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Allgemeiner Anzeiger : 18.03.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190803187
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19080318
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-18
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 18.03.1908
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pollülebL ALmMbau. Deutschland. *Kaiser Wilhelm wird Ende Mai kurze Zeit als Jagdgast bei dem Fürsten Dohna- Schlobitten auf Prökelwitz weilen und auf der Rückfahrt nach Berlin Cadinen besuchen. * Prinz-Regent Luitpold vonBayern hat anläßlick seines 87. Geburtstages (12. d.) 48 Strafgefangene begnadigt, darunter zwei zu lebenslänglichem Zuchthaus Verurteilte. * Die Börsenkommission des Reichs tages hat die erste Lesung der Ergänzung zum Börlengeietz beendet. Die Kommission stellte unter Ablehnung der Regierungsvorlage das Börsenregister wieder her und fügte unter Ab lehnung aller Milderungsvorschrifien scharfe Strafbestimmungen für Verstöße gegen verbotene Börsentermingeschäfte, Gefängnis und Geldstrafe bis zu 10 00,1 Mk. ein. Die Regierung ließ erklären, daß sie nicht in der Lage sei, dem Gesetz in dieser Form ihre Zustimmung zu geben. *Die Budgetkommission des Reichstages hat die Forderung für den Bau einer neuen Landungsbrücke in Swakopmund a b g e l e b n t. * Während in der Budgetkommission des Reichstages über die B ermind erung der Schutztruppe für D eu t s ch - S ü d w e st - afrika verhandelt worden ist, haben in der Kolonie wieder Überfälle und infolgedessen auch Gefechte stattgefunden. Amtlich wird darüber berichtet: Am 8. d. wurde eine deutsche Patrouille, die aus einem Sergeanten, drei Reitern und zwei Eingeborenen bestand, bei Kubub von 25 Hottentoten erschaffen. Der nach Norden abziehende Gegner wurde durch 25 Reiter verfolgt. Auch in diesem Falle handelt eS sich wahrscheinlich wie bei früheren Über fällen in jener Gegend, um Leute Simon Coppers. *Jn Svsnowice sind zur Verstärkung des militärischenSchutzes dec deutschen Einwohnerschaft, die infolge der An nahme der Enteignungsvorlage wieder holt von polnischen Einwohnern bedroht worden ist, fünf Kompagnien eingeiroffen. Es herrscht großer Unwille darüber, daß diese Militärkosten der Bürgerschaft auferlegt werden. Lsterreich-Ungarn. * In Wiener divlomatnchen Kreisen ver lautet, daß eine zustimmende Antwort der Türkei auf die ihr im vergangenen Monat überreichte Note, betr. die Verlängerung der Mandate der Zi vilagenten und der Finanzkommission in Mazedonien für die Dauer von sieben Jahren, den Bot schaftern der Mächte demnächst zugehen werde. Fwauteesch. *Die Lage des Kabinetts Cle menceau wird mit jedem Tage haltloser. Gelegentlich eines Festmahles, das zu Ehren des l Kammerpräsidenten Brisson veranstaltet worden war, hielt der frühere Ministerpräsident Combes eine Rede, in der er in scharfen Worten die gegenwärtige Regierung kritisierte. Der anwestnde Clemenceau, dessen Schlag fertigkeit sonst jedermann fürchtete, sand nüc wenige bedeutungslose Worte der Erwiderung. Auch andre Zeichen deuten darauf hin, daß Clemenccaus Anhang zusawme-rschrumpst. Der frühere Kriegsminister Berteaux wird dem nächst in der Kammer den Ministerpräsidenten fragen, wann er seine bisher unerfüllt ge lassenen Versprechungen ein-ulöien gedenkt. In erster Linie handelt es sich dabei um das Arbeiterruhegesetz, bei dessen Be ratung die Regierung die Altersver sorgung vom 65. statt wie beantragt worden war, vom 60. Jahre ab Vorschlag. Noch einmal hat allerdings der geschmeidige Ministerdräsident den Sturm zu beschwören ge wußt. Als Berteaux in