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Allgemeiner Anzeiger : 12.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190809129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19080912
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19080912
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-12
-
Monat
1908-09
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 12.09.1908
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Gin Tanera-Denkmal. Der verstorbene MMLrschriftsteller Hauptmann Karl Tanera bat m Bernried am Starnberger See, nahe bei der Alten Fischerhütte, die er im Sommer bewohnte, ein Denkmal erhalten, zu dem Spenden aus ganz Deutschland eingegangen sind. Es stammt von dem Münchener Bildhauer Johann Braun, einem Sohn des Schlachtenmalers Louis Braun. Eine Kindergenoffenschast zum Zwecke der Pflanzenpflege und Hebung der Natur- und Lebensfreude ist in der Provinz Schleswig- Holstein gegründet worden. Sie hat ihren Sitz in Reinfeld (Ost-Holstein). Die Kinder sollen mit Unterstützung Erwachsener anaehalten werden, Obstbäume usw. aus geeigneten Plätzen und an Nn Straßen zu Pflanzen und zu pflegen. Der Ertrag ist zu gemeinsamen kleineren und größeren Ausflügen, Musikpflege und Bücheranschaffungen für die gemeinschaftliche Bibliothek bestimmt; auch sollen davon die Kosten gemeinsamer sest- licher Veranstaltungen bestritten werden. Die Kindergenossenschaft erwirbt die Rechte eines eingetragenen Pereins, damit sie in der Lage ist, Schenkungen und Vermächtnisse von Kinder freunden anzunehmen und zu verwalten. Ein Raubmord ist in Unseburg (Reg.-Bez. Magdeburg) von einem Barbiergehilfen verübt worben. Als dieser am Sonntag zu dem allein in seinem Hause wohnenden Invaliden Dank warth kam, forderte er dessen Barschaft und gab, da er das Geld nicht sofort erhielt, vier Revolverschüsse auf den alten Mann ab, von denen zwei trafen. Dann nahm er das vor handene Geld, 140 Mk., schloß das Haus ab und begab sich zum Landwehrfest. Ein Ver wandter des Invaliden entdeckte das Verbrechen noch am Abend, erfuhr von dem Sterbenden den Namen des Mörders und konnte dessen Verhaftung veranlassen. Auf der Straße getütet. Der Schluß der Saison des Hannoverschen Sonnnertheaters brachte einen schweren Unglücksfall. Der junge Schauspieler Lange wurde nach der Abschieds feier beim Betreten der Straße überfahren und getötet. Eine Millionenerbschaft ist dem Zimmer mann Friedrich Schmidt m Spindelhof in der Oberpfalz zugefallen. Einer seiner Vorfahren, ein früherer Krimkämpfer, der in der russischen Armee zum General aufgerückt und mit einer Reichsgräfin verheiratet war, ist gleich nach dieser gestorben. Seit drei Jahren werden die berechtigten Erben für eine Hinterlassenschaft von 13 Millionen Goldrubel und vielen wert vollen Gütern gesucht. Der genannte bayrische Erbe, der durch die bayrische Gesandtschaft in Petersburg ausfindig gemacht wurde, ist ein Veteran von 1870/71 und Ritter des Eisemen Kreuzes. Eine verhängnisvolle Brandstiftung hat die Bewohner des Dorfes Oberdorla bei Eschwege in große Erregung versetzt. Dort hat der 18 jährige Sohn des Gutsbesitzers Herwig das väterliche Gehöft angezündet. Bei den Löscharbeiten wurden mehrere Feuerwehrleute verletzt. Der Brandstifter selbst kam in den Flammen um. Sämtliche Maschine, Ernte vorräte und viel Vieh verbrannten. Das Feuer griff auch auf ein Nachbargrundstück über, das -um Teil eingeäschert wurde. Bon einer Lokomotive überfahren. Beim Eisenbahnbau in Windberg wurde eine 74 jährige, schwerhörige Witwe, die einem Bahnarbeiter Essen gebracht hatte, von einer Lokomotive überfahren