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Allgemeiner Anzeiger : 08.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190612085
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19061208
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-08
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.12.1906
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politische l^unätckau. Deutschland. * Zwischen Kaiser Wilhelm und dem Kaiser Franz Joseph von Österreich sand aus Anlaß der Enthüllung eines Denk mals für den um die Gründung des Drei bundes hochverdienten ungarischen Staats mann Grafen v. Andrassy in Budapest ein Telegrammaustausch statt. * Prinz K a rl von B a d e n ist, 74 Jahre alt, am Montag in Karlsruhe gestorben. * Das preußische Staatsmini - sterium hat den zu Kapitularvikaren ge wählten Weihbischof Dr. Likowski- Nosen und Domherrn Dorozewski- Gnesen die Ausübung der bischöflichen Rechte und Verrichtungen in ihren Diözesen gestattet. * Wie aus Stuttgart gemeldet wird, soll der Minister Weizsäcker daS Präsi dium übernehmen und Oberlandesgerichts- prändent Schmidlin zum Justizminister ernannt werden. * Gegen die Au s w ei s u n g s p r axi s der Polizeibehörden, wie sie im Verlauf deS Prozesses gegen den falschen Hauptmann von Köpenick, Wilhelm Voigt, geschildert wurde, richtet sich eine Interpellation, die die nationalliberale Fraktion im Reichs tag einbringen will. Es ist, wie verlautet, Aussicht vorhanden, daß über diese Interpellation bald nach den Weihnachtsferien verhandelt wird. * In der Stichwahl im 3. Berliner Landiagswahlkreise wurde ALg. Müller- Sagan (freis. Vp.) gegen den Abg. Ledebour (Sozd.) gewählt. *Der Prozeß wegen Beleidigung deS preußischen Abgeordnetenhauses gegen die beiden Redakteure Stange und Arnheim von der sozialdemokratischen ,Tribüne' in Erfurt, die in vier Artikeln wegen der Ausweisungspraxis heftige Angriffe gegen daS Abgeordnetenhaus unternahmen, endete mit der Verurteilung der Ange klagten zu je 6 Monat Gefängnis. Osterreich-Ungarn. * Zur Behebung der Fleisch not in Österreich nahm der Staats eisen bahnrat am 1. d. einen Dringlichkeitsantrag an, nach dem die E i s e n b a h n t a ri f e für Vieh- und Fleischtransporte herabgesetzt werden sollen. Frankreich. * In der Kammer erregt es das größe Aussehen, daß der Ausschußbericht über die Gültigkeitserklärung der Algecirasakte die Verpflichtung der Mächte betont, das Vor gehen Spaniens und Frankreichs durch keine Sonderabmachung zu stören. Da ein solcher Versuch nicht gemacht worden ist, klingen die Worte wie eine ungerechtfertigte Drohung. Schweiz. * In der Bundesversammlung kündigte der Bundesrat eine Botschaft und einen Gesetzentwurf über die Kranken- und Unfallversicherung an. Italien. * Der Vatikan hat beschlossen, das M ar co nis y st em für Telegraphie nicht an zuwenden, weil dies ein Monopol der italie nischen Regierung sei. Der Vatikan wird Unter handlungen mit deutschen oder amerikanischen Gesellschaften einleiten. Spanien. * Vega de Armijo, ebenfalls ein An hänger der Liberalen, hat ein neues Kabi nett gebildet. Ruhland. * Einen teuflischen Attentatsplan gegen den Premiermini st er Stolypin hat dieser Tage die Geheimpolizei entdeckt. Revolutionäre beabsichtigten, mit Hilfe eines Automobils an der Wohnung Stolypins vor überzufahren. Dabei sollte ein Insasse ein ganzes Bombenbukett gegen die Fenster von Stolypins Arbeitszimmer werfen. Der Plan wurde rechzeitig entdeckt. 