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einen steinernen Topf oder ln ein Glas gelegt. Sofort werden wieder einige Handvoll Zwelschgen in die koch-r.de Flüssigkeit gebracht, die mitttkrwette durch den Zwesschgensaft sich vermehrt hat und ganz rötlich geworden ist. So wird weiter verfahren, bis alle Zwet chgen arckgekocht sind. Zum Schluffe wird die noch in der Ptonne verbliebene Zucksilösung auf die Zwetschgen gegessen Dujes Zweischgenkompvit soll aber nickt unangetastet ruhen, sonst hält es nickt lange; denn die obere Schicht desselben, die der Lust ausgi setzt ist, geht leicht in Gärung über. Deshalb soll die Hausfrau ungesähr alle 4—5 Tage eine Portion Kompott herausnehmen. Wenn das regelmäßig geschieht, kommt dos Kompott nicht in Gärung. Dieses so vorzüglich schmeckende Kompott hat noch den Vorzug, daß weder Salizyl noch andere Sauren der Haltbarkeit wegen beigegeben werden müssen. ch Zur Erhöhung der Postgebühren meldet man, datz eine Portoerhöhung zum 1. September wohl kaum in Frage kommt, daß aber die beabsichtigte Erhöhung der Ge bühren zum l. Oktober durch die neuen Gehaltsaufbesserungen Überholt ist und eine neue Tarifoorlage mit erhöhten Sätzen dem Verkehrsbeirat unterbreitet werden wird. ch Wie erkennt man verfälschte Milch? Versal chie Milch kann man leicht erkennen, wenn man ein dünnes Stäbchen, etwa ein Streichholz, in die Milch taucht und dann den daran hängenden Tropfen auf den Daumennagel abfliktzen läßt. Bleibt der Tropfen stehen, fo ist die Milch gut, fließt er auseinander, so ist sie verfälscht. — Zuschüsse zu den Kellbehandlungskoflen an Kriegsbeschä digte ehemalige Mililärpersonen. Das Veichsversorgunasgesetz vom 12. Moi 1920 gewählt den nach ihm zu verioroenden Kriegsbeschä digten Kostensleie Heilbehandlung für ihr Dienstbeschädigungsleiden, lün auch Kriegsteilnehmern, die von diesem Gesetz nicht ersaßt werden, die Ausgaben sür die Heilbehandlung zu verringern, sind beim Haus halt des Reichsministermms des Innem Mittel zur Gewährung von Zuichüssen zu den Htttbehandlung-Kosten zur Verfügung gestellt. Sie werden gewährt, wwn die Kriegs-, Verstümmelungs- oder ähn- . liche Zulagen des lausenden Jahres für die Bestreitung der Kett- behanolungskosten nicht ausreichen. Unter gewissen Umständen kann ein Teil der Verstümmelungszuloge bei der Anrechnung außer Ansatz blecken. Die Zuschüsse werden bewilligt bei Krankenhausbehandlung, unter gewissen Bedingungen bei Kauspflege, bei Kuren in inländischen Ladern, Sanatorien und Lungenhe lstätten, falls eine organische Er krankung schwerer Art vorliegt. In gleicher Weise wird die Be schaffung von Körperersatzstückcn, orthopädischen und anderen Hilfs mitteln sowie von gührerhunden für Blinde erleichtert. Die Anträge sind mtt einem Zeugnis über die Notwendigkeit der Heilbehandlung, das von einem Kreisarzt (Bezirksarzt) oder von einem beamteten Versorguvgsorzt au-gestetit ist, sowie mit einer Uebersicht über die voroussichilichea Kosten dem sür den Wohnort zuständigen Haupt- versorgungeamt zur Weiterleitung an die bewilligende Stelle vor zulegen. — Seit dem t8. August ds. I. findet im Deutschen Buch- gewerbehaus in Leipzig sine Briesmarkenausstellung statt, ver anstaltet vom Brtesmarkensammelverein Saxonia. Sie soll, wie uns ein Naunhofer Interessent mttteilt, sehenswert und ein Besuch der Ausstellung sehr zu empfehlen sein. Die Leipziger Abend- post berichtet darüber wie folgt: „Sie bietet einen großen Über blick mit prächtigen Darbietungen, die Stücke zeigen, die jedes Sammlers Herz entzücken. Geschickte Zusammenstellungen geben Anregungen und wertvolle Winke. Man steht in der Haupt sache alte und neue deutsche Marken, vor allem bedeutende olle sächsische Exemplare. Die ausgestellten Fehl- und