und getötet. Im Beruf verunglückt. In Kabinen wurde der Maschinist Prost von einer beladenen Lore überfahren und lebensgefährlich verletzt. Eine geheimnisvolle Angelegenheit erregt in Wien und Budapest zurzeit größtes Aufsehen. Dort soll ein junaer Mann. Spaso Kragujevici, ein Jurist aus Budapest, den Ver- such gemacht haben, seinen Freund Eduard Reitz zu erdrosseln. Nach den Angaben des Reitz hatte dieser seinem Freunde für die Nacht Gastfreundschaft gewährt. Plötzlich erwachte Reitz. Kragujevici stand neben ihm und hatte «ine Rebschnur um den Hals seines Gastgebers gelegt, die er fest zuzog Schon fühlte Reitz das Bewußtsein schwinden, als es ihm gelang, mit dem Daumen die Schlinge um den Hals zu lockern, doch erst, als durch den Lärm an gelockt, Hufe von der Straße kam, ließ Kragu jevici ab, warf sich auf die Knie, weinte und schrie, er wisse nicht, was er gemacht habe. Da will Reitz den Mann haben laufen lassen und ihm, als er klagte, sein Portemonnaie verloren zu haben, noch 40 Kronen gegeben haben. Später habe er ihn doch angezeigt, da er zur Überzeugung gekommen, daß Kragujevici es auf einen Raubmord abgesehen hatte. Die Ver folgung des angeblichen Raubmörders wurde sofort eingeleitet, doch stellte dieser sich selbst in Budapest der Polizei und gab eine wesentlich andre Darstellung der Tatsachen. Er be hauptete, Reitz habe ihn des Nachts zu bestehlen versucht, aus Furcht vor Anzeige wahrscheinlich einen mißglückten Selbstmordversuch gemacht und dann ihn, Kragujevici, aus Rache ver leumdet. Eine merkwürdige Geschichte. Die Ms Bremen gebürtige 19 jährige Artistin Paula Arenz Diseli war aus Pancsova ihren Eltern entflohen und in Budapest verhaftet worden. Das Mäd chen behauptete, Alois Diseli sei nicht ihr Vater. Er habe sie als fünfjähriges Kind in Bremen gekauft und zur Artistin ausgebildet. Da Diseli sie mißhandelte, habe sie ohne Geld flüchten müssen. Die Polizei hob die Hast des Mäd chens auf. Wieder em Opfer des Bergsports. Auf der Rax-Alp stürzte der Wiener Rechts anwalt Max Pollak ab. Er stürzte, als er einen neuen Klettersteia entdecken wollte, in einen 20 Meter tiefen Abgrund und war sofort tot. Ein französischer Reservist als Brandt stifter. Wie aus St. Etienne gemeldet wird, versuchte ein Reservist des 16. Infanterie-Regi ments das Wohnhaus, in dem er einquartiert war, in Brand zu stecken. Er wurde verhaftet und vor seinen Obersten geführt. Im Laufe des Verhörs beschimpfte er diesen und mußte gefestet werden. Er versuchte sich seiner Fesseln zu ent ledigen, wurde aber schließlich überwältigt und den Gendarmen überliefert, die ihn ins Ge fängnis brachten. H Die Werkstatt des Einbrechers. Der in der Verbrecherwelt bekannte englische Einbrecher Thomas Rice Reid, der soeben in Glasgow zu vierzehn Jahr Zwangsarbeit verurteill wurde, war nicht umsonst bei seinen Kollegen und bei der Polizei berühmt und be rüchtigt geworden, denn er beschränkte sich bei seinen Unternehmungen keineswegs auf die primitiveren Hilfsmittel, sondern er verstand es, alle Fortschritte der Wissenschaft, sowohl der Technik als auch der Chemie,, in den Dienst seines Berufes zu stellen. Bei seinen Ein brüchen bediente er sich nicht selten des Auto mobils und er hatte sich außerdem sein aus gezeichnet ausgerüstetes umfangreiches Labo ratorium eingerichtet, in dem er praktische Ver suche mit Wasserstoffgasen anstellte, denn im Verlaufe seiner Tätigkeit war er zu der Über zeugung gekommen, daß die Anwendung von Dynamit zur Sprengung von Geldschränken zu gefährlich und unzuverlässig sei. Man fand auch eine geradezu vollkommene Ausrüstung der verschiedenartigsten