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Allgemeiner Anzeiger : 09.05.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190805097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19080509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19080509
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-05
- Tag 1908-05-09
-
Monat
1908-05
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 09.05.1908
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X Die letzte« Munden der Gift mischeri«. Zu der in Hirschberg i. Schl, er- folgten Hinrichtung der wegen Giftmordes zum Tode verurteilten Arbeiterfrau Scholz wird nach träglich bekannt, daß noch am Nachmittag vor dem schaurigen Akt der Verteidiger der Ver urteilten, Rechtsanwalt Rosemann, den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt hatte. Daraufhin trat abends 6 Uhr eine aus drei Richtern bestehende Kammer des Land gerichtsdirektors Eichner zur Beratung zu sammen. Die Kammer verhandelte bis ein Uhr morgens, wobei noch einige in der Nacht her beigeholte Zeugen vernommen wurden. Schließ lich erkannte das Landgericht aber doch auf Ab lehnung des Antrags und so stand der Voll streckung des Schwurgerichtsurteils nichts mehr im Wege. Frau Scholz hat bis zum letzten Augenblicke ihre Unschuld beteuert. Ihre letzten Worte auf dem Gange zum Schafott waren: „Was wollt ihr denn von mir; ihr könnt mir gar nichts tun, denn ich bin fa unschuldig und hab« nichts begangen!" — Einige Sekunden später rollte ihr Kopf in den Sand. x Militärischer Unfall. Beim Ziel- aufftellen in der Nähe des Exerzierplatzes Hain berg bei Nürnberg-Fürth entzündete sich aus einer bis jetzt unaufgeklärten Ursache ein Ziel- feuer, wodurch ein Sergeant und drei Mann vom Feldartillerieregiment Nr. 6 Verletzungen im Gesicht und an den Händen erlitten. Lebens gefahr besteht nicht, auch ist das Augenlicht bei keinem der Verwundeten gefährdet. StudeutenkuAdgebunge« an der Tier- arz»«i^ch«le in Wien. An der Wiener Tierarznei-Hochschule, die dem Kriegsministerium untersteht und wo auch militärische Kurschmiede unterrichtet werden, veranstalteten die Stu dierenden, etwa 200 an der Zahl, lärmende Kundgebungen und verhinderten dadurch die Vorlesungen. Die Studenten überreichten dem Rektor folgende Forderungen: Unterstellung unter das Unterrichtsministerium, Entfernung der Kurschmiede von der Hochschule und Genug tuung für Beleidigung der Studenten durch diensttuende Wachtmeister. Die Demonstranten schrien: „Weg mit dem Militär, weg mit dem Kriegsministsrium!" Der kommandierende Ritt meister ließ zwei Bataillone Infanterie Herbei rusen, die mit gejälltem Bajonett die Studenten auf die Straße trieben. Ein Student wurde derwundet. Die Studenten zogen dann zum Parlament und zur Universität. X Bon Breme» nach Lemberg als L-che. Auf dem Zollamt in Lemberg traf dieser Tage eine in Bremen aufgegebene, an einen angesehenen Lemberger Bürger adressierte kleine.Kiste ein, bei deren Öffnung die Be amten die in Napier gehüllte Leiche eines Kindes fanden. Die Absenderin des Pakets, eine angebliche Frau Matkowska in Bremen, bat >n einem beigelegten Briefe den Adressaten, die Leiche auf dem Kirchhofe in Lemberg beerdigen Zu lassen. Bei der Obduktion der Leiche wurden Spuren äußerlicher Gewalt nicht vor- Sefunden. Die Lemberger Polizei hat die Be- Mden in Bremen zwecks Einleitung der Tr übungen von dem Funde sofort benachrichtigt. » Ti« schlauer Bürgermeister. Die Pockenimpfung — so weiß dec ,Gaulois' zu berichten — ist in Spanien noch nicht zwangs weise eingeführt und