Sonderdrucke sind beachtenswert. Die ganze Ausstellung wird in ihrer schönen Ausmachung die Ziele erreichen, die sie sich gesteckt hat. u. s. w." — Leipzig. Der Verband der Wohnungslosen in Leipzig hat eine Kundgebung veranstaltet gegen die angebliche Untätigkeit der Behörden hinsichtlich des Leipziger Wohnungs elendes. In einer Entschließung wird die Beschlagnahme des gesamten Wohnraumes, weiter der Aushang öffentlicher Woh- nungsltsten, die Verteilung der verfügbaren Räume nach Kopf zahl, die Zentralisierung und die Kontrolle des gesamten Unter mieterwesens gefordert. — Im Tauchaer Anzeiger erläßt ein Herr Walter Rüdiger folgenden Stoßseufzer: Wen Gott auf dieser Welt verdammt, — Den schickt er auf das Wohnungsamt. — Eine Wohnung kriegt er ganz bestimmt, — wenn Gott ihn wieder zu sich nimmt. — In Deditz brannte in der Nacht zum Dienstag die große Feldscheune von Glauch nieder. Das Feuer war gegen 11 Uhr bemerk! worden, als die Scheune bereits an allen Ecken brannte. Außer der Nerchauer Wehr waren die Wehren von Döben und Gölzern an der Brandstelle. Es konnte nichts gerettet werden. In der Scheune waren etwa 1500 Zentner Roggen und Weizen, die dem Feuer vollständig zum Opfer fielen. Offenbar liegt Brandstiftung vor. — Döbel«. Eine Diebesbande au« 4 Personen, drei männlichen und einer weiblichen, die sich während des Wetlin. buvdesfchießens von auswärts zusammenaesunden und in Gast häusern und Schankstätten größere Diebstähle verübt hatten, wurden von der Polizei fefigenommen und dem Amtsgericht zuge- führt. Die Diebesbeute hotten sie zum Teil schon verkauft; die Sachen wurden aber wtedererlangt und den Eigentümern zu rückgegeben. — Meißen. Der Bezirksausschuß der Amtshoupkmann- schäft Meißen bat die Errichtung eines Kinderheims im Wettinstift zu Meißen beschlossen. Das Heim soll etwa 40 Kindern Raum bieten. Die Einrichtungsarbeiten werden mit etwa 200000 Mk. berechnet. Die Wasch-undBadeeinrichtungwürdeelwa 80000 Mark Kosten verursachen. Der Bezirksausschuß bewilligte zu nächst ein Bsrechnungsgeld von 300000 Mark. — Waldenburg. In den nächsten Tagen wird in den Straßen von Waldenburg mit dem Legen des Rohrnetzes sür den Anschluß an das Ferngoswerk Rochlitz begonnen werden. Man hofft, bereits im bevorstehenden Winter Gas an die Ab nehmer daselbst liefern zu können. — Crimmitschau. Todlichüberfahren. AufderBahn- strecksWerdou-Crimmitschauunweit des HaltepunktsSchweins- burg-Culten wurde der Bahnwärter Kupfer vom Vorzug v 29 erfaßt und über das benachbarte Gleis in einen unter der Bahn fließenden Bach geschleudert. Er erlitt hierdurch so schwere Ver letzungen, daß er nach einigen Stunden im Kreiskronkenstift Zwickau verschied. — Glauchau. Infolge eines Brandes im hiesigen Elek- trizitätswerk wor eine der beiden Dampfturbinen zerstört worden. Durch Blitzschlag wurde später auch der andere Generator be schädigt, so datz die Werksleikung nicht mehr imstande ist, auch nur die Hälfte des Stroms liefern zu können. Infolgedessen find geteilte Arbeitszeiten eingeführt worden. Der eine Teil der Fabriken der Stadt arbeiket von nachts 4 Uhr bis mittags 12 Uhr, der andere von mittags 12 Uhr bis abends 8 Uhr, — Zwickau. Infolge der hohen Viehpreife auf dem Markt im hiesigen städtischen Weh- und Scklachkhof lehnten die Fleischer meister jeden Viehankauf ab und riefen die Vermittlung des Rotes wegen der Preisfestsetzung an. Gleichzeitig verhinderten sie die Abfuhr des nach auswärts, insbesondere nach der tschecho slowakischen Grenze zu hohen Preisen verkauften Schlachtviehes. — Burgstädt. Handschuhstoff- bezw. Kandschuhdieb- stähls in größerem Umfange sind in einer hiesigen Handschuh- sabrik vorgekommen. Jetzt ist es gelungen, den richtigen Dieb zu fasten und zwar in der Person