30 Personen sind verhaftet. * Im Hafen von Odessa ist infolge ein^, vom Gensralgouverneur erlassenen Verein:- gungsverbotes unter den Matrosen der General st reik ausgebrochen. Balkanstaaten. * Die montenegrinische Skup - schtina nahm eine Adresse an, in der sie dem Fürsten Nikolaus Dank für sein Wirken zum Besten des Landes ausspricht und die fteundschastlichen Beziehungen zu allen Mächten hervorhebt. Hus ciem Aeickstage. Der Reichstag setzte am Montag die Kolonial debatte fort. Kolomaldircktor Dernburg erklärte auf Bebels Angriffe vom 1. d., daß die Pensionie rung des Legationsrates Hellwig mit dem Falle Dr. Peters in keinem Zusammenhänge stehe. Herr Hellwig habe seine Pensionierung selbst beantragt, weil er sich den Anforderungen des Dienstes nicht mehr gewachsen fühlte. Die Vorwürfe des Abg. Ablaß gegen den Reichskanzler wegen der auf diszi plinarischem Wege erfolgten Dienstentlassung Pöplaus, wies Herr Dernburg durch die Erklärung zurück, daß Pöplau sich eine Reihe von Dienstverfehlungen habe zuschulden kommen lassen. Abg. Nören (Zentr.) brachte neue Enthüllungen über Mißwirtschaft und Grausamkeiten von Beamten in den Kolonien vor, ging dabei von dem Verfahren gegen Herrn Wistuba aus und knüpfte daran die Beschwerde, oaß man Subalternbeamte mit höchster Energie verfolge, gegen höhere aber Milde walten lasse. Kolonial- dircktor Dernburg erwiderte mit ungewöhnlich scharfen Angriffen, gab Herrn Rören den Vorwurf der Vertuschung zurück und bezichtigte ihn des Ver suchs, in unzulässiger Weise seinen Einfluß auf die Regierung auszuüben. Er gab so dem Abg. Rören Gelegenheit, die scharfe Entgegnung folgen zu lassen, Herr Dernburg habe sich durch die Verlesung vertraulicher, an Herrn v. Löbell gerichteter Briefe einer groben Indiskretion schuldig gemacht. Sowohl der Kolonialdirektor wie auch der Chef der Reichs kanzlei v. Löbell erwiderten,. daß Herr Dernburg aus den vertraulichen Briefen nichts verlesen habe. Am 4. d. ruft vor Eintritt in die Tagesordnung Präsident Gras Balle st rem den Abg. Rören wegen der am Montag gegen den Kolonialdirektor Dernburg ausgesprochenen Beleidigungen nachträg lich zur Ordnung. Abg. Rören sZentr.) wiederholt nochmals seine Erklärung vom Montag, daß die Zentrumsfraktion den Verhandlungen völlig fernsteht, die er in seinem Namen und unter eigener Verantwortung mit der Kolonialverwaltung in Sachen Wistuba und der Togoer Mission geführt habe. Der Kolonial direktor Stübel habe ihn zu seiner Vermittelung im Fall Wistuba veranlaßt. Reichskanzler Fürst Bülow gibt die Erklärung ab, er billige durchaus und nachdrücklich die Haltung des Kolonialbircktors und insbesondere seine Ver teidigung grundlos angegriffener Beamten und seine Abwehr ungerechtfertigter Pressionen. Er habe Herrn Dernburg ermächtigt, deutlich und vorbehalt los den Fall Wistuba und der Mission aus Togo darzustellen, ohne Halt zu machen vor einzelnen Ab geordneten, die auf Grund einseitigen Materials zu eifrig Anschuldigungen gegen einzelne verdiente Beamte erhoben und untreue Beamten unter ihren Schutz genommen hätten. Eine tüchtige Reorgani sation der Kolonialverwaltung sei im Gange; er bitte, das mit gutem Willen, mit Klarheit und Festig keit begonnene Werk nicht dadurch zu hemmen, daß immer wieder Dinge aus der Vergangenheit vor getragen würden. Aba. Werner (Antis.) gibt allgemein dem Wunsche seiner Partei Ausdruck, es möge endlich zu einer Reform der Kolonialverwaltung kommen. Mg. Müller-Meiningen (frs. Vp.) spricht über die neuesten Dinge aus der Kolonialverwaltung. Er macht den Reichskanzler dafür verantwortlich, daß er viele Kolonialskaudale gekannt habe und den den Männern, die jahrel ng um ihr Recht kämpften, nicht geholfen habe. Abg. Bebel ssoz.): Wenn ich auch kein be sonderer Missionsfreund bin, so halte ich die Missionen doch für die erste Stelle, die gegen die Mißstände beizeiten einzugreifen