elektrischen Lampen und Blendlaternen, besondere Vorrichtungen, die die Schallwirkung verhindern sollten, und eine Sammlung von feingearbeiteten kostbaren Hand werksgeräten, die dem Verbrecher sowohl bei seiner „Arbeit" als bei seinen Studien im Laboratorium dienten. Durch einen Waldbrand ist die Stadt Chisholm (Ver. Staaten) in Brand geraten. Menschen sind nicht umgekommen, doch haben 4000 Einwohner die Stadt verlassen. Der Ort Hibbing, der durch den Waldbrand bedroht war, wurde durch Änderung der Windrichtung gerettet. A Die Spuren eines vergrabenen Schatzes hat auf seltsame Weise I. R. Chard aus Greenwich in Connecticut gefunden. Er wellte im Sommer in der Nähe von New Smyrna in Florida; beim Fischen geriet ihm ein Krebs in die Hände, der krampfhaft ein Metallstück umklammert hcelt. Die Untersuchung ergab, daß es sich um einen alten spanischen Dublonen Hm Jahre 1608 handelte. Chard studierte nunmehr die Chroniken der Umgebung und hat festgestellt, daß in jener Zeit spanische Bukaniere in jener Küstengegend ihr Quartier aufgeschlagen hatten. Wahrscheinlich haben sie hier auch ihre Schätze vergraben. Die Nach forschungen sind bereits eingeleitet. 62 Eine Kirche mit Kirchhof zu ver kaufen. Der Weltmarkt nimmt immer größeren Umfang an und speziell in Amerika dürfte es kanm einen Artikel geben, der sich nicht zu Gelde machen ließe, daß man aber eine Kirche oder einen Kirchhof käuflich erwerben kann, dürfte noch nicht dagewesen sein. Am 12. d. wird aber auch dieses der Fall sein, denn in Grenoble soll die Kirche des heiligen Christoph und, der dazu gehörige Kirchhof unter den Hammer kommen. Die Kirche wird samt ihrer Glocke zum Preise von 500 Frank ausgerufen und dem Meistbietenden zugeschlagen werden. Der dazu gehörige Friedhof wird seit 1892 nicht mehr be nutzt und ist mit 250 Frank eingesetzt. Wenn auch die Kirche selbst, die nur ein Fachwerkbau ist, und aus der man alles Wertvolle bereits entfernt oder gestohlen hat, wenig Wert repräsen tiert, so dürfte der Kauf des Kirchhofes dafür anderseits entschädigen. Es befinden sich auf ihm zahlreiche und teils sehr wertvolle Denk mäler, deren Verkauf immerhin das Geschäft rentabel machen könnte. Die Kirche gehörte zu letzt einer kleinen Sekte, die nach dem Trennungsgesetz den Ort verließ, um sich in Belgien niederzulassen. Um die aufgelaufenen Steuern und Abgaben hereinzubringen, wird nun der Auktionator seines Amtes walten müssen. Das Grundstück selbst ist Gemeinde eigentum, und soll dem Ersteher der Kirche und des Friedhofes zu den günstigsten Bedingungen verpachtet werden, wenn er sich verpflichtet, die Baulichkellen und Grabsteine innerhalb sechs Monaten zu entfernen, um auf dem Grundstück ein landwirtschaftliches oder industrielles Unter nehmen ins Leben zu rufen. GericblskaUe. Beuthen. Der frühere Postillon Mrozek, der seinerzett 17 000 Mk. aus einem Postwagen ent wendete, wurde zu zwei Jahr Gefängnis verurteilt, wovon drei Monate durch dis Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurden. Mehrere Helfershelfer er hielten ein bis sechs Monat Gefängnis. Mannheim. In dem Schadenersatzprozeß, der seinerzett durch die von den Gewerkschaften boykot tierten Metzgermeister Imhoff, Zähringer, Hafner, Leins und Göbel angestrengt wurde, hat das Ober landesgericht dem Einspruch der Metzgermeister statt gegeben und die Beklagten, nämlich das Gewerk schaftskartell und die Genossen Nagel und Flisch- kowski verurteill, den Klägern allen aus dem Boykott entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Vorstand des Gewerkschaftskartells hält das Urteil für an fechtbar und in der letzten