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Allgemeiner Anzeiger : 25.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190812257
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19081225
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-25
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 25.12.1908
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VeutfcklrmÄ unä äie Türkei. Trotzdem englische und französische Blätter sich in den letzten Wochen redlich bemüht haben, in der Türkei Deutschlands Balkanpolitik zu verdächtigen, haben die türkischen Abgeordneten bei den Sitzungen des jetzt eröffneten Parla ments wiederholt den Wert der deutschen Freundschaft hervorgehoben. Mehr und mehr lasten sich in der Türkei deutliche Anzeichen eines Umschwunges der bisher herrschenden deutschfeindlichen Stimmungen zu entschieden deutschfreundlicheren Auffassungen feststellen. Es hat einen besonders guten Eindruck hervorge rufen, das? die deutschen Schiffahrtsgesellschaften während der jetzigen Bewegung gegen Österreich es ablehnten, österreichische Waren nach der Türkei zu expedieren. Ferner wird die überaus sympathische Hal tung der gesamten deutschen Presse gelegentlich der Eröffnung des türkischen Parlaments in Konstanti nopel angenehm empfunden. Dazu kommen noch einige Nebenumstände hinzu, die ebenfalls bei den Türken dankbar ausgenommen wurden. So hob sich bei der Beleuchtung aus Anlaß der Parlamentseröffnung das Palais der deutschen Botschaft in glänzender Weise von allen andern vorteilhaft ab. Bis tief nach Mitternacht er strahlten dessen Hunderte von Fenstern in wundervollem Lichterschmuck, weithin auf dem gegenüberliegenden asiatischen Ufer sichtbar. Für den Umschwung der Stimmung in der Türkei ist folgender Vorfall bezeichnend: In einer am Vorabend der Parlamentseröffnung abgehaltenen Privatversammlung der türkischen Deputierten wurde vorgeschlagen, auf die Be grüßungsdepesche des englischen Parlaments durch eine besondere Kundgebung zu antworten. Mehrere Abgeordnete bekämpften erfolgreich den Vorschlag mit der Begründung, daß die Türkei Deutschland nicht zurücksetzen dürfe, da sie an demselben eine Stütze im Kampfe gegen das Slawentum finden würde. Die kleinasiatischen Deputierten waren für England und gegen Deutschland eingenommen. Hat schon das Begrüßungstelegramm, das der Präsident des Deutschen Reichstages an das junge Parlament richtete, allgemein an genehm berührt, so wird ein Artikel der halb amtlichen .Nordd. .Allgem. Ztg/ besonders leb haft von allen türkischen Organen besprochen. In dem Artikel heißt es u. a.: „Nicht erst von gestern dafieren bei uns die Empfindungen der Sympatbie für die Türkei. Sie knüpfen an Überlieferungen an, die bis auf Friedrich den Großen znrückreichen, sonach anderthalb Jahr hunderte umfassen. Indem wir der jungen Volksvertretung nochmals Glück auf den Weg wünschen, geben wir der Hoffnung Ausdruck, daß ihre Tätigkeit für das türkische Reich reich an Segen werden möge." — An Arbeitsstoff wird es der Kammer in ihrer ersten Session wahrhaftig nicht fehlen, da in allen Ressorts viel reformiert werden soll. In der ersten Sitzung der Deputiertenkammer wurde eine 15gliedrige Kommission zur Beratung der Antwort auf die Thronrede gewählt. Hierbei traten bereits die ersten scharfen Meinungs verschiedenheiten hervor, da eine Anzahl Abge ordneter ihrer großen Unzufriedenheit