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Nr. 33 u.34 Freitag, den 19. August 1921. XXIII. Jahrgang Deutsche Gartenbau-Zeitung Bezugspreis bei direktem Bezog vom Verlag: für Deutschland und Deutsch- Oesterreich M. 16.—, durch die Post oder den Buchhandel und für das Ausland M. 40.— pro Kalenderjahr. Ausgabe z. Zt. 14tägig (Freitags). (früher „Der Handelsgärtner“) Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Anzeigen 80 Pfennig für die sechs- gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorschrift 100 Pfennig, im Reklameteil M. 2.— für die dreigespaltene 78 mm breite Petit-Zeile. Teuerungszuschlag 100°.. Inhalt: Meisterkurse. — Die Berechnung des Steuerabzuges nach dem 31. Juli 1921. — Praxis und Wissenschaft: Die Staudenaus- lese der Kartoffeln. — Zur Bekämpfung der Erdraupen. — Konservie rung von Schattendecken aus Jute, Leinen usw. — Rechtspflege. — Vereine und Versammlungen. — Handelsnachrichten. — Bücherschau. — Personalien. Des Meeres und der Liebe Wellen. (Erzählung.) 5. Fortsetzung. Meisterkurse. Der erste Meisterkurs, den die gärtnerische Versuchsanstalt zu Bonn veranstaltete, hat eine über Erwarten starke Beteiligung gefunden und damit den Beweis gliefert, daß derartige Lehrgänge einem Bedürfnis entsprachen. Nicht weniger als weit über 200 selbständige Garten baubetriebsinhaber aus allen Teilen der Rhein provinz haben an dem Bonner Kurse teilgenom men und es ist zu erwarten, daß die Früchte der erhaltenen Anregungen und Belehrungen nicht ausbleiben werden. Es mag unter unseren Berufsgenossen Leute geben, welche derartige Kurse für überflüssig ansehen und mit einer gewissen Ueberheblichkeit auf alles das her abschauen, was irgendwie nach Theorie aus sieht. Allen diesen kann man nur raten, ein mal einen Blick auf den Schwesterberuf des Gartenbaus, auf die Landwirtschaft, zu wer fen. Die ungeheuren Fortschritte, welche diese etwa in den letzten drei Jahrzehnten ge macht hat, sind zu einem sehr wesentlichen Teil der wissenschaftlich-theoretischen Durch dringung des Berufs zuzuschreiben. Die Land wirte, die großen sowohl wie die mittleren und kleinen, haben das auch längst erkannt und mit Eifer schicken sie ihre Söhne auf die landwirtschaftlichen Winterschule, um auf diese Weise die Fortschritte der wissenschaftlichen Erkenntnis ihren Betrieben nutzbar zu ma chen. So müssen auch im Gartenbau, und inson derheit im Erwerbsgartenbau, die wissenschaft lichen Fortschritte in viel stärkerem Umfange als bisher zur Befruchtung der Praxis ausge nutzt werden. Das geeignetste Mittel hierzu oder wenigstens wohl das Mittel, welches den schnellsten Erfolg verspricht, sind jedenfalls die Meisterkurse, in denen frei von allem überflüssigen Ballast den bildungseifrigen und fortschrittlich gesinnten Betriebsinhabern und Angestellten in verantwortlichen leitenden Stel lungen in kurzer gedrängter Form alles gebo ten werden muß, was geeignet ist, den Beruf praktisch-wissenschaftlich zu durchdringen. Auf das Wort „praktisch-wissenschaft lich“ ist das größte Gewicht zu legen. Denn Theorie oder praktische Grundlage, ohne engere Beziehungen zu den praktischen Lebensnotwen digkeiten und Bedürfnissen des Berufs, bleibt tot und