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Der Rainer in Jena Von j^al> uncl fern en! nur mit direkten Steuern Dort, wo eine Zu der Romantik des deutschen Universitäts lebens, die immer mehr den Anforderungen einer neuen Zeit weichen muß, gehört der Karzer, jenes im wahrsten Sinne des Wortes „fidele Gefängnis", das der Sondsrgerichtsbarkeit der Hochschulen zur Vollstreckung ihrer Haststrafen diente und hier und da noch dient. Von jeher hat der fröhliche Sinn der Musensöhne die Karzerstrafe mit einem vergnüg» direkte Erbanfallsteuer einführen wollen. Wir müssen zu einem Ergebnis kommen, denn wir brauchen die 500 Millionen. Hoffentlich werden die drei bis vierhundert Millionen durch den Verbrauch aufgebracht werden. Wenn dann der kleine Mann sagt: Wir wollen unsern gebührlichen Teil tragen, aber ihr Wohl habenden, sorgt dann auch, wenn ihr sagt, daß es im Interesse des Reiches notwendig sei, daß ihr euren Teil.mithobt. Dann dürfen die Wohlhabenden nicht nein sagen und nicht einwenden: das untergrübt unser Familiengesühl. Wir Deutsche haben eine politische Geschichte, die an traurigen Ereignissen reich ist. Das verdanken wir vielfach unsrer Kleinmütigkeit, unsrer Knickerigkeit, die uns abhielt, in schwierigen Lagen die Lasten zu übernehmen. Wird das deutsche Volk diesmal sich seiner Pflicht bewußt sein? Wir gehören zu den reichsten Völkern der Welt, es kaim bei uns etwas geschehen und es muß etwas geschehen." lichm Humor zu verklären gewußt, und eine Lieb lingsbeschäftigung der cingesperrtcu jungen Sünder ist es stets gewesen, die Wände ihres Gefängnisses mit Malereien und oft recht sinnreichen Jnschritien zu schmücken. Ein niedliches Beispiel davon'bietet der Jenaer Universitätskarzcr, der demnächst seiner historischen Bestimmung entzogen werden soll. Die Übungssahrten des „Zeppelin". Am Montag früh kurz nach 8 Uhr wurde das Wohlhabendere zahlt verhältnismäßig mehr, aber es bleibt ihm nach Abzug des für den Lebensunterhalt Notwendigen weit mehr übrig. Und das muß getroffen werden. Luxussteuer bringt nicht genug. Wenn wir die wohlhaben den und die reichen Klassen auch nur einiger maßen im Verhältnis zu den arbeitenden Klasse- belasten wollen, so könnten sie .... Äomannshorrr, wo er im Schneesturm ver- Ein Hauptmangel ist in dem jetzigen Projekt schwand. Der Ballon flog sodann das der, daß wir eine Nachlaßsteuer und nicht eine i schweizerische Ufer entlang, überflog auf der Mannschaft der „Margarete" blieben unbeachtet, und der Dampfer krachte in den Backbordbug der „Margarete" hinein. Er ging darauf zurück und stand dann still. Das Wasser stürzte in das furchtbare Leck des Segelschiffes, und dieses legte sich auf die Seite. Neun Mann der Besatzung retteten sich in eines der 'Boote der „Margarete", sechs andre wurden vom „Mascot" an Bord genommen. Die „Margarete" ging bald darauf unter. Der Kapitän, seine Gattin, sein zweijähriges Kind und fünf von der Besatzung gingen mit dem Schiff unter. Die neun Mann in dem Boot ruderten eine Stunde lang herum, bis sie von dem Fischerboot „Iris" ausgenommen wurden. Sie waren nur notdürftig bekleidet und Wen schwer in dem eisigen Wind und dem Schnee sturm, der losgebrochen war. Als sie von der „Iris" ausgenommen wurden, waren sie halb erfroren. In Lowestoft erholten sie sich bald unter der ihnen dort erteilten sorgfältigen Pflege. Ein Patengeschenk für das Linien schiff „Schleswig-Holstein". Eine Abord- nung des schleswig-holsteinischen Provinzial- landtages überreichte auf dem Linienschiff „Schleswig-Holstein" Geschenke der Provinz, und zwar ein Bildnis der Kaiserin für die Offiziermessr und eine