stößt dort auf dasselbe Mißtrauen, denselben Widerstand, dem sie überall bei ihrer Einführung begegnet ist. Alle bl« entsetzlichen Dinge, die man damals gegen Wse besondere Art der „Vergiftung" vorbrachte, «b jenseits der Pyrenäen noch heute lebendig die Beamten haben einen schweren Stand, wenn sie die Bevölkerung von der wohltätigen Wukung des Impfens überzeugen wollen. Da !t der Alkalde von Madrid auf einen klugen Unfall gekommen, durch den er viele zu der segensreichen Kuhlymphe bekehrt Hal. Er baute bft seinem Plan auf die Spielleidenschaft, die so ziemlich in allen Kreisen der spanischen Be völkerung mächtig ist, und eröffnete eine Lotterie, beren Ziehungen einige Jahre hindurch alle j Monate stattfinden werden und für die l ifde Person ein Los gratis erhäl», wenn sie j '4 impfen läßt. Die Wirkung Keses Mittels l über alle Erwartungen erfolgreich. Die! schreitet der Matrose bei diesem Gedanken auf und ab. — Muß er nicht fürchten, sich an Land nicht schicken zu könne» in die dort herr schenden ungewohnten Verhältnisse? Er weiß, wie es den Matrosen geh», die mit ihrer Löhnung von Bord gehen, um sich an Land einige vergnügte Tage zu machen. Wenn diese Leute in "voller Genußgier ihr sauer er sparte? Geld mit vollen Händen weggeworfen haben, kehren sie immer schnell zum Schiffer- leben zurück. Nur um sich zu amüsieren, gehen fie an Land. Er kennt auch Fälle, nag solche Matrosen «nd Schiffsknechte, nachdem sie ihr ganzes Geld verjubelt hatten, augenblicklich keine Stellung auf einem Schiff finden konnten. Sie waren also gezwungen, an Land Arbeit zu nehmen. Aber all' diese Leute sind bei nächstbester Ge legenheit wieder auf die schwimmenden Bretter zurückgekehrt. Sie ließen sich selbst um ganz geringe Löhne anheuern, um nur recht bald dem Leben an Land, mit den tausenderlei Plackereien, die der Schiffsmann nicht kennt, zu entrinnen. Heinrich Franck;ehnt sich trotzdem nach dem Land. — Warum? Es ist nicht Widerwille gegen das Wasser ten; auch nicht Mangel an Kenntnissen oder Agenschaften für leinen Mafferberuf. Im Gegenteil: er überragt an Kenntnissen manchen Kapitän. Eher hätten ihn seine überschüssigen Kenntnisse, solche Wissenschaft, die ihm auf dem Yasser nichts nützte, dazu bewegen können, an, Land eine Stellung zu suchen, in der er au seine Fähigkeiten rerwerten könnte. Ärzte konnten gar nicht genug Lymphe herbei schaffen, so viele Leute wollten an sich die Prozedur vornehmen lassen, und das Vorurteil war plötzlich bei den meisten besiegt. Schreckliches T«ds eines Lokomotiv heizers. Der auf der französischen Ostbahn- Tum 150. Geburtstage Kobespierres. Am 6. Mai waren es 150 Jahre, daß Maximilien Maris Isidor Robespierre das Licht der Welt er blickte. Er war einer der hervorragendsten Männer der französischen Revolution, der im Jahre 1758 zu Arras geboren war und am 28. Juli 1794 starb. Im Jahre 1789 wurde er als Deputierter von Arras in die Nationalversammlung gewählt. Zuerst spielte er nur eine untergeordnete Rolle, da weder seine äußere Erscheinung noch seine Redcgabe ihn besonders empfahlen. Er bekämpfte das Königtum seit der Fluchd des Königs, den er fortan als Verräter betrachtete. Nach dem Schluß der Konstituante (30. September 1791) wurde Robespierre einer der populärsten Revo lutionsmänner. Als öffentlicher Ankläger wirkte er beim Tribunal von Paris, welches Amt er jedoch im Mai 1792 niederksgte, und als Redner im Jakobinerklub, den er ganz beherrschte. Er war schließlich HaupturKeber der Verurteilung und Hinrichtung des Königs. Er stürzte dann die Gironde und nahm