der Kammer be antragte, alle Beamtenmaßregelungen des jetzigen Kabinetts aufzuheben, stellte Clemenceau die Vertrauensfrage und errang mit 352 gegen 13i) Stimmen einen änzenden Sieg. England. * Könia Eduard hat überraschender weise seine Frühjahrsreisepläne geändert. Es heißt, daß der König, der gegenwärtig in Biarritz weilt, den Plan einer Kreuzfahrt im Mittelländischen Meere anfgegeben hat und Mitte April nach London zurückkehren wird. Vorher wird er sich wahrscheinlich einige Tage in Paris aufhalten. — Pariser Blätter behaupten, diese Wandlung sei eins Folge des Streites um den Briefwechsel Kaiser Wil helms mit Lord Tweedmouth. Richtiger scheint jedoch die Vermutung, daß die schwere Erkrankung des englischen Ministerpräsi denten Campbell - Bannerman eine Kabinettsumbildung und damit die Anwesenheit des Königs notwendig macht. * In Londoner Blättern wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die bevorstehende Rege lung der Ostseesrage, woran auch Eng land beteiligt ist, zu einem völlige Ein vernehmen zwischen der deutschen und eng. lischen Regierung führen wird. — Die ,Times' bringen in einem längeren Artikel eine Be gründung und Rechtfertigung für die Veröffent lichung der Angelegenheit des Kaiser briefes. Die englischen Zeitungen brachten aber das Geschreibsel nicht mehr. Wird also wirklich endlich Ruhe Einkehr halten? Ruhland. *Die Erklärung, die der Minister des Aus wärtigen, Iswolski, in der Duma über die Entwickelung der Beziehungen zu Japan seit dem mandschurischen Kriege gab, hat im ganzen Lande Beifall gefunden. Freut man sich einerseits, daß dem Volke im Sinne einer Verfassung Einblick in das große politische Ge triebe gewährt wurde, so empfindet man be sonders Genugtuung über die Erklärung des Ministers, Rußland wolle seine ungebrochene Stärke zur Aufrechterhaltung des Friedens be nutzen. — Allerdings warnen auch einige Zeitungen vor allzu großer Hoffnungsfreudigkeit und weisen darauf hin, daß Japan in der Mandschurei und in Korea unaufhaltsam vordringe. Balkanstaaten. * Die Bauern unruhen, die in Rumänien schon zu argen Tumulten ge führt haben, veranlaßten den Minister des Innern, Braiiano, zu der Erklärung, die Lage sei durchaus nicht gefahrdrohend. Es beständen aus Anlaß der Agrarreform Streitigkeiten zwischen den Grundbesitzern und den Bauern. Die Regierung habe die weitestgehenden Maß nahmen getroffen, um den neuen Gesetzen die richtige Durchführung zu sichern, habe aber auch gleichzeitig dafür gesorgt, daß die Ruhe nicht gestört werden könne. Amerika. * Nach einer Meldung aus New Jork wurden in den Salpeterwerken in Chile mehrere Hundert Arbeiter bei einem Kampfe mit Sol daten erschossen. Die Arbeiter hatten mit Ge walt versucht, höhere Löhne durchzudrücken und zum Kampfe gegen die Regierung aufgefordert. Afrika. *Je größer die Schwierigkeiten werden, die das Ministerium Clemenceau daheim zu überwinden hat, je mehr ist man bemüht, die Dinge in Marokko recht hoffnungsvoll dar zustellen. In diesem Bestreben hat nun die Regierung eine Nachricht über die Lage auf dem .Kriegsschauplatz verbreitet, die in weiten Kreisen berechtigtem Zweifel begegnet. Danach hätte General Damade, der Oberbefehlshaber, mehrere eigenhändige Schreiben von Muley Hafid und den Führern seiner Truppen erhalten, in denen sie um Aufschub der Feindseligkeiten nachsuchen und um Frieden bitten. Außerdem haben zwei Minister Muley Hafids ihre Unterwerfung jetzt in aller Form angeboteu. (Wenn die Lage jetzt wirklich so friedlich ist, warum hält Frankreich dann an der Entsendung von Verstärkungen fest?) Asien. * In dem japanisch-chinesischen Zwischenfall hat nunmehr die javanische Regierung eine durchaus versöhnliche Haltung eingenommen, nachdem ihre Forderungen an dem ! heftigen Widerstand Südchinas, das mit Aus schließung japanischer Waren drohte, gescheitert find. Wegen der Beschlagnahme deS Dampfers „Tatsu-Maru", der den^uMiidischen in Kwan- tung Waffen liefern sWM, wird nun eine von China von vornherein gewünschte Untersuchungs- kommission eingesetzt werden. Zus ciem Aeickstage. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Spezial beratung des Etats des Reichsamts des Innern fort. Die Beratung bot das alljährlich wieder kehrende Bild der Erörterung zahlloser Einzelheiten. Von der Seefischerei ging es über die Zentrale für Volkswohlfahrt zum Aararinstitut in Rom und von dort zu einer ausführlichen Besprechung der sozial- demolrmrchcn Behauptung, daß bei der Festsetzung von Renten rigoros verfahren werde. Auch über freie Arztewahl und über die Lage der deutschen Seeschiffahrt wurde eingehend gesprochen. — Um Vr? Uhr abends trat eins Pause bis 8 Uhr ein. In dec folgenden Abendsitzung wurde über das Knappschastswesen, über die Viehpreise, die Gesund heitsgefahr der Arbeiter in chemischen Fabriken debattiert. Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg er klärte, daß die Verhandlungen über das Knapp- schaflswesen nicht nur in Preußen, sondern auch in den andern Bundesstaaten statlfänden. Eine Reso lution betr. Statistik in Walz- und Hüttenwerken, und eine solche des Abg. Grafen v. Schwerin- Löwitz (kons.s über Aufmachung einer Viebpreis- statistik nach dem Lebendgewicht, wurde angenommen, obgleich die Linke auf die Undurchführbarkeit einer solchen Preisfestsetzung hingewiesen hatte. Am 13. d. wird die zweite Lesung des Etats des Reichsamts desJnnern beim „Reichs gesundheitsamt" fortgesetzt. Abg. Ruegenberg (Zentr.) fordert reichs gesetzliche Regelung des Hebammenwesens. Abg. Graf v Carm er (kont.) unterstützt die Forderung des Zentrums, das SchlaLtvieh- und Fleischbeschaugesetz dahin avzuänbern, daß die Kosten der amtlichen Untersuchung den Bundesstaaten zur Last fallen. Gebühren dürfen hierfür von den zur Untersuchung Verpflichteten nicht erhoben werden. Die inländische Fleischprodultion wird, wie Herr Kobelt gestern richtig aussührte, durch die Beschau kosten enorm verteuert. Abg. Schellhorn (nat.-lib.) fragt, wann das Reichsvereinsgesetz an den Reichstag kommen werde. Abg. Brüh ne (soz.) schildert die schlechten Wohnungsverbältnisse für die Ziegeleiarbeiter. Die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Zieoeleien spottet jeglicher Beschreibung. Dreizehnjährige Kinder werden z. B. abwechselnd Taz und Nacht täglich 13 Stunden beschäftigt. Die Verhältnisse im Bäckereigewerbe haben sich wesentlich gebessert, am schlechtesten sieht es aber im Fleischergewerbe aus. Die Arbeitszeit für die Gesellen ist am größten, und Sonntagsruhe gibt eS da überhaupt nicht. Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg erklärt, zu einer reichsgesetzlichen Regelung eigne sich das Hebammmwesen nicht. Das Weingesetz werde in wenigen Wochen dem Bundesrat zugehen und alsdann sofort veröffentlicht werden. Der Titel wird bewilligt. Angenommen werden die Resolutionen betr. Über nahme der Fleischbeschaukosten auf das Reich und betr. den Verkehr mit Essig. Es folgt das „Reichspatentami", das nach kurzer Debatte, in der von mehreren Seiten eine Herabsetzung der Patentgebühren verlangt wird, be willigt wird. Beim „Reichsversicherungsamt" wünscht Abg. Irl (Zenir.) die Reform der Unfallver sicherung. Die Belastung der-" Handwerksmeister mit Versicherungsbeiträgen sei auf der höchstmög lichen Stufe angelangt. Eine gerechtere Verteilung der Lasten sei durchaus angebracht. Abg. Findel (nat.