Bibliothek für die Be satzung. Gleichzeitig überbrachte eine Depu tation als Geschenk der schleswig-holsteinischen ! Ritterschaft einen silbernen Tafelaufsatz. Die Reichsfinanzreform. Professor Wagner, der sich schon kürzlich in bemerkenswerter Weise zur Reichsfinanzreform geäußert hat, hielt am Montag einen Vortrag über dasselbe Thema im national-liberalen Verein Charlottenburg-Ost. Der Redner führte u. a. aus: „Nicht als Parteimann kann ich heute vor Ihnen sprechen. Einmal find der Worte genug gewechselt; das sage ich auch unserm Reichstag gegenüber. Ein halbes Jahr ist nun in der Sache nichts gefördert worden. Wir müssen weitere Millionen Steuern ausüringen und darum scheint es, daß doch noch nicht genug Worte gesagt sind. Wir befinden uns hier in einer Lage, von der wir uns vergegenwärtigen müssen, daß sie dauernd so bleibt, wenn wir nicht Abhilfe schaffen. Erhebliche Ersparnisse find unmöglich, die Zivilausgaben wachsen, und können wir ernstlich daran denken, unsre Wehr und Waffen zu vermindern? Das wäre ein Leichtsinn ohnealeichen. Wir brauchen nur unsre neueste politische Lage, überschauen. Feinde ringsum. Wir haben hundert Jahre ungeahnten Fortschritts hinter uns, aber wir erheischen auch Opfer. Die Aus gaben wachsen, weil die Aufgaben, weil die Tätigkeit gewachsen ist, sei es für Heer und Marine, sei es für sozialpolitische Aufgaben, für die Justiz, Kulturzwecke u. a. Danach müssen wir eben unsre Finanzen einrichten. Wir müssen der Regierung recht geben, daß sie endlich den Mut gehabt hat, zu sagen, wir wollen nicht nur Blindekuh spielen, es handelt sich nicht um Kleinigkeiten, sondern wir brauchen eine halbe Milliarde. Wie bringen wir die fünfhundert Millionen auf, daß die Belastung erträglich bleibt? Jede Steuer hat ihre Mängel. Ich könnte auch diese Steuern so kritisieren, daß nicht ein gutes Haar an ihnen bleibt. (Heiterkeit.) Das be weist aber nichts. Wir kommen nicht ohne eine starke Mitbelastung der Volksmassen aus. Das Gros der Steuern bildet in allen Ländern die Verbrauchssteuer, die die Massen wesentlich be lastet. So ist es in den freiesten und in den abhängigsten Staaten. Aber indem wir das als notwendig bezeichnen, müssen wir betonen: alle derartigen Steuern belasten, wenn sie Ertrag bringen sollen, die Massen relativ bedeutender als die Wohlhabenden. Wir alle, auch die reichsten Klaffen, werden durch die Zölle und Steuern betroffen. Gewiß, der wohlhabende Mann bringt weit mehr aus, weil er mehr konsumiert, aber er konsumiert im Verhältnis zu seinem Einkommen nicht so viel wie die mittleren Schichten und gar die Arbeiter. Wir können die indirekten Steuern nicht ent behren. Die Masse muß mit, aber sie trägt einen größeren Teil des Einkommens. Der Luftschiff „Z. I" aus der Halle gebracht. Um 8 Uhr 2b Minuten kreuzte es bereits über der herangezogen werden. Damit schaffen wir keine Stadt und fuhr nach dem Gebiet, auf dem die Überlastung, sondern nur eine gleichmäßige Be- neue Ballonüalle erbaut wird, lastung. Rückf W das königliche Schloß in Friedrichs hafen und kehrte dann nach Manzell zurück, wo er auf dem Wasser niederging. Um 10 Uhr war der Reichsluftkreuzer wieder in der Halle geborgen. Der Untergang der „Margarete", über den Untergang des Hamburger Bollschiffes „Margarete", das von dem norwegischen Dampfer „Mascot" unweit des Maaß-Leucht schiffes in den Grund gebohrt wurde, wird noch gemeldet: Am Abend des 13. d. befand sich die „Margarete" ungefähr 70 Seemeilen von Lowe stoft entfernt. Das Wetter war schön und klar. Kapitän Wohlers, der zweite Maat und acht Mann waren an Deck, als plötzlich der „Mascot" auf daS Schiff