imstande ist, da sie zuerst die Übel sehen und erkennen können. Das ist leider bisher nicht erfolgt. Bezüglich des Grafen Arnim nehme ich meine Anschuldigung mit Bedauern zurück, da ich jetzt anders unterrichtet bin. Ich konstatiere, daß die Scheußlichkeiten des Oberleut nants Dominik dem Kolonialamt bekannt waren, ohne daß etwas geschehen wäre, den Dominik zur Verantwortung zu ziehen. Dieser Dominik soll auch die Treppe der Karriere hinausgcfallen sein, anstatt daß er ins Zuchthaus gesperrt würde. Im Falle Dr. Peters handelt es sich um die größten Gemein heiten und Scheußlichkeiten, und wer die Stirn findet, diesen Mann zu verteidigen, der steht auf einem moralischen Standpunkt, der noch viel tiefer ist als derjenige des Dr. Peters selber. Oberstleutnant Quade: Herr Bebel hat die Behauptung aufgestellt, Herr Pöplau habe bereits 1904 dem Reichskanzler gegen den Oberleutnant, jetzigen Hauptmann Dominik Material übermittelt. Das trifft nicht zu. Von London aus kam die Anschuldigung, daß Herr Dominik an im Kriege gefallenen Feinden Verstümmelungen habe vornehmen lassen. Die Untersuchung hat ergeben, daß ein Befehl zu Verstümmelungen nicht erteilt ist. Die andern Vorwürfe, die Aussetzung von 52 Kindern in der Nachtigallschwemme und Erschießung von drei Straßenrändern mit 7 Zentimeter-Geschützen sind Gegenstand erneuter Untersuchung. Abg. Erzberger (Zentr.): Ich werde mich weder von den Schalmeien Bebels oder des Reichs kanzlers nach rechts oder links beeinflussen lassen. Wenn der Kolonialdirektor seine Praxis weiter verfolgt, so werden wir ihm unser Material nicht weiter vertrauensvoll aushändigen, sondern alles hier Vorträgen. Großen Wert scheint Herr Dernburg auf seine Akten zu legen. Da rüber kann man verschiedener Meinung sein. — Der Fall Hellwig liegt so, daß dieser Herr im Mai d. zu mir kam und mir mit bezug aus meine Ausführungen in der Budgctkomnüssion erklärte, der Reichskanzler wolle den Abgg. Arendt und v. Kar- dorff einen Gefallen tun und habe ihn veranlaßt, sich pensionieren zu lassen. Um sich für seine Fa milie einen Nebenverdienst zu sichern, habe er eine ihm vom Staatssekretär v. Nichthosen verschaffte Aufsichtsratsstelle angenommen. Stellvertr. Kolonialdirektor Dernburg: Ich kann zu meiner Genugtuung eine Depesche borlegen, nach der nunmehr in Sachen gegen Dr. Kersting von zehn Augenzeugen acht vernommen sind, von. denen niemand etwas Belastendes hat Vorbringen können. Dies Ergebnis ist für mich im Interesse meiner Beamten erfreulich. Denjenigen, die Vor würfe vorbringen, soll es eine Warnung zur Vor sicht sein! Die Anschuldigungen gegen Schmidt haben sich bisher ebenfalls als nicht zu Recht be stehend erwiesen. Registraturen werben im Kolonial- amtc nicht gemacht, es muß höchstens etwas ganz Ungewöhnliches Vorkommen. Sie werden finden, daß die meisten Anschuldigungen gegen die Beamten haltlos sind, und darüber wird sich hoffentlich das ganze Haus mit mir freuen. Abg. v. Kardorff streik.): Wir sollten uns. öfter die Frage vorlegen: Was sagt das Ausland ' zu diesen Reichstagsverhandlungeu? Gegen meinen Freund Dr. Peters, (Hört I hört I bei den Sozd.) — jawohl mein Freund! Ich habe bisher noch niemals einen Freund verleugnet. Die Anschuldi gungen Bebels halte ich für Unrecht, daher kämpfe ich gegen ihn. (Zuruf: Mörder!) Sie stellen Dr. Peters als Mörder hin; ja der Begriff „Mord" ist bei Ihnen (zu den Sozd.) ein ver schiedener, die Taten in Rußland sind bei Ihnen keine Morde! Das find Heldentaten, Gerichts- Vollziehungen; umgekehrt ist es in Ihren Augen etwas ganz andres. Welchen Lärm würde Herr Bebel angeschlagen haben, wenn einer seiner Freunde, der freigesprocken wurde, mit