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Nr. 45u.46 Freitag, denj11. November 1921. XXIII. Jahrgang Deutsche Gartenbau-Zeitung (früher „Der Handelsgärtner“) Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Praxis und Wissenschaff einfuhr geschaffene und die Markentwertung j auf dem Unsere Zukunft liegt sie nicht gerne bei uns aufnehmen? Wie aber Besserung der Zustände band der Blumengeschäftsinhaber gemeinsam mit dem Verband der Gartenbaubetriebe zur unbedingten Bevorzugung der deutschen Blu men vor den ausländischen auffordert, so liegt es doch nur allzusehr im Bereiche der Mög lichkeit, daß sich allzuviele derer, die es an geht, ohne Not, d. h. ohne daß Mangel an In landsblumen besteht, über diese Parole hin wegsetzen werden. Da sollte nun, natürlich nur im äußersten Notfälle und nach Verwar nung, dann aber rücksichtslos solchen Herren gezeigt werden, daß es doch gänzlich unmög lich für sie ist, ausschließlich mit Auslands- ware dauernd bestehen zu können, indem ihnen der Bezug von gärtnerischen Inlandser zeugnissen möglichst erschwert wird. Gewiß ist das ein scharfes und dabei auch nicht ein mal leicht durchführbares Kampfmittel. Aber wenn schon Krieg ist, dann muß er auch so geführt werden, daß er Erfolg verspricht. Wenn alle diese Maßnahmen einheitlich durchgeführt werden, dann dürfte es möglich sein, den Dingen mit einiger Ruhe entgegen sehen zu können. ten werden, daß allerdings die Gefahr einer Ueberschwemmung des deutschen Marktes mit italienischen und französischen Blumen um so größer sein könnte, je höher die deutsche Papiermark bewertet wird. Aber nur dann würde das zutreffend sein, wenn die Blumeneinfuhr von Leuten betrieben würde, die keine Kaufleute sind. Sie sind aber Kaufleute und zwar recht gewiegte und ge rissene. ’ Deshalb ist 100 gegen 1 zu wetten, daß die Herren sofort, als die Gewißheit der Einfuhrfreigabe offenbar wurde, sich mit aus ländischen Zahlungsmitteln zu den damals noch erschwinglichen Preisen eingedeckt haben und daher in der Lage sein werden, die Kinder des Südens zu einem verhältnismäßig wohlfeilen Satze in den Handel zu bringen. Sie werden ganz bestimmt nicht so töricht sein, die Konjunktur in dem Sinne auszu- nützen, wie es etwa die deutschen Marga- rinefabrikanten tun, d, h. die Ware so teuer als möglich an den Mann bringen. Denn sie wollen ja mit ihren Blumen den deutschen Wettbewerb schlagen und deshalb müssen sie natürlich billiger sein als dieser. Sie können das auch, ohne etwa ihren Verdienst auf ein Minimum hinabzudrücken, durchführen, 'weil sie eben die ausländischen Zahlungsmittel be stimmt noch verhältnismäßig billig sich Ver schafft haben und mittels derselben deshalb die Blumen verhältnismäßig wohlfeil erwerben können. Der deutsche Blumen erzeugende Gärtner aber hat zu diesem Zeitpunkt mit einer durch die Markentwertung verursachten gewaltigen Teuerung der Erzeugungskosten zu rechnen. Er muß die Löhne erhöhen, er muß die für die Winterproduktion unentbehr lichen Kohlen, mit denen er infolge deren Knappheit vielfach noch nicht vollständig ein gedeckt ist, ungeheuer teuer mit Markschei nen bezahlen, er muß alle sonstigen laufenden Ausgaben viel höher ansetzen, als bei einem Anzeigen M für die sechs- gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorsdrift M. 2 50, im Reklameteil M. 5.— für die dreigespaltene 78 mm breite Nonpareille-Zeile. Bezugspreis bei direktem Bezug vom Verlag: dir Deutschland und Deutsch- Oesterreich M. 16.—, durch die Post oder den Buchhandel und iür das Ausland M. 40.