zudampfte. Die Zurufe der Landung geplant war, hatten sich Graf Wenn wir ein Einheitsstaat wären, Hütten Zepveltn, Major Groß, sowie verschiedene andre wir längst die beiden festen, direkten Steuern Offiziere eingefunden. Auch die Mannschaften in Preußen eingeführt: die Vermögens- und des Lustschifferbataillons waren dort stationiert. Einkommensteuer. Mein Ideal wäre es, sie! Der für die Landung auf festem Boden be- als Reichssteuer einzuführen, aber ich muß zu- j stimmte Raum wurde durch zwei mit Flaggen gestehen, daß es in absehbarer Zeit nicht mög-! versehene Soldaten markiert. Der Platz ent- lich ist, obwohl das Reich formal das Recht! sprach genau der Länge des Luftschiffes. Dec hat, jede Art Steuern einzuführen. Alle Staaten ! Reichsluftkreuzer bewegte sich um 9 Uhr über um uns herum haben die Erbschaftssteuer, auch dem Gelände, überflog dieses zweimal, und Roosevelt hatte sie in Vorschlag gebracht. ! seukte sich dann, fast bis zur Erde, auf die vor- Könnten wir eine bessere direkte Steuer durch- i bezeichnete Stelle nieder, ohne jedoch zu landen, setzen, so würde ich die gerne nehmen, sonst > Hierauf stieg der Luftkreuzer wieder empor, flog nehme ich aber trotz ihrer Mängel die Erb- ! guer über den See, in der Richtung nach schastssteuer. ; Äomannshorir, wo er im Schneesturm ver- Schiffahrtsschwierigteiten in der Ost see. Der kleine Belt ist von ungeheuren Massen Treibeis bedeckt, so daß der Fährenvsrkehr sich nur mit großen Schwierigkeiten und stunden langen Verspätungen durchführen läßt. Die Dampsfähre „Valdemar" saß nachts im Eise fest. Die Passagiere wurden auf ihren Wunsch in Booten an Land gebracht. X Die Asche des Gerichtsrats. Die Leiche eines Gerichtsrats aus Bonn wurde dieser Tage im Leichenverbrennhause in Mainz eingeäschert. Der Verstorbene hatte in seinem Testament die Bestimmung getroffen, daß die Aschenreste in den Rhein zerstreut werden, was jetzt auch in aller Stille geschehen ist. Zum Ansstand der Pariser Post beamte« wird berichtet: Das Polizeigericht hat sieben Postbeamte, die bei den Kundgebungen am Freitag beleidigende Rufe gegen den Unter staatssekretär Simyan ausgestoßen haben, zu je sechs Tagen Gefängnis verurteilt. Bei Ge legenheit des Schichtwechsels im Haupttelegraphen amt verweigerte die antretende Schicht die Arbeit und warf der abgehenden Schicht leb haft vor, daß sie im Laufe der Nacht alle Depeschen erledigt habe. Es fand hierauf eine lärmende Kundgebung statt. Unterstaatssekretär Simyan begab sich in den betreffenden Saal, begleitet von dem Polizeipräfekten, und forderte die Telegraphisten auf, den Saal zu verlassen oder sich an die Arbeit zu begeben. Nur 12—15 Beamte verließen den Saal. Alle andern nahmen die Arbeit in normaler Weise wieder auf. Die Polizei verließ hierauf den Saal. Die Beamten, die die Aufnahme der Arbeit ver weigert hatten, wurden verhaftet. Der amerikanische Dauerläufer Weston, 71 Jahre alt, trat unter dem Jubel Tausender einen Marsch von New Jork nach San Francisco (in hundert Tagen) an. Erster deutscherIugendgerichtztag. Im Charlottenburger Rathaus hat der erste deutsche Jugendgerichtshof seine Sitzung abge halten. Aus dem Referat des Staatsanwalts Dr. Wellenkamp über „Das Jugendgericht im Vorverfahren" sind folgende Leitsätze bemerkens wert. Die bei der Staatsanwaltschaft anhängig werdenden Strafsachen gegen Jugendliche sind in der Hand eines zur Übernahme dieser Sachen geeigneten und bereiten Richters zu vereinigen. Bei der Erwägung, in welcher Weise das Vor verfahren am zweckmäßigsten zu gestalten ist, ist grundsätzlich von der Frage auszugehen, ob die Straftat ihrem Charakter nach