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Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat zu Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hanswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Lbonnementsprei« inkl. der allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltung »blatte«" vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Hau« 1 Mark 2V Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den Nll- gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungsbote« jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« wir Rabatt nach Uebereinkunft. Anferate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag l/,n Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi» Freitag vormittag l/,11 Uhr einzusenden Rr. 15. LchrisNeitung, Druck «nd Verlag von K. Schurig, Bretnig 18. Jahrgang Mittwoch, den 19. Februar 1908. Lertlickes «äEck-S. Bretnig. Einen schönen Abend verlebten am Sonnabend die Mitglieder der „Harmonie" mit ihren Gästen im Gasthof zur goldnen Sonne. Der genannte Verein hielt daselbst fein Kränzchen ab. Verschönt wurde das Vergnügen ganz besonders durch die An wesenheit de« gemischten Chore« der Firma E. S. Großmann in Großröhr«dorf, welcher in vortrefflicher Weise einige Perlen au« dem deutschen Liederschätze zum Besten gad. Auch da» Urteil diese» Vereine» über den Gesang und die humoristischen Aufführungen de« hies. gemischte» Chores war ein günstige«, so daß derselbe befriedigend auf da« Fest zurückblicken kann. — Geschloffene Zeiten. Am Bußtag (18. März), am Karfreitag (17. April) und am ersten Oüerfeiertage (19. April) ist nach H 8 de« Gesetze» vom 10. September 1870 üoer die Sonn-, Fest- und Bußtag«feier die Ab haltung öffentlicher Versammlungen aller Art, wie aller Verein«- und Kaffeilversammlungen verboten. Die geschloffene Zeit vor Ostern beginnt mit Montag nach dem Sonntag Lä- tare, in diesem Jahre also mit dem 30. März, einschließlich desselben, und endet mit dem ersten Feiertage. In dieser Zeit ist die Ab haltung öffentlicher Tanzbelustigungen, wie auch die Veranstaltung von Privatdällen in Privathäusrrn oder in Lokalen geschloffener Gesellschaften verboten Dagegen ist die Ab haltung von Konzertmusiken und anderer ge räuschvoller Vergnügungen, in«desondere auch die ^.Veranstaltung von Theatervorstellungen, jedoch mit Ausnahme dec Zett vom Grün donnerstag, einschließlich dieses Tage«, bis mit Sonnabend vor Ostern, gestattet. Zu den Theatervorstellungen, die in der Zeit vom Palmsonntage bi» zum Mittwoch in der Kar woche wie am Tage vor dem Bußtage aufgeführt werden, sind nur ernste Stücke zulässig. Auch am Buß ag« und dessen Vor abend sind Tanzbelustigungen aller Art, sowie die Abhaltung von Konzertmusiken und anderer geräuschvoller Vergnügungen, mit Ausnahme der Aufführung ernster Musikstücke am Vor abend de« Bußtage», verboten. Sonstige Schaustellungen (auchLichtbildervorführungen), öffentliche Auf- und Auszüge, Vogel- und Scheibenschießen und Schießübungen sind am Bußtage und am Karfreitage nicht gestattet. Ferner ist am Bußtage und am Karfreitage, sowie an den Vorabenden dieser beiden Tage die Abhaltung und die öffentliche Ankündigung der von den Tast- und Schankwirten besonder» dem Vergnügen gewidmeter Veranstaltungen, wie Schlachtfeste, Schmäuse, Skatturniere, Bockbierau«schänke und dergl. nicht zulässig. Auch dürfen in der Karwoche Trauungen nicht statlfinden. — Zahlungreinstellungsn. Konkur» wurde eröffnet: über das Vermögen