Delegiertensitzung des Kartells hat man, wie aus. dem Be richt der ,Volksstimme' zu entnehmen ist, be schlossen, Revision ans Reichsgericht einzulegen. Der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands ist Mitteilung davon gemacht worden, damü diese in anbetracht der Bedeutung der Sache für die ge samte Arbeiterbewegung die Kosten der Revision übernimmt. Bei den Kannibalen im französischen Kongogebiet. s Wer den Verlauf der jüngsten fran zösischen Kongo-Medition, deren Ziel es war, das französische Kongogebiet zu erforschen und zugleich zu erschließen, veröffentlicht der Führer des Unternehmens, Kommandant Lenfant, soeben einen fesselnden Bericht. Er gewinnt um so höheres Interesse, als es sich dabei um die Gebiete handelt, die unmittelbar angrenzen an das Hinterland von Deutsch-Kamerun, um jene Länderstrecken, die erst kürzlich durch die deutsch- französische Grenzreaulierung in ihrer Zu gehörigkeit zu Deutschland oder Frankreich be stimmt wurden. Hier hat die Mission Lenfants zahlreiche Spuren von Menschenfresserei ange troffen mrd lltteressante Aufschlüsse gesammeft über die Rollt, sie die Menschenfresserei im Leben der Eingeborenen einnimmt. Wie fast alle Negerstämme im Hinteren Kongogebiet, sind auch die Eingeborenen am Sanga der Menschen fresserei ergeben, und der französische Expeditions- leiter erzählt davon, wie er in einem Dorfe in einem dampfendem Fleischtopfe im Wasser kochend die Arme und Brustteile einer Frau fand. Es gibt keine Speise, die diesen Neger- stänmmen köstlicher und schmackhafter dünkt, als Menschenfleisch, und sie unterscheiden dabei genau zwischen Negern und Weißen. Die Europäer stehen bei ihnen in höherem Kurse und mit großem Freimut äußern die Neger sich über diese Vorliebe. Die Beobachtungen und Studien Lenfants sind um so wertvoller, als sie geeignet erscheinen, die weit verbreitete Annahme zu er schüttern, wonach der Kannibalismus im wesent lichen aus alten Bräuchen des Fetischismus, als aus religiösen Sitten heraus sich entwickelt habe. In der Regel sind es Kriegsgefangene, getötete Feinde oder auch Frauen des eigenen Stammes, die „geopfert" und dann verzehrt werden. Diese Schmause werden stets von langer Hand vorbereitet, und ein großes Fest geht ihnen voraus. Eine Totenfeier, der Mondwechsel oder eine Prophezeiung der Zauberer und Medizinmänner werden als An lässe aufgegriffen. Wenn der Häuptling stirbt, so werden an seinem Grabe seine Frauen er drosselt, auf daß ihr Geist dem seinen in den Schatten der Wälder folge. Ist die Ernte schlecht, die Jagd unergiebig, oder verheert ein blusiger Krieg den Stamm, so kündet der Zauberer einen Wandel zum Besseren an, wenn man dazu schreitet, auf dem Opferaltar Jung frauen darzubringen. Unter den Stämmen givt es gewisse Daten und Festtage, die regelmäßig gefeiert werden, aber in den meisten Fällen sind die großen Menschenopfer mehr Ergebnisse des Zufalls und der äußern Verhältnisse. Sie häufen sich auch gerade in den Zeiten, wo diesen Regem der Genuß von Fleisch bei herrschender Knapp heit fast zur Notwendigkeit wird, und freilich' auch dann, wenn im Verlaufe von Kämpfen Kriegsgefangene gemacht werden. So erging es auch einem Träger der Mission Lenfant, der so töricht war, mitten innerhalb dieser Menschen- fresserstämme davonzulaufen. Er wurde von oen Eingeborenen von Buar aufgegriffen und erst später erfuhr man das traurige Schicksal des Unglücklichen: sofort war er der Anlaß und der Mittelpunkt einer großen Feier geworden und dann in aller Form erdrosselt und geschlachtet worden. Ja nicht fetten kommt es zwischen benachbarten Stämmen zum Kampf, der