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^ 225, 26. September 1907. Nichtamtlicher Teil. VSrlknblatt f. d. Tlschn. Buchhandel. 9669 Vergehen tritt zeitweiliger oder vollständiger Verlust der Mit gliedschaft ein. Noch einige Angaben über die Ausschüsse und die Schiedskammer der Gesellschaft mögen folgen. Die Aus schüsse haben sämtlich eine besondere Verwaltung. Sie be steht aus einem Vorstand von fünf Mitgliedern, von denen ein Mitglied aus dem Vorstande der Gesellschaft gewählt ivird. Die Schiedskammer besteht aus fünf Richtern, von denen zwei Mitglieder der Gesellschaft, je eins von beiden Sektionen sind, und drei Nichtmitglieder. Der Vorsitzende, auch sein Stellvertreter müssen durchaus juristische Kennt nisse besitzen und überhaupt von Hause aus Juristen sein. Zum Schluß folgt noch das Bureau zum Schutze der Angestellten, in dem beide Teile, sowohl Prinzipale als auch Angestellte, nach Billigkeit vertreten sind. Dieses Projekt hat Herr Alexandrow der Kommission vorgelegt. Die Herren Alexandrow und Lemke waren außer dem in der redaktionellen Sub-Kommission uud hatten die Aufgabe, die einzelnen Paragraphen zu ordnen und redak tionell zu bearbeiten. Das war keine geringe Arbeit. Des halb haben auch die beiden Herren einen besondern Dank der Kommission verdient. Der Entwurf ist nun abgeliefert und wird jetzt vom Vorstand durchstudiert, der die neuen Statuten der November- Generalversammlung zur Beschlußfassung vorlegen wird. Wir wollen hoffen, daß die Arbeit nicht vergeblich war und daß sie den Grundstein der neuen Gesellschaft bildet. Möge sich auch der russische Buchhandel unter der neuen Ordnung immer mehr und mehr entwickeln! Nach vorwärts streben wollen wir, bis wir so weit gekommen sind wie unsere deutschen Herren Kollegen. Dies ist unser Wunsch, unser Ziel. St. Petersburg, 17. September 1907. Th. Ettinger. Die Hamburger öffentliche Bücherhalle?) (Bergt. auch Nr. LOt d. Bl.) In der Hamburger öffentlichen Bücherhalle sind im Jahre 1906, von der Benutzung in den Lesezimmern abge sehen, rund eine Million Bände verliehen worden. Das ist ein schöner Erfolg, der mancher andern großen deutschen Stadt zum Vorbild dienen kann; denn es geht bei uns noch immer recht langsam vorwärts mit der Begründung und dem Ausbau von Bücher- und Lesehallen, obschon für die Einführung der amerikanischen vublio lübrar^ in Deutsch land innerhalb der letzten fünfzehn Jahre genug geredet und geschrieben worden ist. Herrscht doch noch immer bei städtischen Behörden und Körperschaften wie im gebildeten Publikum vielfach die Meinung vor, daß es genüge, wenn eine Gemeinde eine Volksbibliothek besitze, die dem Lese bedürfnis der untern Schichten der Bevölkerung einigermaßen entgegenkommt. Noch immer kann man daher von Zeit zu Zeit in Lokalblättern Aufrufe lesen, worin für die Volks bibliothek am Ort alte Bücher, Zeitungsbände und dergl. erbeten werden. Abgelegte Bücher in der Form von Almosen! Daß derartige von vornherein nach Anlage, Be trieb und Zweck verfehlte Einrichtungen nicht in Flor koinmen können, beweist der Stand des deutschen Volks bibliothekenwesens während des vorigen Jahrhunderts zur Genüge. Nirgends ein Fortschritt oder frisch pulsierendes Leben, überall Stagnation und allmählicher Verfall. Be zeichnend für diese Volksbibliotheken im alten Sinne, die *) 6. und 7. Jahres - Bericht der Öffentlichen Bücherhalle zu Hamburg 1905 und 1906. (47 S.) Hamburg 1907, Hamburgische Ge sellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe. Mrieublatt ?Sr dm Drstsche« BNchhMdkl. 