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Kebaklioneker LeU. 112, 16. Mai 1918. geleitet, um die in London und Rotterdam angesammelten großen Be stände von deutscher naturwissenschaftlicher Literatur, die von ameri kanischen Bibliotheken vor dem Kricgseintritt Amerikas bestellt wor ben waren, nach Amerika zu überführen. Aber auch neuere deutsche und österreichische wissenschaftliche Literatur müsse beschafft werden; denn es sei ohne weiteres klar, daß solche Literatur in manchen Fällen mit Vorteil für die amerikanische Kriegsarbcit benutzt werden könne, mittelbar oder unmittelbar. Das amerikanische Ministerium des Äußern zieht Erkundigungen beim Ltstiouer^ Okkiee in London ein, um zu erfahren, wie sich die englische Negierung deutsche Publikationen beschafft. Das Ltstioner^ Okkies könnte der amerikanischen Negierung bei der Beschaffung neuer deutscher und österreichischer Veröffent lichungen behilflich sein.« Je größer das Interesse der Amerikaner an »solcher Literatur« ist, »die in manchen Fällen mit Vorteil für die amerikanische Kriegs arbeit benutzt werden kann«, um so sorgfältiger werden die deutschen Verleger und Exporteure darüber zu wachen haben, sie während des Kriegs nicht direkt oder indirekt nach Übersee gelangen zu lassen. Eibt cs Kriegswucher mit Büchern? — Unter dieser Spitzmarke lesen wir im »8 Uhr-Abendblatt der National-Zeitung« (Berlin) vom 11. Mai: Mit einer von uns schon mehrfach erörterten, für den ge samten Buchhandel bedeutungsvollen Frage hatte sich jetzt das Schöf fengericht Berlin-Mitte zu beschäftigen. Der Angeklagte, der Geschäfts führer einer der größten Berliner Bahnhofs-Buchhandlungen, hatte dieselben Preise für bereits früher eiugekaufte Bücher berechnet, die zurzeit von den Verlagsbuchhandlungen für die betreffenden Bücher festgesetzt worden waren. So hatte er Bücher des Insel-Verlages unter- anderem zu 5 verkaufen lassen, obwohl sie zur Zeit des Einkaufs durch den Angeklagten nach der damals gültigen Preisfestsetzung des Verlages zu ^ 4.— bzw. ^ 4.50 verkauft werden sollten. Der Ange klagte wandte unter anderem zu seiner Verteidigung ein, daß jegliche Kontrolle fehle, wenn nicht ein einheitlicher Preis für die Bücher fest gesetzt würde. Rechtsanwalt Or. Alsberg machte vor allem geltend, baß bisher die Frage in keiner Weise geklärt sei, ob Bücher als Gegen stände des täglichen Bedarfs anzuseheu seien und deshalb den Gewinn- beschränkungcn der Kriegswucherverordnung unterliegen. Wie man sich aber auch zu dieser Frage stellen würde, sicher sei jedenfalls, daß der gesamte deutsche Buchhandel mit gutem Glauben der Auffassung sein könne, daß Bücher nicht zu den Gegenständen des täglichen Be darfes zu zählen seien, insbesondere nicht die hier in Frage stehenden Romane. Als die Frage zum ersten Male zweifelhaft geworden sei, hätte sich der Vorstand des Börscnvereins an den Neichsgerichtsrat Neukamp gewandt und diesen um Erstattung eines Gutachtens gebeten. Dieses Gutachten, das der Verteidiger auch vorlegte, habe sich aber da hin klar ausgesprochen, daß Bücher, ausgenommen vielleicht Schul bücher, nicht zu den Gegenständen des täglichen Bedarfs zählten. Des halb müsse der Angeklagte zum mindesten aus objektiven Gründen freigesprochen werden, aber auch aus subjektiven Gründen sei mit Rück sicht auf den 8 21 des Verlags-Gesetzes und auch mit Rücksicht auf die ganzen Verhältnisse die Freisprechung geboten. — Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an und erkannte auf kostenlose Frei sprechung. Dilderfälschung. — Ein Betrugsprozeß, der an den großen Mün chener Bilderschwindelprozeß vom Jahre 1908 erinnerte, beschäftigt« die Strafkammer des Münchener Landgerichts 1. Unter Anklage stan den der Kunstmaler Franz Huber, die Kunsthändlerin Berta Krcnig und die Verkäuferin Winterholler. Kopien, die Huber nach Defreg gers Werken angcfertigt hatte, fanden für 2500 und 3000 Mark Lieb haber. DaS Urteil lautete gegen Huber auf ein Jahr sechs Monate, gegen die Kreuig auf ein Jahr und drei Monate und gegen die Win terholler auf eine Woche Gefängnis. Außerdem wurden den Angc- ' klagten Huber und Kreuig die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von je fünf Jahren abgesprochen. Die Errichtung eines Deutschen KriegSwirtschastsmuscumS in Leipzig ist von den drei großen Gcsamtvcrcinigungcn der zur Ver tretung unserer Erwerbsstände gesetzlich berufenen Körperschaften, dem Deutschen Hauöelstage, dem Deutschen Landwirtschaftstagc und dem Deutschen Handwerker- und Gcwcrbekammcrtagc beschlossen worden. Das Museum will in systematischer Gliederung und in an schaulicher Form die gesamte Entwicklung der