über die Thronrede des Sultans unverhohlen Ausdruck verlieh. Die Kammer wird sich zunächst mit folgen den Vorlagen zu befassen haben: Errichtung einer Nafionalmiliz; Abänderung des Rekruten gesetzes und Ausdehnung der Heerespflicht auf Nichtmohammedaner: Herabsetzung der aktiven Dienstzeit für die Dienstpflichtigen in ent fernteren Gebieten: Zurückberufung der für das Armeereformwerk nötigen in Deutsch land dienenden Offiziere mH alljährliche Ent sendung von zehn Offizieren nach Deutschland; Bewilligung eines jährlichen Budgetkredits für alle Reformen. Politilcke Kunälcbau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm hat den Reichs kanzler Fürsten v. Bülow in Audienz empfangen und mit ihm eine längere Besprechung über die polifische Lage und besonders über die Balkanfrage gehabt. *Nach der,Central-Corr.' hat sich das Be finden des geisteskranken Königs Otto l. von Bayern besorgniserregend verschlimmert. Hauptsächlich ist es dm zunehmende Herz schwäche, die dem erkrankten König zu schaffen macht. Der sonst in sich gekehrte und stille König leidet mehr denn je an Wahnvorstellungen, denen jedesmal ein sichtlicher Verfall der körper lichen Kräfte folgt. Da auch die Nahrungs aufnahme in den letzten Tagen sehr zu wünschen übrig läßt, fürchtet man das Schlimmste. * Mehrere deutsche Abgeordnete haben sich auf Wunsch eines italienischen Blattes über die letzten Debatten (betr. den Dreibund) dahin ge äußert, daß sie allerdings glauben, Italiens Bundesfreundschaft sei erschüttert, daß sie aber das Scheiden Italiens aus dem Drei bund für einen großen Fehler und eine erheb liche Schwächung seiner Machtstellung halten. * Die neuen Versicherungsgesetze (Zusammenlegung der Jnvaliditäts-, Unfall- und Krankenversicherungsgesetze sowie das Gesetz über die Witwen- und Waisenversicherung) sollen, wie gemeldet wird, im Laufe des Monats Januar an den Bundesrat gelangen. An der Fertig stellung dieser Gesetze ist in den letzten Wochen im Reichsamte des Innern mit großem Eifer gearbeitet worden. Das vereinigte Versicherungs gesetz dürfte wohl eines der umfangreichsten Gesetze werden, das jemals geschaffen wurde; es wird aus annähernd 1500 Paragraphen be stehen. * Wie verlautet, wird der in Aussicht ge stellte Entwurf betr. eine unzweifelhafte Aus legung des Artikels 54 der Reichs verfassung binnen kurzem an den Bundes rat gelangen. Der Entwurf bezweckt, die Be denken zu beseitigen, die bisher der Einführung von allgemeinen Schiffahrtsabgaben auf den deutschen Flüssen entgegenstanden. Nach dem Ergebnis der Vorverhandlungen mit den Bundesregierungen wird angenommen, daß nur Sachsen und Baden im Bundesrat gegen den Entwurf stimmen werden. Artikel 54 der Reichsverfassung bestimmt, daß Abgaben auf allen natürlichen Wasserstraßen des Reiches nur für die Benutzung besonderer Anlagen, nicht aber für das bloße Befahren erhoben werden dürfen. * Dem Reichs - Kolonialami gingen Ms Deutsch-Südwestafrika als Probe der letzten dort gemachten Funde 23 Roh diamanten zu. Die Steine sind nicht sehr groß, einzelne aber von sehr schönem Feuer und wasserreiner Farbe, so daß man im ersten Mo ment den Eindruck bekommt, die Steine seien bereits geschliffen. Frankreich. * In der Kammer sprachen sich fast alle Redner für die Vermehrung der Artillerie Ms. Bemerkenswert ist, daß alle Redner auf das Beispiel Deutschlands verwiesen, das unausgesetzt seine Artillerie vermehre