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Allgemeiner Anzeiger : 30.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190812302
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19081230
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19081230
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-30
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 30.12.1908
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Castros Sturr. bastros Sturz ist besiegelt! Das Land hat, seiner Gewaltherrschaft müde, ihn abgesetzt. , Übereinstimmende Nachrichten aus Caracas melden, daß Vizepräsident Gomez mit Zu stimmung des Landes die Negierung über nommen hat. Die erste Tat des neuen Regimes, das den völligen Sturz Castros bedeutet, war die Gefangennahme der Anhänger des Diktators, die Anordnung der Freilassung aller poli tischen Gefangenen und die Wiederanknüpfung der unterbrochenen Beziehungen zu Holland. Gomez traf sofort die Verfügung, daß eine Ge sandtschaft nach dem Haag entsendet werde, um sich mit der Regierung der Königin Wilhelmina in friedlicher Weise zu einigen. General Gomez' Frontwechsel überrascht allgemein und um so mehr, als er früher stets im Sinne Castros handelte und als dessen treuester Anhänger galt. Eine Erklärung für diese Sinnesänderung liegt in einer Meldung von Caracas, die Castro beschuldigt, daß mit seinem Wissen eine Verschwörung zur Ermordung Gomez' angezettelt worden sei, an deren Spitze sein früherer Kabinettschef Dr. Garbinas Guz- man stand. Auch sein Bruder Oberst Castro, Minister Dr. Lopez Baralt, Tenor Torres Cardenas, Tenor Bermudez und andre hohe Beamte sind der Teilnahme an dem Komplott angeklagt und gefangen genommen. Wie überall, so dürfte auch in den deutschen maßgebenden Kreisen dem sich in Venezuela vollziehenden Umschwung die gebührende Sym pathie nicht versagt werden, zumal die energische Halümg des Vizepräsidenten Gomez geeignet er scheint, in das unter inneren Wirren und auswärtigen Verwickelungen schwer leidende Land Ruhe und Ordnung zu bringen. Vor allem zeugt das Bestreben des jetzi gen Machthabers in Caracas, die Be ziehungen zu den auswärtigen Mächten zu bessern, von politischer Klugheit und Geschicklich keit dieses Staatsmannes, der es verstanden har, ohne Blutvergießen sich als Herr der Lage burchzusetzen. Natürlich wird es noch viel Arbeit kosten, um Sicherheit und Ruhe im Lande, besonders aber in den venezolanischen Hafenstädten zu schaffen. Ein wesentliches Moment zur Beruhigung der Hafen bevölkerungen ist auch die Absendung von amerikanischen Kriegsschiffen, die dafür Sorge tragen werden, daß Leben und Eigentum der Fremden dem Mob nicht schutzlos preisgegeben sind. Sollte die Anhängerschaft des Vize präsidenten Gomez weiter wachsen — wofür alle Anzeichen sprechen — so ist Hoffnung vorhanden, daß in jenen südamerikanischen Wetterwinkel endlich geordnete Verhältnisse einziehen und Europa in Zukunft vor weiteren unangenehmen Überraschungen bewahrt bleibt. Castro, der an einem Nierenleiden krankt, befindet sich zur Beobachtung in einer Berliner Klinik. Wie verlautet, wird sich der Expräsidept nach seiner Genesung dauernd in London uiederlassen. Ihm steht ein Vermögen von 30 Millionen zur Verfügung, das schon seit längerer Zeit auf der Bank von England niedergelegt ist. Politilcke Aunälckau. Deutschland. * Das in englischen Blättern verbreitete Ge rücht, Kaiser Wilhelm werde im Februar eine Reise nach