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'(Fortsetzung.) Ein Wer Mensch. Ronian von s> n n I L l i ß. (Nachdruck verboten.) Dio Lise lachte. „Ei, sieh einer an! Also auf unseren Herrn hat sie's abgesehen! Die versteht's!" „Gar nichts versteht sie! Tu hörst ja, der Herr sieht sie kaum an. Mehr als das notwendigste wird nie gesprochen. Ist ja auch kein Wunder. Wer soll sich denn in eine so harte nnd mürrische Person vergassen? Der Mann, der die gern haben könnt', der soll noch erst geboren werden!" Kichernd und spöttelnd gingen sie hinaus. * * * Gegen drei Uhr kam Onkel Klaus. Bruno sah ihn schon vom Acker her und winkte ihm zu. So stieg der alte fröhliche Herr vom Wagen, den er voran schickte, und schritt hinüber zu dem jungen Landmann. „Zn Dir niag man kommen, wann man will, immer steckst Dn im Geschirr," rief er fröhlich, Bruno begrüßend. Ebenso heiter dankte der: „Das wird sich doch wohl so gehören, denke ich! Du kennst doch das Sprichwort: Der Mann aufs Pferd, die Frau an den Herd! Dgnach handle ich." Onkel Klaus lächelte pfiffig. „Nur mit dem Unterschied, daß Deinen! Herd noch immer eine tüchtige Hausfrau fehlt." Brunos Gesicht erheiterte sich auch. Er ahnte, daß der ante Onkel ihm wieder mit einem Heiratsplan kam. Vielleicht Ivar das gar die Neuigkeit, die er kürzlich für ihn bereit hatte. Nun, er war auf alles gefaßt. Doch hielt er es für richtiger, jetzt nicht zu antworten. Aber auch der Alte ließ dies Thema fallen. Vorerst sah er sich im Felde mm und erkundigte sich nach dem Stand der Saaten, worauf er eine zufriedenstellende Antwort bekam. Dann fragte er plötzlich: „Ich störe Dich doch etwa nicht? Bitte, sag's nur ganz dreist. Dann gondle ich allein zurück." Wieder mußte Bruno lächeln. „Nein, nein, Du störst nicht. Tätest Du's, dann sagte ich's Dir gewiß. Darin kennst Du mich doch zur Genüge, hoffe ich." „Das stimmt. Aus Deinem Herzen machst Du nie eine Mördergrube." „Mit anderen Worten: ich bin ein Grobian, wie?" klang cs lachend zurück. „Nun, manchmal wäre Dir ein bißchen mehr Freundlich keit wirklich vonnöten." Heiter zuckte Bruno die Schulter. „Ja, das kann ich Dir nun leider nicht mehr versprechen." -.Verlang' ich auch gar nicht. Weil Du's doch nicht halten würdest." . „Könnte schon sein." Dabei gab er seinen Gaul einem Knecht. In munterer Lanne gingen sie weiter. Ringsum, so weit man blicken konnte, war alles Gelände zu Schönau gehörig. Ein stattliches Gut. Und alles in denkbar bester Verfassung. Während sie langsani, in heiterer Unterhaltung, durch die Feldmark dahinschritten, sah Bruno bald rechts, bald links und erteilte hier und da, wo es angebracht war, kurze Wei sungen und Befehle, und obschon er nie den Faden der Unter haltung verlor, entging auch uicht ein Vorkommnis der Feld arbeiten seinem prüfenden Ange. Onkel Klaus merkte das wohl. Und er hatte seine Helle Freude darau. Wie er denn diesen frischen, starken und lebens ernsten Burschen schon von Jugend auf gern gehabt hatte. „Wenn man Dich hier so in Deinem Element sieht," sagte er gutherzig, „bist Du ein ganz anderer als neulich abends im Tanzsaal."' Ter junge Landwirt nickte schmunzelnd. „Werde eben auch uie ein Gesellschaftsmensch werden." Jetzt ergriff der Alte die Gelegenheit, und schnell versetzte er: „Leider! Und deshalb bist Du auch stets so einsam nnd hast noch immer keine Frau gefunden." Aha. Jetzt begann es. Aber Brnno schwieg auch jetzt wieder. Nur innerlich freute er sich. „Habe ich vielleicht nicht recht?" fuhr Onkelchen inter essierter fort. „Schon längst solltest Du Fran nnd Kinder ha ben. So gehört sich das für einen, tüchtigen Landwirt. Tn weißt ja gar nicht, für wen Du Dich quälst., Hast. Tu aber einen Erben, daun hat dje ganze Sache doch erst einen Zweck. Tarin wirst Du mir doch recht geben müssen." „Im allgemeinen ja," erwiderte Bruno jetzt ein wenig zögernd, „aber ich leb» auch so ganz gut, wie Du siehst." „Uiisiun! Ich sehe durchaus nicht, daß Tu gut lebst! Leben nenne ich das überhaupt