einem niederträchtigst erfundenen Briefe aufs neue angegriffen würde. Darauf wird ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen. Die Vorlagen gehen ohne Ab stimmung an die Budgetkommission. uncl fern. t. Eine seltene Auszeichnung durch den Kaiser ist dem bisherigen Bezirksfeld webel Löchel zu Glogau zuteil geworden, der jetzt nach 41 jähriger aktiver Dienstzeit aus dem Militärdienste ausschied. In Anerkennung dieser langjährigen tadellosen Dienstzeit erteilte ihm der Kaiser die Erlaubnis zum Tragen seiner Uniform im Zivilverhältnis. Dem falschen Hauptmann von Köpenick sind in der Not gute Freunde genug ent standen. Ein schöner Akt warmherziger Menschen liebe ist zugunsten Voigts angebahnt worden. Eine sehr vermögende Berliner Dame hat die Absicht kundgegeben, ihm eine lebenslängliche Rente zu stiften, so daß er den Nest seines Lebens nach der Entlassung aus dem Gefängnis, gegen Sorgen geschützt, verleben kann. Voigt, der hiervon benachrichtigt wurde, hat erklärt, daß er die Schenkung mit innigem Danke annehmen werde, und seine Wohltäterin bitten lassen, der Zusage eine rechtsfähige Form zu geben. Im übrigen ist er sehr zufrieden mit dem Urteil der Strafkammer und aller Welt dankbar für die ihm entgegengebrachte Anteilnahme. Die vier Jahre Gefängnis hofft er bei guter Gesundheit zu überstehen. Ein neuer Zusammenstotz des Löwe« Leo mit seinem Bändiger Peters. Der Tierbändiger Peters, der von seinem Löwen Leo im Zirkus Busch in Berlin vor einiger Zeit schwer verwundet worden war, hatte am Montag vormittag mit seinen Tieren das erste Wiedersehen. Alle gaben ihrer Freude lebhaften Ausdruck, nur der „Verbrecher" stand knurrend abseits, als erinnere er sich jener Tat und fürchte den Groll seines Herrn. Am Abend sollte nun wieder die Vorführung der Löwen und Tiger stattfinden und wider Erwarten ist es bei Beginn der Vorführung zwischen PeterS und dem Löwen Leo zu neuen, aufregenden Zusammenstößen gekommen. Peters, der den seinerzeit verletzten Arm noch in der Binde trug, hatte unter dem Hurra des Publikums den Käfig betreten und einige prächtige Kränze mir Widmungsschleifen entgegengenommen. Er wen dete sich, nachdem sämtliche Löwen und Tiger auf ihren Sitzen Platz genommen hatten, zu nächst seinem alten Widersacher zu, sofort richtete sich die Bestie auf und schlug mit der Tatze nach ihrem Herrn, glücklicherweise ohne diesen zu ver letzen. Erst nach einer großen Zahl von allen Seiten auf die Bessie abgefeuerter Revolver- schüffe gelang es schließlich unter sehr starker Erregung des Publikums, das Tier durch Peitschenhiebe in den Käfig zu treiben. Zur Roburit - Explosion bei Witte» (Westfalen). Der in Frankfurt a. M. lebende Chemiker Dr. Phil. Karl Roth, der Erfinder des Roburits, veröffentlichte in der ,Frkf. Ztg.' einen Artikel r „War das Roburit die Ursache der Explosion?" in dem er die Verantwortung für das furchtbare Ereignis in Witten unter sehr bemerkenswerter Begründung ablehnt. Nach seiner Darstellung kann nur ein Versehen der Direktion vorliegen, die neben dem Roburit vorschriftswidrig auch andre Sprengstoffe in der Fabrik aufbewahrt habe, oder aber es müsse sich um einen verbrecherischen Anschlag handeln. Von der Unglücksstätte wird noch berichte:: Diebesgesindel macht den Behörden in Witten und Annen viel zu schaffen. Die Spitzbuben dringen unter dem Schutze der Nacht in die von ihren Bewohnern verlassenen Häuser und stehlen, was nicht niet- und nagelfest ist. In Witten wurden in einer Nacht zehn Einbrüche verübt. Zur Verstärkung der Ortspolizei wurden Kriminalbeamte aus den Nachbarorten herangezogen. Unterirdischer Brand. Bei der Kohlen bohrung auf Zeche „Herbern" bei