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» 11 I- t. B- 1. 1- L Freitag, den 7. Januar 1920. Nr. 1 u. 2 Deutsche Gartenbau-Zeitung (früher „Der Handelsgärtner") Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. XXIII. Jahrgang Anzeigen 80 Pfennig für die sechs- gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorschrift 100 Pfennig, im Reklameteil M. 2.— für die dreigespaltene 78 mm breite Petit-Zeile. Teuerur ozu-chlag 1000/,. Bezugspreis bei direktem Bezug vom Verlag*. ür Deutschland und Deutsch- Oesterreich M. 16.—, durch die Post oder den Buchhandel und für das Ausland M. 40.— pro Kalenderjahr. e Ausgabe z. Zt. 14tägig (Freitags) Eine Brücke, über eine winzige Praxis und Wissenschaff ten immerhin manche Leser auf den Gedanken Inhalt: Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten. . . — Praxis und Wissenschaft: Zuckerbäckerarbeit oder Kunstgewerbe? — Zwei dankbare Topfpflanzen. — Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer in der Gärtnerei. — Schlechte Verpackung. — Rechtspflege. — Frage kasten der Abonnenten, »— Fachunterrichtswesen. — Handelsnach richten. — Personalien. Stöbels. Roman. chen, aus Pappe zusammengestellt, als Staffage ein paar winzige Reh- oder Hirchfigürchen aus Porzellan oder Pappmasse oder auch Kinder figürchen, auf Miniaturschlitten fahrend, ferner blühende Weidenkätzchen oder Kunstfliegen pilze bildeten die weitere Ausstattung dieser Weihnachtsstücke, die natürlich möglichst reichlich mit Schneestaub bepudert waren. Es soll nicht bestritten werden, daß alle diese Zusammenstellungen ganz wohlgemeint sind. Aber es erhebt sich die Frage, ob derartige Dinge dem Wesen der Pflanzen- und Blumen schmuckkunst entsprechen, ob nicht die Ver fertiger solcher Sächelchen sich in den Ver dacht bringen, vom Wesen dieser Kunst oder dieses Kunstgewerbes so wenig zu verstehen, wie der am Eingänge dieser Ausführungen er wähnte Bautechniker vom Wesen der Garten gestaltung. Nach meiner Meinung haben derartige Zu sammenstellungen kaum mehr künstlerischen oder kunstgewerblichen Wert als Zucker bäckerarbeiten, weil sie eines vermissen lassen, was das Wesen jedes wirklichen Kunstwerkes ist: den Stil! Die Blumen- und Pflanzenschmuckkunst ver dient die Bezeichnung „Kunst" nur dann, wenn sie allen ihren Werken den Stempel eines Stils aufdrückt. Stil, und zwar einen ihm eigenen, kann auch der schlichteste Blumenstrauß im einfachen, aber edelgeformten Gefäß haben, d. h. er kann trotz aller Ungezwungenheit und Natürlichkeit ein in sich geschlossenes künst lerisches Ganzes sein. In anderer Weise kommt der Stil zum Ausdruck im streng ge bundenen Trauerkranz, bei dem die Blätter und Blumen sich zu einer ornamental-architektoni schen Form zusammenfügen. Stil hat auch die aus Tannen- und Mistelzweigen usw. gebun dene Weihnachtsleuchterkrone und ähnliche Bindewerke, wenn sie sich in ihrer Form an gute Vorbilder halten, die von tüchtigen Kunst gewerblern für andere Werkstoffe geschaffen wurden, und wenn das dabei benutzte Blatt-, Zweig- und Blumenwerk so verwendet wird, wie es seiner natürlichen Beschaffenheit ent spricht, wenn man es insbesondere nicht in Formen zwingt, die spielerisch erscheinen. Dieser Fehler aber, der Eindruck der Spie lerei, ist stets, aber auch stets jenen Weih- nachstspenden eigen, um derentwillen die vor stehenden Zeilen geschrieben wurden, und des halb sollten sie wenigstens nicht in Fach zeitungen abgebildet werden. Denn es könn- Zapfen usw. „Wasserfläche" aus Glas führend, ein Häus- Zuckerbäckerarbeit oder