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Nachrichten für Naunhof und Umgegend : 25.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787861864-192305256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787861864-19230525
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787861864-19230525
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof und Umgegend
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-25
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Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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bau t« Walde, zu -am die gegenwärtigen PkeiSderhÄlutAe leicht führen dünnten, für die Zukunft Vorbeugen. Im Dresdner Skadtoerordnetenkoüegium wurde ein Antrag behandelt, die Elternratswahlen in diesem Jahr« unter allen Umstünden ftatlfinden zu lasten, da eine Reihe Proteste aus der christlichen Elternschaft vorliegen. Don Stadtratsseite wurde mttgeteilt, daß das Kultusministerium immer noch deine klare Entscheidung getrosten habe und daß man deshalb die Elternratswahlen für 17. Juni oorsehe. Der Antrag wurde mit 39 sozialistisch-kommunistischen Stimmen gegen 39 bürger liche Stimmen abgelehnt. Die Sozialdemokraten haben offen bar aus dem Ausfalls der Glternratswahlen in andern sächsi schen Gemeinden ersehen, dab ihre Reltgionspolttik vom über wiegenden Teile unseres Volkes nicht gutgeheitzen wird. — Der Mulde-Regatka-Derein Grimma ver anstaltet am Sonntag, den 27. Mai nachm. 1 */, Uhr seine dies jährige Ruder-Regatta, zu welcher die Vereine aus Berlin, Dessau, Dresden, Eilenburg, Grimma, Lalle, Leipzig (2 Der- eine), Meißen, München, Nerchau, Torgau und Weißenfels 400 Ruderer in 80 Booten gemeldet haben. Infolge dieser großen Beteiligung machen sich 28 Dorrennen notwendig, die am Sonnabend, den 26. 5. ab 4 Uhr nachm. und evtl. Sonn tag früh ab 6'/- Uhr ausgesahren werden, um die für die 15 Lauptrennen Berechtigten seflzuflellen. Spannende Kämpfe stehen also in Aussicht, sodaß ein Besuch dieser imposanten sportlichen und gesellschaftlichen Veranstaltung nur empfohlen werden kann. Am Ziel konzertiert die Stadtkapelle Grimma. — Leipzig. Julius Lermann Matthey Eine allen Leipzigern bekannte Persönlichkeit, der ehemalige Kgl. Musik direktor Julius Lermann Matthey, ist am 1. Pfingstfeiertage nach kurzem schweren Leiden im 70. Lebensjahre verschieden. — Rochlitz. Einen rohen Spatz, der nicht scharf genug verurteilt werden kann, leistete sich der Einsender einer Annonce an das hiesige Tageblatt. Wie sich herausstellte, ist diese Der- lobungsanzeige, welche zwei Familien aus Gröblttz und Dobe renz betrifft, eine grobe Fälschung. Die beiden Familien find darüber erklärlicherweise ganz entrüstet. Die Behörden fahnden nach dem Urheber, um ihn wegen Fälschung einer Urkunde feiner Bestrafung zuzusühren. — Hainichen. Der Druckfehlerteufel hat hier einen bösen Streich auf dem Gewissen, nämlich in der Latntchener .Ehe- trogödie", bei der ein wütend gewordener Gastwirt mit dem Revolver um sich schob. Die betreffende Ehefrau ist nämlich ntchbän dte Wochen, sondern in die Wache gekommen. — Am 2., 3. und 4. Jnni, also Sonnabend, Sonntag und Montag, findet in Werdau i. Sa. die Weihe des Ehren- denkmales für die gefallenen Leiden des ehemal. Inf. Regts. 