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Nr. 31 u. 32 Freitag, den 5. August 1921. XXIII. Jahrgang Deutsche Gartenbau-Zeitung Bezugspreis (früher „Der Handelsgärtner") Anzeigen bei direktem Bezug vom Verlag: für Deutschland und Deutsch- Oesterreid M. 16.—, durch die Post oder den Buchhandel and für das Ausland M. 40.— pro Kalenderjahr. Ausgabe z. Zt. 14tägig (Freitags). Fachblatt für die deutsche Erwerbsgärtnerei Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. 80 Pfennig für die sechs* gespaltene Nonpareille-Zeile, bei Platzvorschrift 100 Pfennig, im Reklameteil M. 2.— für di« dreigespaltene 78 mm breit« Petit-Zeile. Teuerungszuschlag 100"/.. Inhalt: Weltmarktpreise im Gartenbau? — Es ist höchste Zeit l — Zur Einfuhr von Blumenzwiebeln. — Die Preußische Hauptland- Es ist höchste Zeit! Wirtschaftskammer. — Praxis und Wissenschaft: Campanula glomerata. —EArabis alpina fl. pl. als Topfpflanze. — Obstaufbewahrung in Torf mull. — Zur Biologie des Marienkäferdiens. — Heidelbeerzüchtung? —Rechtspflege. — Kleinere Mitteilungen. — Vermischtes. — Ausstel lungswesen. — Fachunterrichtswesen. — Personalien. Des Meeres und der Liebe Wellen. (Erzählung.) 4. Fortsetzung. Weltmarktpreise im Gartenbau? Die Annäherung der Preise an die sogenannte Weltmarktpreislage ist das Ziel der Industrie und der Landwirtschaft. Man versteht darun ter im allgemeinen die Preislage, welche sich ergibt, wenn man den Preis, den eine Ware in den Ländern mit höchststehender Valuta er zielt, in deutsche Markwährung umrechnet. Es ist nun recht interessant und lehrreich, wenn man auch bei unseren Gartenbauerzeugnissen einmal einen derartigen Versuch macht, selbst verständlich nur rein theoretisch, denn in der Praxis ist es in Deutschland bei vielen Garten bauerzeugnissen noch nicht einmal möglich, die Hälfte oder ein Viertel des Weltmarkt preises zu erzielen. Man könnte sagen, dieser Versuch sei fruchtlos und daher überflüssig. Das trifft aber nicht zu, im Gegenteil ist der Vergleich sehr lehrreich und das beste Mittel, denjenigen deutschen Gärtnern, die noch im mer der Meinung sind, ein Preisabbau sei für unsere Gartenbauerzeugnisse unerläßlich, den Star zu stechen und ihnen die Augen über die wirkliche Lage des Berufes zu öffnen. Maßgeblich für die Bildung des Weltmarkt preises sind die Valuten Nordamerikas und der Schweiz. Vergleichen wir daher einmal die Preise, welche für Gartenbauerzeugnisse in letzterem Lande gezahlt werden, mit den uns- rigen. Wir richten uns dabei nach der am 23. Juli 1921 erschienenen Nummer des Offer tenblattes der schweizerischen Handelsgärtner. Es kosteten z. B. zu diesem Zeitpunkt Ge müsepflanzen im Hundert: Blumenkohl 2,20 Fr. = 28,60 M., Endivien und Salat 1 Fr. = 13 M., Kohlrabi, Porree, Sommerendivien und Rosenkohl 1,20 Fr. = 15,60 Mark. Erdbeerpflanzen in den handelsüblichen Sor ten, ebenfalls je 100 Stück, kosteten 8 Fr. = 104,40 Mark. Der Hundertpreis für Stiefmütterchen und Bellissämlinge betrug 2% Fr. = 32,50 M., für Landnelken 3.50 Fr. = 45,50 M., für sonstige Sommerblumensetzlinge 2,50 bis 3 Fr. = 32,50 bis 39 Mark. Ferner kostet das Hundert Epheu in star ken, mehrtriebigen Pflanzen von 100 bis 130 cm Höhe 200 Fr. — 2600 M., in 140 bis 180 cm Höhe 300 Fr. = 3900 M., während für Wald farne und Hirschzungen (Scolopendrium) der Hundertpreis 30 bis 40 Fr. = 390 bis 520 M. betrug. Nun noch einige marktgängige Topfpflanzen. Es kosteten z, B. Fuchsien in 10 cm Töpfen im Hundert 60 Fr. = 780 M., die bekannte Hänge