-lib.) begründet eine Reso lution auf Ausdehnung der Unfallversicherungs- Pflicht 1) auf alle Handelsgeschäfte, soweit sie mit Lagerung?- und Beförderungsbetrieben verbunden sind, ohne Rücksicht auf eine Eintragung in das Handelsregister, und 2) auf die gesamte Tätigkeit des Geschäfts. Abg. Graf v. Carmer (kons.) tritt für Herab setzung der Altersgrenze in der Altersversicherung ein. Dies sei nötig, wenn der Zweck der Ver sicherung überhaupt erreicht werden solle. Die Mittel dazu müßten durch Verbilligung der Ver waltung erzielt werden. Angängig sei es nicht, den Arbeitern die Beiträge zu verteuern oder diese einseitig den Arbeitgebern aufznladen. D e Dia- konissenstationeu auf dem Lande tollten subventioniert werden. Abg. Hue (soz.) bespricht die Denkschrift über die Unfälle im Bergwesen. Seine Partei sei sehr enttäuscht worden. An Stells tatsächlicher Angaben seien nur polizeiliche Vorschriften m der Denkschrift,! enthalten, die auch anderweitig zu beschaffen sem Wörden. Notwendig sei es, daß die Unsallver- hütungsvorschriften auch befolgt und ihre Durch führung kontrolliert würden. Die bergpolizeilichen Vorschriften würden vielfach systematisch nicht be achtet, und dann wundere man sich über Ver mehrung der Unfälle und Anschwellung der UnM- renten. Bei dem sozialpolitischen Vorgehen zeige die Regierung eine unbestreitbare Einseitigkeit, die Vertreter der Arbeiterschaft würden übersehen. Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg: Die Denkschrift über die Explofionsge'ahr im Berg bau ist genau nach der Resolution Giesberls ver saßt worden, mehr konnte nicht geschehen. Bezüg lich der Auswahl der bei den Enqueten zu ver nehmenden Arbeiter werden der Reichsverwaltung durch die Arbeitskammern gute Dienste geleistet werden. DaS prozentuale Sinken der Unfallrenten ist zugegeben, es ist veranlaßt durch die Zunahme der kleinen Renten und durch die Verbesserung des Heilverfahrens. Die Resolution Findel wird ihre Erfüllung finden können. Die Herbeischaffung der Mittel für die Herabsetzung der Altersgrenze auf 65 Jahre in der Altersversicherung durch Verbilli gung der Verwaltung ist nicht möglich. Zu der ganzen Frage kann ich mich der hohen Kosten wegen nicht äußern. Die Förderung des Diakonissen wesens auf dem Lande wird tatkräftig betrieben. Darauf wird die Fortsetzung der Debatte aus abends 8 Uhr vertagt. In der Abendsitzung wird die Beratung des Etats des Innern beim Kapitel „Reichs- versiwerungsamt" fortgesetzt. Abg. Mugdan (srs. Vp.) bemängelt die lange Dauer der Prozesse, die auf die Überlastung des ReichsverfichcrungsamtcS zurückzusühren sei. Wünschenswert sei die Errichtung eines Lehrstuhls für versicherungsrechtliche Mediän, der eigentlich noch nicht vorhanden se!, da der dafür bestimwte Professor mit andern Arbeiten überlastet sei. Viele Klagen der Arbeiter würden durch die freie Arzt wahl beseitigt werden tönnen. Die Abschaffung der kleinen Unsallrenten dis 20 Prozent würde inhuman sein. Mit der Herabsetzung der Grenze für die Altersrenten auf das 6k>. Lebensjahr könne er sich im Prinzip einverstanden erklären. Abg. Behrens twirtsch. Vgg.) betont, daß die kleinbäuerlichen Kreise sehr entschieden gegen die Be seitigung der kleinen Unfallrenten leien. Sehr be nachteiligt würden die Gärtnereiarbeiter. Von der Rcntenberechnung sehe man sie schlechtweg als Hand arbeiter an. Darauf wird die Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten geschlossen und das Kapitel bewilligt. Beim Kapitel „Aufsichtkamt für Privatversichc- rung" weist Abg. Wehl (nat.