de« Geigen fabrikanten Bruno Ernst Leopold Callsen in Zittau, Reichenbergerstraße 45, über da« der Kommanditgesellschaft E. Wilke u. Co. in Dresden, Damenkonfeklionsgeschäft, Prager- straße 26, über da» de« Schneidermeister» Friedrich Wilh. Bergmann in Dre«den, Lilien- gasse 8, I, über das de» Maurerpolier« Gust. Emil Hamann in Dresden, Eisenacher Straße 40, und über das de« Fabrikanten Oskar Friedlich Schäfer, al« alleinigen Inhaber« der Firma Gust. Schäfer inJohanngeorgenstadt. — Der Tesundheit«zustanl> läßt augenblick lich in Dresden viel zu wünschen übrig. Die Influenza greift in besorgniserregender Weise immer mehr um sich und die Zahl der an dieser und anderen Krankheiten darniederlie- genoen Personen wird auf 23 000 angegeben. Auch viele Aerzte, die jetzt so sehr verlangt werden, sind von der Influenza heimgesucht. — Prügelei im Gerichtssaal. Ein Aussehen erregender Vorfall spielte sich am Freitag vor mittag während einer Schöffengerichts« erhan)- lung im Dre«dner Kriminalgericht am Mün chener Platz ab. Im Zuhörerraum befand sich die Ehefrau eine« Ministerialbeamten, der al« Zeuge vocgeladen war. Neben der Dame saß der Kaufmann Georg Göthel. Plötzlich ging dieser gewalttätig gegen die Frau vor, er gab ihr einen Stoß vor die Brust und schlug sie auf den Kopf. Wegen dieser gro ben Ungebühr im Gerichtssaale erhielt Göthel vom Vorsitzenden, Herrn Laadgerichttrat Dr. Kühn, eine dreitägige Haftstcafe zuerlannt, die er sofort antreten mußte. Gölhel behaup tete, er sei in große Erregung gekommen, al» er die Dame erkannt, da sie ihn um 10 000 Mark betrogen habe. Die Dame will hier von nicht» wissen. Dresden. Aus dem Seelenleben einer Mörderin. Ein Einblick in da« Seelenleben eines Verbrechers ist immer von psycholog ischen wie vom allgemein menschlichen Stand punkte au« sehr interessant und lehrreich. Ganz besondere» Interesse erweckt aber da» Seelenleben der jetzt in der Jrrenabteilung de« Waloheimer Zuchthause« zweck» Beobach tung ihres Geistetzustande» internierten, des Morde« an ihrem Bräutigam beschuldigten Bürgermeisterstochter Grete Beier au» Brana bet Freiberg. Seit drei Wochen befindet sich Grete Beier im Jrrenhause. Sie macht den Psychiatern infolge ihre« seltsamen Wesen» manche» Kopfzerbrechen und die alten erfah renen Irrenärzte stehen wie vor einem Rät sel. Trotz der sorgfältigsten geheimen Be obachtung ist bislang die Frage noch nicht gelöst: Ist Grete Beier, das schlanke, blasse Mädchen mit den so unschuldig oreinblickenden Augen, eine Geisteskranke oder eine mit allem Raffinement ausgestattete Simulantin? Ihr zur Schau getragene« sorglose« Benehmen, ihre Unbefangenheit auf der einen und dann ihre Offenheit, soweit e» da« furchtbare Ver brechen, dessen sie geständig ist, betrifft, auf der andern Seite, machen e» den Aerzten schwer, den psychologischen Zustand diese» durch fremde Schuld irregeleiteien Mädchen» zu ergründen. Jetzt schrieb Trete Beier an ihre im Freiberger UntersuchungSgefängni» befindliche, wegen Verleitung zum Meineide zu 2 Jahren Zuchthau» verurteilte Mutter einen Brief, daß es ihr im Jrrenhause sehr wohl gehe. Sie spiele fleißig Klavier und die Schwestern der Anstalt seien sehr lieb zu ihr. Die Mutter möge sich nur gut pflegen, damit sie nicht krank werde. Zum Unter suchungsrichter äußerte sie kurz vor ihrer Ueberführung in die Irrenanstalt zu Wald heim : „Ich weiß wohl, daß ich wegen meiner Tat hingerichtet werden muß, aber detwegen will ich mir meine letzten Leben«tage nicht