unter dem Eindruck des die Katastrophe begleitenden Schreckens als leitendes Mitglied des Wohlfahrtsausschusses faktisch die Diktatur in die Hand. Er erstickte den Wider stand der Parteien unter Blutströmen. Um allein herrschen zu können, wandte er sich gegen seine bisherigen Helfershelfer und brachte Hävert (24. März 1794), Danton und die Cordeliers (5. April) sowie Chamotte (13. April) auf das Schafott. Die Würde und Machtbefugnis eines Hohenpriesters der demokratischen Idee waren das Ziel seines ehrgeizigen Strebens. Als er aber mit den blutigen Schreckensmaßregeln fortfuhr und dis Reorganisation des Revolutionstribunals, 1285 Menschen, dem Blutgerüst überlieferte, gab die Furcht seinen Gegnern und Rivalen Mut zu geheimer Verständigung. Man schritt endlich zn seiner Ver haftung. Er wurde nach dem Luxembourg gebracht, vom Volke aber befreit und auf das Stadthaus geführt. Allein der Konvent zeigte eine ungeahnte Energie und als die Nationalgarden das Stadthaus stürmten, versuchte Robespierre sich durch einen Pistolen schuß zu töten, zerschmetterte sich aber nur die Kinn lade. Er wurde in die Conciergerie geschafft, von wo aus er am 10. Thermidor gegen 6 Uhr nach mittags mit 20 Genossen zum Schafott auf die Place de la Eoncorde gefahren wurde. Als sein Haupt fiel, ertönte aus der Menge lautes Hände klatschen. Sein Sturz bezeichnete das Ende des Schreckensregiments. Die llberhebung, ein wider strebendes Geschlecht vertilgen zu wollen, war Robespierres Frevel, seine Intelligenz hatte einen beschränkten Gesichtskreis, sein Charakter war nicht einwandfrei, seine Eitelkeit aber geradezu ver brecherisch. Er hat nicht einmal der Revolution Nutzen gebracht. linie beschäftigt» Lokomotivheizer Bodier wurde auf entsetzliche Weise das Opfer seiner Unvor sichtigkeit. AlS der Expreßzug Paris—Troyes - M noch einige Kilometer von der Endstation entfernt war, machte Bodier eine Kopfbewegung, und ein Eisenteil der nächsten Brücke trennte ihm den Kopf vom Rumvfe. Der Maschinist, den toten Kameraden zur Seite, beschleunigte die Fahrt und erstattete in Troyes Meldung. Die Verbaft««g ei«eS Juwsle«dietze^ gelang dieser Tage in Luxemburg. Dort wurde der Arbeiter Hermann Hühnerfürst sestgenommen, der im April dieses Jahres einen großen Juwelendiebstahl bei Buchholz in Barmen aus geführt hatte. Bei ihm wurden noch 131 Brillant ringe und 40 goldene Uhren vorgefunden; die übrige Beute hat er versetzt. Lchrecke«ss»ope« bei ei«em Stierge fecht. Nach einer Meldung auS Granada wurde dort während eines Stiergefechts der Fechter Huerfanto von einem Stier mehrfach auf die Hömer genommen und in die Höhe ge worfen. Der Fechter Antolin erhielt eine schwere Wunde am Kopf, als er von einem Stier gegen die Schranken geschleudert wurde. Das Publikum warf Flaschen, Kissen und Steine in die Arena hinab; als eine Schar junger Burschen hinunterstieg, um die Stiere noch mehr zu reizen, wurden mehrere von ihnen von den wütenden Tieren angegriffen und aufgespießt. Biele Personen mußten ins Spital gebracht werden. X In russischer Gefa«ge»schaft. Daß es nicht ratsam ist, mit einer Schußwaffe ver sehen nach Rußland zu reisen, zeigt folgender Vorfall. Der Schuhmacher Friedrich Bingel aus Rzabkowo hatte sich vor kurzem nach der russischen Grenze bei Alexandrowa begeben, um dort für einen pommerschen Gutsbesitzer polnische Saisonarbeiter zu engagieren. Hierbei war er unterwegs im Zuge eingeschlafen und infolge dessen bis zur Station Nieszawa gefahren. Dort ließ ihn der russische Kreischef wegen „geheimer Einfuhr eines Revolvers" verhaften