in dem Ziele gipfelt, Kriegsgefangene zu machen, die dann geopfert werden können. Lenfant ist aller dings der Ansicht, daß der Kannibalismus der Sanga-Stämme im wesentlichen seine Ursache habe in der unüberwindlichen Schwierigkeit des Negers, sich ausreichende Fleischnahrung zu ver schaffen. Die Affen, Ratten und Schlangen, die im Walde aefangen und erlegt werden, reichen nicht Ms, das Bedürfnis nach Fleischnahrung zu Men, und aus dieser Notlage heraus ent wickelte sich schließlich der Kannibalismus. GememnülLlges. D Lackierte Kaffeebretter dürfen nicht mit Wasser gereinigt werden, sondern man tröpfle ein wenig Ol darauf und Poliere mit einem weichen Lappen, der in Mehl getaucht ist, blank. s Plätteisen werden glatt wie Glas, wenn man sie mit Wachs bestreicht, Salz darauf streut und dieses dann mit einem Lappen abreibt. Kuntes Allerlei. Er kennt sie. Mann: „Welche Torheit, jetzt noch an deine Freundin zu telephonieren; das Gespräch darf ja nur drei Minuten dauern!" — Frau: „Ich will ihr auch nur „Guten Morgen" sagen!" — Mann: „Nun, das kannst du doch unmöglich in drei Minuten!" ^i. « Künstler-Ideale. Schmierendirektor zu seinem Personal, das schon längere Zeit ohne Engagement ist: „Kinder, wir haben zwei En gagements, eines nach Baden-Baden und eines nach Essen! Was tun wir nun zuerst?" — Chor (ausgehungert): „Erst Essen und dann Baden-Baden!!!" «.un.-- ' eine einsame Hütte, roh aus Baumstämmen zu- sammengefügt. „Hier wohnt der Holzknecht,* sagte ihr Schwager, „der die Schleuse besorgen muß.* Rosine sah die ärmliche Wohnung an; daS ganze Wesen hier herum, die Holzarbeiten, alles füllte ihr Herz mit wehmütigen Erinnerungen. So gestimmt, leiteten nun ihr Mann und ihr Schwager sie den jäh abschüssigen Hügel hinab, bis auf den Punkt, wo auf einmal btt reiche, vom geschmolzenen Schneewasser ungewöhnlich geschwollene Waldbach über eine steile Höhe von vielen Klaftern mit donnerndem Getöse herabstürzte, mehr Schaum wie Flut und einer lockern Schneemasse nicht ungleich, die, durch den tauenden Südwind aufgelöst, von Dächern und Giebeln zerschellend herabstäubt. Ein feiner Regen übergoß die Schauenden selbst in einiger Entfernung; unten tobte und schäumte daS Wasser im Felsenkessel, und Rosine sah mit Aner Art von schauderndem Gefühle einige Bretter, die man ihr zum Scherz in den Ab- «rund geworfen hatte, von der wildempörten Flut wie Spähne krachend zermalmen. „Mein Gotti* rief sie, „wenn da ein Mensch herabstürzte?" „Es ist unlängst geschehen,* sagte der Schwager und wies auf einen Erlenbusch an der gegenüberstehenden, ganz schroffen Felsen wand; „es war ein fremder Holzknecht, der einige Wochen hier gearbeitet hatte. Der Boden war vom Regen glatt Und schlüpfrig, seine Kameraden warnten ihn, nicht auf den Felsen da hinausMiimmen, auf dessen Höhe er eine Tanne, glaube ich, fällen wollte. Er hörte nicht auf ihren Rat, klomm wirklich bis dort hin zu dem Busche, aber da rollte das lose Gestein unter ihm und er stürzte rücklings in die Tiefe.* Rosine schauderte und erblaßte. „Seine Kameraden sahen ihn fallen, noch einen Augenblick unter dem Strudel kämpfen und dann verschwinden.* Alles schwieg. Der Erzähler fuhr fort: „Es war eine unbegreifliche Tollkühnheit von dem Menschen, sich da hinauf zu wagen. Man glaubt auch, es sei nicht ohne Vorsatz geschehen, denn er war immer melancholisch.* „Hat man denn nicht erfahren, wer und woher er war?* fragte Herr Kluge. „Es hat ihn kein Mensch gekannt; nur ein Tuch, das er immer um den Hals getragen, hat einer seiner Kameraden, den seine Arbeit den Tag darauf in das Tal da hinabgeführt, weiter unten, wo das Wasser wieder ruhiger wird, an einem Strauche hängen gesunden. Zeige doch, Joseph!