105 statt. — Meißner Porzellan. Die Staatl. Porzellan- Makufaktur Meißen veranstaltet in diesem Jahre wieder eine Lotterie. Das Los kostet 3000 Mark. Ztehungstag ist der 15. Juni. Die Lose haben die Form einer Porzellanmünze mit etngeprägter Nummer. — Dr. Külz Bürgermeister in Dresden. In der Sitzung der Dresdner Stadtverordneten am Freilag wurde der Demokrat Dr. Külz — bisher Oberbürgermeister in Zittau — zum zweiten Bürgermeister in Dresden gewählt. Die deutsch- nationalen Stadtverordneten beteiligten sich nicht an der Wahl. Sie begründeten ihre Kaltung damit, daß ihrer Anregung, das Amt des zweiten Bürgermeisters auszuschreiben, nicht entsprochen worden ist und daß Dr. Külz sein Retchstagsmandat nicht nteder- gelegt hat. Auch die Kommunisten, die den Stadtkämmerer König aus Weißenfels zur Wahl gestellt hatten, opponierten gegen die Wahl von Dr. Külz und wollten die Wahl bis zur Verabschiedung der Gemeindereform aufgeschoben haben. Ihr diesbezüglicher Antrag sand nicht die genügende Unterstützung. Schließlich wurde Dr. Külz mit 62 von 79 Stimmen gewählt. — Chemnitz. Dis Bäckertnnung zu Chemnitz errichtete anläßlich des 25 jährigen Overmeisterjubtläums des Bücker- obermeisters und R^chstagsabgeordneten Biener eine Stiftung von 4*/, Millionen Mark für alte und arbeitsunfähige Berufs- genoffen. — Loebau. Don der Weide des Rittergutes Klein» R«ckm«itz wurden fünf einjährige Fohlen gestohlen. Am 12. April beschloß die pkivil. Schützengtlbe zu Steven die Abhaltung eine« Schützen- und Volksfestes in den Tagen vom 14. bis 18. Juni d. I. Mit Rücksicht auf die in- zwischen erheblich ungünstiger gewordenen Zettoerhältniffe wurde dieser Beschlutz in einer am 14. Mat abgehaltenen Versammlung Mieder rückgängig gemacht. — Niederwiesa. Sier wurde auf einem Wiefengrund- flück ein Bisamratten neft ausgehoben und dabei 14 Stück dieser schädlichen Tiere gelötet. — In Niederehrenberg bei Ebersbach wurde ein bisher noch unbekannter Dieb bei einem Einbrüche erschossen. Er suchte bei dem Kaufmann Breuer einzubrechen. Der Lausbe wohner Gampe eilte auf das entstandene Geräusch hin herbei. Als sich der Dieb ertappt sah, ging er mit einem Knüppel gegen Gampe vor, worauf dieser aus einem Revolver einen Schuß gegen den Räuber abgab, der ihn sofort tötete. i 6 Einbruch tu dr» Prag« Jockeillub. An die Kanzlet des Prager JockeiklübS wurde m einer der letzten Nächte eingebrochen und die ganze Einnahme der Pfingstrennen in Höhe von 120 000 Kronen (etwa 200 Millionen Mark) gestohlen. Bon den Tätern fehlt jede Spur. j O 32 an-eschwemmte Lkichen. Reuter meldet aus Mexiko, aus dem Rio Grarwr seien bei Laredo 32 Leichen > gelandet worden. Man glaubt, daß es sich um Italiener und andere Ausländer handelt, die des dem Versuch, heim lich nach Amerika zu gelangen, ermordet und beraubt wor den sind. Bunte Tages'Lhronil. Dortmund. In Lütgendortmund sind drei Erkranklingen an Genickstarre mit tödlichem Verlauf zu verzeichnen. Bukarest. Starke Regensälle und Hagel haben in einigen Bezirken Rumänien« Schaden angerichtet. Trotzdem wenden die Ernteaussichten sehr günstig beurteilt. Rah unv Kern. o Der Erfind« des Thermits gestorben. In Baden- Baden starb plötzlich der Professor Dr. Phil. Dr.