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Die Beisetzung Wilhelm Buschs in Braunschweig, bei der Kaiser Wilhelm sich durch den Regierungspräsidenten von Hildesheim ver- weten lieh, zeigte noch einmal die große Liebe, deren sich der Meister im Leben erfreute, und viele, viele waren es, die von nah und fern heröeigeeilt waren, um dem Spender so mancher frohen Stunde einen letzten Erich in die Gruft hinabzuwinken. Ei« schwerer Unglükksfall beim Rosel« bat sich auf der Strecke Königstein—Neunhain— Soden ereignet. Ans der Chaussee von König- stein im Taunus nach Soden fuhr ein Rodel schlitten, der mit acht Personen besetzt war, mit Voller Wucht gegen einen Baum. Die Insassen wurden herausgeschleudert. Zwei waren sofort tvt, ein 50jähriger Arbeiter verstarb auf dem Transport nach dem Krankenhaus, ein vierter «litt einen schweren Schüdelbruch, der den Tod herbeigeführt hat. Beraubt und verbrannt. Ein entsetz liches Ende fand ein Geichwisterpaar in Halle an der Saale. Die Witwe Rein und ihre Schwester, die Witwe Becher in Allstedt, die «!S verkohlte Leichen gefunden wurden, sind nach dem Ergebnis der Untersuchung die Ovfer eines Raubmordes geworden. Die Täter haben 1000 Mk. geraubt, die Frauen erschlagen und verbrannt. X Berhastuug von Jrrenwärtern. Zwei Wärter der Provinzial- Heil- und Pflege anstalt in Bonn wurden verhaftet und in das dortige Untersuchungsgefängnis eingelieferl. Sie stehen in Verdacht, einen Kranken derart miß handelt zu haben, daß der Tod eingetreten sein soll. Näheres über die Angelegenheit war nicht in Erfahrung zu bringen, da die Direktion der Anstalt auf eine diesbezügliche Anfrage jede Auskunft rundweg verweigene. X Ei« Knabe am „Marterpfahl". Eine Unzahl Schulkinder veranstaltete dieser Tage in der neuen Rangenstraße bei den Sankt Pauli-Landungsbrücken in Hamburg Indianer- spiele. Um die Sache recht realistisch zu ge stalten, mußte auch ein „Blaßgesicht" an den „Marterpfahl" gebunden werden. Zur Aus führung dieser Szene war der zehnjährige Sohn des Getreidekontrolleurs Eickmann er koren. Dieser wurde mit einem mehrere Meter langen starken Bindfaden an ein Brückengeländer gebunden und dabei derart sestgeschnürt, daß die Nulsadern vollständig abgebunden waren, in welcher Situation er von seinen Spiel- genossen unter Aufführung wilder Indianer« tänze geschlagen und auf allerlei Weise ge peinigt wurde, während man ihm den Mund zuhielt, um ihn am Schreien zu hindern. Nachdem diese Prozedur etwa zwanzig Minuten gedauert hatte, trat dem Bedauernswerten Schaum vor Mund und Nase und er verlor das Bewußtsein. Die Übeltäter, die der Meinung waren, daß ihr Kamerad tot sei, bekamen es mit der Angst und liefen davon. Noch zur rechten Zeit erschien der Kommandant Schmidt von der Hafenpolizei auf der Bild fläche und befreite mit Hilse andrer Passanten den Unglücklichen aus seiner verzweifelten Lage. Als der Junge abgeschnitten war, fiel er wie tot zur Erde; da er weder an Ort und Stelle, noch auf der Wache zum Bewußtsein gebracht werden konnte, wurde schleunigst ein Arzt herbei geholt, dem es nach längeren Bemühungen gelang, den Knaben wieder ins Leben zurück- zumfen, doch war der Ärmste infolge der ausgestandenen Qualen so erschöpft, daß seine Überführung in das Hasenkrankenhaus nötig war; nur wenige Minuten später wäre er nach Ausspruch des Arztes eine Leiche gewesen. Die Hauptbeteiligten an der Martersperre sind be reits ermittelt. David Niederyoser begnadigt. Der Zirkusbesitzer David Niederhofer, der im Oktober o. wegen des von ihm an dem Kauf mann Hendschel begangenen Raubmordes im Zirkus Bavaria in München zum Tode ver urteilt worden war, ist zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt worden. Die Umwand lung