Dortmund schlugen Feuersäulen aus der Erde. Neun Arbeiter erlitten schwere Brandwunden. Ei« höchst eigentümlicher Unfall. In Chorzow bei Kattowitz stand die Hüttenarbeiter frau Golla auf einem Stuhl am Fenster. Ihr dreijähriges Kind rüttelte an dem Stuhl, wo durch die Frau aus dem Fenster fiel und das Genick brach. Grubenunglück. Auf dem .Giselaschachte" nächst Dux (Böhmen) wurden drei Bergleute durch niedergehende Kohle verschüttet. Einer wurde leicht, ein andrer schwer verletzt, der dritte getötet. Wölfe in Siebenbürgen. In Sieben bürgen werden die Wölfe im Winter zur Land plage. In dem walachischen Dorfe Ruda bei Basdahunyas wurden bei Hellem Tage 24 Schafe von einem Nudel Wölfe zerrissen. Die Behörden ordneten infolgedessen Treibjagden an. eb. 1S6« Mark für eine Katze. Die berühmte Chinchilla-Katze, Silver Lambkin, die einer Londoner Dame gehörte, ist im Alter von 17 Jahren gestorben. Ihre Schönheit war welt berühmt und daher die Nachfrage nach Ab stammungen von ihr eine sehr rege. Für einen von ihr stammenden Kater wurden 1260 Ml. gezahlt, der höchste Preis, den je eine Katze erzielte. ek. Der bestrafte Polizeichef. In Eng land und auch Amerika hat die Polizei auf den Landstraßen Netze aufgestellt, in welchen die Motorfahrer gefangen werden, die zu schnell fahren. Kürzlich sing die Polizei in Pennsyl- vanien ihren eigenen Chef in dem Netz. Er verteidigte oder entschuldigte sich nicht, sondern zahlte seine 60 Mk. Strafe, denn - Ordnung muß jein. W Der Meg Lum Zerren. 6) Novelle von F. Stöckert. <F»rlice»ng. > Ihr Vater sei gestorben, schnell und plötzlich, sagte man ihr eines Morgens. Ihre Mutter führte sie stumm und traurig in das Arbeits zimmer ihres Gemahls und Melitta schaute zum erstenmal in ihrem Leben in das bleiche, starre Antlitz eines Toten. „Er mochte das Leben nicht ertragen, was uns bevorsteht," sagte die Frau Kommerzienrat mit einem bitteren Zug um die feinen Lippen. „Was für ein Leben, Mama?" fragte Melitta, und schaute mit tränenüberströmten Augen verwundert in das blasse, kalte Antlitz ihrer Mutter. „Das Leben der Armut!" rief diese wie verzweifelt. „Es ist alles verloren, alles, kaum ein Stück von den Sachen, die uns hier um geben, gehört uns noch. Er sagte es mir erst gestern abend, ach, ich ahnte nicht, daß es die letzten Worte waren, die er zu mir gesprochen. Unglückliche Spekulationen, der Bankrott eines großen Bankgeschäfts haben den Ruin nach und nach herbeigesührt. Draußen in der Vorstadt hat er schon eine Wohnung für uns gemietet. Das Haus müssen wir in den nächsten Tagen verlassen, die Miete ist seit einem Jahre nicht bezahlt!" Melitta starrte ihre Mutter an, als wäre es eine wildfremde Frau. Wie seltsam ruhig sie das alles sagte, auf ihrem feinen Antlitz da lag die ganze, finstere Erstarrung des Schmerzes, den keine Träne lösen wollte. Durch die geöffneten Fenster strömte voll und goldig Heller Frühlingssonnenschein in das Zimmer, Ivo so tiefes Leid herrschte; der Himmel blaute so verheißungsvoll über eine fröhlich blühende Welt. Vor Melittas Augen versank in dieser Stunde die Helle, lachende Welt, in der ihre Lebenslage so sorglos dahingeflofsen. Es wurde dunkel um sie herum; Armut und Elend starrten sie an und streckten die Arme nach ihr aus. Nach ihr, Melitta Bsndelo, dem erwählten Liebling des Glücks, der die Götter all ihre Gaben der Grazie, der Schönheit und reiches Erdenglück in die Wiege gelegt, und über die nun ein grausames Geschick das Elend der Armut verhängt hatte. Wie vernichtet sank sie auf einen der weichen Lehnstühle, ein verzweifelter Schrei tönte gellend durch das stille Totengemach, ihre Blicke flogen unruhig ini Zimmer umher und