Palästina unternehmen, beruht auf Erfindung. *Jn den letzten Tahen ging durch die Zeitungen das Gerücht, daß im Bundesrat nur noch Sachsen und Baden gegen die Einführung von Schiffahrtsabgaben mit ihren sieben Stimmen eintreten würden. Bisher waren 18 Stimmen gegen die Einführung der Schiff- fabnsabgaben, die genügen würden, eine solche Maßregel zu Fall zu bringen. Außer Sachsen und Baden sind nach halbamtlicher Quelle Hessen, Braunschweig und Oldenburg noch hcme Gegner von Schiffahrtsabgaben. Auch die thüringischen Siaaten werden wahrscheinlich auf ihrer ad- lequeuden Stellung beharren. ' Als die Übernahme des Zeppelinschen Luft- 8j Kriminalroman von E. Görbitz. Fc-rlsetzunI.. Da ergriff Leonhard plötzlich das von dem Kellner zuletzt hingslegte sehr spitze und scharfe Käismesser, näherte es vorsichtig Roberts Hand und vollzog mit der Geschicklichkeit eines Ope rateurs, der genau weiß, was und wie viel zu vollbringen ist, einen schnellen Schnitt über dieselbe. Robert stieß einen Schrei aus, die Zigarre entfiel seinen Fingern, das Blut entströmte seiner durch Leonhard verwundeten Hand und färbte das weiße Damastgedeck des Tisches purpurfarben. „Leonhard," schrie Robert erschreckt auf, „was hast du mir getan?" „Verzeihen Sie, Herr von Kerstenbruch," entschuldigte sich Leonhard mit großem Nach druck, „aber der Wein scheint meinen Sinn schon etwas umnebelt zu haben, da ich eine solche Ungeschicklichkeit begehen, konnte." „Ungeschicklichkeit?" murmelte Robert miß trauisch, aber er bezwang sich, nichts weiter zu sagen, denn Leonhards Anrede hatte ihn daran erinnert, daß er den durchaus verpöinen wirk- ^tzMN Namen seines Gefährten ziemlich laut ''^mt hatte, was in vieler Hinsicht seine Ge- M haben konnte. A M Roberts Schrei war der Kellner her- A RWwd gestand wiederholt seine Ungeschick- -eo.n^ zahlte die Zeche und zugleich ein tLes Trinkgeld für die blutbefleckte schiffes und des Parseval-Dallons durch das Kriegsministerium erfolgte, hieß es allgemein, es solle eine neue Luftschifferkom panie geschaffen werden. Demgegenüber ver lautet von zuständiger Seite, daß vorläufig die Bildung einer neuen Kompanie nicht beabsich tigt ist. Zunächst genügt der Bestand der vor handenen Kompanie, die ungefähr 100 Mann zählt. * Von den neuen Dr si m ark stü cke n werden am 31. Dezember 15 Millionen ausge prägt sein, eine Prägung von weiteren 15 Mil lionen wird sich alsbald anschließen. Von den ausgegebenen 5 Millionen Stücken der ersten Prägung kommt auf den Kopf der Bevölkerung zurzeit nur ein Bruchteil, ungefähr ein Stück auf den 12. bis 13. Kopf. Anderseits erschwert auch die Neuheit der Münzen vorderhand eine weitere Verbreitung. Das Publikum hält die in seinem Besitz gelangten nönen Dreimarkstücke, die den Reiz der Neuheit haben, gern zurück, besonders jetzt in der Weihnachtszeit, wo die neuen Taler zu Geschenkzwecken dienen. Von der Konkurrenzmünze des Talers, dem Fünfmarkstück, ist für das -Jahr 1909 eine Prägung nicht in Aussicht genommen, da es nicht ausgeschlossen ist, daß diese Münzen durch die Ausgabe der Dreimarkstücke vom Verkehr abgestoßen werden und sich in den Kellern der Reichsbank ansammeln, wie dies auch früher in erheblichem Umfang bei den alten Talern der Fall war. * Die kürzlich im Ovambolande aus gebrochene Hungersnot hat dem Gouverne ment Gelegenheit gegeben, helfend durch Zu führung von Lebensmitteln einzugreifen. Das wird für die guten friedlichen Beziehungen