verkümmern. Wenn ich aber noch einmal vor die Frage gestellt würde, ob ich den Nord begehen sollte, würde ich e« nicht tun !" In ihrem letzten an ihre Mutter gerichteten Briefe kommen Tode«gedanken zum Autdruck. Sie schließt: „Ich will jetzt nicht mehr leben. Wenn morgen Sonntag die Glocken zur Kirche läuten, wird sich meine Seele emporschwingen zu Gotte» Thron. Ec wird mich nicht verstoßen, denn es steht geschrieben: Wer viel geliebt hat, dem wird viel vergeben werden. Deine arme verlorene Gretel — Errichtung besonderer Gericht»höfe für Jugendliche in Sachsen. Der Lande«oerband der evangelischen Arbeitervereine im König, reich Sachsen beschäftigt sich schon seit gerau mer Zeit mit der Frage der Errichtung be sonderer Gerichtshöfe für Jugendliche im Königreiche Sachsen. Der Lanüetoerband wird, nachdem Sie überau» wichtige Angelegen heit nach allen Richtungen hin beleuchtet worden ist, der wiederholten Anregung seiner Mitglieder folgen und sich mit einer Petition an die zustänsize Stelle in Sachsen, das König!. Justizministerium wenden, daß es oec Frage näher trete, ob nicht in seinem Ge schäftsbereiche durch Verordnung solche Jugend gerichtshöfe in» Leben treten könnten. Der Landesverband ist der Ansicht, daß dieser Weg vielleicht am ehesten sahm führe, eine Stellung nahme in dieser für die sächsische Jugend überau« wichtigen Frage feiten« de» König!. Justizministerium« zu erzielen. In der Peti tion de« Lande«verbande« der evangelischen Arbeitervereine im Königreich Sachsen, der sich voraussichtlich auch der Verein „Zentrale für Jugendfürsorge" und ähnlich wirkende Vereine anschließen werden, sollen die Haupt wünsche in folgendem zusammengefaßt werden: „1. In jedem Ami«gericht»b»zirk ist ein Jugend gericht zu bilden, da» au« einem Vormunv- schaftsrichler und zwei pädagogisch trefflich geeigneten Männern, wenn möglich einem Schulmann und einem Arzt, bestehen müßte. Diese drei Personen sind von eine« Uedsr- wachungSdeamten zu unterstützen. 2. Der Jugendliche ist der Familie möglichst zu lassen, aber die ErziehungSpflichtigen sind durch tue Maßnahmen de» Jugendgericht» und seiner UeberwachungSbeamttn tatkräftig in der Lei tung der haltlosen Kinder zu unterstützen. 3. Wo von. der Umgebung de« Kinde« eine dauernde sittliche Gefährdung zu befürchten ist, ist die Unterbringung in eine Erziehungs anstalt rasch vorzunehmen. 4. Gefängnisstrafe ist bei noch schulpflichtigen Kmdecn auSzu- schließen. Bei den schon konfirmierten Jugend lichen bi« zum 16. Lebensjahre ist bei erheb lichen Vergehen die bedingte Bestrafung in Verbindung mit Ueberwachung eine» der ersten Mittel der Einwirkung. Im Rückfall ist al» Unschädlichmachung die Internierung anzu- wenden. Statt Untersuchungshaft ist die vor läufige Unterbringung in eine Ecziehung»an- stalt vorzunehmen. 5. Die Verhandlungen de» Jugendgericht« sind zwar öffentlich, aber e« ist nur denen die Anwesenheit gestattet, die ein besondere» Interesse an dem Falle auszudrücken vermögen. 