-Jng. e. h. Hans Goldschmidt. Der Verstorbene erwarb sich durch seine Erfindung des Thermits, einer Eifenaluminum- mtschung zum Schmelzen und Schweißen von Eisen, Welt ruf. Mit ihm ist ein Großer aus dem Reiche deutscher Technik vorzeitig dahingegangen. O „Gewichtiges" Gew. Ein bequemer Kleingewicht werden die neuen Fünfhundertmarkstücke abgeben. Nach dem Beschlusse des Reichsrats sollen sie ein Gewicht von 1kl Gramm erhalten. Drei Stück werden also fünf Gramm, sechs Stück zehn Gramm wiegen. O Philologenkongreß. In Würzburg trat d« Deutsche Philologenverband zu seiner Tagung zusammen. An der Tagung nehmen die Vertreter von 30 000 akademisch ge bildeten Lehrern teil, um über wichtige Fragen der höheren Schule zu beraten. Vor allem ist es das immer noch nicht gelöste Problem des Aufbaues der Schule, das die Versammlung beschäftigt. O Schwere AutomobUunfälle. In der Nähe von Oschatz ereignete sich ein AuwmobilunfaL, bei dem der Führer des Wagens, Otto Winzer, Inhaber der Leipziger Stadtkonditorei, tödlich verunglückte. Der Mitfahrer, ein Leipziger Kaufmann, «litt schwere Verletzungen, dürste aber mit dem Leben davorckomme«. — Don einem Per sonenzug überfahren wurde auf d« bayerischen Neben strecke Feucht-Altdorf ein Automobil. Es wurde vollstän dig zertrümmert. Drei Personen wurden schwer verletzt. O Fugend von heute. Ein Banklehrling ein« Köln« Großbank hate sich durch Scheckfälschungen in den Besitz von 86 Millionen gesetzt und war mit seinen Helfers helfern, drei Schuljungen (!), zu einer Bergnügungstour nach Berchtesgaden abgereist. Dort sind dir jugendlichen Verbrecher durch Kölner Kriminalbeamte festgenommen worden. Ein groß« Teil des entwendeten Geldes wurde beschlagnahmt. O Beerdigung in einem halben Sarg. In der Heilanstalt Zwiefalten in Württemberg verwendet man jetzt, um die Be erdigungskosten zu verbilligen, bei Beerdigungen nur einen halben Sarg. Die Leiche wird in einem ganzen Sarge in die Erde gesenkt; vor Eindeckung des Grabes wird jedoch der Deckel abgehoben, so daß der Tote nur mit Erde bedeckt wird. O Ein Institut für Tuberkuloseforschung in DavoS. In DavoS ist ein Institut für Hochgebirgsphysiologte «nd Tuberkuloseforschung begründet worden. Arbeitsplätze stehen in beschränkter Zahl geeigneten Forschern all« Na tionen zur Verfügung. Für Angehörige valutastNvacher Länder bestehen einige Freiplätze sowie die Möglichkeit kostenfreien Aufenthalts für angemessene Zeit. G Englische Gerüchte üb« die Ehe Wilhelms ll. Bon verschiedenen Seiten werden in England Gerüchte verbreitet, nach denen der ehemalige deutsche Kaiser und seine Gattin, die verwitwete Prinzessin Schönaich-Carolath, die Absicht haben sollen, wieder auseinanderzugehen. Der Ausgangs punkt dieser englischen Gerüchte dürste Berlin sein. Von Doorn aus wird jedes Gerücht, das sich mit Unstimmigkeiten im Hause Doorn befaßt, nachdrücklich dementiert; von ande rer Seite wird dagegen behauptet, daß jene Gerüchte begrün det seien, und daß die Trennung der Ehegatten beschlossene Sache sei. Vermischtes. — Das bunte Begräbnis. Ein Engländer auS Kent, den bei Begräbnissen immer die schwarze Kleidung der Trauergesellschaft und die Melancholie der ganzen Veran staltung gestört hatte, bestimmte in seinem letzten Willen, daß sein Begräbnis so heiter und farbig wie möglich vor sich gehen solle, und die trauernden Hinterbliebenen kamen diesem Wunsch nach Möglichkeit nach. Der Sarg war aus weißer Emaille und hatte silberne Beschläge. Die Pferde, die den Leichenwagen zogen, waren Apfelschimmel. Die Trauergesellschast war in farbige und Helle Kleid« gehüllt. Die Witwe trug ein graues Kleid, während Sohn und Tochter marineblaue Kleid« angelegt hatten. Die Gesänge bestanden in heiteren Melodien, und auch der Geistliche gab sich Mühe, der Sache eine heitere Seite (!) abzuge winnen, was ihm allerdings schwer fiel. — Politik verdirbt — die Ehe. In den Londoner Blättern nehmen zurzeit die Erörterungen ein« der mer!