zwischen den Ovambos und der deutschen Herr schaft jedenfalls von Vorteil sein. Auch wird im Ovambolande der Hunger für die jungen Männer einen Anreiz mehr geben, bei europäischen Brotherren in der deutschen Kolonie (Südwestafrika) Arbeit zu suchen. Die Kolonial- verwaltung hält nach wie vor an dem Plane fest, im günstigen Augenblick eine Residentur im Ovambolande zu errichten und beobachtet von diesem Gesichtspunkte aus die Vorgänge im Ovambolande aufs sorgfältigste. Auch wird mit allen Mitteln versucht, dem Ovambolande einen wider das erlassene Verbot versuchten Zuzug europäischer Elemente fernzuhallen. England. * Der Schatzkanzler LlohdGeorge sagte in einer Rede in Liverpool über die Ver werfung liberaler Maßregeln durch das Ober haus, daß der Streit mit dem Ober- Ha u s e zur Entscheidung gebracht werden müsse. Lloyd George verteidigte dann eingehend das Freihandelssystem und sagte, anstatt das Brot der Armen zu besteuern, wollten die Liberalen ohne Belästigung der Industrie Steuern erheben. Sie möchten etwas tun, um das Land in die Gewalt des Volkes zu bringen. Die Hilfsquellen des Landes wären durch das alte System zugefroren; er sehne sich nach dem Frühling, wenn es taue und das Volk die Erb schaft antrete. *Die Regierung hat zur Vorbereitung für eine emzubringende Wahlreformvorlage eine Kommission ernannt, die die verschiedenen Wahlsysteme der Kolonien und des Auslandes studieren und dann darüber berichten soll, inwieweit Bestimmungen daraus auf das eng- ! lische Wahlsystem anwendbar wären. Es handelt sich namentlich um ein Wahlrecht in dem Sinne, daß ein Wähler gleichzeitig an seinen verschiedenen Wohnsitzen wahlberechtigt j sein soll und um das allgemeine Wahlrecht für t Frauen und Männer. Spanien. * Der Senat und die Kammer haben sich bis zum 11. Januar vertagt, nachdem i der Senat das Budget endgültig angenommen i hatte. Rußland. * Rußlands Vertreter haben den Mächten, die den Berliner Vertrag unterzeichnet haben, eine Zirkulardepesche unterbreitet, in der die Anschauung der russischen Regierung über die Balkanlonfecenz behandelt wird. Roberts verwundeter Hand wurde ein Ver band angelegt; darauf entfernten sich die beiden Herren. Auf der Straße, welche der vorgerückten Abendstunde wegen nur noch wenig belebt von Fußgängern war, hielt sich Robert in scheuer Entfernung von seinem Gefährten; er war gegen denselben seit seiner letzten Tat wirklich miß trauisch geworden. „Nun," spottete Leonhard, als sie eine Zeit lang schweigend nebeneinander hergegangen waren, „du grollst mir wohl wegen meiner kühnen Operation?" „Ich gestehe," erwiderte Robert, der sich gar keine Mühe gab, seine Verstimmung zu ver bergen, „daß ich wohl wünschte, den Grund deiner — seltsamen Ungeschicklichkeit zu er fahren !" „Du fürchtest doch nicht etwa," flüsterte ihm Leonhard ironisch zu, „daß ich dich ermorden wollte? Ich werde mir doch nicht in das eigene Fleisch schneiden, Bruderherz?" Er hielt einen Augenblick inne, dann setzte er mit ehr erbietiger Miene hinzu: „Mein gnädigster Herr und Gebieter, der Herr Baron von Grödenitz haben sich die rechte Hand verletzt und werden deshalb in langer Zeit keine Briefe schreiben können, sondern werden Ihre ganze Korrespon denz Ihrem untertänigsten Haushofmeister und Sekretär, Wilhelm Hartwig, überlassen müssen, welchen Namen ich mir für unsre Weiterreise nach Schloß Grödenitz zugelegt habe!" In Roberts Kopf dämmerte jetzt der Zu sammenhang