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10020 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 203, 31. August 1912 der Anzeige sehr wohl herauslesen, daß der Beklagten ein ge wisser Vorrat der Waren zur Verfügung stehe, den sie zu billigen Preisen verkaufen wolle, ohne daß damit gerade die Ausschüt tung dieses Bestandes in dem beschleunigten Verfahren des Ausverkaufes gemeint ist. Diese- Moment ist aber für die An wendung der §8 7, 9 des U.W.G. wesentlich. Es ergibt sich dies aus dem Begriff der »Räumung«. Wenn der Verkäufer lediglich erklärt, daß er für einen bestimmten Vorrat von Waren billige Preise gewähren könne, dann ergibt sich hieraus noch nicht, daß der Verkauf veranstaltet wird, um mit diesem Vorrat zu räu men. (? Red.) Demnach fehlt es an der materiellen Unterlage für die vom Vorderrichter erlassene einstweilige Verfügung. (Aktenzeichen Lk. VI. 273/12.) Der Verband der unteren Post- «nd Telegraphen beamten hält vom 4. bis 7. September seinen 4. Verbandstag in den Germania.Prachtsälen zu Berlin ab. Hauptgegenstand der Verbandstagsberatungen werden die Standes-und Interessen- fragen bilden. Hierzu werden mehrere die jetzige Lage der unteren Postbeamten behandelnde Vorträge gehalten. Neben den Standesfragen werden noch verschiedene wichtige Organi sationsfragen, wie Anstellung eines Verbandssekretärs, ihre Er- ledigung finden. Auch soll der Frage nach Einführung einer Brandschadenkasse nähergetreten werden. Neue Bücher, Kataloge usw. für Buchhändler. Ickusikalisolls Uat^sbsr. Nusüraiieu - Lataloxs von örsitlcopk L LlLrl-sI in Loiprix. 8". Ar. 1. Li6p6, Lmil: Lslix ^VeivxLrloor. Linkckimmixs lüscksr LsMinber 1912. ' 8«.' 8.^129^144^ Personalnachrichten. A. S. Tuworln -s-. — Zu dem am 11./24. August erfolgten Tode des russischen Verlegers und Publizisten A. S. Suworin (vgl. Nr. 199) wird uns aus St. Petersburg noch geschrieben: Der Verstorbene wurde am 11. September 1834 als Sohn eines Kapitäns aus dem Bauernstände im Dorfe Korschewo (Woronesh) geboren. A. S. Suworin wurde nach Absolvierung des Kursus der nunmehrigen Konstantin-Schule Sappeuroffizier, bald darauf Dorf schulmeister. 1858fing er an literarisch tätig zu sein und schrieb Feuille tons und Aussätze, die sich ebenso durch glänzenden Stil wie durch gedankenvollen Inhalt auszeichneten. 1876 wurde Suworin mit Unterstützung von W. I. Lichatschew Herausgeber der »Nowoje Wremja« und gründete im Jahre 1880 eine historische Monats- schrift »Jstoritscheskij Westnik«. Gleichzeitig eröffnete er auch ein Verlagsgeschäft und eine russische Buchhandlung in St. Peters burg, mit Filialen in Moskau, Charkow, Saratow. Suworins Tätigkeit als Verleger war sehr groß und weitverzweigt. Er rief u. a. eine billige russische Bibliothek nach dem Muster der Reclamschen Universalbibliothek ins Leben und gab die Geschichte Peters des Großen und Katharina- II. von Prof. Brückner heraus. Außerdem stand er an der Spitze eines Privattheaters in St. Petersburg. 1909 zur Feier des Jubiläums Suworins war dem Jubilar das Bildnis des russischen Kaiser- mit Unterschrift verliehen worden. Zwei Jahre vor seinem Tode errichtete er die »Gesellschaft A. S. Suworin — Nowoje Wremja« und blieb Präsident der Verwaltung dieser Gesellschaft, die mit einem Grundkapital von 3 Millionen Rubel arbeitete, wovon Suworin */, der Anteil scheine behielt. Zu den anderen Inhabern der Anteilscheine ge hören» der Ministergehilfe Bark, die Abgeordneten Gutschkow, Schubinski und Krupenski, ferner die literarischen Mitarbeiter Suworins: Menschikow, A. Stolypin, Hey, Burenin, Masslow und Iwanow. Die Herausgabe der Blätter »Nowoje Wremja« und »Wetscherneje Wremja« wird von der Gesellschaft fortgesetzt, ebenso der Betrieb des Verlags, des Buchhandels, die Heraus gabe der Adreßbücher usw. Alle diese Unternehmungen brachten im letzten Betriebsjahre einen Reingewinn von 711000 Rubel. Sprechsaal. -Preisangabe bei Besprechungen.