iwas übrigens nicht den Tatsachen entspricht). England. *Das Oberhaus hat in dritter Lesung das Gesetz betr. den Achtstundentag in Berg werken angenommen, nachdem es zwei wichtige Abänderungen an dem Entwurf vorge nommen hatte. Das Unterhaus stimmte der einen dieser Abänderungen zu, verwarf jedoch die andere. Es besteht kein Zweifel, daß das Oberhaus sich fügen und der Entwurf zum Ge setz werden wird. Belgien. * Die Kammer bewilligte bei der Beratung des Gesetzes über Arbeiterschieds gerichte mit 62 gegen 2d Stimmen den Frauen das Wahlrecht. Danach können die Frauen nicht nur an der Wahl für die Schiedsgerichte teilnehmen, sondern auch als Beisitzerinnen gewählt werden. Dänemark. * Die Sozialdemokraten haben im Folkething einen Antrag aus Abs chaffung des Adels- ranges und der Titel eingebracht. Portugal. * In der Kammer ist die Anhängerschaft des ehemaligen Ministerpräsidenten Fr a n c o, dessen Gewaltherrschaft zur Ermordung .König Carlos' und des Kronprinven (1. Februar d.) führte, im Laufe der Session so gewachsen, daß sie jetzt das Ministerium gestürzt hat. Das Ministerium mußte zurücktreten, weil es für keine seiner Ge setzesvorlagen eine Mehrheit fand. — Überhaupt soll die Lage in Portugal sehr ernst sein. Ge rüchtweise verlautet, daß kürzlich auf den König Manuel ein Attentat geplant gewesen sein soll. Nur die schnelle Fahrt seines Wagens hinderte den Bombenanschlag. Balkanstaaten. * Die Nachrichten über eine neue auf rührerische Bewegung unter den Griechen in Mazedonien und die Bil dung griechischer Banden find nach amtlichen Erklärungen der griechischen Regierung erfunden. Den Griechen im Königreich sowie in der Türkei liegt die Absicht von Umtrieben durchaus fern, da sie schon ans nationalem Interesse den leb haftesten Wunsch hegen? die Ruhe und Ordnung in der Türkei erhalten zu sehen. * In Serbien bereitet sich wieder einmal einSkandal vor. Verschiedene Blätter haben in den letzten Tagen Artikel veröffentlicht, wo nach von den Staatsbehörden ungeheure Summen unterschlagen worden sind. Wie verlautet, wird infolge dieser Vorkommnisse das Ministerium seine Entlassung nehmen. Amerika. *Taft, der zukünftige Präsident der Ver. Staaten, bestimmte den Senator Knox von Pennsylvanien für die Stelle des Staats sekretärs, des Leiters der auswärtigen Angelegenheiten. * Die Nachrichten über den Konflikt zwischen Hol land und Venezuela, sowie über die Zustände in Castros Heimat fließen sehr spärlich, da der vertretende Präsident Gomez die Zensur angewiesen hat, mit äußerster Strenge ihres Amtes zu walten. Dadurch ist es erklärlich, daß plötzlich die tollsten Gerüchte im Umlauf sind. Englische Zeitungen wollen sogar wissen, Castro sei auf Nationalbeschluß bereits abgesetzt und Gomez zu seinem Nach folger ernannt worden. Man wird gut tun, diesen Nachrichten mit Mißtrauen zu begegnen; denn es ist sehr leicht möglich, daß der Vize präsident Gomez die Unruhen der letzten Tage hat ins Werk setzen lassen, um sich die Befug nisse eines Diktators zu sichern. Afrika. * Die in Aussicht genommene Ermächtigung für den Ältesten des diplomatischen Korps in Tanger, dem dortigen Vertreter des Sultms die von den Mächten genehmigte Mitteilung über die Anerkennung MuleyHafidszu machen, erfolgt in der Weise, daß jeder der diplomatischen Vertreter in Tanger im Auftrage seiner Regierung und für sein Land die be treffende Erklärung abgibt. Die