gegen ein sittliches Gebot verstößt und deshalb einen sitt lichen Mangel des Täters vermuten läßt. Die Staatsanwaltschaft wird in Strafsachen gegen Jugendliche die Anklage zweckmäßig am Gerichts stände des Wohnsitzes anhängig machen. Wenn in einer Strafsache sowohl Erwachsene als auch Jugendliche an der Tat beteiligt sind, ist das Ver fahren gegen Jugendliche von vornherein abzu trenne» und in einem gesonderten Verfahren zu verfolgen. Die Vernehmung jugendlicher Be schuldigter ist der Regel nach durch den Jugend richter oder durch den Staatsanwalt vorzunehmen. Polizeiliche Einvernehmungen sind möglichst zu vermeiden. Es empfiehlt sich, schon im Vor verfahren, sofern eine Verzögerung nicht entsteht, gutachtliche Äußerungen der Fürsorgeorgane über die Notwendigkeit vormundschaftsgericht- licher Maßnahmen und über das Vorliegen der Voraussetzungen einer bedingten Begnadi gung anzuhören. Die Frage, ob der Täter zur Zeit der Begehung der Tat die zur Erkenntnis der Strafbarkeit seiner Handlung erforderliche Einsicht besessen hat, ist schon im Vorverfahren zu beantworten; bei Verneinung der Frage ist das Vorverfahren einzustellen. Der Staats anwalt wird, wenn die Notwendigkeit der Be jahung der Frage nicht außer Zweifel steht, zweckmäßig eins gutachtliche Äußerung der Organe der freiwilligen Jugendfürsorge einholen und seine Entscheidung sodann nach persönlicher oder richterlicher Einvernahme des Beschuldigten treffen. Es empfiehlt sich nicht, Reglements für die Handhabung des Strafverfahrens, ins besondere des Vorverfahrens gegen Jugendliche zu schaffen. Vormittag zu Hause sein: geben Sie diese Karte meiner Kammerfrau und Sie werden sogleich vor gelassen werden." Dann stand sie auf; Leonhard hatte ihr tingeschärst, ihren Besuch bei dem Wucherer nicht zu lange auszudehnen, da ein kurzer Be such mehr imponiert. Seligmann erhob sich ebenfalls und ver sprach. jetzt schon etwas zugänglicher und ge schmeidiger geworden, sich zur bestimmten Stunde einzuflnden. Er geleitete Livia dann hinaus. So wie beide den Flur betraten, ließ sich wieder das nerveuerschütternde K-beul der Bulldogge ver nehmen. Der iunae 'Mensch war ebenfalls wieder zur Stelle und brachte die Dame bis an die Gartenpforte, durch die er sie vorher auch ein gelassen hatte. Livia entfernte sich,, in. ihrem Innern sehr zustieden; der erste Teil ihres von Leonhard erlittenen Auftrages war erfüllt. Die zweite Hälste desselben war für Livia leichter aus- zusührenfix sollte in ihrer eigenen Wohnung durch Liebenswürdigkeit und Geschicklichkeit dem alte" Wucherer nur ein gewisses Geheimnis ent locken und ilm bei sich längere Zeit sesthalten. Da sie aber von Leonhard nicht völlig in dessen Pläne eingeweiht worden war, so täuschte sie sich sehr über die Tragweite ihrer Handlungs weise. Wenn sie auch überzeugt war, daß Leonhard ein Geheimnis zu verbergen hatte, so hielt sic ihn dock immer für den Haushofmeister Hartwig des Majoratsherrn von Grödenitz und batte keine Ahnung davon, wer sich unter diesem Namen eigentlich verbarg. Zur festgesetzten Stunde fand sich Seligmann am nächsten Vormittage in der Wohnung der Frau von Bettini ein. Er händigte die Karte, die er von der Vertrauten Leonhards emp fangen hatte, der alten Rosalie ein, die ihm die Korridortür geöffnet hatte und ihn darauf auch gleich in daS Boudoir ihrer schönen Ge bieterin führte. Was Lurus und Eleganz darbieten konnte, war in diesem kleinen Zimmer vereinigt, wo Livia im reizendsten Negligee auf einem Sofa lag. Rosaseidene Fenstervorhänge fielen über Weiße Spitzengardinen und erzeugten eine künst liche Dämmerung, diee alles in märchenhaftem