- ! würdigsten Parlamentskandidaturen, die die an politischen ! Sonderbarkeiten wahrhaftig nicht arme englische Geschichte , kennt, einen breiten Raum ein. Schon der Umstand, daß j eine der beliebtesten Londoner Schauspielerinnen, Miß Röbel — sie trägt ihren Mädchennamen als Künstlerin weiter — als Kandidatin auftritt, ruft Aussehen hervor. Aber noch merkwürdiger ist die Tatsache, daß der Gatte der Künstlerin, Oberst Philippson, Abgeordneter jenes Be zirkes wurde, um dessen Vertretung jetzt seine Gattin sich bewirbt. Das Parlament hat dir Wahl des Obersten für ungültig «klärt. Oberst Philippson will sich nun den Strapazen eines neuen Wahlkampfes nicht mehr unter ziehen; für seine Gattin aber scheinen sie keinen Schrecken zu haben, denn sie tritt als Kandidatin in dem von ihrem Manne aufgegebenen Wahlbezirk auf. Aber die Pointe dieser Wahlgeschichte kommt erst: Oberst Philippson hat für die Liberalen kandidiert, seine Frau ab« wirbt als Vertreterin der konservativen Partei um den Sitz im Pa^ lament, den ihr Mann früh« innegehabt hat. Das mag schöne häusliche Szenen geben! — Neue Dokumente üb« die Tragödie von Mayerling. Über den schon ost so vielfach behandelten tragischen Tod deS früheren österreichischen Kronprinzen Rudolf, der tm Jahre 1889 freiwillig aus dem Leben schied, find jetzt neue, bisher sorgfältig geheimgehaltene Dokumente veröffentlicht worden. Danach stellt sich jener Vorgang als das er schütternde Ende einer Ltebestragödie dar, das zwei Men schen zu einem freiwilligen und lange vorher überlegte« Ende vereinte. Der Kronprinz Rudolf von Österreich hat in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1889 in seinem Schlafzimmer des Schlosses Mayerling zuerst die Baronesse Vetsera und dann sich selbst durch einen Revolverschuß ge tötet. Mary Vetsera war dem Prinzen, mit dem sie feit einem Vierteljahre in enger Verbindung gestanden hatte, ohne Wissen ihrer Familie, die übrigens auch von dem bo- standenen Liebesverhältnis nichts ahnte, nach Mayerling g«- folgt und war dort im vollen Einverständnis mit dem Prin zen gemeinsam in den Tod gegangen. -- 25 000 Jahre alte Zypressen. In Washington nahm man kürzlich tiefe Ausschachtungen vor, um einen großen Hotelneubau zu errichten. Dabei trafen die Erdarbeiter auf Holzstämme, und zwar Stücke von großer Härte und offen bar hohem Atter, die jedoch weder morsch geworden noch versteinert waren. Wissenschaftliche Feststellungen haben er geben, daß es sich dabei um die Überreste eines Zypressen- Heimgefunden. Roman von B. v. d. Lancken. tlj Albdruck ohne vorherig, Vereinbarung nicht gefiottM Hie griff nach Hut und Mantel, verschloß ihre Tür «ad »iltt in den grauen, schwülen Spätnachmittag hinaus. Planlos durchwanderte sie die Straßen, immer weiter nach dem Westen zu, nach dem Tiergarten, matt bis zur Erschöpfung. Nun war sie in der Nähe der Bendlerskaße angekommen, seßte sich aui eine Bank und starrte mit heißen, hohlen Augen hinüber. Wenn sie sie doch sehen könnte, zusammen — einmal! Sie wollte ihren Schmerz auskosten