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den kleinen Streich, den er dem Oberleutnant von Stubben zu spielen vermeinte. Stubben schnaubte Wut. Er hatte sich die Sache tatsächlich anders gedacht, indem er die Rolle des glücklicheren Liebhabers übernehmen wollte. Zunächst hatte er das Stück überhaupt nur geschrieben, nachdem er sich ver sichert hatte, daß Alice von Waltersdorfs seine Partnerin wer den wollte. Der Inhalt des Stückes stand allerdings in keiner Beziehung zu der Vergangenheit des Rittmeisters, aber dessen Spitzname hatte dem Verfasser gerade gepaßt, um ihn als Titel für sein Stück zu wählen. Und nun wurde auf Befehl des Rittmeisters die Hauptrolle von einem anderen gespielt. Einer der Kameraden sollte die schöne Alice als glückliche Thcaterüeute sür ein paar Augenblicke besitzen, während er — Stubben — als der abgewiesene Freier die Kosten dieses Lust spielglücks bezahlen sollte. Unerhört! Das Stück hatte bereits begonnen, als Alice gn Stubben vorbeirauschte, um bei ihrem Stichwort auf die Bühne zu treten. Sie sah reizend aus. Wunderlieblich, wie ein frisch erblühtes Röslein im Mai. Die friederizianische Tracht in Rosa mit der Weißen Perrücke und der zart überpuderte Teint mit den winzigen Schönheitspflästerchen kleideten sie ausge zeichnet. Stubbens Blut geriet in Wallung, und um so mehr, als er in diesem Augenblick daran dachte, daß er bald darauf aus ihrem rosigen Munde programmgemäß eine weniger ro sige Absage hören würde. Nun fiel auch Stubbens Stichwort, und er trat hinaus. Dröhnender Beifall empfing ihn, noch ehe er ein Wort ge sprochen hatte. Das Stück gefiel, und man ehrte pränume- rando den Verfasser. Der aber hörte nicht das rauschende Zeichen des Beifalls. Er sah nur Alice und wieder nur Alice. Und alsbald begann er seine Rolle herunterzusprechen, erst ver legen, dann lebhafter und immer lebhafter, und schließlich ver gaß er die eigene Rolle und trug dafür den Antrag vor, der in seinem Stück dem Nebenbuhler zugedacht war. Und als er geendigt hatte, geschah etwas Unerwartetes. Er hatte so stürmisch, so leidenschaftlich gesprochen, daß Alice mit dem feinen Instinkt des Weibes fühlte: das da, was sie hörte, war rächt mehr Theater, nicht mehr gelernte Rolle, son dern richtige, wahre Wirklichkeit und die brausende Melodie wahrhafter Herzensakkorde. Und jedes seiner Worte rief ein tausendfaches Echo in ihrem Herzen wach. Sie erwiderte ja Stubbens Neigung, aber noch nie hatte er f o zu ihr gesprochen: ja, sie hätte ihm gar nicht zugetraut, daß er jemals mit dieseni verzehrenden Feuer zu ihr sprechen könnte. Da vergaß auch sie, daß sie ihm eigentlich einen Korb zu geben hatte, — vergaß sogar den Wortlaut ihrer Rolle, son dern legte knrz entschlossen ihre Hand in die seine und nahm seine Werbung an. Der Nebenbuhler aber stand hinter der Szene und wartete vergeblich auf sein Stichwort. Rittmeister von Waltersdorfs aber saß schon längst nicht mehr auf seinem Platze. Er war aufgesprungen und stand mit offenem Munde mitten in dem Auditorium. Das Publi kum, das den weiteren Gang der Handlung nicht kannte, raste sörmlich Beifall, als kurz darauf der Vorhang fiel bezw. aus einen Wink des Souffleurs fallen mußte. Das Stück war ja zu Ende, wenn es auch in erheblich veränderter Form schloß. Die wenigen mit dem Inhalt des Stückes vertrauten Of fiziere brachen in eine unbändige Heiterkeit gus und klatschten förmlich demonstrativ Beifall. Wußten sie doch um die Vor geschichte der Sache und zollten nun dem Streiche des Ka meraden donnernden Beifall. An jenem Abend ging es auf dem Ball der Eskadron Waltersdorfs ganz besonders lustig zu. Eine Offiziers- Verlobung an Kaifers Geburtstag, und noch dazu unter so seltsamen Umständen, stand in der Regimentsgeschichte ein zig da. Oberleutnant von Stubben aber hat sich nie wieder lite rarisch versucht. Seine erste und einzige Bühnenarbeit blieb „Sr. Majestät Schönster". — Allerlei — Französin und Berlinerin. Die Französin, so schreibt das „Berliner Tageblatt" in einem seiner Feuilletons, ist im Punkt des Geschmacks selbständiger als die Deutsche. Sie zieht sich viel einfacher an. Die deutschen Damen find von einem fa talen Hang nach „Originalität der Kleidung" beseelt, während die Ausländerinnen ruhigere Machart, unauffälliger ge musterte Stoffe, dunklere Farben bevorzugen. Nirgends sieht man soviel wild karrierte Mäntel, leuchtende Blusen, glitzernde Gürtel, billige Spitzenkragen, Glasketten und was es sonst dergleichen Tand gibt, als in Berlin. Man putzt sich zuviel. Daran scheitert alles Gelingen. In welcher anderen Großstadt sieht man zur Sommerzeit foviel „weißgekleidete Jungfrauen" bis in fast geschichtliche Jahrgänge hinauf, wie in Berlin? Aber was für weiße Kleider! Die Reinlichkeitsverhältnisse sind tadellos — aber welch vorsintflutliche Schnitte, welche „Miniaturuntertaillen" kommen da zum Vorschein! Ein Glücklicher. Cousine: „Sage doch, Vetter, ist es Dir nicht schrecklich, wenn Du siehst, wie einer nach dem andern Deiner Bekannten das Examen macht, während Du —" Cousin (einfallend): „Schrecklich? I bewahre! Wenn Du sehen würdest, wie die Kerls arbeiten müssen!" Der Le'tzte. Onkel: „Der wievielte bist Du in der Schule?" Fritzchen:„Der sehr vielte!" Nemesis. „Wie kommt's denn, daß man den Brauer Mischke immer in fremden Bier stuben sitzensieht?" „Dem hat der Doktor sein Bier verboten!" W i n k. „Diese Nacht träumte mir, daß ich um Ihre Hand anhielt . . . was der Traum wohl bedeuten mag, Fräulein Edith?" „Jedenfalls, daß Sie, wenn Sie schlafen, vernünf tiger sind, als wenn Sie wachen!" Im Zirkus zeigt der Clown sich oft, Dem Publikum ganz unverhofft. Wo ist der Clown? '»qnqrö yll>NZri<T ssa usq -anq qnm jstojz upj qun plumU usq pqgq srouroL MT orsnm» "q jgnznF usq Ul LuvölNN uzq Panq nnulOj muoig Druck und Verlag: Neue Lerlmer Verlags-Austall, Aug. «red«, Charlollenburg bei Berln, . erluurul. du. Verauiworlllch lur dl« iNedaltlon der Neuen Berliner Verlags-Anstalt, Aug. Krebs: Max Eckerlein, Charlottenburg, Wcimarerstr. so.