der Strafe erfolgte, weil das Urteil sich nur auf einen (wenn auch geschlossenen) Uber- iührungsbeweis stützte, nicht auf ein Geständnis des Täters. x Die „Nebenbeschäftigung" des Amtsrichters. Ein hübsches Geschichtchen, das den Borzug hat, wahr zu sein, wird aus einem badischen Amtsstädtchen berichtet. Auf dem dortigen Amtsgericht hatte ein Straßburger Rechtsanwalt mit dem Titel Justizrat eine Klagesache zu vertreten; um sicher anzukommen, findet er sich schon um °/«8 Uhr morgens beim Gericht ein. Im Amtszimmer tras er einen ein fach gekleideten Mann, der darin herum han tiert, den Ofen nachsieht und besorgt usw. Unser Justizrat fragt ihn, ob der Amtsrichter bald kommen werde. Der Angeredete er widerte, der Herr möge sich nur setzen, der Richter werde bald erscheinen. Dann bringt er noch manches in Ordnung, auch hört man ihn als ein Pferd von ihm in einem Rennen als Sieger das Ziel passierte, und ihm einen großen Betrag im Wetten „landete". tArohes Brandmtglukk. In New Jork brannte nachts das dreizehnflöckige Parker-Ge bäude, in dem mehrere Firmen ihre Geschäfts räume hatten ab. Der Verlust wird auf etwa 20 Millionen Mark geichätzt. Ein Deckenhändler namens Karghsnfick verlor allein vier Millionen Mark. Vier Feuerwehrleute wurden getötet und viele verletzt. Das Schauspiel war ein höchst schauerliches. Ungeheure Menschenmafsen sammelten sich in den von den lodernden Flammen weithin erleuchteten Straßen an. Die Gäste m den nahe gelegenen Hotels stürzten voller Schrecken ius Freie, da sie jeden Augen ötrakenkunägebungen in Berlin anläßlich der Wahlrechisdebattc im preutz. Abgeordnetenhaus e. einiges in den Bart brummen, wie von unauf merksamen Amtsdienern usw. Als alles fertig ist, jetzt er sich zum großen Erstaunen des Justizrats in den Amtssessel hinter dem grünen Tisch und bricht in die klassischen Worte aus: „So, jetzt ist der Amtsrichter da, nun können wir anfangen!" Der Juflizrat soll anfangs ziemlich verdutzt dreingeschaut haben. Ein Peterspfennig Kaiser Jranz Josephs. Kaiser Franz Josevh hat dem Papste Pius X. anläßlich seiner Genesung eine „Dankesgabe" von einer Million L?ra über wiesen. Dem Papste fließen aus Österreich alljährlich bedeutende Spenden zu, und das Land dürste darin kaum von einem andern übertroffen werden. Eisenbahnunglück i« England. Bei Huddersfield-Station fuhr der Schnellzug von Manchester in einen andern Zug hinein. Zwölf Personen wurden verletzt, darunter einige schwer. Kaiserin Eugenie auf der Rerse nach Ceylon. Die Erinnerung an ein geschicht liches Ereignis wird wachgerufen durch die Reise nach Ceylon, welche Kaiserin Eugenie so eben angerreten hat. Die Fahrt führt durch den Suez-Kanal, und Kaiserin Eugenie wardst Erste, die an Bord der Kaiferjacht „Aigle" in den Kanal einfuhr, als dieser am 17. November 1869 mit unerhörtem Pomp eingeweiht wurde. Ganz in ihrer Nähe stand bei dieser Feier Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der noch nicht ein Jahr später die deutschen Truppen gegen Frankreich ins Feld führte. Ei« venezolanischer General in Nizza verhaftet. In Nizza wurde auf Veranlassung seiner Regierung der venezolanische General Corao, der Besitzer eines großen Rennstalles, verhaftet. Er hat die ihm vom Präsidenten Castro zu Waffeneinkäufen anvertrauten Summen in Pariser Spielklubs verspielt. Seine Festnahme erfolgte gerade in dem Augenblick, blick die Ansbreitung des Brandes auf ihre Hotels befürchteten. Die Rettung der in dem brennenden Gebäude befindlichen Personen gab zu den aufregendsten Szenen Anlaß. Die Ge retteten wurden zumeist auf den eigens hierfür bestimmten langen Feuerleitern herabgeholt, doch konnte man eine Anzahl Setzer im zwölften Stock nicht erreichen. Der Ausgang nach unten