Anerkennung vollzieht sich also durch diese Mitteilung des Ältesten für alle Mächte, aber auf Grund einer von jeder Macht besonders erteilten Zustimmung. Asien. *Jn Japan wird die Nachricht von dem bevorstehenden Abschlusse eines amerika- nisch-japanischenVertrages über die Regelung der Einwanderung als ver früht bezeichnet. Man gibt jedoch zu, daß diese Frage augenblicklich den Gegenstand von Ver handlungen bildet, um eine freundschaftliche Ver ständigung herbeizuführen. * Die indische Regierung hat eine Kundgebung gegen die anarchistischen Umtriebe erlassen. Italien am Sckeiäewege. 6O2 Ganz Italien spricht augenblicklich von den in der ,Vita' wiedergegebenen Äußerungen Ricciotti Garibaldis (der Sohn des berühmten Helden), der der italienischen Jugend den Krieg prophezeit und zwar nicht auf feiten der ver bündeten Macht Österreich. Auch ein großer Teil der übrigen italienischen Presse beginnt bereits in das Für und Wider des in kurzer Frist ablaufenden Dreibundes einzutreten. Es muß zugestanden werden, daß die Sympathien für den Dreibund gegen früher erheblich nachgelassen haben, und daß es ledig lich Höflichkeitsworte sind, die von amtlicher Stelle über die Beständigkeit der getroffenen Abmachungen sprechen. Ein Mitarbeiter der ,Cent.-Cor/ hatte in Nom Gelegenheit, eine Per sönlichkeit, die zurzeit einen großen Einfluß in Italien ausübt, hinsichtlich der augenblicklichen Stellung Italiens zum Dreibund zu be fragen. Er erfuhr nun folgendes: „Es ist nicht zu leugnen, daß der Dreibund ursprüng lich für Italien sein Gutes hatte, es ist «mch nicht abzustreiten, daß sich das Land unter dem Dreibund kräftig entwickelt hat. Einer Epoche der Entwickelung im Innern folgt aber immer in der Geschichte eine Zeit des Dranges nach ein flußreichem polifischen Ansehen im Auslände. Das ist die Zeit der Fragen nach Konzessionen. Diese Konzessionen werden auch zur Erörterung kommen, wenn es sich um Erneuerung des Drei bundes handelt, und andre Mächte bemühen sich da her schon jahrelang mit den beiden Mächten Deutsch land und Österreich in Wettbewerb für eine- neue Allianz zu treten; die systematische Arbeit Frankreichs durch den trefflich seines Amtes waltenden französischen Geschäftsträger in Rom ist sicherlich nicht zu unterschätzen, das Bestreben der Türkei mit Italien Hand in Hand zu gehe», zeigt sich wieder einmal durch die Neubesetzung der Botschaft in Rom durch Hakki, der ein nicht zu übersehender Diplomat ist. Gewiß ist es verfrüht, wollte man behaupten, die Erneuerung des Dreibundes dürfte aus Schwierigkeiten stoßen, in Tagen lasten sich oft Differenzen ausgleichen, die vorher oft unüberbrückbar schienen. Es ist durchaus nicht zutreffend, wenn man behauptet, in Italien habe das Vertrauen zu Deutschland gelitten. Lediglich Unstimmig keiten mit Österreich haben, in Italien den Gedanken von bedeutend erweiterten Konzessionen im Dreibund wilkommen lassen, und da man in Italien Deutschland als den Bruder Österreichs ansieht, richten sich manche Spitzen auch gegen diesen Verbündeten, ohne daß er eigentlich direkt gemeint ist. Kein Land kann zwar Konzessionen an ein andres erteilen, die einen dritten Staat angehen, ein verbündetes Land muß aber von seinem Verbündeten ver langen, daß es bei gerechten Forderungen seine Stimme auch' gegen einen Drittverbündeten zu Gehör bringt. Nach dieser Richtung hin ha! der neuernannte deutsche Vertreter in