eines in der Fabrik beschäf tigten Handschuhzuschneiders. Er allein kam in der Fabrik als Täter in Frage. Dem Vernehmen nach mutz derselbe eine ganze Anzahl Abnehmer gehabt haben, die nunmehr mit in die Untersuchung verwickelt werden. — Chemnitz. Durch glühenden Koks getötet. Im Gas werk Wilhelmstraße zog ein Arbeiter versehentlich die falsche Schlinge einer Retorte, wodurch sich der Derschlutz öffnete und der glühende Koks sich über den unter der Retorte stehenden 52 Jahre alten Arbeiter Eoczlick aus Lugau ergötz. Der Ver unglückte starb bald darauf. — Ein Riesen-Schlachttier. Das schwerste Schlachttier seit Kriegsende wurde jetzt dem Dresdner Schlacht- und Diehhof zugesührl: ein 21 Zentner schwerer Bulle, der von Fleischermeister Fritz Stohn in Pirna erworben wurde, um geschlachtet zu werden. Das Tier hatte ein Schlachtgewicht von 13'/z Zentner. — Schandau. In einer Versammlung hiesiger Geschäfts leute ist beschlosten worden, Gegenstände des täglichen Bedarfs nicht mehr an Ausländer zu verkaufen und die Kundschaft von Bad Schandau und Umgegend bevorzugt zu bedienen. Dadurch will man das Rats- und das Stadtoerordnetenbollegium im Kampfe gegen den Ausverkauf Bad Schandaus unterstützen. — Am vergang. Sonntag wurden die gefüllte Scheune und ein Teil des Seitengebäudes des Gutsbesitzers Gliemann in Krebs bei Pirna durch Brandstiftung eingeäschert. Ackerge räte, Motoren und Erntewagen wurden zum Teil vernichtet. Die Gemeinde Mockethal hat auf die Ergreifung des Brand stifters, dem in letzter Zett mehrere Scheunen zum Opfer fielen, eine Belohnung von 20000 Mark ausgesetzt. — Reichenau bei Ziitau. Zwei Schmugglerinnen konnten hier in zwei aus Gablonz stammenden, in Oppelsdorf zur Kur weilenden Damen verhaftet werden. Beide wollten Waren im Werte von etwa 60000 Mk. nach der Tschecho-Slowaket aus- führen. Die zur Abwendung der Untersuchungshaft zu leistende Sicherheit geht in die Millionen. — Zittau. Sein LSjähriges Dienstjubiläum konnte am 20. August Oberbürgermeister Dr. Külz begehen. Die Hälfte seiner Amtszeit hat Dr. Külz im Dienste der Stadt Zittau verbracht, und zwar zehn Jahre als Oberbürgermeister. — Hohenstein-Ernstthal. Die Stadtverordneten be willigten 70000 Mark für Klein- und Altersrentner und be schlossen, von einer Obstverpachtung abzusehen, um die Ernte für Minderbemittelte sicherzustellen. — Gefaßte Goldwarendiebe. Die Einbrecher, die in der Nacht zum 16. August bet dem Uhrmacher Hermann in Oels- nitz im Erzgebirge sür etwa 100 000 Mark Schmucksachen in Gold und Silber gestohlen hatten, sind festgenommen worden. Sie wurden in der Nacht zum 19. August zwischen Adorf und Bad Elster von Zollbeamten angehalten. Es sind die Bau arbeiter Richard Seltmann und Johann Gräbner aus Oelsnih im Erzgebirge. — Schwarzenberg. Das Söhnchen des Sägew^kbe- sihers Lein fiel in den nahe bei der Brettsäge befindlichen tiefen Teich. Der Vater rettete es, wurde aber dabei von einem Herz schlage getroffen und sank ins Master zurück, aus dem er erst nach längerer Zeit to! geborgen werden konnte. Der Verstor bene war 34 Jahre alt und hinterläßt eine Wilwe mit zwei Kindern. — Klingenthal. Wegen der überhandnehmenden Ueber- schwemmung des südlichen Sachsenlandes durch tschecho-slowa- ktsche Einkäufer erneuerk das hiesige Gewerkschaftskartell eine Bekanntmachung, in der es u. a. heißt, daß trotz aller getroffenen Maßnahmen der größte Teil der hiesigen Händler es nicht über sich bringe, an die ausländische Bevölkerung den Verkauf von Lebensmitteln und Bedarfsartikeln abzulehnen. Die Erregung der Arbeiterschaft sei mit Recht aufs höchste gestiegen. Die be treffenden Kreise werden aufgesordert, sofort ihre Handlungs weise einzustellen. Die Arbeiterschaft wird aufgefordert, eine strenge