Kunst* gewerbe? Man schreibt, uns: Es ist schon eine Reihe von Jahren her, als ich folgendes nette kleine Erlebnis hatte. War ich da im Begriffe, eine größere Parkanlage auszuführen, deren Ent wurf auch den Beifall des Bautechnikers ge funden hatte, der als Beamter einer Architek tenfirma die gleichzeitig mit der Neuanlage des Parkes in der Ausführung begriffenen Neu bauten und baulichen Veränderungen bestehen der Gebäude auf dem betreffenden ländlichen Herrensitz leitete. Eines schönen Tages äußerte Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten ... Dunkel ist die Zukunft. Vollständig ungewiß der Weg, den die politische und wirtschaftliche Entwicklung gehen wird. In erschreckender Klarheit liegen dagegen die Schwierigkeiten vor den deutschen Erwerbsgärtnern, mit denen sie schon seit Jahren zu kämpfen haben, und die sich immer mehr vergrößern. Oft genug haben wir sie erwähnt und wollen die düsteren Bilder heute nicht zum Leben erwecken! Trotz allem aber darf nicht Kleinmut uns übermannen. Der Kapitän, der sein sturm umtostes Schiff willenlos dem Wüten der ent fesselten Naturgewalt überläßt, ohne alle Mittel und Maßnahmen ins Werk zu setzen, es zu retten, wäre ein jammervoller Geselle. So wird auch kein deutscher Gärtner, der seinen Beruf und seine Selbständigkeit liebt, sich das Steuer seines Lebensschiffleins durch' die Gewalt der Stürme, die unseren Zeitab schnitt durchbrausen, ohne kräftigste Gegen wehr aus der Hand drücken lassen. Im Gegen teil, je toller der Sturm braust, um so kraft voller wird er es festzuhalten suchen. Kämpft er doch nicht für sich allein, sondern auch für die Seinen, die auf seinem Fahrzeug sich ein geschifft haben und für seinen Beruf, den er' mit Freuden ergriff und den er liebt, trotzdem er so manche Hoffnung, die er auf ihn setzte, ihm nicht erfüllt hat. Auch die „Deutsche Gartenbauzeitung“ kämpft unter der Ungunst der Zeiten einen schweren Kampf. Doch unentwegt sucht auch sie dem Zeitensturm Trotz zu bieten, und trotz allem will sie dem Schiffe des Berufs mit kräf tigem Ruderschlag dienen, mithelfen, es aus dem Wirbel in ruhiges Fahrwasser zu leiten und dann in flotter, stolzer Fahrt vorwärts zu bringen. Gemeinsam mit den Männern der Praxis will sie einen guten Kampf kämpfen und die Hoffnung nicht verlieren. Sie ist sicher, daß dieser gute Wille auch die Anerkennung ihrer Leser finden wird, und daß sie das Ruder,! das sich innen bietet, gern und geschickt be nutzen und nicht gleichgültig preisgeben werden. Am Kopf dieser Zeilen steht eines der herr lichsten Goetheworte. Es sei das Panier für den deutschen Erwerbsgartenbau und auch für uns im neuen Jahr! ich dahingestellt lassen will), jedenfalls aber in vollem Ernst, daß doch auch die — Zucker bäcker ganz anerkennenswerte Künstler seien. So eine verlockende Torte oder ein appetit liches Pfefferkuchenhäuschen seien doch auch recht hübsche Kunstwerke, die ganz entschie den recht viel Verständnis erforderten, fast oder ganz ebenso, wie so ’ne Parkanlage. Der Vergleich war natürlich ein recht törichter und lieferte den Beweis, daß dem Herrn Bautechni ker vom Wesen der Gartengestaltung auch nicht der blasseste Schimmer aufgegangen war. Der halb vergessene kleine Vorfall kam mir vor kurzem wieder in den Sinn, als ich einige Tage vor dem Weihnachtsfeste wieder einmal meinen gerade fälligen Schaufensterbummel in der Großstadt absolvierte und in den Fenstern einiger Blumenhandlungen Weihnachsspenden ausgestellt fand, die Miniaturlandschaften dar stellten, zusammengestellt