war durch die Flammen abgeschnitten unb der Feuertod der Arbeiter schien gewiß. Schließlich gelang es jedoch nach mehreren vergeblichen Versuchen, ihnen von einem gegenüberliegenden Gebäude aus eine Leine zuzuwersen, an der einer nach dem andern in der schwindelnden Höhe über die Straße hinwegkletterte und so unversehrt in Sicherheit gelangte. Leipzig. Die Reichsregierung hatte gegen das Urteil der Potsdamer Disstplinarkammer, wonach der frühere Gouverneur von Kamerun, Jesko von Puttkamer mit einem Verweise und einer Geldbuße von 1000 Mk. belegt wurde, Berufung eingelegt. Der Reichsdisziplinarhoi fällte in der erneuten Ver handlung, nachdem der Vertreter der Anklage gegen Jesko v. Puttkamer Dienstentlassung beantragt hatte, folgendes Urteil: Der Angeschuldigte wird unter Verwerfung der Berufung der Anklagebehörde lediglich zu einem Verweise verurteilt. 8Z Saarbrücken. Gegen 30—40 junge Berg leute waren vor einiger Zeit auf eine Einladung von unbekannter Seite in dem Lokale eines Schank wirts K. zusammengekommen, um über die Ver besserung ihrer Lage zu sprechen. Man saß um einen Tisch herum und sprach über die in Frage kommenden Verhältnisse, ohne daß einer der An wesenden etwa die Leitung der Diskussion über nommen hätte. Ein älterer Bergmann G. wies besonders auf die Organisation der christlichen Bergleute hin und forderte die Anwesenden auf, die Regelung der Lohnverhältnisse der chrinlichen Arbeiterorganisation zu überlassen. Wegen Zu widerhandlung gegen Paragraph 1 ff, des ÄcreinL- geletzeS wurde G. angeklagt und von der Strafkammer verurteilt. Gegen seine Ver urteilung legte G. Revision beim Kammer gericht ein und betonte, von einer Ver sammlung im Sinne des Vereinsgesetzes könne hier nicht die Rede sein. Es sei weder ein Ordner, noch ein Leiter vorhanden gewesen. Das Kammer gericht wies jedoch die Revision als unbegründet zurück, indem u. a. ausgsfübrt wurde, von Ver sammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder beraten werden sollen, habe der Unternehmer fristzeitig bei der Polizeibehörde Anzeige zu erstatten, was nicht geschehen sei. Man habe über Lohn- und organi- sationssragen im allgemeinen gesprochen und mit hin öffentliche Angelegenheiten erörtert. Eine Ver sammlung müsse auch als vorliegend angesehen werden; eine Versammlung sei eine Vereinigung einer nicht zu kleinen Zahl von Personen an einem bestimmten Orte, die gemeinsame Ziele verfolgen. Unerheblich erscheine es auch, wenn ohne Leitung in völlig zwangloser Welle öffentliche Angelegen heiten erörtert werden. X Darmstadt. Das furchtbare Brandnnglück aus dem Darmstädter Militärübungsplatze, bei dem etwa 40 Nlanenpferde verbrannten, sand vor dem Landgericht in Wiesbaden ein Nachspiel in einer Entschädigungsklage, die der Reichsmilitärfiskus gegen den dortigen Droschkenbesitzer Ttrob ange strengt halte. Die Klage wurde kostenpflichtig ab gewiesen und der Beklagte von der Verpflichtung zum Schadenersatz freigesprochen, weil die Fahr lässigkeit, durch die der Brand entstanden ist, ledig lich einem Ulanen, der mehrere brennende Streich hölzer achtlos sortgeworfen, zur Laß falle, dem Beklagten aber daran keinerlei Mitschuld treffe. LZunles ^ttterter- 00- Nikotinvergiftungen, jene Folgen übermäßigen Rauchens, traten in den ver schiedenen Ländern prozentual ganz verichjeden auf und scheinen in emzelnen Fällen mit dem Verbrauch an Tabak in direktem Widerspruch zu stehen. Verhältnismäßig sehr hoch steht hierbei Deutschland zu Buch. Im Deutschen Reiche erkrankten im Berechnungs fahre nicht weniger als V- Prozent der Bevölkerungen an den Folgen des Tabakgenuffes, das ergibt insofern ein festen hohes Relultat, als nur etwa 35 Prozent der Bevölkerung dem Tabak er geben ist. In