7«. Jahrgavz. nicht aussterben wollen, ist ein Satz, der sich in dem vor liegenden Bericht in bezug auf Eimsbüttel findet. »Die alte Eimsbütteler Volksbibliothek«, heißt es da, »hatte sich pekuniär nicht halten können und mußte ihren ganzen Be- tand der Bücherhalle verkaufen, die freilich nur einen kleinen Teil verwerten konnte«. Der srühern Volks bibliothek im deutschen Vaterlande war eben die dürftigste geistige Speise für den gemeinen Mann genügend; die Bücher- und Lesehalle der Neuzeit dagegen wählt von vornherein das Beste auf dem literarischen Markte in reichster Fülle für ihre Leser aus allen Ständen aus. Der Kosten punkt soll und darf dabei erst in zweiter Linie kommen; besser, man wartet, wie es die Hamburger in bezug auf neue Filialen tun, mit der Errichtung einer Bibliothek, bis genügend Geld beisammen ist, als daß man mit dürftigen Mitteln beginnt, um bald danach auf dem Trocknen zu sitzen. In erster Linie ist es Sache der Gemeinden, helfend einzu greifen. Wie die Gemeinden Schulen gründen und unter halten, ja vielfach untereinander wetteifern, sie mit den besten Kräften und Unterrichtsmitteln auszustatten, so sollten sie es durchweg als ihre Pflicht betrachten, auch für wohl eingerichtete Bibliotheken Sorge zu tragen, die für jedermann, ohne Unterschied des Standes und Geschlechts, leicht und bequem bei Tage und in den Abendstunden unentgeltlich zugänglich sind und die jedem, der sie aufsucht, auch dem Gebildeten, etwas Gutes und Gediegenes bieten. Dabei bleibt Privathilfe selbstverständlich nicht ausgeschlossen. Eine ganze Anzahl hervorragender deutscher Bücherhallen sind Stiftungen. Wir erinnern nur an die Kruppsche Bücher halle in Essen, die unter vr. Ladewigs Leitung sich zu einer der am besten verwalteten deutschen Volksbüchereien ent wickelt hat, an die Bibliothek der Karl Zeiß - Stiftung in Jena, an die vom Verlagsbuchhändler Engelhorn errichtete Volksbibliothek in Stuttgart, an die von Hugo Heimann, früherem Eigentümer der Guttentagschen Verlagshandlung, gegründete freie öffentliche Bibliothek in Berlin, an das große Legat des 1898 verstorbenen Professors und Stadt verordneten Di-, Friedrich August Leo zu Gunsten von Volks bibliotheken ebenda, usw. In Hamburg finden wir öffentliche und private Förderung des dortigen Bibliothekswesens glücklich vereinigt. Die dortige öffentliche Bücherhalle wurde von der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe (Patriotischen Gesellschaft) 1899 ins Leben gerufen. Die Gesellschaft brachte durch private Samm lungen eine Summe von 50 000 ^ zusammen, und Senat und Bürgerschaft bewilligten später auf fünf Jahre einen jährlichen Zuschuß von 20 000 Die Anstalt wurde am 2. Oktober 1899 in dem vom Staat zur Verfügung gestellten ehemaligen Lombard-Gebäude an den Kohlhöfen eröffnet. Ihre Einrichtung war von dem damaligen Kieler Uni- versitätsbibliothekar vr. Constantin Nörrenberg, jetzigem Stadtbibliothekar in Düsseldorf, dem bekannten Vorkämpfer der Bücherhallenbewegung in Deutschland, begonnen und vom 1. April 1899 ab von vr. Gottlieb Fritz fortgeführt worden, der die Bücherhalle auch mehrere Monate hindurch bis zur Übernahme der Direktion der Charlottenburger Städtischen Volksbibliothek leitete. Sein Nachfolger wurde Anfang Juli 1900 vr. Ernst Schultze, jetzt Generalsekretär der Deutschen Dichter-Gedächtnisstiftung in Hamburg, Ver fasser der Schriften »Englische Volksbibliotheken« (1898) und »Freie öffentliche Bibliotheken« (1900). Nach Schultzes Abgang steht seit dem 1. April 1903 vr. Otto Plate als Bibliothekar an der Spitze. Er erhielt seine Vorbildung an der Berliner Universitätsbibliothek und war längere Zeit als Bibliothekar in Amerika tätig. Die Verwaltung veröffentlicht Jahres berichte, die drei ersten für 1900, 1901 und 1902 stammen 1259