auf. „Begreifst du mein.Handeln nun?" fuhr Asien. *Die indische Regierung, die eine Anzahl vornehmer Bengalen wegen ihrer Teilnahme an einer Verschwörung verhaften ließ, verteilte diese in den verschiedenen Ge fängnissen. Viele Einwohner meldeten sich beim Gouverneur, um sich ihm zur Verfügung zu stellen. Sie nehmen am Kampfe gegen die Verschwörer teil, zu denen sie sich noch vor kurzer Zeit zählten. Die Londoner Regierung hat das Vorgehen der indischen Verwaltung durchaus gebilligt. Man hofft, daß das strenge Regiment die Ruhe endlich dauernd sichern wird. ^eue Kämpfe m Oeutlck-Süäwel't-Afi'ika. Jetzt liegen genauere Nachrichten über die letzten Scharmützel in Deutsch-Südwest-Afrika vor, die erkennen lassen, daß die Lage ernster ist, als man anfangs glaubte. Am 19. d. überraschten 32 übergetretene Hottentotten bei Springpütz eine Jagdgesellschaft, welche aus dem Farmer Struller auf Springpütz und drei Buren bestand. Der Bur Olivier wurde erschossen, fünf Gewehre, viel Munition und drei Pferde wurden von den Hottentotten erbeutet. Der Feind wich nach Norden aus. Am gleichen Tage wurde die F ar m Fettkluft (etwa 40 Kilometer westlich von Davignab)von 20 bis 30 mit Gewehren Modell98 bewaffneten und berittenen Hottentotten über fallen. Die Führung hatte wahrscheinlich Abraham Rolf, ein Unterkapitän Mo rengas. Außerdem bestand die Bande wohl haupt sächlich aus Morengaleuten, die beim Trans- vort von Warmbad zum Eisenbahnbau bei Gründornhill früher entlaufen waren. Die Farmer Schmiedecke, Kube und Bolies sind ge fallen, erbeutet wurden von den Hottentotten verschiedene Jagdbüchsen und zwei Pistolen; fünf Pferde und einiges Kleinvieh wurden nach der Grenze abgetrieben. Ferner wurde am 18. d. die Pferdewache der 6. (Gebirgs-) Batterie bei Heidamm am Ostabhang der großen Karrasberge durch Hotten totten angegriffen, wobei Sergeant Fehlings, früher Infanterie-Regiment Nr. 67 (Halsschuß), und Reiter Zimmermann, früher Pionier- Bataillon Nr. 3 (Brust- und Nackenschuß), fielen; sieben Pferde, neun Maultiere, drei Ochsen wurden geraubt. Tags darauf wurde eine leere Karre derselben Batterie bei Fettkluft gleichfalls von Hottentotten überfallen, wobei Reiter Babbe, früher Fußartillerie-Negt. Nr. 11, fiel. Wassen und Waren nebst Bespannung wurden geraubt. Ein am 2Y. d. früh auf den Viehposten Fonteinkluft (bei Ukamas) der sechsten (Gebirgs-) Batterie durch 15 bis 18 Hottentotten ausge führter überfall wurde von der Besatzung ohne Verluste abgewiesen. Drei Hottentotten wurden schwer verwundet. Ob die genannten Überfälle von ein und derselben Bande herrühren, ist bis jetzt nicht festgestellt. Der Kommanoeur des Südbezirks (Keetmanshoop), Major Baerecke, hat mit den in der Nähe postierten Teilen der Schutztruppe sofort die Verfolgung der Räuberbanden ausge nommen. Unsre Schutztruppe sieht sich somit wieder vor eine schwere Aufgabe gestellt; denn es ist äußerst schwierig, die kleinen Räuberhorden auf zuspüren und unschädlich zu machen. Hoffent lich gelingt das Unternehmen, ohne daß noch mehr Blut fließt. Oeuticke unä französische Artillerie. Tagelang hat man in der französischen Kammer über die Frage der Vermehrung der Artillerie debattiert und der Kriegsminister - Picquart hat scharfe Gegner, aber auch be- i geisterte Lobsprüche gehabt. Endlich errang er i einen vollen Erfolg nach einer Rede, in der er i Vergleiche zwischen Frankreichs und Deutsch lands Artillerie zog, die überaus interessant