Volltext Seite (XML)
Nr. 9 u. 10 Freitag, den 4. März 1921. XXIII. Jahrgang Deutsche Gartenbau-Zeitung Bezugspreis bei dire * tem Bezug vom Vertag: für Deutsdhiand und Deutsch Oesterreida M. 16.—, darch die Post oder den Buchhandel and für das Ausland M. 40.- pre Kalenderjahr. • Agepnhe t. Zt. 14tgig (Freitags (früher „Der Handelsgärtner") Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Lelpzig-R., Comeniusstr. 17. , - 11 1 . niLN'.i.MN . . L. I -IF-—I L-L Anzeigen 80 Pfennig für die sechs- gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorschrift 100 Ptennig, im Reklameteil M. 2— für die dreigespaltene 78 mm breite Petit-Zeile. Teuerungszuschlag Inhalt: Besser geleiert als gefeiert. — Die Wahlen zu den preu ßischen Landwirtschaftskammern stehen bevor! —Praxis und Wissen- schaft : Halbwarme Kulturen. — Die Heideerde. — Bindegrün. — Noch inmal: Die Stammfäule der Melonen. — Die Walnußkur. — Vereine und Versammlungen. Ströbels. (4. Fortsetzung.) Besser geleiert als gefeiert. Eine interessante Nachricht kommt aus Gotha. Sie lautet: „Dem Zuge der Zeit folgend, hatte der hie sige Stadtrat beschlossen, die Instandsetzung und Pflege der Grabstätten auf einem der städtischen Friedhöfe in eigene Regie zu über nehmen, also zu kommunalisieren. Auch sollte die Ausschmückung der Bestattungsfeiern in städtische Regie genommen werden. Dagegen haben nun die Inhaber der Gothaer Garten baubetriebe Einspruch erhoben, weil sie sich durch solche Maßnahmen geschädigt fühlen. Sie wollen aber dem Stadtrat 10 vH. der Einnahme für Ausschmückungen bei Bestattungsfeiern zahlen. Der Stadtrat nahm das Angebot an.“ Die Nachricht verdient zweifellos das Inter esse der Inhaber aller Gärtnereibetriebe, die gegenwärtig ähnliche Kämpfe zu bestehen haben, wie ihre Gothaer Kollegen. Unserer Meinung nach zeigt sie einen Weg, der in manchen Fällen sich vermutlich als gangbar erweisen dürfte, wenn nicht die Friedhofs besitzer sich aller geschäftlichen Einsicht ver schließen. Jedenfalls haben die Gothaer Stadträte nach dem Grundsatz gehandelt: Besser ist der Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dache. Es ist bei der heutigen geschäftlichen Lage durchaus unsicher, ob die Friedhofsarbeiten, in städtischer Regie oder von der Kirchengemeinde ausgeführt, die von den Freunden der Kommunalisierung erhofften Ueberschüsse bringen. Es könnte im Gegen teil sehr leicht geschehen, daß die Ueber schüsse sich in Fehlbeträge umwandeln. Diese Möglichkeit hat die Stadt Gotha jedenfalls ins Auge gefaßt und sich daher mit der Abgabe von 10 vH. begnügt, die ihr die Gothaer Gärt ner angeboten haben. Wenn es darnach also wohl kaum anzunehmen ist, daß soziale Ein sicht, d. h. in diesem Falle die Rücksichtnahme auf die Gothaer Gärtner, den Sinn des dorti gen Stadtrats beeinflußt hat, sondern lediglich die Rücksicht auf die Unsicherheit des in Aus sicht genommenen städtischen Friedhofs geschäfts, so kann das natürlich den in Be tracht kommenden Handelsgärtnern völlig gleichgültig sein. Für sie ist die Hauptsache, daß es überhaupt zu einem Kompromiß kam. Sie haben zwar durchaus keine Ursache, des halb in lauten Jubel auszubrechen. Denn die Abgabe von 10 vH an den Stadtsäckel bedeu ten eine Umsatzsteuer, die ihnen schwer genug zu schaffen machen wird. Aber immer hin ist es doch ein Mittelweg, der möglicher weise nicht nur in Gotha, sondern auch an anderen Orten aus den oben angegebenen Gründen den Besitzern der Friedhöfe, der Stadt und der Kirchengemeinde, gangbar er scheinen wird, wenn von seifen der Handels gärtner ein entsprechender Vorschlag ge macht wird, wobei insbesondere darauf hin