bis zur Neige, ja, das wollte sie. Wenn sie doch kämen! Und da kamen sie, die Straße entlang: Konradine an Fe'singers Arm und neben ihnen ging Ernst Brettschneider. Das Brautpaar lachte miteinander, sah sich mit verliebten Blicken in di« Augen! O, wie gut kannte sie diese Art von ihm! Nun beugte er sich xu seiner Begleiterin, flüsterte an ihrem Ohr. Wie aut wußte sie, was er da in betörender Zärtlichkeit vvrbrachte. Wie mit Krallen griff's in ihr Herz und zerriß es, daß sie hätte schreien können. Ganz fest drückt« sie sich in die Ecke der Bank rnd verbarg sich hinter dem Sonnenschirm. Jemand, so meinte sie, habe sie gesehen, erkannt. Ihre he'en, tränenverdunkelten Augen folgten den Dreien dann stand sie auf und schlich weiter. Wohin? Eie wußte es nicht; es war auch gleichgültig. All mählich sank die Dämmerung, hing zwischen den Bäumen, hüllte die West in welche graue Töne. Menschen, die vorübergingen, blickten au* das schöne, blasse Mädchen mit den verstörten Zö gen und den traurigen Augen. Wie es den Verbrecher mit geheimnisvoller Gewalt zurück- treibt an die Stätte seines Verbrechens, so treibt auch eine ge heimnisvoll: Sehnsucht ein armes, verlassenes Menschenkind im mer wieder zu der Stätte einstigen Glücks. Go schritt auch Ger trud Gadebusch die vertrauten Wege, die ihr heimliches Liebes glück gesehen, dis. zur Löwenbrücke. Leber das Geländer gelehnt, starrte sie auf die reglose stille Wasserfläche, und plötzlich packte sie ein Gedanke, wuchs riesen groß, nahm sie ganz gefangen, drängte zur Tat. „Aber hier nicht," sagte sie leise, „nein, hier nicht." Und wie von Furien gepeitscht stürzt« sie vorwärts. Leber die Herkules-Brücke ging Gertrud Gadebusch langsam am Ufer entlartg. Es war Abend a»wvrden. Grau, schwül schwermütig, wie der ganze Tag gewesen, Wie große Leucht ¬ kugeln schwebten die elektrischen Lampen in der Luft, Nicht allzu viel Leben in den Straßen, nur vereinzele Passanten. Gertrud hatte ben Gedanken, aus dem Leben zu scheiden, der ihr zuwei- len «msgetaucht, anfangs immer zurückgewiesen, aber er hatte sich immer wett« «ingeschlichen, breit gemocht, heute hatte er riesen groß olles andere zur Seite gedrängt, überwuchert, batte gebie terisch die Herrschaft an sich gerissen, forderte die Tatwerdunß. War es denn wirklich so schwer? Eie begriff nicht, daß sie, die immer ihr Leben lang so energisch gewesen, setzt so unschlüssig und wankend war! Aber es mußte sein, war das Beste! So viel hatte an ihrer Seele herumgezertt. Sie war müde und sehnte sich nach Ausruhen, sie mochte das nicht wiederseben. w« sie heute nachmittag gesehen: „Das Glück dep Anderen". Unschlüssig ging sie auf und ab, dann gab sie sich einen Ruck, legte ihren Hut, ihren Regenschirm, ihr Handtäschchen oben an der Böschung nie- der und war eben im Begriff, die Böschung binabzuklettern, als ein Geräusch, wie von nahenden Schritten, ihr sede Bewegung !