* setzte der Schwager hinzu, indem er auf einen der sie begleitenden Knechte wies. Der Knecht zog daS Tuch aus der Tasche, es war blaue Seide mit kleinen weißen Streifen. Rosine sah es an, ihr Auge starrte, ein Firberfrost schüttelte ihre Glieder und ohne einen Laut vorzubringen, sank sie ohnmächtig zu ihres Mannes Füßen nieder. Sie hatte das Tuch erkannt, das sie beim letzten Abschiede Georg zum Andenken gegeben hatte. Man brachte Rosine in die Hütte des Holzknechtes. Sie erholte sich zwar, fühlte sich aber so schwach, daß man sie den Rest des Weges bis zu ihrem Wagen tragen mußte. Ober den Vorfall selbst sprach sie mit niemand und äußerte sich darüber mit keinem Wort«; aber es vergingen Wochen, ehe sie so weit her gestellt war, um ihre gewöhnlichen Geschäfte verrichten zu können. Bald darauf faßte Herr Kluge jenen Vorsatz, in die Stadt zu ziehen und führte ihn im kommenden Winter aus. Rosine war alles gleich, ja, sie glaubte, es könne nun auf der Welt nichts mehr geben, was sie zu kränken oder zu betrüben imstande wäre. Dennoch fand Herrn Kluges verkehrter Sinn noch eine ver wundbare Seite, auf der ihr Herz bis jetzt nicht angegriffen worden war. DaS waren die Unmäßigkeiten im Spiel und Trunk, in die er sich, verleitet von einigen lockeren Gesellen und Zechbrüdern, stürzte. Täglich gab »8 nun widerliche Austritte; Herr Kluge verlor im Spiel und suchte im Wein Vergessenheit seines Verdrusses. Sein Haus war dabei mit unver hältnismäßigem Aufwande eingerichtet, die Ein künfte reichten dazu nicht hin, er verkaufte mehrere Grundstücke, machte Schulden auf sein Hüttenwerk und verpfändete den Ertrag von einem seiner Besitztümer auf Jahre im voraus. Nichts genügte mehr und sehen Sie, gnädige: Herr,* — so schloß der Inspektor seine Er zählung — wenn daS so fortgeht, wie diese drei Jahre, so muß er bald den Eisenhammer verkaufen, von dem ohnedies kaum ein Viertel mehr sein ist. Mich dauert nur die arme Frau und das Kind, die « schließlich an den Bettelstab bringen wird.* Zagel hatte mit wechselnder Gemüts bewegung zugehört. Am meisten ergriff ihn das schrecklich« Ende des armen Georg; denn daß er es war, der in dem Wasserfall seinen Tod gefunden, blieb ihm sowie Rosine keinen Augenblick zweifelhaft. In trüber Stimmung verließ er das verödete Haus und wußte nicht, wen er mehr beklagen sollte, den armen Georg, der, trotz seines feindseligen Schicksals, doch nun endlich im Hafen der Ruhe angeldngt war, oder die unglückliche Rosine, die, m scheinbarem Frieden und Wohlstände, um alle Freuden des Lebens gebracht, nun noch einein hilflosen Alter entgegensah. Noch ein Jahr trieb es Herr Kluge wie bisher. Rosines Bitten und Vorstellungen, doch für sein Kind zu sorgen, des Inspektors Warnungen und Berichte über den Stand seine- Vermögens, alles blieb bei den lauten und un gestümen Forderungen zweier wütender Leiden schaften unbeachtet und unbefolgt. Aber Nacht wachen, Unmäßigkeit, wilde Gemütsbewegungen, die beim Spiele ihn wie einen Ball zwischen Furcht und Hoffnung umherwarfen, böse Launen über den mißlichen Stand seines Vermögens hatten längst seine Gesundheit untergraben. Ein ungeheurer Verlust an der verbotenen geheimen Pharobank, die in derselben Nacht von der Polizei entdeckt und aufgehoben wurde und Furcht vor Schande und Strafe warfen den morschen Gramm zu Boden; der Hüttenbesitzer unterlag so vielen Stürmen und ein Nerven sieber endete am achten Tage nach jener Schreckensnacht sein Leben. HR ü (Fortsetzung solgtp
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