Ueberwachung der Geschäfte vorzunehmen. Kreditnoi und Landwirifchast. Während vor dem Kriege den landwirtschaftlichen Kreditnöten allmählich immer leichter und, man möchte sagen, schließlich restlos durch unser vorzüglich ausgebautes Genossenschaftswesen abgeholfen werden konnte, sind sich heute erfahrene Genossenschaftler darüber klar, daß bei der durch die rasende Geldentwertung bedingten „Preis bildung" gerade das landwirtschaftliche Kreditwesen einer kräftigenden Ergänzung bedarf. Die den Genossenschaften zur Verfügung stehenden Mittel reichen heute nicht aus, den Geldbedarf der Ge nossen bei den zu erwartenden weiteren Preissteigerungen zu decken. Die den Genossenschaften aus den Ernteergeb nissen zuslicßcnden Mittel sind naturgemäß an die zur Erntezeit herrschenden Preise mehr oder weniger gebun den , Die Genossenschaften arbeiten ihrem Wesen nach mit beschränkten eigenen Mitteln, ergänzt durch Kredite, die auf Grund der Haftsumme und sonstigen Unterlagen in Anspruch genommen werden. Diese Kredite, namentlich für das Warengeschäft der Genossenschaften, werden wie derum aus den Mitteln der Genossenschaften, insbesondere Spar- und Darlehnskassen geleistet, die über die Uber- schüsse verfügen. Gegenwärtig verringern sich nicht nur die Guthaben bei den Genossenschaften, sondern es steigen die Kreditansprüche -.-heblich. Es ist daher für die kredit-- nehmende Landwirtschaft von ausschlaggebender Bedeu tung, daß ihr neben den Genossenschaften und mit diesen verbündet Institute zur Verfügung stehen, die ein stärkeres und nicht kündbares Eigenkapital zur Verfügung haben und die über den Geschäftskreis der Genossen hinaus in der Lage sind, Depositen heranzuziehen. Die Aktienbank verfügt ihrem Wesen nach über größe-! res Eigenkavital, das ihr in keiner Weise nach den gesetz lichen Bestimmungen entzogen werden kann. Deshalb wird es gerade angesichts der gegenwärtigen und kommen den Kreditnot von ausschlaggebender Bedeutung für die Tragfähigkeit des Genossenschaftswesens sein, paß nicht an die Genossenschaften allein die steigenden Kreditanspriiche! der Landwirtschaft heranwogen, sondern jeder Genossen- schaftlcr mutz es begrüßen, wenn für Ableitung nach an-! deren der Landwirtschaft dienenden Kreditinstituten ge sorgt ist. Daher muß auch im Kreise der Genossenschaften die Bank für Landwirtschaft, Aktien Gesellschaft, als gleich berechtigt und den gleichen Zielen zusteuernd anerkannt und unterstützt werden. ch Abermalige Brotpreiserhöhung in Wien Durch daS An ziehen der Mehrpreise wird vom Montag. 28 August ab eine aber mutige Erhöhung der Wiener Brotpreisc n mieten Der Laib Bror (zwei Psurvd) »Mrd von 4180 Kronen aus 5670 Kronen steigen. 21 em nie durch Liebe Leib geschah... Roman von Erich Friesen. gf tNachdruck verboten! „Gut also! Ich komme mit!" erwiderte er freund lich; doch lag es auf seiner klaren Stirn wie eine Wolke. Also auch die Mntter schien Felicies törichte Eifersucht zu teilen, sie wohl gar darin zu bestärkenl Etwas verstimmt drehte er den Hausschlüssel, den seine Braut ihm gab, im Schloß herum und öffnete die Tür. Und — als habe dort oben jemand nur auf dieses Geräusch gewartet — wurde es im obersten Stockwerk liesse. Eil« Schlüssel knirschte. Eine Tür öffnete sich be- butfam. Und eine ängstliche Frauenstimme rief übers Treppengeländer: „Seid ihr es, Licy?" „Za, Fran Giesecke!" Ans dem blassen, vergrämten Gesicht der Frau dort oben zeigte sich etwas wie Befriedigung beim Anblick des jnngen Paares. „tauten Abend, lieber Holm!" rief sie erfreut, ihm eine abgezehrte, ausgearbeitete Hand entgegenstreckend. .Nun kommt mal rasch herein! Ich habe einen gnten Bissen für Euch! Und eine feine Taff- Tee mit Nnm. Und ein Topfkuchen steht im Lfen. Zhr wißt, in