Nom noch viel Arbeit bis zu der Zeit, wo es heißen wird: Alte Gruppierung oder neue. Wohl steht die Regierung durchaus auf einen dreibundfreund- lichen Standpunkt, doch ist Italien gerade das Land, das mit der Stimmung des Volkes am meisten zu rechnen hat, weil das Temperament schon jahrelang nach einer andern, raffever- wandten Verbindung hinzielt. Von unä fern. Fünfzehn Stunde» im Nebel umher- geirrt. Der Lehrer von Beitbrunn »m Ammersee ist mit seinem Sohne 15 Stunden lang in einem Kahn auf dem Ammersee im Nebel herumgeirrt, ehe er trotz der Zurufe von beiden Ufern des Sees wieder ans Land ge langen konnte. Schulbänke als Pfandstnike. Edier Dorfgemeinde bei Passau sind sämtliche Schul bänke gepfändet worden. Bon einem Ast erschlagen. In Adenau (Rheinprovinz) wurde beim Holzfällen der Gemeindevorsteher Wagner von einem nb- springenden Aststück so unglücklich an den Kopf getroffen, daß er sofort tot war. Ein folgenschwerer Ringkampf. Im Vereinsheim Simson zu Asch (Böhmen) sand ein Ringkampf zwischen dem preisgekrönten Athleten Fedra und einein neunzehnjährigen Monteur namens Vanjek statt. Vaujek wurde von Fedra zu Boden geworfen und blieb besinnungslos liegen. Alle Bemühungen, ihn ins Leben zurückzurufen, waren ohne Erfolg. Da eine äußere Verletzung nicht sichtbar ist, wird Vanjeks Leiche geöffnet werden. Oti ^emelis. 7) Kriminalroman von E. Görbitz. ,Fortsetzung., „Ich schaudere," fuhr Robert im Flüstertöne fort, „diesen gutmütigen, vertrauensvollen Mann meuchelmörderisch zu überfallen!" „Schweig!" erwiderte Leonhard, „wir müssen uns durchaus den Spürhunden entziehen, wenn wir nicht wieder Mitglieder der geschlossenen Gesellschaft werden wollen, und dazu wird sich uns nie wieder ein so sicheres Mittel bieten, wie in diesem Falle, übrigens habe ich dich ja noch nicht aufgefordert, mir zu helfen. Wenn ich — handle, wende das Gesicht ab und denke, du seiest nicht hier; dann werden deine Nerven nicht angegriffen." Der Baron hatte eine abermalige Äußerung über den Wald getan, und weil er darauf keine Antwort bekam, so sah er sich um und bemerkte nun, daß seine beiden Begleiter eine ganze Strecke zurückgeblieben waren. „Wovon reden Sie denn, meine Herren?" rief er ihnen zu. „Von dem Arrangement des kleinen Früh stücks, das wir für Sie bestimmt haben!" ant wortete Leonhard schlagfertig und ging mit >Mßen Schritten vorwärts, so daß er den Baron W^wieder eingeholt halte. Sie nur keine großen Umstände," „denken wir: „Ländlich, sittlich," übrigens versichern, daß ich mich Ihr Frühstück freue, denn der diesen herrlichen Weich in i „Ich hoffe, Sie sollen gut bedient werden," erwiderte Leonhard mit lächelnder Freundlichkeit, ! unter der sich ein grausamer Spott verbarg. Dann seitwärts zeigend, setzte er hinzu: „Bitte, diesen Richtweg links durch die Tannenschonung einzuschlagen, dann kommen wir zehn Minuten eher an unser Ziel." Der Baron folgte der Aufforderung und Leonhard ließ ihn den sehr schmalen Fußweg, der eigentlich nur eine Furche zwischen den niedrigen Tannenbäumchen war, zuerst betreten, so daß er ganz dicht vor ihm gehen mußte. Leonhard schaute forschend umher; er hörte nur die Schritte seines Opfers und den fernen Ruf eines Kuckucks, während seine Hand in der Seitentasche seines Paletots einen kurzen, soge nannten Totschläger gefaßt hatte. Als der Baron noch einige Schritte ge gangen war, nahm er seinen Hut ab, zog sein