aus einer oder meh reren Miniaturfichten, einem lichterbesteckten Christbaum, kleinen Nadelholzzweigen ver schiedener Gattungen, Moosen, Flechten, der Herr Bautechniker herablassend oder viel-leu iliiineiiiu iualicue Lesel aul uel ueualinel leicht auch in ganz wohlmeinender Weise (was I verfallen, daß solche Dinge ihnen als Beispiele wirklich echter Blumen- und Pflanzenschmuck kunst dargeboten und empfohlen werden sollen. Zwei dankbare Topfpflanzen. Von B. Voigtländer, Dresden. Immer wieder müssen wir, besonders in der jetzigen Zeit, wo wir ja infolge des Neides und Hasses der Völker von der Einführung von Neuheiten aus überseeischen Ländern so gut wie ausgeschaltet sind, auf ältere Pflanzen zurückgreifen, um dem Publikum etwas „Neues“ zu bieten. Aus diesem Grunde mache ich in Nachstehendem auf zwei Pflanzen aufmerksam, die wirklich etwas mehr Interesse verdienen. Es ist Exacum zeylanicum, eine niedhiche Gentianacee, und Tetranema mexicanum, eine allerliebste Scrophulariacee, deren Anzucht leicht ist und die beide schon lange bei uns be kannt sind, denn schon in der alten Nomen- clatur von Steudel aus dem Jahre 1849 sind beide angeführt. Sie sind also beide schon gegen 100 Jahre bei uns, und es somit tatsäch lich keine „unnötige Zeitungsschmiererei“, wenn — wie man ab und zu die Tätigkeit für gärtne rischen Fachblätter beurteilt — ihrer mal Er wähnung getan wird. Exacum zeylanicum, das sogenannte Bitter blatt, ist eine ungefähr 15 cm hohe Pflanze, die überaus reich blüht und durch diese Eigen schaft, im Verein mit gefälligem Bau, sehr ge fällige kleine Topfpflanzen ergibt. Sie hält sich, wie verschiedentlich bei uns ausprobiert wurde, gleichgut im Zimmer wie im Blumen laden und hat einen recht starken, trotzdem aber nicht aufdringlichen Geruch, der sie außerdem noch als Zimmerpflanze empfiehlt. Sie kann zwar mehrjährig gehalten werden, es empfiehlt sich aber, sie einjährig zu kulti vieren. Der sehr feine Samen wird zeitig im Frühjahr ausgesät (durch Folgesaaten kann man diese Pflanze bis in den Herbst immer in Blüte haben) und, wie bei allen solchen Pflan zen, werden die feinen Sämlinge bald ver stopft und in gut temperiertem Hause dann weiter kultiviert. Genügend erstarkt, werden sie dann zu 4 bis 6 Büscheln in 8 bis 10 cm große Töpfe umpikiert, deren sandige Lauberde oder durch etwas abgelagerte Rasenerde nahr hafter gemacht worden ist. Durch Stutzen und gelegentliche wöchentliche Dunggüsse erhält man nach ungefähr 12 bis 14 Wochen voll besetzte Topfpflanzen, die mit ihren dunkel blauen, innen gelb geränderten Blumen, die zwar nicht groß sind, aber den ganzen Sommer in üppiger Weise erscheinen, wirklich sehr an sprechend sind. Blühende Pflanzen stellen wir dann immer in das Kalthaus; bis dahin tut ihnen aber etwas Wärme im Hause oder Kasten nur gut. Die Kultur von Tetranema mexicanum ist derjenigen von Exacum sehr ähnlich. Nur ist I diese Pflanze niedriger als jene (sie wird nicht viel über 10 cm hoch) und ihre tief violett purpurnen Blüten duften nicht. Sonst hat auch sie die guten Eigenschaften wie Exacum (Anspruchslosigkeit in der Kultur, Blühwillig- keit, lange Haltbarkeit) und ist deshalb in die sen Hinsichten wie diese zu empfehlen. Ihrer geringeren Größe wegen ist sie aber in der Hauptsache als Körbchen- oder Einfassungs pflanze zu verwenden. Gewinnbeteiligung der Arbeit nehmer in der Gärtnerei. Von Max Tillack, Breslau V. Angeregt durch den Artikel des Herm Karl Reinhardt in Nummer 48 des Handelsblattes, ■halte ich es für notwendig, wenn in unserem