Spanien, woselbst Frauen im großen Prozentsatz rauchen, und wo beinahe 80 Prozent Raucher gezählt werden, ist die Erkrankungsziffer nur mit 0,2 VrozeÄ anzu geben, in Belgien beträgt sie V- Prozent, in Frankreich 0,65 Prozent, in Osterreich-Ungarn 0,43 Prozent, in England 0,33 Prozent, in Rußland 'ogar nur 0,1 in Italien rechnet man schon 0,67 Prozent, in der Schweiz stellt sich die Erkrankung auf V, Prozent und in Schweden auf 0,09 Prozent, welch letzteres Land somit am meisten von Nikotinerkrankungen verschont bleibt. X e Hüte ans Aluminwm. Die immer nach Neuheiten jagende Mode ist nunmehr da zu gekommen, den Damenhüten in der jetzigen Verarbeitung den Garaus zu machen, indem jetzt nur noch Hüte aus Aluminium getragen werden sollen. Diese Hüte, die in allen Farben hergestellt werden, und von denen man jetzt schon einige Musterexempiare in einigen Pariser Geschäften ausliegen sieht, bedingen eine ganz andre Dekoration, weil man bekanntlich Alu minium nicht nähen kann. Diese „letzte Neu heu" ist nämlich mit Ösen versehen, durch welche man je nach dem Geschmack, den man gerade hat, Blumen oder Federn hindurchstecken kann. Solch Hut ist in wenigen Minuten „moderni siert". Spötter behaupten, er könne eventuell auch als Kochtopf dienen. L Abschiev. Ein Sträfling wird entlassen. Der Gefängnisdirektor hält eine kleine Ansprache mit der Anertennung, daß der Gefangene sich stets gut geführt habe. „Ich kann Ihnen die freudige Mitteilung machen, daß Ihre Frau Sie unten an der Tür erwartet." — Worauf der Entlassene entgegnet: „Ade! Du liebe Freiheit!" (gup> Kaltblütig. Kellner (zwei Gäste an der Table d'hote beobachtend, die eben Las Besteck verschwinden lassen wollen): „ES kommt noch ein Gang, meine Herren l" <,Mtga.v - „Verzeihen Sie, Herr Dberkontrolleur, daß wir hier bei Ihnen eingedrungen," nahm Elsa, die ganz Herr der Situation war, jetzt das Wort. „Regen und Sturm trieben uns her. Meine Freundin, Frau Brandhorst, kennen Sie ja wohl von früher her." „Trau Brandhorst, ja richtig, das ist jetzt Ihr Name," sagte Adloff wie aus einem Traume erwachend, und nötigte mechanisch die Damen in das Zimmer. Es war ein einfach möbliertes, ziemlich großes Gemach, der Fkügel stand in der Nähe des Fensters, überall lagen Notenblätter, ge schriebene und gedruckte, herum. Aus dem Tisch vor dem Sofa stand ein Maiblumenstrauß, der den Raum durchduftete. Über dem Sofa, als einziger Zimmerjchmuck, befand sich auf einer Konsole der ernste Kopf der Juno Ludovisi. Ernst war überhaupt das ganze Aussehen des Zimmers, nichts, gar nichts von dem Tand und Lupus moderner Einrichtungen war darin zu erblicken, ernst wie der einzige Bewohner desselben, in welchem der leichtlebige junge Offizier früherer Zeiten nicht wiederzuerkennen war. Sein Antlitz trug die Züge eines Men- fchen, der, abgeschlossen mit allen Jugend- träumen, sich großen Zielen zugewendet hat. Und nun mußte sie hier eintrrten in sein stilles Zünmer, sie, die einzige von allen Frauen, die so verhängnisvoll seinen Lebensweg gekreuzt, die er nicht zu vergessen vermochte, deren Bild immer wieder vor seinen Augen aufgetaucht war m der langen, einsamen Zeit hier, wo er nur Mem Beruf und seiner Kunst gelebt hatte. Was will das Schicksal mit dieser nicht ge- wollten Begegnung bezwecken? so mochte Adloff auch heute wieder fragen, wie damals bei ihrem letzten Wiedersehen. Wozu führt es uns zu sammen und läßt alte Wunden bluten. Will es uns den Abgründen znführen, den Abgründen der Schuld, der Sünde? Sein Blick ruhte fragend auf Leska. Sie war verändert, sie sah nicht mehr so blühend wie früher aus und so seltsam, wie im Fieber, blickten diese schönen braunen Augen sonst nicht. Mühsam zwang sie sich zur Unbefangenheit ihm