seidenes Taschentuch hervor und trocknete sich den Schweiß von der Stirn, da ihm von dem Gange durch den sonnenbeschienenen Wald sehr warm geworden war, während er, ohne sich umzuschauen, mit heiterer Laune sagte: „Hören Sie nur, wie hell und laut der Kuckuck ruft. Ich werde zählen, wie viele Jahre noch zu leben sein Ruf mir prophezeit." Munter und scherzend begann er zu zählen: „Eins, zwei - — Weiter kam Baron Chlodwig nicht. Als er das Wort „drei" aussprechen wollte, versetzte ihm Leonhard einen surchtbaren Schlag auf den Kopf. Lautlos stürzte der Unglückliche betäubt zu Boden nieder. Leonhard führte noch einen wuchtigen HWb auf die Schläfe des regungslos Da liegenden, wodurch der Tod des Barons herbei- geftihrt wurde. „Kuckuck I Kuckuck I Kuckuck!" tönte das Vogel orakel munter und unaufhörlich fort. Käfer mit goldschimmernden Flügeln schwirrten durch die Luft, die Tannenbäume hauchten ihren kräftigen Harzgeruch aus und emsige Bienen summten durch das rotblühende Heidekraut, überall Lust und Leben in der schönen Gottesnatur. Fried liche Waldstille rings umher, als ob hier noch ein Stückchen Paradies auf der Erde zurückge blieben wäre. Und doch war hier soeben ein ungeheurer Frevel geschehen. Jetzt näherte sich auch Robert, der weit zurück geblieben war, seinem Gefährten. Er vermied es, auf den Entseelten einen Blick zu werfen. „Sieh' nur," sagte Robert mit bebender, halblauter Stimme, indem ein Seufzer seiner Brust entquoll, „wie sich der Himmel umwölkt, ein Gewitter zieht herauf, darin liegt keine gute Vorbedeutung für uns." „Im Gegenteil," versetzte Leonhard dumpf, „das ist gerade ein sehr glückliches Ereignis, um so weniger haben wir zu fürchten, von Vergnügungszüglern überrascht und gestört zu werden." Robert schüttelte den Kopf und entfernte sich dann einige Schritte. Leonhard dagegen kniete neben dem ent seelten jungen Manne nieder und bemächtigte sich seiner gefüllten Brieftasche, die Brief schaften, Dokumente und eine nicht unbedeutende Summe Geldes enthielt, den Kaufpreis für die amerikanische Farm. Dann streifte er dem Toten den Diamant ring vom Finger und zog die Brillantnadel aus dem Halstuch, jene beiden kostbaren Schmuck gegenstände, die zuerst die Blicke Leonhards auf sein Opfer gelenkt hatten. Als dieser Raub vollendet war, erhob sich Leonhard und zog aus seiner Rocktasche eine fest verkorkte Flasche hervor, die er öffnete. Er goß den Inhalt dieser Flasche, der ans Petroleum bestand, so auf den Leichnam, daß die Kleider desselben stark damit getränkt wur den, hierauf häufte er eine Menge dürrer Tannenreiser und einige ausgerissene Büschel Heidekraut auf denselben, sprengte den letzten Petroleumrest aus der Flasche auf die zunächst stehenden Tannenbüsche und steckte dann ver möge eines Streichholzes alles in Brand. Die Flamme loderte hell auf und griff in den petroleumgetränkten Stoffen und dem durch die Sonnenglut erwärmten harzigen Tannen gebüsch mit rasender Schnelligkeit um sich, so daß Leonhard und Robert Mühe hatten, dem plötzlich entfesselten verheerenden Elemente zu entfliehen. Auf großen Umwegen kehrten beide dann von einer entgegengesetzten Seite nach Station Berge dorf zurück. Als sie das Bahnhofsgebäude durch die schimmernden Bäume sahen, war Robert noch außerordentlich blaß, denn die Tat hatte einen solchen Eindruck auf ihn gemacht, daß er mw
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