fuchsie Marinka je Stück bis 1,50 Fr. = 19,50 Mark, Dracaena indivisa in guter Ware 100 Stück 100 Fr. = 1300 M. Junge Primula obco- nica aus 6-cm-Töpfen wurden mit 20 Fr. = 260 Mark, je 100 Stück angeboten und unbewur zelte Stecklinge von Meteorpelargonien je 100 Stück mit. 8 Fr. = 104 M. Wir glauben, daß diese Stichproben genügen und daß sie geeignet sind, die Preisabbaupre diger innerhalb der schwarz-rot-goldenen Grenzpfähle endlich zum Verstummen zu bringen. Von Max Tillack, Breslau. Verfolgt man mit fachmännischem Interesse die Auseinandersetzungen über das Für und Wider bezüglich der Einfuhr südländischer Blumen, so kann man sich eines bangen Ge fühls nicht erwehren, daß es letzten Endes ein Bruderkampf ist, der ausgefochten wird. Zwei fellos sind nicht unreelle Absichten in beiden Lagern, also der Gärtner und Blumengeschäfts inhaber, festzustellen, wenn oftmals in Ver handlungen unsachliche oder entstellende Tat sachen ins Feld geführt werden. . Es Ist aber doch eine gewisse Parteilichkeit, allerdings ge tragen vom Bewußtsein, seiner Berufsgruppe zu dienen, wenn auf der einen mit der Notwendig keit der Einfuhr in bezug auf den Bedarf,(Wohl feiler“, also billiger Blumen, auf der anderen Seite mit der Gewißheit operiert wird, daß das voraussichtliche Angebot im kommenden Win ter dem Bedarf genügen wird. Beide Teile ver gessen im Uebereifer, Momente zu beachten, die geeignet sind, alle Berechnungen zu ver nichten. Auf beiden Seiten leider das fehlende Organisationstalent der Führer, das Fehlen be ruflichen Zusammengehörigkeitsgefühls der Mitglieder und letzten Endes die geringe Be achtung der zurzeit herrschenden, ganz an ders als in der Vorkriegszeit gearteten wirt schaftlichen Verhältnisse. Gerade diese müß ten aber das gegenseitige Sichverstehen för dern und vieles verhindern, was einem gegen seitigen Kampf gleichsieht. Es ist höchste Zeit, daß unsere beiden Berufe die Not der Zeit erkennen und nicht untätig bleiben, um der beruflich-wirtschaftlich schwie rigen Existenzlage Herr zu werden. Heraus auf die Schanze diejenigen, die be rufen sind, einsichtsvoll vor Schritten zu war nen, die verhängnisvoll zu werden versprechen. Alles was unsere beiden Berufe entfremdet, muß vermieden, alles was uns zu gegenseitigem Einvernehmen führt, muß gefördert werden. Fruchtbar muß der Meinungsaustausch sein, und die Organisationen sollten es als ihre Pflicht betrachten, zu sorgen, daß nicht nur Worte verlpren, sondern daß Worte auch in die Tat umgesetzt werden. Der Gärt ner, aber auch der Blütner, kann nicht genug aufgerüttelt werden. Beide, besonders der Gärtner, halten zu sehr am Althergebrachten fest, sind zu konservativ in ihren Anschau ungen, und zu eigennützig. Ich will nicht an Gefühle appellieren, aber an bittere Not wendigkeiten, Eine der größten Schwierigkeiten unserer gärtnerischen Erzeugung ist, daß wir keine Vorratswirtschaft treiben können, sondern daß wir Bedarfswirtschaft notwendigerweise be treiben müssen. Diese planmäßig, also als so genannte Planwirtschaft zu betreiben, kann nur durch feste Organisation geschehen, deren Einführung aus obigen Gründen und der Rück ständigkeit des „Krauters“ wegen sehr schwierig ist. Leider betrachtet sich der Gärt ner meist als König in seinem Grundstück und 'ist äußeren Einflüssen erst zugängig, wenn er j sie am eigenen Leibe oder am Geldbeutel spürt. Deshalb ist noch die großväterliche Ar beitsweise und rückständige Lebensanschau ung allgemein allen Fortschritten hinderlich. Die