unfruchtbar. In Bonn am Rhein war durch die Persönlichkeit des Leiters der dor tigen Versuchsanstalt, in dessen Händen die Direktive des Ganzen lag, die denkbar sicherste Gewähr für die gedeihliche und nutzbringende Ausgestaltung des Kurses gegeben. Es wird nicht leicht sein, an anderen Orten die Männer von gleicher Eignung ausfindig zu machen, auch schon aus dem Grunde, weil die Bonner gärt nerische Versuchsanstalt bisher die einzige Anstalt dieser Art in Deutschland ist. Aber das darf kein Grund sein, von vorherein den Gedanken der Meisterkurse gänzlich fallen zu lassen. Vor allem müssen sich die staatlichen Gärtnerlehranstalten in den Dienst dieser guten Sache stellen. Damit wäre schon ein großer Schritt vorwärts gemacht. In Süd4 deutschland wäre wohl die Hohenheimer Schule am besten geeignet und im Freistaat Sachsen wäre die in der Entstehung begriffe ne staatliche Versuchs- und Lehrgärtnerei in Pillnitz in Zukunft die geeignete Stelle für die Abhaltung solcher Kurse. Auch die Berufs verbände und Vereinigungen sollten die Sache als Förderer in die Hand nehmen. Mehr wie jemals ist angesichts der ungewis sen und schweren politischen und wirtschaftli chen Lage des ganzen Volkes die Zukunft un seres Berufs unübersichtlich und unsicher. Je besser da das geistige Rüstzeug jedes Berufs genossen ist, um so größer ist auch für ihn die Hoffnung trotz alledem, sich auch auf unsicherem Grunde aufrecht zu erhalten. In diesem Sinne sind die Meisterkurse eine Forderung des Tages. Die Berechnung des Steuerabzuges nach dem 31. Juli 1921. Bekanntlich hat der Reichstag in seiner Sitzung vom 2. Juli 1921 den Gesetz entwurf betr. die Einkommensteuer vom Ar beitslohn angenommen. Das Inkrafttreten des im Reichsgesetzblatt Nr. 845 abgedruckten Ge setzes bestimmt der Reichsfinanzminister. Die Inkraftsetzung ist für das Ende des Jahres 1921 in Aussicht genommen. Ein Teil der neuen Bestimmungen des be treffenden Gesetzes tritt jedoch vorher in Kraft. Es handelt sich dabei um die gemäß § 13 des Einkommensteuergesetzes zulässigen Abzüge (Werbungskosten) für Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einkünfte gemacht sind, z. B. für Abnutzung der Berufskleidung usw. Die Regelung-ist da bei in der Weise erfolgt, daß bei allen Lohn zahlungen nach dem 31. Juli 1921 180.— M. jährlich unter entsprechender anteiliger Be rechnung auf je zwei Stunden, Tage, Wochen oder Monate von dem einzubehaltenden Steuer betrag abgesetzt werden. Die Verteilung ergibt, daß sich die Steuerabzüge ermäßigen: a) im Falle der Zahlung des Arbeits lohns nach Stunden auf 0,15 M. für je zwei angefangene oder volle Stunden b) im Falle der Zahlung des Arbeits lohns nach Tagen auf 0,60 M. täglich, c) im Falle der Zahlung des Arbeits lohns nach Wochen auf 3,60 M. wöchentlich, d) im Falle der Zahlung des Arbeits lohnes nach Monaten auf 15,— M, monatlich. Soweit bei dem Arbeitnehmer bisher Ab züge im Sinne des § 13 nicht erfolgt sind, so fern er also eine Bescheinigung des Finanzam tes über von ihm aufzuwendende Werbungs kosten bisher nicht beigebracht hatte, muß eine Nachholung der in der Zeit vom 1. April 1921 bis 31. Juli 1921 unterlassenen Abzüge im Sinne des § 13 des Reichseinkommensteuerge- getzes