sind. Der Radikale Mesfimy hatte einen Antrag eingebracht, die Beratung zu vertagen und die Regierung aufgesordert, unverzüglich Leonhard wieder ernsthaft fort, „die Verwundung deiner rechten Hand war das letzte Erfordernis, um deine Rolle als Majoratsherr mit voll kommener Sicherheit spielen zu können. Du kannst schon überzeugt fein, daß ich alles gut bedenke! Da der verstorbene Baron Chlodwig jedenfalls mehrere Briefe an verschiedene Per sonen und Behörden nach Grödenitz geschrieben hat, so würde dich deine Handschrift und Unter schrift, die du in vielen Fällen nicht hättest ver weigern können, verraten haben; jetzt hindert deine Verwundung, die du in Grödenitz noch ärztlich bescheinigen lassen kannst, dich an jedem Schreiben, selbst an dem deines Namens, und wenn du durch die Verwundung „zufällig" einen steifen Finger behältst, so wird deine Hand schrift sich, glaubwürdig begründet, vollständig verändert haben können." „Du denkst an alles," gestand Robert be schämt zu, „ich kann mir gratulieren, dich an meiner Seite zu haben!" „Wenigstens wärst du ohne meine Hilfe nicht Majoratsherr geworden!" Robert schwieg; ihn fröstelte, als er an diese HUfe dachte. „Da sehe ich schon die Laternen vor unserm Hotel," sagte Leonhard, „ehe wir in dasselbe eintreten, höre nun noch das letzte: Morgen werden wir nach der „Heimat deiner Ahnen" abreisen, aber nicht über Bersin, wo die „Ge heimen" auf den Bahnhöfen uns in unsrer ele ganten Verkleidung doch leicht erkennen könnten! Die Residenz bleibt für die nächste Zeit für uns ein zu beißer Boden! Wir werden morgen mit der Bahn nach Kiel reisen, und von dort zu eine Vorlage einzubringen, wonach jedes Armee korps 144 Geschütze erhalten soll, damit die französische Artillerie der deutschen überlegen sei. Im Verlauf der sich nun entspinnenden Debatte , kamen alle Redner immer wieder auf Deutsch land zu sprechen. Zunächst erklärte Minister präsident Clemenceau, daß die Regieruirg ein mütig für die von ihr eingebrachte Vorlage ein trete und im Falle der Ablehnung den Abschied ' nehmen werde. Dann sprach Kriegsminister Picquart. Er bekämpfte zunächst den Vertagungsantrag, weil er die notwendige Vermehrung der Artillerie verzögern würde. Dann fuhr er iort: „Wir können nicht bei der geringeren Zahl stehen bleiben, in dem wir uns einem möglichen Gegner gegenüber befinden. Eine Batterie zu vier Geschützen war seinerzeit deshalb ange nommen worden, weil wir viel schneller feuernde Kanonen besaßen als Deutschland. Nachher ist auch festgestellt worden, Laß diese Batterie ein ausgezeichnetes Instrument für den Kampf ist, und daß die Mehrheit der Offiziere an ihr festhält. In der Tat besitzen die Deutschen jetzt Schnellfeuergeschütze wie wir, aber wn den 144 Kanonen eines Armeekorps sind nir 126 Schnellfeuergeschütze, während die andern Haubitzen für den Festungskrieg sind. Die Überlegenheit der 144 deutscher Ge schütze über die 120 französischen besteh mehr dem Anscheine nach als in Wirklichkeit Im übrigen gibt es gewisse Dinge, über le man in der Öffentlichkeit nicht ausführlich prechen kann. Ein Teil der Armee ist für ale sicht bar, aber gerade der andre beträchtlichst Teil, der die Reserven in sich begreift, maä unsre Kraft aus. Die Armee-Kommission der Kamme weiß, wie wir unsre Reserven organisiert Hain, die zu Friedenszeiten auf den Truppenbungs- plätzen eingeübt werden sollen. Auf die: Weise gewinnen wir Verstärkungsbatterien, die Deutsch