-lib.) darauf hin, daß die Privatvcrsicherungsanstalten e nm Tarisverband ge bildet hätten, der nur die Interessen der Gcsell- schajtcn auf Kosten der Versicherten ,örocre. Gegen das Kohlenkartell könne man sich durch Bezug aus dem Auslande schützen, aber den Feuerversicherung?« gesellschasien sei mau schutzlos ausgeliejert. Das Kapitel wird bewilligt, womit die dauern den Ausgaben erledigt sind. Es folgen die einmaligen Ausgaben. Der Rest des Etats wird ohne erhebliche Debatte angenommen. Damit ist die Tagesordnung er schöpft. Von und fern. Untergang eines veutsqen Torp do« ; ooles. Wieder einmal ist unsre Marine von einem beklagenswerten Verlust betroffen worden. Nachts 2 Uhr ist beim Feuerichiff „Elbe IV." unweit Kuxhaven das zur 1. Minensuchdiomon gehörige Torpedoboot .8 12", das mir dem Torpedosuchboot „8 25" von einer übungk- iahrt zmückkehrte, vom auslaufenden deutschen Dampfer „Eduard Grootmann" angerannt worden und sofort gesunken. Die Besatzung wurde von „8 25" und dem Rettungsboot des Feuerschiffes 4 gerettet bis auf den leitenden Maschinisten Homburg. Dieser befand sich zur Zeit des Unglücksfalles in seiner Kammer. Der Bug des Dampfers traf gerade an dieser Stelle das Boot und verletzte den Maschinisten so, daß feine Rettung, bevor das Boot sank, nicht mehr möglich war. Fünf Kinder bei einem Brande erstickt. In Frankfurt a. M. geriet in der Parterre wohnung der Arbeiterfamilie Schunk in Abwesen heit der Eltern eine Bettstelle in Brand. Sämtliche im Zimmer befindlichen fünf Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu sechs Jahren erstickten im Rauch. K Vie Vame mit äen Kolen. 6jj Kriminalroman von G. Quis. (Fotietzunq. In später Abendstunde trat Anna v. Wal moden in das Arbeitszimmer ihres Vaters, des Staatsanwalts. Herr v. Walmoden war mit der Ausarbeitung einer Anklage beschäftigt. Es war ein Mann in den fünfziger Jahren, mit blassem, maaeren Gesicht, wie man es so häufig bei Leuten findet, welche durch ihren Beruf an den Schreibtisch gebannt find. Dieses Gesicht aber zeigte beim Hellen Lampenlicht charakteristisch schöne Züge, in denen Energie und Wohlwollen zugleich ausgedrückt waren. Die ganze Er scheinung dieses Mannes war stolz und aristo kratisch. Als Beamter und als Mensch gleich hoch geschätzt, vermögend und talentvoll, übte er auf leine richterlichen Kollegen einen großen moralischen Einfluß, den er jedoch niemals miß- brauchte, nm sie etwa zugunsten derjenigen Ziele und Zwecke zu stimmen, die er in seiner Stellung als öffentlicher Ankläger zu erstreben hatte. Seine Gattin war früh gestorben und hatte ihm eine einzige Tochter hinterlassen, die er mit väterlicher Fürsorge und Liebe erzog. Die fetzt achtzehnjährige Anna war schön und geistreich. Zahlreiche Bewerber um ihre Hand fanden fedoch bei ihr wenig Ermunterung und zwar, wie es schien, hauptsächlich deshalb, weil es ihr schwer wurde, sich von ihrem Vater zu trennen. Als die Tür sich öffnete und Herr von Walmoden seine Tochter erkannte, legte er die Feder aus der Hand. „Du arbeitest noch?" fragte die Eintretende, indem sie einen Blick auf die umherliegenden Aktenstücke warf. „Allerdings, mein Kind, ich werde wahr scheinlich heute die ganze Nacht wachbleiben müssen." „O, nicht doch Vater!" erwiderte sie, und die zärtlichste Besorgnis klang in ihrer Stimme wieder. „Du reibst dich durch übertriebenes Arbeiten auf. Laß doch die Akten bis morgen ruhen!" „Mein Kind," antwortete Herr v. Walmoden, „es tut mir leid, deinem Wunsche nicht will- fabren zu können. Die Angelegenheit, die mich beschäftigt, ist von der höchsten Wichtigkeit. Ein furchtbares Verbrechen ist begangen worden. Du kennst selbst den