vor genommen werden. Es ist deshalb vorgesehen, daß in diesem Fall sich die Ermä ßigungen erhöhen für den in der Zeit vom 1, August bis 31. Oktober 1921 gezahlten und bis zum 31. Oktober fällig gewordenen Arbeits lohn. Die Ermäßigungen berechnen sich für diesen Fall wie folgt: a) im Falle der Zahlung des Arbeits lohns nach Stunden- auf 0,40 M. für je zwei angefangene oder volle Stunden (regelmäßig sonst 0,15 M.) b) im Falle der Zahlung des Arbeits ¬ lohns nach Tagen auf 1,40 M. täglich (sonst regelmäßig 0,60 M.) Ic) im Falle der Zahlung des Arbeits ¬ lohns nach Wochen auf 8,40 M. wöchentlich (sonst regelmäßig 3,60 M.) d) im Falle der Zahlung des Arbeits ¬ lohns nach Monaten auf 40,— M. monatlich (sonst regelmäßig 15.— M.) Beispiel 1: Verheirateter Angestellter mit drei minder jährigen Kindern und 1200.— M. Monatslohn, bei dem Abzüge im Sinne des § 13 EStG schon in der Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1921 be rücksichtigt sind: Steuerabzug z. B. bei der Lohnzahlung für August: Monatslohn 1200.— M. davon abzugsfrei für den Angestell ¬ ten und seine Ehefrau 2 mal 100.— M. = 200.— M. Rest 1000.—M. hiervon abzugsfrei für die drei min derjährigen Kinder 3 mal 150.—M. ^450.— M. Rest 550.—M. hiervon 10 vH 55.— M. hiervon ab zur Abgeltung der Ab ¬ züge nach § 13 EStG 15,— M, endgültig einzubehalten monatlich 40.— M. Beispiel 2: Verheirateter Arbeiter mit vier minderjäh rigen Kindern und einem Wochenlohn von 420 M., bei dem Abzüge im Sinne des § 13 bis her noch nicht berücksichtigt sind: Steuerabzug bei den Lohnzahlungen a) in der Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1921 für den in dieser Zeit gezahlten und bis zum 31. Oktober 1921 fällig gewordenen Ar beitslohn für jede Woche Wochenlohn 420,—M. davon ab für den Arbeiter, seine Ehefrau und die minderjährigen Kinder (2 mal 24.— M.) (4 mal 36.— M.) =192.—M, Rest 228.—M. hiervon 10 vH 22.80 M. hiervon ab zur Abgeltung der Ab ¬ züge nach § 13 8.40 M, endgültig einzubehalten 14.40 M, b) in der Zeit nach dem 31. Okto ¬ ber für jede Woche (wie oben) 22.80 M. hiervon ab zur Abgeltung der Ab ¬ züge nach § 13 3.60 M. 19.20 M. Im Zusamenhang hiermit sei auf eine kürz liche Verordnung des Reichsfinanzministers verwiesen, nach welcher bei der Vornahme des Steuerabzugs vom Arbeislohn auf die Feststel lung des Arbeitgebers, ob die Ehefrau des Arbeitnehmers eigenes Arbeitseinkommen be zieht oder nicht und ob die minderjährigen, zur Haushaltung des Arbeitnehmers zählenden Kinder eigene Arbeitseinkommen erzielen oder nicht, zu verzichten ist. Es sind also vom Ar beitseinkommen der Ehefrau und der minder jährigen Kinder jeweils 4.— M., 24.— M. oder 100.— M, freizulassen und außerdem kann der Ehemann für die erwerbstätige Frau und die eigenes Arbeitseinkommen beziehenden Kin der entsprechende Beträge abzugsfrei bean spruchen. Dr. jur. et rer. pol. Brönner-Berlin im „Zeitungsverlag." e--c-a« 2 Praxis und Wissenschaft | Die Staudenauslese der Kartoffeln. Je nach der Größe der Anbaufläche läßt sich die Staudenauslese der Kartoffeln in verschie dener Weise vornehmen. Auf alle Fälle kann dazu geraten werden, denn wir besitzen in der Staudenauslese ein ausgezeichnetes Mittel nicht