land nicht besitzt. Mes in allem ist Uwe Or ganisation besser als die deutsche. Te Zahl unsrer Geschütze ist bedeutend größer, als es im Augenblick den Anschein hat. Mr können uns mindestens als ebenbürtig betrachte;" Der Minister wies darauf hin, äß die französischen Geschütze 522 Schuß gecn 360 der deutschen haben, und rechtfertjte die Schaffung neuer Artillerie-Regimenter nt der Notwendigkeit, eine ausgezeichnete Fühmg in der Feuerlinie sicherzustellen. Zum Schluß äußerte der Minister sein Vertrauen, aß die Kammer die Regierungsvorlage annehme werde. Unter allgemeinem Beifall wurde daruf der Vertagungsantrag zurückgezogen und die »eneral- debatte über den Regierungsantrag gehlossen. Was der Minister Picquart vor dertammer sagte, ist deutlich genug. Deutsicherloch ist, was er verschwieg und worauf er mitgeheim- nisvollsn Worten hinwies, daß nämlic Frank reich in aller Stille Maßnahmen trifft, sie seine Überlegenheit im Artilleriegefecht jeden Gegner gegenüber verbürgen. unc! fem S Des Kaisers WeihnachtstH haben in diesem Jahre echte amerikanische llpfel ge schmückt. Wegen der Gefahr des EiMeppeus der schädlichen St. Joss-Schildlaus Wie Ein fuhr amerikanischer Äpfel in Deutscland be kanntlich verboten, und die Händler, die auf den Straßen „echte amerikanische Äfel" zum Kauf anbieten, dürften dies auch rcht tun, wenn sie nicht den Kniff gebrauchten, vor dem Worte „echte" ein Gekritzel zu setzen, äs „wie" heißen soll. Aber der Kaiser ist m Besitz wirklich echter „Amerikaner". Die Litung der großen Obstausstellung zu Oregon inden Ver. Staaten von Nordamerika hatte dem Monarchen nämlich nach Schluß der Ausstellng zehn große Kisten voll der schmackhaften Wihnachts- frucht zum Geschenk gemacht. Davs wurden einige zur Probe serviert, den aasehmchen Rest ließ der Kaiser für das WeihnachlAÜ zurück stellen. Sonst bevorzugt der M»>arch ost- preußische oder Kadiner Äpfel. Diq Nüsse für oen kaiserlichen Weihnachtstisch liefert die Herr schaft Urville. Schiff nach einer pommerschen Hafenstadt! Dann sind wir in der Nähe deines Schlosses, wo für uns beide ein neues Leben beginnen Wird. Du, der Herr, ich, der Diener. Auf der überfahrt nach Pommern werde ich meine Unabhängigkeit in das Wasser fallen lassen." So geschah es. Am nächsten Tage reisten die beiden che- maligen Sträflinge nach Norden weiter. In der Kajüte des Dampfschiffes, das ne dann nach dem pommerschen Küstenlande brachte, fanden sie unter verschiedenen Zeitungen auch ein Hamburger Blatt. Als Leonhard dasselbe gelesen, reichte er es seinem Gefährten und machte ihn verstohlen auf einen Artikel in der Zeitung aufmerksam Robert las: „Gestern hat in der Nähe der Station Berge dorf ein nicht unbedeutender Waldbrand statt gefunden. Mehrere Morgen Taunenschonung sind durch das verheerende Element zerstört worden. An den Baumstämmen des Eichwaldes hat sich die Kraft des Feuers gebrochen; die saftigen Stämme der Eichen haben der glim menden Lohe erfolgreichen Widerstand entgegen gesetzt. Leider ist den Flammen auch ein Menschenleben zum Opfer gefallen, denn in der verbrannten Schonung sind die vollständig ver kohlten Überreste eines Mannes aufgesunden worden. Jedenfalls ist das Feuer durch einen Blitzschlag des zu derselben Zeit in jener Gegend wütenden Gewitters entzündet worden." Robert legte mit großer Genugtuung dir Zeitung, die diese Nachricht entstiel!, aus der Hand.
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