nicht, das ist nur ein Vege tieren! Ja, lächle Du uur, es ist doch so, wie ich sage! Ein Junggeselle ist nur ein halber Mann. Und ich gehe sogar noch weiter, ich behaupte, ein vermögender Mann, der Frau und Kind ernähren kann, hat sogar die Pflicht, zu heiraten! Ja wohl, so ist es! Wohin sollte denn unser Staatswesen kom men, wenn alle Männer so dächten wie Du! Und wenn Du mich auch zehnmal auslachst, ich hab' doch recht! Jawohl, ich erkläre Dir hier rund heraus, daß Du das Deinem Vaterland einfach schuldig bist, jawohl!" Bums! Nun hatte er's aber bekommen! Der Hieb mußte doch gesessen haben! Indes fühlte Bruno sich noch ganz behaglich. Er ließ sich uicht aus der Ruhe bringen und meinte nur so nebenbei: „Na ja, ich kann ja mal darüber nachdenken." Aber Onkelchen merkte, daß es dem jungen Hagestolzen doch nicht ernst damit war. Deshalb begann er noch einmal: „Wenn ich nur schon einen Grund für Deine Handlungsweise sähe. Aber ich finde absolut keinen!" „Wer weiß, vielleicht hab' ich doch einen." „Nun schön, so nenn' ihn mir doch wenigstens!" Schweigend sah Bruno in die blaue, goiddurchflimmerte Luft. Ein herrlicher Tag war es. Frühlingsfreude schwebte über alles lachend dahin. Und süße Düfte kamen mit einem lauen Windhauch hergeweht. Jubilierend schwang sich eine Lerche empor. Und keimendes, sprießendes, blühendes Leben ringsum, so weit das Auge uur sah. Ach, es war doch wonnig, hier draußen so für sich zu leben. Da er noch immer schwieg, fragte der Alte nun erregter: „Na also, den Grund? Wenn Du wirklich einen haben solltest." Und jetzt entgegnete er burschikos: „Ach, laß mich doch nach nunner Fasson selig werden." „Aha, dachte ich's mir doch!" sagte Onkelchen und paffte ein paar mächtige Rauchwolken in die blaue Luft, was ein Anzeichen dafür war, daß er eine wichtige Entdeckung gemacht hatte. Dann sah er seinen Begleiter heimlich prüfend von der Seite an und dachte: Wart' nur, mein Jungchen, jetzt weiß ich schon, wo Dir der Schuh drückt. Aber für das Leiden hab' ich ein Mittel, jawohl! Und schmunzelnd lachte er in sich hinein. Als sie im Herrenhause ankamen, harrte ihrer bereits ein würzig duftender Kaffee. Und wieder freute sich der Hausherr über die trauliche Behaglichkeit, die sie sofort umfing. Lächelnd sagte er: „Nun sieh Dich bitte null recht genau hier um. Und wenn Du ehrlich bist, wirst Du zuaeben müs sen, daß mir gar nichts, aber auch gar nichts, fehlt." „Außer einer Frau," versetzte der Alte mit Festigkeit. „Daß die Berta ein tüchtiges Mädel ist, das habe ich längst gewußt. Aber sie ist und bleibt eben doch nur Deine Haus hälterin." Bruno wurde immer aufgeräumter. „Nun gut, wenn ich also mal das Bedürfnis fühle, mir eine Frau zu nehmen, brauche ich sie ja nur zu he.iraten." Fröhlich blickte er den ' Onkel an. Der erschrak heimlich, beherrschte sich aber sofort und er widerte ein wenig verärgert: „Daran denkst Du doch keinen Augenblick. Wie man denn überhaupt mit Dir in dieser An gelegenhcit ja nie ernsthaft reden kann." Wieder lachte der Hausherr. „Also'wirst Du es nun aufgeben, ein für allemal, mich unter die Haube bringen zu wollen, wie?" .' .. . Onkelchen seufzte nur und schlürfte seinen prächtigen Kaffee. Und da sich nun auch Fränlein Berta an den Tisch setzte, nahm das Gespräch jetzt natürlich eine andere Wendung. Plötzlich fragte Bruno: „Was ist denn das nun eigentlich für 'ne Neuigkeit, die Du mir noch immer vorenthältst?" Ganz harmlos, mit famos gespielter Ruhe, antwortete der Alte: „Ach, so was Besonderes ist's nun gerade auch nicht. Meine Nichte, die Grete Bergmann, wird mich demnächst Wohl auf ein paar Tage besuchen." Wie ein Blitz schlug diese Nachricht ein. Bruno zuckte merklich zusammen, und in seinen Augen stand cs wie ein jäher Schreck, sodaß sein Gesicht alle Farbe verlor. ' Ebenso erschrocken, saft hilflos ängstlich, sah auch die junge Wirtschafterin drein. Doch währte das alles nnr einen Moment, schon im näch sten waren beide gefaßt und sicher und verrieten sich nicht mehr. 52*