gewiesen werden müßte, daß die Stadt oder Kirchengemeinde durch die Monopolisierung der Friedhofsarbeiten kaum soviel Reingewinn herauswirtschaften dürfte, als ihr eine prozent mäßig festgelegte Umsatzabgabe in der Art, wie sie die Gothaer Handelsgärtner zahlen, einbringt. Ja, es dürfte vielleicht sogar ins Auge zu fassen sein, in solchen Fällen, wo die Friedhofsbesitzer besonders schwer zu besserer Einsicht zu bewegen sind, das Angebot zu machen, eine Umsatzabgabe nicht nur bei Be stattungsfeiern zu zahlen, sondern auch (natür lich wesentlich geringeren Prozentsatz) von der Einnahme für gewisse andere Garten arbeiten abzuführen. Unbedingt notwendig ist es natürlich und ein Gebot der Selbsterhal tung, daß die Handelgärtner an solchen Orten, wo es zu einer derartigen Einigung kommt, eine einheitliche Preispolitik betreiben und sich nicht gegenseitig als Konkurrenten den durch die Umsatzabgabe an den Friedhofs besitzer auf ein Minimum zusammenge-* schrumpften Reingewinn am Friedhofsgeschäft durch Preisunterbietungen gänzlich weg steuern. Wir halten es bei den heutigen Ver hältnissen für aussichtslos, daß es gelingen wird, irgendwelche gesetzliche Maßnahmen zu erreichen, durch welche der von den Friedhofs besitzern angestrebten Monopolisierung der Grabpflege usw. Einhalt geboten wird. Alle Proteste und Entschließungen werden, fürch ten wir, ungehört verhallen, womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß sie unterbleiben sollen. Viel eher dürfte sich mit dem in Gotha angewendeten Mittel ein wenn auch nicht billig erkaufter Erfolg für die in Betracht kom menden Gartenbaubetriebe erreichen lassen. Denn es gilt in dieser Angelegenheit für sie — leider — das Sprichwort: Besser geleiert als gefeiert. Die Wahlen zu den preußischen Landwirt- schaftskammern stehen bevor! Jeder Gärtner, der auf einer, wenn auch noch so kleinen Fläche gepachteten oder Eigentumslandes eine Gärtnerei betreibt, ist berechtigt, an dieser Wahl teilzunehmen. Das ist die neueste Be stimmung der preußischen Regierung, die für die Erwerbsgärtnerei von größter Bedeutung ist. Jeder selbständige Gärtner in Preußen muß unbedingt von diesem ihm zustehenden Rechte Gebrauch machen. Das ist der einzige Weg, auf dem es möglich ist, eine Vertretung der Gärtner in der Kammer zu erreichen. a-e4-ea-ce-aredred-« 2 Praxis und Wissenschaft 7 Halbwarme Kulturen. Als Topfblumen für Gewächshäuser mit we nig Heizung bewährten sich bei mir im Laufe der schweren Zeit, die sich leider immer noch nicht ändert, ja noch schlimmer werden dürfte, folgende Sachen: Kamelien, die frisch im Laube stehen und freudig Knospen ansetzten. Um sie trotz der geringen Heizung nicht gar zu spät zur Blüte zu bekommen, hielt ich das Gewächshaus, in dem sie das ganze Jahr hin durch stehen, im Spätsommer und Herbst mög lichst geschlossen, so daß sich die Knospen, die vorher bei guter Lüftung, Halbschatten und Spritzung und Düngung angesetzt waren, noch möglichst entwickelten. So blühten meine ersten Kamelien bei notdürftigster Heizung im Januar. Azaleen hatte ich nun leider recht wenig, aber diese fühlten sich wohl. Nicht min der die Zinerarien, die ich ebenfalls im Herbst schon recht weit brachte. Um diese Zeit ist das Treiben der Cineverien angenehm, weil man da am wenigsten mit Läusen zu tun hat. Von Primula obconica kann ich dasselbe sagen hinsichtlich des Kulturverfahrens, isie stehen ja auch lange unbeschadet in der Blüte, wenn sie fertig sind, und dann mit geringer Temperatur fürlieb nehmen müssen. Auch solche, die noch nicht blühen, warten ohne Schaden, bis die höhere Wärme ihnen gestattet, in den Blüten