ähmte. Entsetzt stand sie still, die Hände auf die Brust gepreßt. Eie mußte warten, wieder ein Aufschub. Irgendein später Spa ziergänger, aber, er würde, ohne sie zu beachten, vvrübergehen. Sie stützte den Arm auf das Geländer und blickte wieder in die dunkle Tiefe, wo ihrer das kalte Grab wartete. Ein Schauer kroch ihr durch den Körper. Da fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter, mit unterdrücktem Aufschrei wandte sie sich rückwärts und sah sich Ernst Brett schneider gegenüber. Reglos standen sie. „Gertrud." sagte e endlich, „Gertrud, was wollten Sie tun? Was trieb Eie hierher in die Dunkelheit und Einsamkeit, Sie, ein Mädchen, so tapfer und lebenskräftig? Eie wollten das Leben von sich werfen? Wollten Sie das wirklich? Oder täuscht mir meine Angst und Sorge um Sie etwas vor, woran Sie nicht dachten?" „Nein, Sie täuschen sich nicht, ich wollte mir das Leben nehmen", sagte sie ruhig. „Warum Haden Eie mich daran ge hindert? Und wie kommen Eie hierher?" „Ich bin Ihnen lange gefolgt, schon vom Tiergarten aus. Als ich Sie auf der Bank sah, tauchte mir der Gedanke auf." Er nahm ihre beiden kalten Hände in die seinen. »Sie dürfen das nicht tun, Gertrud, gerade Sie nicht!" Sie zuckte die Achseln, wich seinem Blick aus. „Nein, gerade Sie nicht. Sie sind stark und tapfer, solche Menschen werfen die Flinte nicht ins Korn, wenn das Leben sie auch bart anpackt, wenn das Schicksal ihnen schöne Hoffnungen zertritt. Wir alle leben wobt, wenn wir auf unseren Lebens-j wq; zurückdlicken, solche zerknickte, vernichtete Hoffnungsblumm am Rande liegen, deshalb darf man doch nicht mutlos werden, darf nicht verzweifeln!" „O — Sie wissen nicht," stieß sie kurz hervor. „Nein, ich weiß nichts, aber ich ahne vieles und ich glaub«, meine Ahnungen gehen nicht fehl. Eie haben eine schwere Ent täuschung erfahren, aber Sie werden es überwinden. Echütt-l» Sie nicht ungläubig den Kopf, ich sage Ihnen, Sie werden üb«r- winien un?> hie Zukunft wird Ihnen noch Gutes bringen." „Ich kann es nicht, es ist zu schwer." Eie schluchzte fassungs los auf, legte die Hände über ihr Gesicht und weinte bitterlich. Ernst Brettschneider stand vor ihr, ohne sich zu rühren, ohne ihr ein Wort zu sagen. Es wäre ja jetzt doch alles vergeblich gewesen. Erst allmählich würde sie sich jo in das veränderte Da sein zurückfinden und mit sich selbst innerlich fertig werden. „Kommen Ei«, Fräulein Gadebusch," sagte er endlich, „ich bringe Eie nach Hause." Er bückte sich, hob ihren Hut auf, ihr Täschchen, ihren Schirm. Schweigend nahm sie alles entgegen, blickte in das Wasser, das glucksend an die Stein« der Böschung schlug. Sie fror, fror von innen heraus. „Kommen Sie," bat Brettschneider, ihr den Arm reichend, „kommen Sie, ich führe Sie in das Leben zurück." „In das Leden? Sie »einen in die Oebe, die Verlassen heit," sagte sie bitter. Schweigend gingen fie über die Brücke, nach dem Lützo»- platz. Dott schritten sie noch eine Meile hin und her, setzten sich bann auf eine der Bänke und er redete gut und tröstend auf sie ein. Sic hörte ihm still zu, und jedes seiner guten, freundlichen Worte fand den Weg zu ihrem Herzen. Es kam eine Ruhe über sie, wie sie sie seit Wochen nicht mehr gekonnt und wonach sie sich doch so gesehnt hatte., Leise nahm sie seine Hand. „Ich danke Ihnen," sagte sie, „ich danke Ihnen für Ihre Güte und Freundschaft. Sie sind ein wirklicher Freund und ein guter Mensch, Ernst." Sie sah weder das schmerzliche Lächeln noch den trauriße«, zärtlichen Blick seiner blauen, klaren Auaen. „Wenn es Ihnen recht ist, Gertrud, dann will ick Ihnen ein wirklicher Freund sein, wie Sie sagen und Ihne« über diese erste schwere Zeit forthelfen — so gut ich'» kann. Sie müssen mir aber eins fest versprechen." „Und?" Sie blickte fragend idm auf. (Fortsetzung folgt.)
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