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^ 24, 30. Januar 1906. Nichtamtlicher Teil. 1109 (Dove) der Duelldebatte vielfach den Ruf gehört — den ich nicht für berechtigt halte — nach Erhöhung der Strafbestimmun gen für Beleidigungen. Ich glaube, auch hier müssen wir die Grenze ziehen. Ein Mann, der im öffentlichen Leben steht, muß sich auch einen breiten Buckel anschaffen, und wenn sie über uns schimpfen, so schadet es nicht. Aber wenn wir gegenwärtig durch die Straßen gehen und sehen und hören, wie beständig Preßorgane ausgerufen werden, die lediglich persönliche Skandalgeschichten benutzen, um sich an die Sensationslust des Volks zu wenden, und eine Familientragödie 14 Tage lang auf der Straße ausschreien, lediglich zu dem Zweck, Käufer für ihre Produkte heranzu locken. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen), so haben wir auch hier mit Dingen zu tun, wo ein wirksamer Schutz der Person und Familie wirklich erforderlich ist. (Sehr richtig! links.! Ich möchte bei dieser Gelegenheit diesem Gedanken hier Ausdruck geben. Ich glaube, wenn er selbstverständlich auch bei diesem Gesetz nicht verwirklicht werden kann, so ist doch die Gelegenheit geeignet, ihn einmal der Erwägung der ver bündeten Regierungen anheimzugeben. Im übrigen hat die Industrie meines Erachtens alle Veranlassung, mit dem Gesetz zufrieden zu sein. Insbesondre freue ich mich, daß bei den Übergangsbestimmungen die ur sprünglich sehr kurze Frist von einem Jahr auf drei Jahre verlängert ist, während deren man die Platten, Formen usw. noch benutzen kann. Denn es gibt namentlich in der graphi schen Industrie in der Tat Zweige, die außerordentliche Aufwendungen gemacht haben und nicht so schnell in der Lage sind, die Überleitung in die gegenwärtigen Verhältnisse vorzunehmen. Ob die Frist von einem Jahr ausreicht oder nicht, das dürfte sich ja dann bei den nähern Erörterungen in der Kommission zeigen. Meine Herren, ich sage: das Gesetz ist ein gutes Gesetz; das ist ja richtig. Es enthält außerordentlich viel dehnbare Bestimmungen. Ich glaube, es ist das nicht zu vermeiden. Gerade auf diesem Gebiete ist es erforderlich, den einzelnen Fall ins Auge zu fassen. Nun haben wir leider nicht lauter Richter, die sich der kunstgeschichtlichen Durchbildung des Herrn Abgeordneten vr. Müller (Meiningen) erfreuen, und wir können nicht das Bedenken unterdrücken, daß mitunter Urteile herauskommen, die den auf dem Spiel stehenden, sehr weitgehenden ideellen und materiellen Interessen nicht gerecht werden. Inwieweit das durch die Sachverständigen allein gebessert werden kann, lasse ich dahingestellt, und ich möchte meine kurzen Ausführungen mit dem Wunsch schließen: möge dieses gute Gesetz auch den guten Richter stand finden, den es braucht I Dann wird es sich in der Tat als ein Segen für unsre Kunst und unsre Industrie erweisen. (Bravo! links.) Präsident: Die erste Beratung des Gesetzes ist ge schlossen, da sich niemand mehr zum Wort gemeldet hat. Es ist vorgeschlagen, diese Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu verweisen. — Es widerspricht niemand diesem Vorschlag; ich werde ihn daher als Beschluß des Hauses hiermit feststellen. Kleine Mitteilungen. Allgemeine Vereinigung deutscher Vuchhandlungs- gehilsen, Ortsgruppe Berlin. — Herr Or. Georg Obst wird am Donnerstag den 1. Februar abends 9 Uhr in der Ortsgruppe Berlin der Allgemeinen Vereinigung deutscher Vuchhandlungs- gehilfen (Restaurant -Zum Askanier«, Anhaltstraße 14) einen Vortrag über »Wechsel u n d Wechse lverkehr- halten. Gäste willkommen. Geißler. *Der Wiener Buchhandel und die Post (Vgl. Nr. 297 d. Bl. vom 22. Dezember 1905). — In Nr. 297 d. Bl. vom vorigen Jahr haben wir eine Eingabe der Wiener Buchhandels-Kom missionäre an die dortige k. k. Postdirektion mitgeteilt, die die Aufgabe von Postpaketen bei den Annahmestellen zum Gegenstand hat, auf ein bezügliches Rundschreiben der k. k. Postdirektion ant wortet und um Abstellung einiger Mißstände bei der Annahme von Postpaketen bittet. Darauf ist jetzt die nachfolgende Antwort erfolgt, die die Österreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz zur Kenntnis bringt: -An die geehrte Firma Rudolf LechnerLSohn, Verlags- und Kommissionsbuchhandlung in Wien, 1/1. -Unter Bezugnahme auf die Eingabe vom 14. Dezember 1905 betreffend die Paketaufgabe in den Abendstunden wird mitgeteilt, daß die gefertigte Direktion die Verhältnisse im Geschäftsbetriebe rücksichtlich des Einlangens und der Ausführung von Bestellungen in den Nachmittagsstunden sehr wohl kennt und daß dieselbe keineswegs die Absicht hat, der Geschäftswelt bei Benutzung der Postanstalt Schwierigkeiten zu bereiten. -Es genügt der Postverwaltung, wenn die Aufgabe der Pakete in größern Mengen bald nach 5 Uhr abends vorgenommen wird; nur das Zusammendrängen der ganzen Aufgabe nach 6 Uhr abends soll tunlichst vermieden werden. »Was die Selbstadjustierung der Pakete anbelangt, so erwächst daraus allerdings den Aufgebern eine geringe Mehrarbeit. Diese wird jedoch dadurch ausgewogen, daß die Bediensteten beim Post amte viel schneller abgefertigt werden können und infolgedessen dem Geschäftsinhaber wieder früher zur Verfügung stehen. Daß die Vorteile dieser Einrichtung auch von einem großen Teile der Geschäftswelt anerkannt werden, geht daraus hervor, daß bereits eine beträchtliche Anzahl von Aufgebern sich dieses Verfahrens be dient. Jene Vorschläge, die in der eingangs zitierten Eingabe oorgebracht werden, um die Abfertigung der Parteien zu be schleunigen, erscheinen zu diesem Zwecke nicht geeignet. -Was die Andeutung wegen Vermehrung des Personals in den Abendstunden betrifft, so ist zunächst zu bemerken, daß das derzeit den Postannahmestellen zur Verfügung gestellte Postpersonal für den bezüglichen Verkehr vollkommen genügt. »Ebenso sind die zu den Bahnhöfen verkehrenden Beförderungs gelegenheiten in entsprechender Weise eingerichtet. Die Gepflogen heit der Aufgeber jedoch, in der letzten Abendstunde Masten von Postpaketen zur Aufgabe zu bringen, führt dazu, daß das Personal ungleichmäßig mit Arbeit belastet wird und daß die Betriebsmittel (Verladeräume, Vahnhoffahrten re.) nicht in ökonomischer Weise ausgenutzt werden können. Hinsichtlich des andern Vorschlages: Aus hebung der Vorschrift über die Versiegelung der Pakete, muß bemerkt werden, daß dadurch die Abfertigung der Aufgabeparteien wohl nicht verzögert wird. Der Siegellackverschluß ist übrigens nur bei gewissen Sendungen, beziehungsweise Verpackungsarten vorge schrieben und in diesen Fällen durch Sicherheitsrücksichten oder durch die Vereinbarungen mit fremden Staaten bedingt. Die Ausstellung des Aufgabescheins erfolgt gleichzeitig mit der Ein tragung in die postamtlichen Bücher und verursacht insofern auch keine Verzögerung in der Abfertigung der Parteien. Wohl aber tritt in letzterer Beziehung eine bedeutende Beschleunigung ein, wenn seitens der Aufgeber Postaufgabebücher verwendet werden, die, wie allgemein anerkannt wird, neben der schneller!» Abferti gung dem Aufgeber den Vorteil einer bequemen Evidenthaltung der bezüglichen Sendungen gewähren. Gegen die Aufhebung der Aufgabebeschcinigung überhaupt würde aber wohl von dem größten Teil der Geschäftswelt lebhafte Einsprache erhoben werden. »Wenn die Paketbeförderung zum Teil in Privatbetrieb über gegangen ist, so hat dazu keineswegs der Andrang oder die lang same Abfertigung bei den Postämtern Anlaß gegeben. Dadurch, daß diese Privatunternehmungen die Beförderung der Pakete nur in einzelnen, sehr bequemen und am wenigsten kostspieligen Rela tionen besorgen, ist es denselben selbstverständlich möglich, diesen Paketdienst unter ganz andern Bedingungen zu versehen als die Postanstalt. Insoweit endlich die abgelaufene Weihnachtszeit in Betracht kommt, so ist während derselben wie in den früheren Jahren dem gesteigerten Verkehr durch bcsondre Vorkehrungen, wie Vermehrung des Personals und der Abwägestellen rc. Rech nung getragen worden. Schließlich mutz noch bemerkt werden, daß von der Postverwaltung nicht mehr verlangt werden kann, 149 Börsenblatt s!!r den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang.