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Nr. 41 u.42 Freitag, den 14. Oktober 1921. XXIII. Jahrgang Deutsche Gartenbau-Leitung Bezugspreis bei direktem Bezug vom Verlag: für Deutschland und Dentsch- Oesterreid M. 16.—, durch die Poet oder den Buchhandel und Hlr das Ausland M. 40.— pro Kalenderjahr. Ausgabe z. Zt. 14tügiz (Freitags). (froher „Der Handelsgärtner") Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Anzeigen 80 Pfennig für die sechs* gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorsdrift 100 Pfennig, im Reklameteil M. 2.— für die dreigespaltene 78 mm breite Petit-Zeile. Teuerungszuschlag 100°/.. Inhalt: Landwirtschaftskammerliche Gartenkunst? — Land verwüstung. — Wo bleiben die Gartenbaufachmnänner? —- Praxis und Wissenschaft: Praktische Erfahrungen mit der Kohlhernie. — Einige Apfelsbrten für Höhenlagen. — Kleinere Mitteilungen. — Fachunter richtswesen. — Vereine und Versammlungen. — Handelsnachrichten. — Bücherschau. Des Meeres und der Liebe Wellen. (Erzählung.) 9. Fortsetzung. Landwirtschaftskammerliche Gartenkunst? Man hat es bisher in den Kreisen der ihren Beruf als Gewerbe betreibenden, selbständigen Garten- und Obstbautechniker als eine sozu sagen gottgewollte Tatsache hingenommen, daß die Landwirtschaftskammer ihre Obstbau techniker als Berater zu den Grundbesitzern senden, welche die Absicht haben, kleinere oder größere Obstpflanzungen anzulegen, ob wohl, streng genommen, diese Fachberatung einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der oben genannten Gruppe von Fachleuten darstellt, der in der heutigen Zeit des Arbeitsmangels noch viel schmerzlicher ist als früher, wo es mehr Arbeitsgelegenheit gab. Jetzt scheinen nun aber die Landwirtschafts kammern damit zu beginnen, sich auch als Gartengestalterinnen betätigen zu wollen, also auf dem eigentlichen Arbeitsgebiet der Gartenarchitekten. Wenigstens liegt das Vor gehen der Landwirtschaftskammer der preußi schen Provinz Pommern in dieser Richtung, und die beteiligten Kreise, insbesondere die Senderberufsorganisation der deutschen selb ständigen Gartenarchitekten haben alle Ur sache, darauf zu achten, daß es bei diesem Ein- zelfall bleibt und daß auch möglichst dieser Einzelfall nicht zur Auswirkung kommt. Es handelt sich um folgenden Tatbestand. In der Stettiner Abendpost vom 28. Septem ber dieses Jahres erschien eine Notiz der Land wirtschaftskammer, in welcher zunächst die beratende Tätigkeit usw. der Kammer in Obst bauangelegenheiten usw. in empfehlende Erinne rung gebracht wurde. Den Schluß dieser No tiz bildet ein Hinweis darauf, daß die Obstbau inspektionen auch bereit seien, auf dem Ge biet der künstlerischen Gartengestaltung, so weit die Planung der Anlagen in Betracht komme, sich in den Dienst der Interessenten zu stellen. Es geht aus jenem Satze nicht ganz unzweideutig hervor, wie er gemeint ist, d. h. ob die Kammer die Entwürfe durch ihre Be amten anfertigen lassen oder ob sie sich auf die Begutachtung der von anderer Seite ange fertigten Pläne beschränken will. Das ist aber ganz gleichgültig, und eines ist so merkwürdig wie das andere. Denn die Verwirklichung des Vorhabens in der ersterwähnten Form bedeu tet einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Gartenarchitekten und zur künstlerischen Be gutachtung von Entwürfen ist wohl jede Kom petenz der Kammern zu bestreiten. Denn schließlich sind die Gartenbauabteilungen der Landwirtschaftskammern keine Kunsttribunale. Aus diesen Gründen muß die bestimmte Er wartung ausgesprochen werden, daß die Stet tiner Methode nicht etwa im ganzen Reiche Schule macht. Sache der am nächsten Inter essierten, der Gartenarchitekten, ist es, die zur Erreichung dieses Zieles dienenden Hebel anzusetzen. Landverwüstung. Man schreibt uns unter obigem Kennworte: Die Sportsucht nimmt allmählich Riesenver hältnisse an und wächst sich zu einem Unge heuer aus, welches große Flächen kostbaren Kulturlandes verwüstet, Kostbaren Kultur landes, auf dem viele Tausend Zentner an gärt nerischen und landwirtschaftlichen Erzeug nissen geerntet werden könnten, .Wenn das so fortgeht, dann gleicht binnen einigen Jahren die Umgebung der Mittel- und Großstädte einer . festgetretenen Scheunentenne, und auch schon in ganz kleinen Städten hat sich die Seuche schon eingenistet. Wohin soll das führen! Es gibt manchen tüchtigen Gärtner, der sich gerne selbständig machen würde, aber es fehlt ihm am wichtigsten an Grund und Boden und so muß er auf die Verwirklichung seiner Hoffnungen verzichten und zusehen, wie auf weiten Flächen guten Landes waden- strümpfige Jünglinge den rohen Fußballsport mit einer Leidenschaft und Begeisterung aus üben, die einer besseren Sache würdig wäre. Jedenfalls ist es Tatsache, daß wir jeden Ar Kulturlandes zur Volksernährung brauchen und aus diesem Grunde sind die Uebertreibungen der Sportsucht unter den heutigen Verhält nissen nur zu verurteilen. Wo bleiben die Gartenbaufachmänner? In einem Ausstellungsbericht aus Großsaga bei Gera lesen wir: „Der Vorstand, Herr Lehrer Panzer eröffnete die Ausstellung am Sonn tag um %3 Uhr mit einer Ansprache. Es sprachen noch der Landesobstbau- Vorsitzende Lehrer Vielweber-Ober- ropisch und Landes obs tbaus a c h ver ständig e r L e hr e r Haase aus Harpersdorf als Regierungsvertreter. Beide Her ren sprachen sich befriedigt über den Befund aus und mahnten, die gute Sache immer wei ter zu pflegen,“ Usw. usw. — Wir fragen: Gibt es denn dort keine Obstbau- fachleute, die bei einer derartigen Ge legenheit auch einmal den Mund auftun? Müssen denn immer die Lehrer im Vordergrund stehen? Das ist ja überhaupt der wunde Punkt in vielen derartigen Vereinen, daß die Gärtner, welche hier die Führung haben soll ten, sich von Laien an die Wand drücken las sen. Besonders die Herren Volksschullehrer verstehen es meisterlich, ihr oft recht beschei denes Lichtlein vor dem staunenden Publikum zu so lebhaftem Aufflackern anzublasen, daß es helle Geistesblitze vortäuscht. Die Sache hat bei den heutigen politischen Verhältnissen eine sehr ernste Seite, weil die Gefahr vorliegt, daß mundbegabte „geschäftstüchtige“ Laien auf diese Weise in staatliche Sachverstän digenämter gelangen können, die eigentlich den Fachleuten vorbehalten sein sollten. Ein derartiger Fall scheint auch hier vorzuliegen. «a g. > a. -sa rs <2. q. a 2 Praxis und Wissenschaff | d-pn-c-a-cev=-cc-c• Praktische Erfahrungen mit der Kohlhernie. Zu meinem Entsetzen mußte ich in diesem Frühjahr die Entdeckung machen, daß meine sämtlichen Kohlsaatbeete im freien Lande so gründlich vo dieser Wurzelkrankheit ver seucht waren, daß ich kaum 4 bis 5 vH ge sunde Pflanzen unter dem großen Bestände (etwa 20 000 Stück) auftreiben konnte, trotz dem das Land bis dahin völlig seuchenfrei ge wesen war. Zum Verkauf waren die Pflanzen infolgedessen gänzlich ungeeignet, jedoch wollte ich wenigstens den Versuch machen, meinen eigenen Pflanzenbedarf zu decken. Ich entfernte also von den erkrankten Pflanzen die mit Anschwellungen besetzten Wurzelteile, so daß oft genug nur 1 bis 2 cm lange Stümpfe der Hauptwurzel ohne oder mit nur wenigen Faserwurzelresten übrig blieben. Sowohl Kohlrabi, Blumenkohl als auch Weiß-, Rot- und Welschkohlpflanzen wurden dieser Operation unterworfen und zum Schluß sämtliche Pflan zen unter der Pumpe abgewaschen, um jeden Rest von verseuchter Erde von den Wurzeln zu entfernen. Mit geringen Erwartungen auf Erfolg wur den die Patientinnen ausgepflanzt. Sie haben mich aber in angenehmster Weise enttäuscht, denn die verderblichen Schleimpilzgallen sind nur bei schätzungsweise etwa 3 vH der Pflan zen wieder aufgetreten und ich habe eine durchaus normale Ernte gehabt, soweit man bei der diesjährigen Dürre von einer solchen sprechen kann. Natürlich wurden die zum Teil anfangs stark welkenden Pflanzen ausreichend gegossen, um sie durchzubringen. Das oben erwähnte unerwartete Auftreten der Krankheit schreibe ich der Infektion durch mit den Dauersporen der Plasmodiophora be haftetes Saatgut zu. Jedenfalls sind die Mut- teipflanzen, von denen das Saatgut gewonnen wurde, auf verseuchtem Lande gezogen wor den, und in den Erdstaubteilchen, die unver meidlicherweise den Samenkapseln anhafteten, sind jedenfalls massenhaft Sporen enthalten gewesen. Es dürfte daher eine Beizung der Kohlsamen mit Uspulun, vielleicht auch mit Formaldehyd ratsam sein. Es liegt mir fern, meine Erfahrung als für den Erwerbsgemüsebau allgemein brauchbar hinzustellen. Immerhin scheint sie mir doch interessant genug zu sein, um allgemein be kannt zu werden. Einige Apfelsorten für Höhen lagen. Es besteht in neuerer Zeit mehr als sonst Neigung, Kernobstbau auch in mittelhohen und höheren Gebirgslagen zu treiben, wobei natur gemäß der Apfelbaum bevorzugt wird. Wenn dabei bezüglich der Sortenwahl mit einer ge wissen Vorsicht verfahren wird, so ist es sehr wehl möglich, auch im Gebirge gute Erfolge zu erzielen. An erster Stelle steht die Forde rung, daß die im Gebirge anzupflanzenden Apfelsorten widerstandsfähig gegen die Krebs infektion sind. Bekanntlich leiden im Gebirge viele Sorten mehr an dieser Übeln Krankheit, welche in der Ebene nicht zu den ausge sprochen krebssüchtigen gehören. Es mag das wohl an den besonderen klimatischen Bedin gungen des Gebirgsklimas liegen, aber natür lich auch am Boden, sofern dieser nur flach- gründig oder kalt und schwer, also lehmig oder tonig und dabei womöglich noch naß und kalkarm ist. Es ist eine selbstverständliche Voraussetzung des Erfolges, daß zunächst den vorhandenen Uebelständen der Oertlichkeit soweit als möglich durch zweckentsprechende Bodenmelioration abzuhelfen ist. Dann ist es natürlich notwendig, an Ort und Stelle Um schau zu halten, welche Sorten sich bereits in schon vorhandenen Obstpflanzungen oder Hausgärten bewährt, d. h. sich krebsfrei und ertragreich gezeigt haben. Vielfach wer den das bodenständige Lokalsorten sein, die freilich in den Baumschulen kaum zu haben sein werden. Es bleibt dann in diesem Falle nichts weiter übrig, als die Anpflanzung ande rer, in der Baumschule erhältlicher krebsfreier Sorten und deren spätere Umveredlung mit der gewünschten Lokalsorte. Vor allem emp-.