und geheime Schuldgenosse der beiden Damen ist? I" „Es ist meine Überzeugung." „Und was könnte sie verbinden?" ?' fragte fast streng der Sergeant, und Plünderung! Vielleicht oder wahr- ist die Schatzkammer der „toten die der Buschräuber stets gut gefüllt unlautere Quelle, aus der die Mikrons schöpken." sprachen früher leibst von ihnen, als Mn der Witwe und Tochter eines enorm reichen Squatters." „Dafür gelten sie. Sind die Menschen immer das, für was sie sich ausgeben? Sind Sie es, wenn Sie jetzt hingehen und den Be schützer spielen, während Sie die Aufgabe haben, sie zu verderben?" „Diese Aufgabe habe ich nicht!" erwiderte sch fest. „Ich habe die Aufgabe, die Wahrheit zu erforschen. Das ist mein ehrlicher Wille. Sind diese Frauen so schuldig, wie Sie sagen, dann treffe sie die ganze Strenge des Gesetzes. Sind sie mir Opfer eines Schuldigen, od« von diesem bedroht, dann werde ich sie zu schützen wissen, kraft meiner Amtsgewalt." Der Sergeant schüttelte mißbilligend den Kopf. „Sie lassen sich schwer überzeugen, Deutscher," sagte er. „Nun, ich will Ihnen meine Ansicht nicht auszwingen. Ich wollte sie Ihnen nur zu erkennen geben und Sie warnen. Meine Worte werden, ich weiß es, in Ihrem Gedächtnis haften bleiben und Sie vor blindem Vertrauen schützen. Sie wollen also keine Überwachung der Milton-Vark-Station?" „Nein!" sagte ich entschieden. „Ich werde meine geheime Mission erfüllen und bitte, mich nur meinen eigenen Weg gehen zu lassen. Meine Parole ist: siegen oder unterliegen!" „Und Sie werden unterliegen," sagte in düsterer Vorschau der Sergeant. „Gott schütze Sie, Deutich-x!" Wir waren fetzt bei dem Blockhaus wieder angelangt und damit ändete unser Gespräch. Ich verbrachte eine schlaflose Nacht. Mit dem ersten Tagesarauen verließ ich in aller Stille die Polizei-Station, um, mit genügenden Mitteln versehen, nach der Distrikts stadt zu reiten. Der Buschmann verwandelte sich in einen Gentleman und als solcher ritt ich abends mit wohlgepacktem Felleisen auf der Milton-Park- Station wieder ein. Mir wurde derselbe freundliche Empfang, an dem sich zu meiner geheimen Freude jetzt auch Fräulein Eugenie beteiligte. Meine Zimmer standen bereit. Ich fühlte mich wieder einmal als Mensch unter Menschen. Es war, als wenn ein Freund der Familie eingekehrt wäre, nicht ein gänzlich Fremder, der noch gestern hier um Arbeit angesprochen hatte. Von meinen Fenstern — Eckfenster — genoß ich eine herrliche Fernsicht nach zwei Richtungen, zufällig oder absichtlich (?) nicht nach der Rich tung der „toten Schlucht". Dieses' Fragezeichen beweist, wie das Gift der Verleumdung bei mir wirkte. Der Sergeant hatte recht. Ich konnte seine Worte nicht ver gessen. Am Ende eines Ganges, meinen Zimmern entgegengesetzt, führte eine eiserne Wendeltreppe nach dem flachen Dache hinauf. In der oberen Etage wohnte ich jetzt allein. Besser konnte ich es mir nicht wünschen. Die Tür zum Dach war unverschlossen. Niemand sah und binderte mich also, wenn es mir einfiel, nächtlicher Weile dort oben Umschau zu halten, und das tat ich schon heut. Das Dach war für die Benutzung ein gerichtet. Das mit Bildwerken geschmückte Gesimse dient» al« Brustwehr. Es war mit Blumen besetzt. Tisch und Gartenstühle waren da. In vollständiger Sicherheit, bequem sitzend und meine Pfeife rauchend, konnte ich hier auf der Lauer liegen, lauschen, spähen und meinen Gedanken nachhängen. Würden diese Damen, fragte ich mich, das Dach nicht ängstlich vor mir verschlossen und mich anderswo einguartiert haben, etwa drüben in der Ökonomie, wenn sie für sich etwas zu fürchten batten? Ich wachte vergebens! In dem Herrenhause und seiner nächsten Umgebung blieb alles still. Im Laufe des nächsten Tages l^nte ich beide Damen näher kennen, als es bis dahin möglich gewesen, und ich fand nichts, was mir zu irgend welchen Bedenken Veranlassung hätte geben können, dagegen manches, was mich zum Nachdenken anregte. Mutter und Tochter waren einander so un gleich, als nur möglich. Die erstere war ganz Weltdame, überbildet, ausgelebt, verwöhnt, launenhaft, gefallsüchtig, mit einem starken Hang zur Untätigkeit und — Verschwendung, die sich hier nur in der fürstlichen Einrichtung und in ihren aus Paris (!) bezogenen Toiletten be kundete. Die Tochter war weltabgewandt, einfach, tätig, lernbegierig. Ihr Betragen war ernst und gemessen, sie haßte den Prunk. Auf ihrem ganzen Wesen ruhte ein Hauch von Schwermut. Selten verzog sie ihre süßen Lippen zu einem Lächeln, nie, so sagte mir die Mutter, hörte man sie lachen. Dennoch hingen beide mit großer Liebe an einander. Ein jedes lebte für stch in dem durch Anlage und Lebensgang fest umzogenen Jdeen- kreis. Während Fräulein Eugenie ans dem Klavier ein Nokturna spielte, kam ich mit Mistreß Milton ins Plaudern. „Euaenie ist im Kloster erzogen," sagte sie gelegentlich, was mich übrigens nüht Wunder nahm, da in Frankreich alle Töchter der höhere« Stände im Kloster erzogen werden. „Aber Sie, Madame," sagte ich lebhaft, „wie konnten Sie, die lebensfrohe Pariserin, welch« mir berufen scheint, eine Königin der Mode zu sein, in dieser Waldeinsamkeit sich vergraben, wo Sie wie in einer Men Verzauberung leben? Paris und die australische Wildnis sind doch wie zwei feindliche Pole, die nie zusammenkommen können."
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