trieb zu gehen. Etwas empfindlicher ist Primula chin., doch geht sie auch noch mit durch bei der niedrigen Temperatur, wenn sie gut vorbe reitet in den Winter kommt. Besonders schön wurden meine Veilchen, die leider auch zu schwach vertreten sind. Diese können ja im Herbst nicht vorgetrieben werden, doch hält dafür die natürliche Herbstblüte lange vor. Ich trieb Charlotte und Kaiserin Augusta. Dankbar sind auch Myosotis, von denen ich Oblongate vera und Ruth Fischer kultivierte. Diese lassen sich im Herbst gut vorbereiten. Fuchsien und Begonia semperflorens hielten sich vom Herbst an lange in der Blüte, ebenso Ageratum, von Crysanthemum gar nicht zu reden, denn diese bildet ja unter solchen Verhältnissen den Haupt flor, das ist ganz selbstverständlich. Pelar gonien blühten auch bis Weihnachten, und mir kamen die weiß gefüllten, an allen Pflan zen in großen Töpfen, recht zu statten. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß Clivien (Iman- thophillum) prachtvoll durchwinterten. Die Blü tenentwicklung ging natürlich langsam vor sich, aber die Blätter strotzen von Gesundheit. Aehnlich ist es mit Amaryllis robusta, die für langsame Entwicklung ebenfalls dankbar sind. Es kommt ja bei diesen Blumen darauf an, ob man sie früh oder spät am besten verwerten kann. F. Steinemann. Die Heideerde wurde in früherer Zeit für eine sehr große Anzahl von Pflanzen als ganz unent behrlich angesehen. Man glaubte, durch die Beigabe derselben in der Erdmischung den Pflanzen einen ganz besonderen Gefallen zu erweisen. Doch wurde damit häufig mehr Schaden angerichtet, als Nutzen gestiftet. Denn die Heideerde ist ein Stoff, der durch hohen Ge halt von Huminsäure ausgezeichnet ist. Dar unter versteht man Zerfallsstoffe der Bestand teile dieser Erde, die sich infolge ungenügenden Sauerstoffzutritts in den natürlichen Lager stätten bilden. Als natürliche Lagerstätten und Entstehungsorte der eigentlichen echten Heide erde kommt nur die Heide in Betracht, also jene charakteristischen Landstriche, wo auf sandigem Boden das Heidekraut (Calluna und Erica) Massensiedlungen bildet. Es beherrscht dort das Gelände ziemlich absolut, und nur einige .dürftige Kiefern, Wachholdersträucher, hier und da eine Espe und Sahlweide, sowie einige nesterweise auftretende Gräser und Kräuter sind eingesprengt. Jedenfalls verdankt sie den Verwitterungsstoffen von Calluna vul garis in der Hauptsache ihre kennzeichnenden Eigenschaften. Die Haupteigenschaft der Heide erde ist in frischem Zustande ihr hoher Gehalt von Huminsäure und außerdem ist sie nähr stoffarm. Ihre saure Beschaffenheit läßt ihre Verwendung nur für die Kultur von Heidekraut gewächsen zu, also für Azaleen, Eriken, Rhodo dendron usw. Die meisten anderen Pflanzen sind gegen diese eigentliche echte Heideerde empfindlich und zeigen durch kümmerlichen Wuchs und gelbliche krankhafte Blattfarbe ihr Mißvergnügen an. Das gilt besonders von Primeln, die in Heideerde sehr schlecht ge deihen. Auch Erdorchideen vertragen Heide- erde sehr schlecht. Von den Heideerdehändlern wird häufig unter dem Namen Heideerde Waldhumusboden aus lichten Nadelwäldern oder Mischwäldern und von Waldblößen verkauft, der anders zu sammengesetzt ist, als die oben beschriebene Erdsorte. Denn an solchen Oertlichkeiten herrscht eine andere Vegetation. Wohl kommt auch hier Heidekraut vor, doch beherrscht es nicht den Platz. Vielmehr überwiegen die Heidelbeeren, dazwischen wachsen zahlreiche Kräuter staudenartigen Charakters. Die Ver witterungsstoffe dieser Pflanzen ergeben natür lich eine Humuserde von anderer Zusammen setzung, als die eigentliche echte Heideerde.