und erst nach Vorstellung des deutschen Generalkonsuls in Warschau wurde B. auf Anordnung des zu ständigen russischen Gouverneurs wieder in Frei heit gesetzt. DaS Schick»«! eines Kro»vi<»m«nt«n. Der dem Kronschatze Ludwigs XVI. ent stammende sogenannte blaue Diamant von 44V- Karat, der seinerzeit aus dem Besitz des Engländers Hope in den des Amerikaners Frankel überging, wurde für zwei Millionen Frank an den Vertreter eines Fürstenhofes ver äußert. Hotelöraxd in Hort Wayne (Ver. Staaten). Bei einem Feuer im Avalane-Hotel im Fort Wayne sind über 30 Personen ver brannt; gegen 40 Personen wurden verletzt. Das Gebäude brannte aus. Alle Fremden bücher sind verloren, man weiß daher die An zahl der Opfer noch nicht genau. Zwölf Leichen wurden geborgen und man glaubt, daß wenig stens zwanzig vollkommen verbrannt sind. x Bo« schwerem Verdacht befreit. Unter der Beschuldigung der Verübung eines Einbruchdiebstahls im deutschen Generalkonsulate zu Kapstadt, bei dem dem Diebe 20 000 Mark in die Hände fielen, wurde der frühere Schreiber Otto Sevecke in Hamburg in dem Augenblicke verhaftet, als er nach längerer Abwesenheit an Bord eines Dampfers von Kapstadt dort ein- traf, um bei seinem Vater, einem Beamten der hamburgischen Armenanstalt, vorläufig Aufenthalt zu nehmen. Eine bei dem Vater sofort vor genommene Haussuchung förderte eins Summe von 14 000 Mark zutage, die von der Polizei beschlagnahmt wurde. Vor einiger Zeit wurde der Verdächtige wieder aus der Untersuchungs haft entlassen, nachdem sich seine völlige Unschuld herausgestellt hatte; gleichzeitig wurde seinem Vater das beschlagnahmte Geld wieder aus geliefert. Der junge Mann hat einem Zufall seine Ehrenrettung zu danken; denn kurze Zeit f nach der Verübung des ersten Einbruchs wurde f in Kapstadt ein zweiter begangen, bei dem es j gelang, den Täter festzunehmen. In seinem Besitz fand man die obengenannte Summe, worauf er ein Geständnis ablegte und zugab, auch den Einbruch im deutschen Generalkonsulat ausgesührt zu Haven. In anbetracht dieser Tatsache hat jetzt das Landgericht Hamburg das gegen Sohn und Vater eingeleitete Straf verfahren endgültig eingestellt. Bo« einem Elefante« zertreten. Der Inder Kerahondra, dem die Obhut von vier Elefanten in einem Sonderwaggon des von Nizza nach London abgesandten Hagenbeckschen Menagerie,Ms anvertraut war, wurde in Marseille tot aufgefundeu. Eines der Tiere hatte dem Schlafenden den Kopf eingedrückt. GeinArsdaNe. Berlin. Der vor dem Schwurqericbt deS Land- geriLts anstehende Termin gegen den Privat-Ober- jörster Paul Lewandowski hatte eine ungewöhnliche Anziehungskraft auf das Publikum auSgeübt. Der aus der Untersuchungshaft vorgeführte Angeklagte ist ein Mann mittlerer Statur, er macht durchaus nicht den Eindruck eines Mannes, der im Wald und auf der Heide, seinen Lebensberuf ausübt. Der Angeklagte wird beschuldigt, zu Wilmers dorf am 29. September 1907 den Leutnant von Schmidi-Phieseldeck vorsätzlich getötet zu haben. Die Zahl der voraeladenen Zeugen beträgt 27, darunter mehrere Damen. Auch die Frau des Angeklagten, Alwine Lewandowski, geb. Freiin v. Korff, die weoen Kuppelei in Unter suchungshaft sitzt, wird als Zeugin vorgeführt. Sie erklärt auf Befragen, daß sie aussagen wolle. Der Angeklagte gibt an, daß er sich nie um die Geldausoaben seiner Frau, wie um den für seine Verhältnisse sehr vornehmen Haushalt gekümmert habe, da seine Frau ihm sagte, sie erhalte von ihrem Onkel, dem General v. Korff, große Zuwen dungen. Der Angeklagte erzählt, daß er vor zwei Jahren nach Stephanowo