gegenüber. „Sie wußte» wohl garnicht, daß ich Ihnen so nahe, drüben in Altenborn wohne?" fragte sie dann lächelnden Mundes. Aber auch ihr Lächeln war nicht mehr das aste; mühsam er zwungen schien es, als ob sie daS wahre Lächeln längst verlernt hatte. Ihr war es auch, als hätte eine andre diese Worte gesprochen. Der unbefangene Ton, den sie anzuschlagen versucht hatte, paßte nicht in diese Situation hier, draußen Blitz und Donner und hier in dem matt erleuchteten Raum zwei Menschen, in deren Seelen einst die vollen Akkorde der Liebe und Leidenschaft angeschlagen wurden, jene Akkorde, die nie verklingen, mögen auch Jahre darüber hingegangen sein, das Schicksal längst sein Trennungsgebot gesprochen haben. Hier in dieser Begegnung war von un befangener Art keine Rede. „Nein, ich wußte es nicht," erwiderte dann Adloff auf ihre Frage, „daß Sie hier wohnten. Ich lebte nur meines Amtes und der Musik, um die Menschen hier habe ich mich noch nicht ! gekümmert." „Die Menschen kümmerten sich aber desto mehr um den interessanten Einsiedler hier im Grenzhause", nahm Elsa setzt das Wort, „und so darf es auch nicht weitergehen, Herr Ober kontrolleur, man hat schließlich doch auch Pflichten gegen seine Mitmenschen, besonders wenn man mit solch einem Talent begnadet ist wie Sie." „Nun, ich denke, die erfülle ick, gnädiges Fräulein, wenn ich meine Kompositionen auf schreibe und in die Welt schicke," sagte Adloff ruhig. „Der echte Musendienst will in der Einsamkeit geübt werden. Zu Zeiten freilich lastet diese Einsamkeit schwer auf einen:, be sonders wenn man der früheren Lebensträume gedenkt." Er schaute auf Leska, sie saß, die Hände verschlungen, auf dem Sofa, bei seinen letzten Worten war sie zusammengezuckt, ihre Blicke begegneten sich. Ja, seht euch nur in die seelenverräterischen Augen, dachte Elsa voll heimlichen Triumphes, ich kenne solche Blicke, mögt ihr noch so sicher glauben, fest zu stehen, die Stunde kommt doch, wo ihr, wie von unentrinnbaren Gewalten getrieben, euch in die Arme sinkt, mag auch zehnmal ein andrer oder eine andre dazwischen stehen. Sie ist nicht glücklich, sagte sich Adloff in dieser Stunde, und st« schnt sich nach dem echten Glück. Das aber hast du verspielt, Leska, und ich will nicht derjenige sein, der dich auf falsche, sündige Pfade führt. Unser Glück ist tot, du bist nicht mehr die Leska, die ich geliebt, ein andrer hielt dich in seinen Armen, dem hast du Treue am Altar gelobt, die mutzt du halten nach den Gesetzen der Sitte, der Moral. Erriet Leska seine Gedanken? Eine Heitz« Blutwelle stieg plötzlich in ihr Antlitz, und sie bat ihn, um ihre Erregung ihm gegen über zu verbergen, etwas zu spielen. Das Gewitter hatte nachgelassen, nur der Regen strömte noch stark. Die Damen konnten noch nicht daran denken, das schützende Dach zu verlassen. Sie dachten auch nicht daran, Elsa wutzie, daß sie doch spitzige Redensarten von ihren Verwandten zu hören bekam, mochte sie nun etwas früher oder später nach Hauke kommen, und die Situation hier war denn doch zu einzig, zu interessant. Und Leska! Ihr war es, als müsse sie ewig hier sitzen in dem einfach möblierten Zimmer, als wäre hier ihre Heimat, aus der keine Macht der Welt sie wieder ver treiben könne. Adloff spielte auf dem Flügel, es waren wunderbare Phantasien, die er den Saiten ent lockte, das wirbelte durcheinander gleich ver schiedenen Menschenlosen, bald heiter in lustigen Tanzrhythmen, bald erschütternd, tragisch, und durck all diesen Wirbel zog eiu Leitmotiv, eine schlichte, fakt keusche Melodie; gleich dem Pfade jener Menschen, die unbeirrt mit fefiem Sum vorwärts stvchen und das zu erreichen suchen, wozu ihnen ein gütiger Gott die Kräfte ver liehen. I« 1» (Fortsetzung solgty