6. Trotz der Schwere der Vergehen müssen alle Personen, die mit dem Jugendlichen zu tun haben, in ihm den Eindruck erwecken, daß man da« Vertrauen zu ihm habe, er werde sich besinnen und seinem Leden eine andere Richtung geben." Da« Vorgehen der evangelischen Arbeiterver ein« im Königreich Sachsen wird jedenfalls mit großer Freude begrüßt werden. Der dem nächst stattfindende Verband«tag der Arbeiter vereine wird sich in ausgiebigster Weise mit der Errichtung von Kericht«HSfen für Jugend liche befassen. Da« Königl. Justizmimsterium soll zudem der in der Petition angeregten Frage sehr sympathisch gegenüderstehen und der sächsische Justizminister Dr. von Otto hat sich bereit« eingehend mit der wichtigen Frage beschäftigt. Dresden, 15. Febr. Da« Landgericht verurteilte heute den 1857 in Oppach geborenen Maschinisten Eduard Lederecyr Jakob wegen fortgesetzter StttlichkeitSoervrechen, begangen an Schulkindern in Deuben und Potschappel, zu 5 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehr verlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. — Wie bereit« mitgeteilt wurde, sind die Lose für die Lotterie zum Vesten de« Säch sischen Krüppelheim» (KöniginCarola-Stiftung) sämtlich oergriffen und nur noch in wenigen Stücken dürften diese an oen Einzelverkauf»- stellen zu Haven sein. Unter diesen Umständen Hal der aussührenve Au»schuß beschloss«», die Ziehung verell» am 24. Februar stattsinden zu lassen. Sie dürste vier Tage in Anspruch nehmen und wird in den Geschäftträumen der Deutschen Bank, Filiale Dresden, vocgenom- men. Unmittelbar nach der Ziehung wird die Gewinnliste sertiggesttllt, so oaß mit der Aus gabe der Gewinne, die in der Königl. Villa in Strebten erfolgt, in den ersten Tagen de» März begonnen weroen kann. — Dre diesjährigen Herbstübungen de» 12. (1. Königl. Sächs.) ürmeekorp» weroen oorau«- sichtlich in den AmtShauptmannschasten Meißen und Großenhain stailfinven. Freiberg. Vor der hiesigen ersten Strafkammer wurde gestern in der Angelegen heit der Bürgermeistec«-Tochter Grete Beier gegen die frühere Hebamme Kunze und die Witwe Kambolot au» Brand wegen gemein schaftlich verübter Kuppelei verhandelt. Die Verhandlung, sie zum Teil unter Lu«schluß der Oeffentlichkeu statlsanv, enoete mit der Verurteilung der Kunze zu 8 Monaten Te- sängni» uno 3 Jahren Ehrencecht»oerlust. Die Kamdoldt wuroe zu 2 Monaten Gefäng nis verurteilt. — In dec Zwickauer Vorstadt in Chemnitz hat am Sonnaoeno ein 19 jährige» Dienst mädchen während der Aowesinheit seiner Dienstherrschaft durch Vergiftung semem Leben freiwillig em Enoe gemacht. Wie au» emem hinterlassenen Briefe Heroorgeht, hat Liebe»- tummer oa» Mäochen rn den Tod getrieben. — Zur Haftpflicht der Lehrer oei Äuiflügen, Turnspielen rc. Um seine Lehrerschaft in Haftpflichtfällen g-nügeno schützen zu können, Hal »er Stablcat zu Oederan in anerkennen»- werler Weise folgenoen Beschluß gefaßt: Jever Lehrer (Lehrecm) fungier: bei Veran staltung von Au»flügen, Unterrichttgängen, Turnspielen, Schulreisen rc. — wie bei feiner amtlichen Tätigkeit überhaupt — nicht al« Unternehmer, sonoern al» Beauftragter der Stadtgemtinoe. — Im Stadlwalde bei Zwickau verübte am Freitag der beim Zwickauer Infanterie- Regiment Rc. 133 ai« Einjährig-Iceiwilltger oienenoe Lehrer I. au» Weroau einen Lelost- morooersuch. Ec schoß sich in die Schläfen, doch drangen me Kugeln nicht lies genug. Ein Waldarbeiter fand ihn schwerverletzt auf. Ec wurde in« Lazarett geschafft; man fano »och 23 scharfe Patronen oei ihm vor. — Enolich Sühne. Wie es heißt, soll nun endlich in der Mitte März stattfindenden SchwurgerichtSpenobe am Kgl. Lanozerichte Leipzig der Musikstuvierende Christo Mrancoff aus Bulgarien zur Aburteilung gelangen. Dec junge Mensch hatte, wie seinerzeit bc- iichter, kurz vor Weihnachten 1906 seine Ge liebte au« unbegründeter Eifersucht m ge meinster Weise ermordet. In Bulgarien mußten zahlreiche Personen vernommen wer den. Die Akten sind nun von dort wieder zurückgelangt.