der ganzen Stadt kann keiner so schönen Topfkuchen backen wie ich —" „Ist der Vater zu Hause?" unterbrach Fettete den Redeschwall der Mutter. „Nein, Goldkind! Und er kommt auch heute nicht mehr — Gott fei Daul!" Nicht nur die Brust der Platter hob ein Seufzer der Erleichterung — auch die Tochter atmete wie be ¬ freit auf. Hastig ritz sie das kleine weiße Pelzbarett vom Kopf, so daß das glänzend schwarze Lockengeringel frei über Schultern und Nacken herabwallte. Daun faßte sie ihren Berlobten bei den Händen und tollte mit ihm im Zimmer herum, bis sie erschöpft und außer Atem in einen der alten, ausgeblichenen Sessel sank. „Aber Licy —!" „Laß mich, Winfried! Ich bin sa heue so glücklich! So unmenschlich glücklich! Am liebsten möchte ich irgend etwas ausstthren — etwas Uebermütiges, Tolles, Verrücktes —! Laß mich austoben!" Winfried schüttelte mißbilligend den Kopf. Seine Augen überflogen die dürftige Einrichtung des Zim mers, die weniger Acrmlichkeit, als schlechten Geschmack kennzeichnete. Sie schweiften zu der alten Frau in ihrem fadenscheinigen, nicht übermäßig säubern grauen Kleid, deren ganzes Gesicht mit seinen unbestimmten, nichtssagenden Zügen den Stempel des Unfertigen trug, hinüber nnd blieben an Felicies Anzug hängen, der überall mit Schleischen und Bändchen und Bvlant- chen herausgeputzt war. Und sein verfeinerter Künstlergeschmack empörte sich gegen die überall zur Schau getragene Nachlässigkeit und mangelnde Bildung. „Nimm das Ting da ab, Licy!" befahl er mit einem ärgerlichen Blick auf ihren schlanken Hals, um den sich eine überdicke unechte Kette mit einem großen Anhän ger von Simili-Brillanten brüstete. „Und nun zum Abendessen, Mutter Marlofs! Wir haben einen Bärenhunger!" Bald saßen alle drei nm den sauber gedeckten Tec- tisch. Hier wenigstens spürte man nichts von Aermlichkeit. Lustig flackerte die Flamme unter dem kupfernen Tee kessel. Zuckerdose und Sahnentopf waren ans echtem Silber — ein Ueberbleibsel vergangener besserer Tage. Auf weißen Porzellanplatten thronten Berge von Butter, Brot, gelochten Euern und kaltem Fleisch. „Ein fürstliches Mahl!" wie Felicie jubelnd ausrief. „Wie wars heute im Theater?" fragte Frau Gie secke voll Interesse, während sic den aromatisch duften den Tee in die zierlichen Tassen goß. „Großartig!" Felicie klat'chrc in die Hände. „Ein einziger Trinmphzug für Winfried! Sein Glück ist gemacht!" In den müden Augen der alten Frau leuchtete es auf. Boll Zärtlichkeit r 'hie ihr Blick auf dem lachen den Gesichtchen der Tochter und schweifte dann forschend zu Holm hinüber. „Dann könnt Fhr wohl bald heiraten? Lange Ver lobungen sind Unsinn!" „Das meine ich auch Frau Giesecke," stimmte Win fried bei. indem er behaglich ein Ei anS'chlürfte. „Ich lasse mich aern in Fesseln legen. Den Tag mag Licy bestimmen!" „O, ich hab keine Eile!" Felicie blickte auf ihren Tesser nieder bei dieser be absichtigten kleinen Unwahrheit. Ein reizender Aus druck vvu Schüchternheit und Zurückhaltung spiegelte sich in ihren beweglichen Zügen. Fn diesem Augenblick war die kleine Felicie Mar- loff wunderbar schön — ein echtes, glückverklärtes Mäd- i chcnbild. Auch Winfrieds Augen ruhten voll Begeisterung auf dem lieblichen Mädchen Wie schön mußte sie erst lein, wenn ihre schmalen Wangen sich rundeten, wenn die jetzt noch kindliche Fignr an Fülle und Reife ge wänne! „Gewiß hat es Eile!" eiferte die alte Dame. „Licy ist nur bescheiden und schamhaftig, wie es sich sür ein junges Mädchen ziemt. Sie weiß auch, daß — warum soll ich es Holm nicht sagen?" unterbrach sie sich plötz lich, als Felicie eine verstohlen abwehrende Bewegung machte. „Einmal muß er es ja doch wissen —" Feli üe stand auf und schob nervös ihren Teller von sich fort. lFortsetzung folgt.)