- pro Kalenderjahr. Ausgabe z. Zt. 14tägig (Freitags). 1 günstigen Stand des Markwertes. Er muß endlich auch mit der Teuerung der Lebens mittel und Kleidung usw. rechnen, die, wieder- ! um durch den gesunkenen Markwert, ins Un- ) geheuerliche gestiegen ist. Aus allen diesen Gründen muß er natürlich seine Schnittblu men und Topfpflanzen entsprechend teurer zu verkaufen suchen als unter günstigen Valuta- Verhältnissen, und die Folge ist, daß die Aus- ! landsblumen ihm wegen ihres billigen Preises S das Leben sehr schwer machen werden. Der an sich gewiß sehr löbliche Anruf des nationalen und wirtschaftlichen Gewissens der j Blumengeschäftsinhaber, wird, so ist zu be- 1 fürchten, ziemlich wirkungslos verhallen. Sie werden in der Mehrzahl im Gegenteil mit Freuden zu den verhältnismäßig billigeren Auslandsblumen greifen und über etwaige Ge wissensbisse sich leicht hinwegzusetzen wis sen. Selbstverständlich wird diese der Blu meneinfuhr günstige Lage ihre Wirkung auf gewisse spekulative Köpfe nicht verfehlen, der I wilde Handel wird hierdurch in Fluß kommen und die Marktlage für die deutschen Erzeug nisse noch mehr verschlechtern. Dazu kommt noch die durch die allgemeine Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse bedingte Schwä chung der Kauflust und Kaufkraft für deutsche : Blumen in sehr beträchtlichen Bevölkerungs- i schichten und ein gewisser Reiz der Neuheit, den die seit fünf Jahren verschwundenen italie- I 1 nischen Blumen auf die Käuferschaft ausüben ; werden. Kurz, die ganze durch die Blumen-; fügung. Außerdem will es uns recht zweifelhaft er scheinen, ob die Rettung Deutschlands allein durch Intensivierung der Bodenkultur möglich sei. Der Kern des Elends ist das Versailler Würgediktat dessen Re- sich dazu verleiten läßt, seine Erzeugnisse zu verschleudern. Freilich wird es manchen ka pitalschwachen Betrieb geben, dessen Inhaber, der Not gehorchend, gern zu diesem wirt schaftlich so falschen Entschlusse kommen wird, Da ist es dann notwendig, daß die besser gestellten Kollegen, welche die Dinge eher in Ruhe an sich herantreten lassen kön nen, falls dies erforderlich sein sollte, solchen Betrieben zu Hilfe kommen, um unzeitge mäße preisdrückende Schleuderverkäufe zu verhüten. Die unter den Gärtnern vielfach übliche Eigenbrödelei sollte angesichts der voraussichtlichen Entwicklung der Dinge end lich einmal aufhören. Einheitliche auf kauf männischen Grundsätzen beruhende Maßnah men über die Preisbildung sollten daher recht zeitig verabredet und natürlich vor allem auch durchgeführt werden. Dabei sei bemerkt, daß als kaufmännisch nicht ein starres Festhalten an ein für allemal festgesetzten Preisen anzu sehen ist, sondern eine möglichst leicht be- wegliche, immer den jeweiligen Marktverhält nissen usw. angepaßte, aber unter allen Umständen einheitlich durchge führte Preisgestaltung. Es kann unter Um ständen richtiger sein, rechtzeitig etwas nach zulassen und den Markt dauernd in der Hand zu behalten, als an einen zwar etwas höheren Preise festzuhalten, aber dabei den Absatz einzubüßen. Daß ein richtiger Kaufmann Der Gartenbau die Zukunft Deutschlands. Von Johannes Schomerus, Hellerau.*) machen wir alle satt und zufrieden: „Mache die Menschen satt, und sie werden froh sein; mache sie froh, und sie werden gut sein!“ Dieses Wort paßt wie kein anderes in unsere Zeit. Aber können wir alle satt machen? Als Nomaden fanden einst in ganz Deutsch land nur gegen 900 000 Menschen Nahrung, und während des Krieges konnten wir kaum 60 bis 70 Millionen ernähren. Und wenn wir neben der Faust noch den menschlichen Geist hineinlegen in den deutschen Boden, die Er rungenschaften der Technik, der Kultur als die Produkte des menschlichen Geistes, dann könnten 200 Millionen Deutsche in Deutsch land leben und alle satt werden und dauernd froh sein. Wie aber ist das zu machen? Ein Hektar Kleefeld und Grasland liefert uns in einem Jahre etwa 4 Zentner Rindfleisch, 1 Hektar Land durch den Anbau von reifen Erbsen und Bohnen liefert uns 25 bis 40 Zentner, durch Anbau von Weizen 40 bis 80 Zentner. Da gegen kann uns dasselbe Land durch den An- Aaaauat: Geldentwertung und Biumenemuhr. — Praxs und Wissenschaft: Der Gartenbau die Zukunft Deutschlands. - Einiges über Dahliensorten- und Neuheiten. — Kleinere Mitteilungen. — Handelsnachrichten. — Bücherschau. Des Meeres und der Liebe Wellen. (Erzählung.) 11. Fortsetzuug. *) Anmerkung der Schriftleitung: Wir haben den von hohem Idealismus getragenen Ausführungen des Herrn Schomerus zwar gern Aufnahme gewährt, sind aber der Meinung, daß Idealimus und gärtnerische Tüchtigkeit allein das ihm vorschwebende Ziel der Aus führung nicht näher bringen. Dazu gehört vor allem auch Kapital und ... Schutzzoll. Beide aber ste hen dem deutschen Gartenbau leider nicht zur Ver- Geldentwertung und Blumen einfuhr. Nach dem Stande vom Sonnabend, dem 5. November 1921, ist die einstmals in der Weltfinanzwirtschaft so hoch geschätzte deutsche Mark auf einem Tiefstand angelangt, der, so sollte man wenigstens meinen; kaum noch tiefer sinken könnte. Aber es ist leider zu befürchten, daß in der kurzen Frist vom obigen Zeitpunkt ab bis zur Drucklegung vor liegender Nummer der Kurs immer noch wei ter sinken wird, bis er endlich ins Bodenlose hinabfällt. Dann wird man die deutsche Pa piermark nur noch als Makulatur bewerten und nur die Arbeit oder Sachwerte werden noch etwas gelten. Da nun die Gärtner eines teils ganz bestimmt nicht zur Klasse der Faul pelze zu rechnen sind und andernteils doch auch Sachwerte erzeugen, so könnte man bei oberflächlicher Betrachtung der Lage meinen, daß es also dem Erwerbsgartenbau ziemlich gleichgültig sein könnte, wenn selbst die Mark immer auf seine Kosten und einen angemes senen Verdienst zu kommen versuchen muß, ist so selbstverständlich, daß es eigentlich nicht erwähnt zu werden braucht. j yision würde allein eine So sehr es anzuerkennen ist, daß der Ver- bringen. Es wird meint sei, „Unsere Zukunft liegt auf dem Was- wahrscheinlich ein sehr böser Winter für ihnser", ist uns zum Verhängnis geworden Es werden hat uns die Neider und Hasser auf den Hals Es ist nicht leicht, in dieser Lage einen Rat I gelockt. Die nehmen uns nun ein Stück Land zu erteilen, was zu geschehen habe. Notwen- 1 nach dem andern. Zu Zehntausenden aber dig ist vor allem, daß nicht der einzelne Gar- i strömen sie ins Mutterland, die von geraubten tenbaubetriebsinhaber den Kopf verliert und deutschen Boden Vertriebenen. Sotten wir noch tiefer sänke, als es dem Stand vom 5. November entspricht; 2,32 "Schweizer Rap en (Centimes) = 1 M. Ja, es gibt sogar Gärt ner, welche der Meinung sind, je tiefer die Mark sinke, um so besser sei es, weil hier- g —- u- -w-ung durch die Blumeneinfuhr aus Italien zur Un- erschwerte Sachlage ist nicht dazu angetan, - möglichkeit werde, so lange wenigstens der den deutschen Erwerbsgartenbau in eine hoff-Lande. Pas kaiserliche Wort, so gut es ge- , „ .,9 9 , . 11 Oi* • i -- • - ~n:n4 eci I IncA-n 7-11n4+ 1ie<4 ~+ Hnm \Y/ec Tiefstand anhalte. Es soll nun, nicht bestrit-|nungsvolle Stimmung zu versetzen.