als Oberförster gegangen sei und daß seine Frau ihm nicht habe folgen wollen. Als aber 1907 Manöver waren, kam sie zu ihm und lernte den dort einquartierten Leut- nanant Schmidt-Phiseldeck kennen. Der Angeklagte berichtet dann in großer Erregung, wie er am 29. September v. nach Berlin gekommen und in seiner Wohnung nicht eingelassen worden sei. Er habe in großer Aufregunq durch die Scheiben des Schlaszimm'rS seiner Frau geschossen, worauf Leutnant Schmidt herausgekommen fei, der einen Streifschuß erhalten hatte. Es wird sodann die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Auch die Pressever treter müssen den Saal verlassen. — Der Prozeß gegen den früheren Kolonial- beamten Pövlau fand nor der siebenten Straf kammer des Landgerichts I unter Vorsitz des Land gerichtsdirektors Splettstößer statt. Der Angeklagte wird beschuldigt, versucht zu haben, den Staats sekretär des Auswärtigen v. Schön im Sinne des Z114 StGB, zur Vornahme einer Amtshandlung zu nötigen. Das Vergehen soll in einem Briefe begangen sein, den Pöplau an den Staatssekretär v. Schön ge richtet hat, nachdem dieser in der Budgetkommission des Reichstages gelegentlich der Vorbereitung des Etats des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage de» Abg. Erzberger erklärt hatte, daß Deutschland keine politischen Ziele in Tibet, Afghanistan und Persien verfolge. In dem Briefe des Angeklagten an den Staatssekretär soll behauptet worden fein, daß in diesen Erklärungen Unrichtigkeiten enthalten seien, die der Adressat richtigstellen solle, widrigen falls er (Pöplau) den Reichstag davon in Kenntnis fetzen würde. Der Angeklagte wurde zu ein Monat Gefängnis verurteilt. Die Urteilsgründe wurden unter Ausschluß der Offentlichteit verkündet. X Metz. Ein beim Militär seltenes Straf delikt bildete den Gegenstand einer Verhandlung vor dem Kriegsgericht. Die Anklage richtete sich gegen den Sanitäts-Vizefeldwebel Paul Steinhäuser von der Maschinengswehrabteilung Nr. 11, der eines Verbrechens aus 8 49a Reichsstrafgesetzbuches (Aufforderung zur Teilnahme an einem Verbrechen) beschuldigt war. Er sollte nach der Anklage im Jahre 1908 ftn einem Briefe die Witwe Eva Hinkel zur Ermordung seines Sobnes, des Enkels der Frau Hinkel, aufgeforbert haben. Der Angeklagte wurde nach mehrstündiger Verhandlung zu einem Jahr Gefängnis, zwei Jahr Ehrverlust, Degradation und Versetzung in die zweite Klaffe deS Soldaten standes verurteilt. buntes Allerlei. Fabel. Eine Maus wollte sich im Felde Futter juchen. Da sah sie von ferne einen Fuchs daher kommen. „Mein Feind!" rief sie und verkroch sich schnell in eine Garbe. — Nach geraumer Zeit, als der Fuchs längst fort war, kam sie aus ihrem Versteck hervor. „War das nicht klug von mir gehandelt?" sprach sie zum Storch, der alles mit angesehen hatte. „Das will ich meinen," antwortete der Storch und verschlang sie. c,M-g. Bl.-- In solcherlei Gedanken versunkten, stant der junge Schiffsmann in die weite Welt hinaus und siebt weder die sich aufbäumenden Wellen noch die zu beiden Seiten des Stromes immer entzückender werdenden Uferpartien. Schon tauchen in der Ferne die Berge auf. Heinrich Franck beachtet die Schönheiten der Natur nicht. Ihn erfüllen andre, hochfliegende, berauschende Gedanken. Plötzlich beugt sich ein Kopf aus der Luke der Matrosenkajüte, und ein Matrose ruft Franck mit lauter, schnarrender Baßstimme: „He, Franck! Sall eck di den Koffi op Deck brenge? Dat gefiel di gud, nie? Don büß' rein doll, de ganze Marge in der Sonn tu ston." Lachend verschwindet die Erscheinung. Langsamen Schrittes geht Franck zur Kajüte und steigt die Treppe zu ihr hinab. 