Rosenschimmer erglänzen ließ. Auf einer Kon sole rauckte eine durch eine Spiritusflamme er hitzte kleine Pfanne, auf welcher Nmbrapulver gestreut worden war. Ein berauschender Duft stieg daraus auf und erfüllte das ganze Boudoir. Livia empfing den alten Wucherer mit einem freundlichen Morgengruß Md warf ihm dabei einen jener Blicke zu, von welchen sie wußte, daß sie ihren. günstigen Eindruck nicht ver fehlen. Trotzdem zwei gewaltige Leidenschaften und Todsünden sich sehr selten in der Seele eines Menschen vereinigt finden und der Geiz der hervorstechendste Charakterzng Seligmanns war, konnte er sich doch nickt ganz der Wirkung ent ziehen, das der Anblick des sckönen Weibes auf ihn ausübte. Dazu berauschte ihn der im Kabinett herrschende Ambraduft derartig, daß el- alles wie durch einen Flor vor seinen Augen flimmern sah. Verwirrt setzte er sich ans den der Tür zu nächst stehenden Sessel, dessen weickes Seiden- polster ein neues Betäubungsmittel für ihn war. Aber Seligmann hatte doch viel mehr vom Geizhals als vom Don Juan an sich, denn er musterte bald mit Kennermiene die vielen Kost barkeiten, mit denen Livias Boudoir in ver schwenderischer Fülle ausgestattet war. „Ich danke Ihnen," sagte Livia, nachdem sie dem alten Wucherer Zeit gelassen hatte, seine Musterung zu vollenden, „daß Sie Wort ge halten haben, mein lieber Herr Seligmann." „Es soll mich steuen," erwiderte er, tief Atem holend, denn die gehabten Eindrücke be engten ihm die Brust, „wenn ick der gnädigen Frau einen Dienst erweisen kann." „Ich bedaure, 'elbst keinen Gebrauch von Ihrem freundlichen Anerbieten machen zu können," versetzte Livia, „und wenn ich Sie um die Ehrs Ihres Besuches bat, so geschah es nur, um Ihre Gute für einen meiner Freunde in Ansvruck zu nehmen, der eine Anleihe zu machen beabsichtigt; ich darf Ihnen anverstauen, daß es ein Mann ist, der eine hohe gesellschaftliche Stellung in der Welt einnimmt und ein sehr großes Vermögen besitzt." „Ich versichere Sie, gnädige Frau, daß es mein größtes, mein einziges Vergnügen ist, gerade solchen Herren zu dienen; geben Sie mir gefälligst seine Adresse und ich werde mich sogleich zu ihm begeben." „Ich würde Ihren Wunsch augenblicklich erfüllen, wenn ich Mr wüßte, daß dem Herrn Baron von Grödenitz jetzt Ihr Besuch willkommen wäre —" „Gottes Wunder," rief der alte Wucherer mit freudigem Erstaunen, „es handelt fick um den Herrn Baron von Grödenitz? Die Familie desselben ist mir sehr wohl bekannt, die ist sein, sehr sein, das weiß ich aus Erfahrung!" „Also ist Ihnen sein Name bekannt?" fragte Livia verwundert, als ob sie von nichts wisse. „Gewiß," fuhr Seligmann fort, „hab' ich doch mit dem verstorbenen Baron Kuno — Gott hab' ihn selig! — mehrere große Geschäfte gemacht und bin später auf Heller und Pfennig bezahlt worden!" „Jetzt handelt es sich um den neuen Maioratsherrn, Varon Chlodwig, der bis fetzt in Amerika gelebt hat —" „Ich weiß, ich weiß" — unterbrach Selig mann Livias Worte mit jenem Esser, den gesell schaftlich niedrig stehende Leute oft zeigen, wenn es sich um das Vertrantsein mit den Familien verhältnissen hochgestellter' Personen handelt, „jede Summe, die ich anzuschaffen imstande bin, soll dem Herm Baron zur Verfügung stehen." „Wie ich glaube, wünscht er ein Darlehen ! von einmalkundertzwanzigtausend Mark!" „DaS ist freilich sehr viel Geld!" sagte Seligmann und stützte sich bedenklich hinter den Ohren. „Sein Majorat hat einen Wert von zwei Millionen." „Freilich, aber " „Mein Himmel," meinte Livia, „wenn Sie nicht Lust zu dem Geschäfte haben, werden wir einen andern Geldmann finden." Rc 30 (Fortsetzung folgt.)