« «Bgl. Nr. 181.» Immer wieder begegnet den Schriftleitern von Zeitschriften der besondere Wunsch des Verlegers, bei Anführung des zur Be sprechung eingesaudten Buches auch den Ladenpreis anzugeben. Wenn man den Verleger nach dem Grund und der Absicht dieses Wunsches fragt, hört man die merkwürdige Meinung, die Preis angabe erleichtere dem Sortimenter das Geschäft, — und zwar, weil der Preis gleichsam ein Lockmittel wäre. Ist denn das wirklich so? Zuzugeben ist, daß vor Jahren diese Praxis ihre Berechtigung hatte, als die Warenhäuser entstanden und das Publikum mit den Preisangaben im Schaufenster anlockten. Aber heute? Heute ist das am besten verkäufliche Buch Qualitätsarbeit in jeder Hinsicht. Man beachte dies, daß in den letzten Jahren kein einziges Buch mehr einen unerwarteten Riesenerfolg hatte. Ver glichen mit dem Erfolg von Beyerleins »Jena oder Sedan« ist z. B. der des »Gefährlichen Alters« gerade noch nennenswert. Ja, den eigentlichen buchhändlerischen Erfolg hatten die guten Bücher. Wer gewöhnt ist, die Kataloge daraufhin zu prüfen, dem ist das schon längst zur großen Freude aufgefallen. Bücher, die von vornherein nur für einen kleinen Kreis von Lesern in Betracht kamen, er scheinen in zweiter und dritter Auflage. Ich werde nur ein Bei spiel für viele nennen: Rilkes Dichtungen. Diese Tatsachen lassen erkennen, daß die Qualitätsarbeit des Buchhandels heute bereits ihre feste Qualitätskundschaft hat, wenn das Wort gestattet ist, das nur einen Gegensatz zu der irgendwie an gelockten Laufkundschaft ausdrücken soll. Dieser Tatsache entspre chend sieht man denn auch höchst selten in einer Buchauslage eine Preisangabe; denn nicht der Preis lockt das Publikum, sondern die Sache, der Titel. Natürlich auch die »Aufmachung«. In der Tat hätte die Preisangabe als Lockmittel — im Antiquariat hat sie vielleicht Wert den offenen Buchhandel allmählich in die Nähe der sogenannten Armclausreißgeschäfte gebracht. Aber die Würde und der Wert der Qualitätsarbeit dulden ein solches Gebaren nicht; der Buchhandel bedarf dessen nicht. Bei dieser Sachlage hat die Preisangabe bei Besprechungen und Ankündigungen neuer Bücher in Zeitschriften gar keinen Wert. Ja, es müßte, wenn schon Genauigkeit sein soll, auch die Seitenzahl des Buches angegeben werden, was den Harmlosen, den Nicht- Qualitätskunden leicht verführen möchte, die im Bogenpreis billig sten Bücher zu kaufen. Es ist also nicht einzusehen, warum die Zeit schrift nicht genau denselben Modus in den Lockmitteln anwenden soll, wie das Sortiment selbst. Es kommt noch ein andrer Umstand hinzu. Die Qualitätskund schaft des Buchhändlers ist keineswegs immer auch wohlhabend. In schlechten, geldteuren Zeiten wird der Preis viele abschrecken; denn das Buch ist nie eine unbedingte Notwendigkeit. Aber der Titel ohne Preis ist nicht allein nicht abschreckend, sondern an lockend. Der Leser geht also um der Sache willen zumeist doch in den Buchladen. Und das ist die Hauptsache. Der Käufer stellt sich; jetzt muß es dem tüchtigen Verkäufer gelingen, ihm ein Buch zu verkaufen, wenn nicht das gewünschte, weil es zu teuer ist, dann ein andres aus derselben geistigen Sphäre, das den Preiserwar tungen des Käufers besser entspricht. Qualitätswerke, Qualitäts kundschaft erfordern auch höchst qualifizierte Kaufleute und Ver käufer. Daß solche Forderungen entstehen, ist eine Wendung, über die die Buchhändler am ersten jubeln dürfen. Freilich erfordert diese Art der Buchhändlerhilfe in Zeitschriften eine größere Arbeit als die, nur die eingelaufenen Besprechungs exemplare dem Alphabet nach aufzuschreiben und zu drucken. Sie erfordert die Mühe der Auswahl aus deu bekannten wöchentlichen Bibliographien, sie erfordert in der Zeitschrift selbst ein möglichst differenziertes, besonderes Interesse in allen literarischen Dingen. Dann allein wird es gelingen, alle Leser zu Qualitätskunden dem Buchhandel zu erziehen, während, wie bekannt, ganz andere Kräfte am Werke sind, Menschcnmassen zu Lesern zu erziehen, die so ohne weiteres dem Buchhandel keinen Pfifferling einbringen. Georg Hecht, Schriftleiter an der Kritischen Tribüne, München-Pasing.