2 In den Kajüten eines Rheinschiffes, be sonders in den Mannschaftskajüten, herrscht stets ein gewisses, für den Bewohner des festen Landes unbehagliches Halbdunkel. Besonders ist dies bei den Schiffen älterer Konstruktion — wie die „Königin Luise" eins war — der Fall. Franck, der langsam in die niedere Kajüte zu den Kameraden heruntersteigt, findet sich in dieiem Halbdunkel gut zurecht. Die Gewohn heit dringt es mit sich, daß ihm der schnelle Wechsel aus dem Hellen Tageslicht in dir magische Düsternis hier unten wenig an haben kann. Der Matrose setzt sich zu den Kameraden an dem kleinen schmalen Kajütentisch nieder, um mit dem Frühstücken zu beginnen. Zuvor wischt er sich an einem reinen Tuch sein Messer ab, das nicht ganz sauber gewesen sein mag. Er faßt seine Tasse mit den Fingerspitzen und trinkt geräuschlos, während der mit ihm früh stückende Matrose Herd, ein Mensch mit rohen Zügen, Stumpfnaie und wolligem Haupthaar, das Trinkgefäß mit seinen beiden groben Händen zum Munde führt und beim Trinken behaglich schlürft und grunzt. Die Art, wie sein Tischnachbar ißt und trinkt, scheint Franck durchaus nicht zu genieren. Schweigend und schnell verzehrt er seinen Morgenimbiß. Als aber der Matrose Matthias, ein stiernackiger, athletisch gebauter Mensch, der sich gerade in einer großen Holzbütte wäscht, aus seinem umfangreichen Waschbecken prustend emporfährt und sich dabei schüttelt, daß die Spritzen des schmutzigen Wassers und die Schaumflocken der Seife bis auf den Eßtisch fliegen, gibt Franck diesem ungelenken Gesellen einen unsanften Stoß derart, daß derselbe bis in die entfernteste Ecke des Raumes taumelt. Dafür bekommt er zur Antwort: „Watt fällt di inn? Du brückst doch niet glick üttuksschlohn as en jong Perd! Wenn di dat niet rech' ös, dat en Spierke Water op den Deich fällt, hätt'st bau jo noch butten an Deck bliewe könne, öm tu phantasieren, du oller Schwärmbru'er." , Franck kehrt sich an Mathias Reden nicht. Dec riesige Schifisknecht aber, der neben seinem wuchtigen Körperbau eine Kmderstimme besitzt, fährt noch eine Weile zn schimpfen fort. Als er Franck sich aus seinem Spind eine Zeitung her vorholen und darin vertiefen sieht, ruft er, in schon weniger ärgerlichem Ton: „Nau kiekt es den Franck! Nicks as Lesen on Studieren! Eck glöw, wenn hei es stürwt, mot hei noch en Buk mit in't Graw nehmen, dat em de Tid niet so lang fällt bös an de jüngsten Dag." Da er keiner Antweit von seinem Angreifer gewürdigt wird, reibt sich Matthias mit einem groben Handtuch über seinen muskulösen Ober körper, um diesen abzutrocknen. Währenddessen tritt an die Waschkufe, die von einem rotbackigen, flinken Schiffsjungen draußen entleert und mit frischem kalten Wasser gefüllt worden ist, eine neue Gestalt. Es ist ein alter Matrose, dessen Haupthaar ihm in schneeweißen Strähnen über die Stirn fällt, als er seine Tuchmütze abnimmt. Keuchend und zitternd steht der Alte da, während er sich mit der Hand das Hemd zurückstreift, um Hals und Oberkörper bloßzulegen. Franck, der zufällig von seiner Lektüre auf blickt, sieht zu dem weißhaarigen Kameraden hinüber und läßt seinen Blick lange auf dessen dürren Armen und der gekrümmren Gestalt ruhen. Mager und eingefallen ist die Figur der alten Teerjacke und geradezu erschrecklich der Anblick des gerippa tigen Brustkorbs. Keuchend holt Niklos — so heißt der Matrose — Atem und pfeifend stößt er die Luft wieder aus E s «Fortsetzung folgte
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