bezieht sich nicht nur auf die Wirtschafts-, sondern auch auf Kulturfragen. Diese er wähnte Bedarfswirtschaft muß sich ausschließ lich der Nachfrage anpassen. Williges Unter ordnen des Einzelnen im Interesse des Gan zen ist Grundbedingung, um zu vermeiden, daß wir Arbeit umsonst leisten. Was nutzt dem Blumengeschäftsinhaber die schönste Ware zu einer Zeit, wo er sie nicht gebrauchen kann, oder die Art, die beim Publikum keinen An klang findet. Der Weg ist bereits beschritten, der zu diesem Ziel führen kann, — nur jetzt keine weitere schädliche Beunruhigung durch Blumeneinfuhr. Die Erkenntnis seiner Lage, sei ner Pflicht, muß dem deutschen Gärtner kom men. Noch ist es nicht zu spät, aber es ist höchste Zeit. Die Leitsätze oder Richtlinien zur Erreichung des Zieles der planmäßigen Versorgung des Marktes sind gegeben. In der Anpassungsfähigkeit liegt der Erfolg des Be- ; triebes, selbst dann, wenn uns die Heizungs- scrgen so bedrücken. Die schon seit Jahren in den Betrieben emp fohlene Sparsamkeit, äußerste Ausnutzung der Hilfsmittel, Vermeidung entbehrlicher Ein- J käufe und Spezialisierung, sie sind die Mittel, an Beweisen fehlt es nicht, die Gärtnerei so i leistungsfähig wie möglich zu gestalten. Das Alte über Bord. Mehr kaufmännische Betriebsweise, moderne Arbeitsweise und ra tionelle Ausnutzung aller in Betracht kommen den Faktoren. Selbstverständlich müssen wir die Kulturen teurer Blumen und Pflanzen der immer mehr sinkenden Kaufkraft wegen ein- ' schränken, dafür aber mit geringer Wärme aus- . kommende Schnittblumen für den Winterbe darf heranziehen. Die vorzeitige Kultur so wie das Zurückhalten durch besondere Maß- I nahmen oder Kulturverfahren ist und soll Hilfe zvj diesem Zielsein, Die bereits heute festzu- ' stellende Steigerung der Eigenerzeugung in den Gärtnereien, wenn auch nicht in der vorge schlagenen Ausnutzung, braucht nur durch ge- j eignete Maßnahmen stets der Nachfrage er reichbar gemacht zu werden. Ich warne zum letzten Male die deutschen • Blumengeschäftsinhaber, durch den ungerecht- ' fertigten Ruf nach Auslandsblumen zu ihrem I eigenen Schaden eine weitere Beunruhigung in die Gärtnereibetriebe zu tragen und zu zer stören, was für sie aufgebaut ist. Es gibt kei nen Beweis dafür, daß die einen langen Trans portweg beanspruchenden Auslandsblumen so preiswert sind, daß sie den Ausfall durch den Schaden, der der deutschen Gärtnerei zuge- fügt wird, ausgleichen können. Die geringe Kaufkraft gestattet den weitaus meisten Blu mengeschäften nicht, die teuren Auslandsblu men selbst zu den Preisen des Vorjahres zu verwenden und außerdem sich noch den deut- j sehen Gärtner, den Lieferanten des ganzen i Jahres, zu erhalten. Es geht um die Existenz zweier wirtschaft licher Berufsgruppen, die infolge ihrer Eigen art ohnehin in größerer Bedrängnis sind, als sie es bis jetzt merkten. Höchste Zeit ist es, sich zu besinnen. Nicht unlautere Motive dürfen es sein, die in beiden Lagern die Gegnerschaft der Einfuhr beein flussen, Nicht um die Erstrebung eines Mono pols, sondern um höhere Ziele handelt es sich. Die Tüchtigkeit des Einzelnen muß vorbild lich wirken, und die Tatkraft Existenzmöglich keiten erschließen. Produktive Arbeit zu leisten, nationale Würde zu bewahren, und aufzubauen, nicht niederzureißen, das ist's, was unser Berufswohl verlangt. Darum: Es ist höchste Zeit! ZurEinfuhr von Blumenzwiebeln Der „V. D. G.“ schreibt uns: „Wenn auch eine amtliche Bestätigung noch fehlt, scheint es, daß die wochen-, ja monate-