hafteten dann auf dem blassen, unbeweglichen Antlitz ihrer llllurter. „Es ist nicht wahr, was du gesagt hast, Mama! Es kann nicht wahr sein!" rief sie. „Mr sind nicht arm, Papa ist nicht tot, er schläft nur, nicht wahr? Es ist alles noch ebenso, wie es immer war, wir brauchen nicht nach der häß lichen, dunkeln Vorstadt zu ziehen, wir bleiben in unserm schönen Hause. Wir wollen nach mittag spazieren fahren, die Sonne scheint, es ist ja Frühling!" „Du mutzt schon daran glauben lernen, mein armes Kind," sagte die Blutter ernst. „Sieh in das starre Totenantlitz deines armen Vaters und lerne begreifen, daß alles Erden glück von kurzer Dauer ist, daß ein höherer Wille waltet, der unser Geschick bestimmt und Glück und Leid über uns verhängt." Melittas Augen füllten sich mit heißen Tränen, als sie noch einmal an die Leiche ihres Vaters trat. Sie faßte die kalte Totenhand; es durchschauerte sie. „Laß uns hinausgehen, Mama," bat sie, „der Tod ist etwas Furchtbares." „Es wird Zeit sein, daß wir die Trauertoilette machen, Kondolenzbesuche werden sich bald ein stellen," erwiderte die Mutter. „Ich fürchte, unser Schicksal ist schon stadtbekannt, suchen wir wenigstens all' den neugierigen Blicken mit ruhiger Fassung zu begegnen." Die Frau Kommerzienrat hatte recht ver mutet. Gerüchte von dem plötzlichen Tode ihres Mannes und von seinen zerrütteten Vermögens umständen gingen wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Die Besucher, die sich teilnahmsvoll ein stellten, vermochten, so sehr sie sich auch be mühten, ihre Neugierde kaum unter der Maske der Teilnahme zu verbergen. Mutter und Tochter bewahrten aber eine so vornehme, sichere Haltung all' den spähenden Blicken gegenüber, daß man an der Wahrheit dieser Gerüchte zu zweifeln begann. „Welch' ein Komödienspiel ist das Leben, Mama," sagte Melitta am Abend, als sie beide allein in dem traulichen Salon saßen, in dem sie im vergangenen Winter stets so heitere Gesellschaft um sich gesehen. „Unsre Rolle ist wohl nun bald zu Ende gespielt," erwiderte die Mutter. „Wir treten hinter den dunkeln Vorhang des Unglücks, er hüllt uns in seine trüben Schatten. Bian wird uns bald vergessen in den Kreisen, in denen wir durch die Macht des Geldes eine Rolle gespielt." Melitta starrte düster vor sich hin. Ver gessen werden, wenn man noch so jung ist, und das ganze, reiche Leben einem zu eigen war! Zu scheiden von allem, was schön und be glückend, um in Armut und Elend zu vegetieren, zu verkommen! O, wäre es da nicht besser, man suchte ein Leben zu enden, was sich nicht lohnt auszuleben? Sie erschrak vor diesen dunklen Gedanken. Wie mahnend tauchte ein ernstes Münnerantlitz vor ihren Micken auf; fit hörte eine Stimme, der sie so oft gelauscht, hiel neben sich auf dem kleinen Diwan. „Die Menschen, die im Unglück verzweifelt sind charakterlos!" hatte er einst gesagt. DiE und noch mancher ähnlicher Worte erinnerte s^ sich jetzt. Würde es nicht verächtlich um sei^ Lippen zucken, wenn er hörte, Melitta habe Leben feige geendet, weil es ihr zu schwer E däucht, die Armut zu ertragen? Nein, jetzt g" es, den Kampf mit dem Leben aufzunehw.A pflichtgetreu und mutig. Und wenn er vielleiw nach langer, trüber Zeit ihr begegnen sollte, daw würde er sehen, daß sie nicht das eitle, leM sinnige Geschöpf gewesen, wofür er sie gehalten- sondern daß auch in ihrem Innern gute Gedanke Eingang gesunden und sie vor Verzweiflung w feiger Tat bewahrt hatten. „ Bergen hatte wenige Tage nach der Vorstes! u, in der Reitbahn die traurige Pflicht zu ersm ' Helene Bauer auf ihrem letzten Gang nach o Friedhof zu begleiten. Seit dem Besuch Meu
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