Kriegswirtschaft zur Darstellung bringen, also alles, was auf dem Gebiete der Landwirt schaft, in der Versorgung mit Rohstoffen, in der Herstellung von Er satzmitteln, im Handels- und Verkehrswesen, um nur einige Gebiete herauszugrcifen, während des Krieges eine Umgestaltung erfahren hat, spateren Geschlechtern zum Gedächtnis aufbewahrcn. Personalnachrichteii. AuSzeichnnng. — Dem Inhaber der Beck'schen k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhandlung in Wien Herrn Oskar Ritter von Höl der wurde das Osfizierskreuz des Franz Josef-OrdcuS ver liehen. Verleihung des Eisernen Kreuzes. — Mit dem Eisernen Kreuz l. Klasse wurde Herr Wilhelm Saarbach, Leutnant und Führer einer Munitionskolonne, Geschäftsführer der Fa. Saarbach L Eo., H. m. b. H. in Köln, ausgezeichnet. Albert Hänel f. — Geheimer Justizrat Professor Albert Hänel, Staatsrcchtslchrer an der Kieler Universität und einer der Führer des Liberalismus in Schleswig-Holstein, ist in Kiel lm Alter von fast 85 Jahren gestorben. Er hat eine Anzahl bedeutender Schriften staatsrechtlichen, völkerrechtlichen und rechtshistorischen Inhalts ver faßt, von denen die »Studien zum deutschen Staatsrecht« (187-—88) und das »Staatsrecht« (1. Band 1892) hervorzuheben sind. Paul Kuckuck 1°. — Am 7. Mai ist in Berlin der Botaniker der Biologischen Anstalt auf Helgoland Prof. Or. Paul Kuckuck im 52. Le bensjahre gestorben. In seiner Tätigkeit in Helgoland ist er weiten Kreisen bekannt geworden durch zwei weitverbreitete Bücher, seinen »Strandwanderer« und »Nordseelotsen«. Der Verstorbene war einer der besten Kenner der Meeresalgen, über die er zahlreiche mikrosko pische Bilder anfertigte. Paul Arthur Nagel -f-. — Unerwartet ist am 12. Mai in Dresden der sächsische Justizminister Or. Paul Arthur Nagel im 62. Lebens jahre gestorben. Er war von 1903—1905 Mitglied der vom Reichs- justizamt eingesetzten Kommission zur Reform der Slrafprozeßordnung und ist auch vielfach in Fachzeitschriften, besonders mit Beiträgen über Fragen des Strafgesetzes, hervorgetreten. Sprechfaul. Bestimmungen über die Verwaltung dcS^Börsenblatts^ ^ Nolstande-Ordnuvg oder -Unordnung? Als vor einigen Tagen auch in der Göttinger Zeitung eine triumphierende Notiz erschien, daß der »Teuerungszuschlag im Buch handel unzulässig« sei, habe ich sofort in einem Gegenartikel die Mei nung zurückgewiesen, daß es sich um eine endgültige Entscheidung des Kriegsernährungsamtes handle, und auf die eben einstimmig ange nommene Notstandsordnung des Börsenvereins verwiesen. Ich schloß mit dem Satze: »Die Bücherkäufer stehen sich jedenfalls bei dieser Not standsordnung, die die Höhe der Sortimentcrzuschläge und deren Dauer einheitlich regelt und nicht dem Belieben des einzelnen über läßt, wesentlich besser, als wenn der Börsenverein durch eine (glück licherweise höchst unwahrschciuliche) Maßregel des KriegSernährungs- amtcs genötigt würde, die Verleger zur Aufhebung jedes festen Laden preises zu veranlassen«. Leider scheinen nun aber etliche Firmen sich schlankweg über die neue Ordnung hinwegzusetzen. Auch jetzt kommen noch Anfragen aus dem Publikum an den Verleger, ob die oder jene Berechnung eines Sortimenters richtig sei. So mußten wir heute einem Lanösturm- maun, der sich erkundigte, ob ein ihm abverlangter Preis richtig' sei, erwidern, daß das Werk, das ihm ein Sortimenter mit 20 berechnet hatte, nach der Notstandsordnung unter Berücksichtigung deö Verleger und Sortinientcrzuschlages einen Verkaufspreis von ./i 17.85 habe. Die Folgen solcher Überforderung, die der Abnehmer durch eine Post karte au den Verleger sofort feststellen kann, sind nicht nur im einzel nen Falle übel für den betreffenden Sortimenter, sondern sie unter graben auch den guten Ruf des Buchhandels und erschüttern das An sehen des Börscnvereins bei den Behörden, dessen er gegenwärtig wahrhaftig nicht weniger bedarf als je. Zurzeit scheint mir die .Hauptgefahr für den Buchhandel darin zu liegen, daß einzelne, hoffent lich nur einzelne Firmen, — hinaufschleudcrn. Wünschenswert ist, daß die Notstandsordnung durch eine Anzahl von Mustcrberechnungen erläutert wird, um Mißverständnisse auszuschlicßen. Der Vorstand des Börscnvereins wird aber darüber keinen Zweifel auskommen las sen dürfen, daß er gegen die Schleuderet nach oben ebenso energisch wie gegen die nach unten eintretcn wird. * Göttingen. W. R u p r e ch t. Verantwortlicher Redakteur: E m t l T h o m a «. — Verlag: Der Börse« verein der Deutschen Buchhändler zu Leir^ig, Deutsche« Buchhändlerhan«. Druck: Ramm L Seemann. Sämtlich t« Leipzig. — «dresse »er ..»aktiv« «n» Expedition: Leipzig, kyerichtswe« 26 svuchdändlerhau») 268