Fall. Es handelt sich um den Mord des Großkausmanns Hollmann. Ich bin mit der Anklage betraut. Das Anseben einer überaus achtbaren Familie tritt zugunsten des Angeklagten ein: die Beweise sind juristisch zwar nicht stichhaltig, aber im übrigen triftig genug, um die moralische Überzeugung von seiner Schuld zu begründen. Der Name des Mannes und seine ganze Vergangenheit müssen nach meiner Ansicht vor der Logik einer Reihe ineinander greifender und schwer belastender Tatsachen in den Hintergrund treten. Die moralischen Indizien werde ich so zusammenstellen, daß sie Beweiskraft gewinnen, die den Augen der Geschworenen als unleugbar erscheinen soll." Anna schüttelte traurig den Kopf, „Und du tust das alles," sagte sie, „damit der arme Karl Hollmann zum Tode verurteilt werde!" — „Mein Kind, du sprichst recht töricht. Die Gerechtigkeit muß ihren Lauf haben." „Weißt du auch bestimmt, daß er schul dig ist?" „Ich bin davon überzeugt. Sonst würde ich ihn nicht anklagen." „Vater," fuhr das funge Mädchen mit be wegter Stimme fort, „bist du dir auch bewußt, daß du eine furchtbare Verantwortlichkeit auf dich lädst, wenn du mit aller Kraft deines Geistes und deines Talentes die Verurteilung eines Menschen zum Tode herbeiführst, für dessen Schuld kein klarer Beweis vorliegt und dessen Unschuld sich daher leicht herausstellen kann, wenn eS zu spät ist, ein ungerechtes Urteil an ihm wieder gut zu machen?" „Ich bin mir nicht bewußt, schon jemals einen Unschuldigen angeklagt zu haben, über dies kann der Mensch nicht mehr tun, als nach (einer Überzeugung urteilen und pflichtgemäß handeln. Das andre liegt in Gottes Hand," antwortete der Staatsanwalt. Die Bemerkungen seiner Tochter waren indessen nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben, denn in seinen Zügen machte sich eine große Verstimmung bemerkbar. „Siehst du, lieber Vater," fuhr Anna fort, „jedesmal, wenn die Schwurgerichts-Sitzungen eine schwere Anklage bringen, fühle ich mich traurig und bekümmert. Es entsetzt mich, wenn du ein Todesurteil beantragst; und hat die Hinrichtung eines von dir Angeklagten statt gefunden, so kommt es mir immer vor, als ob deine Hand mit Blut befleckt sei." „Gutes, mitleidiges Herz," antwortete der Beamte ernst, „du hast keinen richtigen Begriff von der Heiligkeit der Justiz. Zwischen dem Richter im Amte und dem Menschen liegt eine tiefe Kluft. Ich würde sehr strafbar sein, wenn ich die unwandelbaren Gesetze des Rechts zugunsten einer weichherzigen Nachsicht beugen wollte. Auch ich fühle mich tief erschüttert, wenn vor meinen Augen die Beweise der Schuld sich vereinen. Allein ich muß meine Pflicht erfüllen. Mein Herz blutet ost, während ich diese Schuld zu beweisen habe." Es entstand eine Pause, die von Anna plötzlich mit der Frage unterbrochen wurde: „Du hältst also den jungen Hollmann für den Mörder?" „Ganz entschieden. Ich habe die Akten gelesen und wieder gelesen. Was ein redlicher Mann tun kann, um sich eine Überzeugung zu bilden, das Kabe ich getan. Bor Gott und meinem Gewissen habe ich mir keinen Vorwurf zu machen." „Liegen denn gar keine Umstände vor, die zu seinen Gunsten sprechen? Bedenke, Vater, wie leicht menschliches Urteil irren kann." „Ich wüßte keine. Karl Hollmann hat seinen Onkel ermordet, um schnell in den Besitz seines Vermögens zu gelangen. Es fehlen Wertpapiere in Höhe von fast einer Viertel million Mark." „Ich hätte ein so entsetzliches Verbrechen dem jungen Manne niemals zugetraut. Ek scheint mir noch jetzt unvereinbar mit seiner ganzen Vergangenheit," bemerkte mit zweifel- vollem Kopfschütteln Anna.
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