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Mchrichlen für Usunhof 34. Iaürgang Mittwoch, den 5. Dezember 1923 Nummer 143 und Umgegend (Albrechtshain, Ammelshain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Srdmannshain, Fuchshain, Trotz- und Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomße«, Staudtui-, Threna «sw.) Dieses Blatt ist amtliches Organ des Stadtgemeinderates zu Naunhof; es enthält die Bekanntmachungen des Bezirksverbandes der Amtshauptmannschaft Grimma und des Finanzamtes zu Grimma. : Anzeigenpreis t Die ögespaltene Pelitzeile 15 Pfg., amtliche 30 Pfg., Reklame- r ! teil (3gesp.) 40 Pfg. mol omll. Goldmarkbrieskurs Berlin. Tobell. Satz 50"/, r : Ausschlag. Bei undeutlich geschriebenen, sowie durch Fernsprecher ausgegebenen j s Anzeigen sind wir für Irrtümer nicht haftbar. : Druck und Verlag: Ann» ck Gnle, Nonndof bei Leipzig, Markl 2. Erscheint wöchentlich S mal» Mensing, Donnerstag, Sonnabend, nachm. 4 Uhr für den folgend. Tag. BerngSpreiS: Wöcbentl.35 Goldpfennige mit Austragen, Post etnschl. der Poftged. monatlich nach Dollarstand. 8m Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder «onstiger Störungen des Beiriedes, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. Fernruf: Amt Naunhof Nr. 2. Amtliches. EmWMgsW dkim Sttiirrad!»-. Die Verhültniszahl betrügt vom 2. 12. 1923 ab „850000-. Grim ma, am 1. Dezember 1923. Das Finanzamt. Bekanntmachung. Die Bewertungssätze der Natural- und Sachbezüge beim Steuerabt"g vom Arbeitslohn betrogen vom 6. Dezember 1923 ad das 10 0000 fache der in der letzten Sepiemderhälfte in Geltung ge wesen« B werlungssatze. Der monatliche Wert des Gesamtbe trags der Wohnung, Verpflegung, Feuerung und Äelsuuuucig sue p'nrn männlichen Kausangestellten ohne Familie beträgt sonach z. B. 38400000000000 Mk. Der Wert der freien Wah > ina i ir verh- - rattie Deputaiempsänger auf dem Lande beträgt 3a 100000000 M!i. jährlich. Gr m--a, am 3. Dezemb-r 1923. Das Ltadtgemeinderatssttznng Donnerstag, den 6. Dezember 1923, abends 7 Uhr. Tagesordnung befindet sich im Rathaus am Brett. Kleine Zeitung füi' ettige Leser. * Die neue Regierung wird dem Reichstage ein Ermächti gungsgesetz vorlegen, von dessen Schicksal die eventuelle Auf lösung des Reichstages abhängig sein soll. * Die Verhandlungen -wischen den Ruhr-Gewerkschaften und Industriellen wegen Wiedereinführung der Zehnsturrdenarbeits. zeit sollen gescheitert sein. * ES sollen deutsch-französische Abmachungen erzielt worden sein, nach denen der Babn-verkehr zwischen besetztem und un- besetztem Gebiet am 11. Dezember wieder beginnt. * Erhebliche Senkungen der Vieh- und Fleischpreise treten in Berlin und anderen Großstädten ein. * DaS amerikanische Staatsdepartement hat ans die Mit teilungen des amerikanischen Teilnehmers in der Reparations kommission um ergänzende Informationen über die Pläne zur Feststellung der deutschen Leistungsfähigkeit ersucht. Die neue Reichsregiernng. Ein Kabinett Marx-Stresemann. Den Bemühungen des Z-ntrttmsabgeordneien Dr. Marx ist es gelungen, das neue Kikineit zustandezubrinien D>e Verhandlungen über die Kcwinett^bildunq waren am Freitag abend durch Dr. Marx so weit gefördert, d itz er dem Reichs präsidenten folgende Ministsrlifle oorlegen konnte: Dr. Marx (Ztr.) Reichskanzler, Jarres (der D. Dp. nahestehond) Vizekanzler u. Inneres, Dr. Stresemann (v. Pp.) Aeutzeres, Dr. Luther (der D. Pp. nahestehend) Finanzen, Dr. Getzlsr (Dem ) Reichswehr, Dr. Emminger (Boy'. Pp i Justiz, Graf Kanitz (ist keiner Partei) Ernährung, Kamm (Dem) Wirtschaft, Dr. Brouns (Zir.) Arbeit, Löste (Ztr.) Post und besetzte Gebiete, Oeser (Dem.) Perkehr, Unbesetzt bleibt das Wiedsraufbauministerium. Der Reichskanzler. Wilhelm Marx, der neue Kanzler, der Führer der Zsn- trumsfraklion, ist von Beruf Jurist, seinem Studium Kat er in Bonn genügt. Im Laufe der Jahre kletterte er dis juristische Stufenleiter hinauf, bis er 1921 zum Senaispräsidenten am Aammergsricht ernannt wurde. Schon seit 1899 steht Marx, j-tzt 6Ojährig, im parlamentarischen Leden. Dem preuh schen Abgeordnetenhaus? gehörte er bis 1918 an, Mitglied des Retchs- iages ist er fett 1910. Die ersten Kabinettssitzungen. Die neue Reichsregierung ist am Sonnabend vormittag 11 Uhr zu einer Kodinettsfitzung zusommengetrsten, die sich mit den allgemeinen Richtlintrn des Kabinetts befaßte. Das Pro gramm der R-gierung Marx wird sich vorau» sichtlich nicht wesentlich von dem der Regierung Stresemann unterscheiden. In der auswärtigen Politik wird so gut wie keine Aenderung eintreten. Was die Inmnpoltttk anbelangt, so find die Kurs änderungen höchstens hinsichtlich der Durchführung der zu unter nehmenden Maßnahmen zu erwarten. M Gesundungsprozeß? ' Man könnte es fast ein Wunder nennen: Am Sonn abend wurde in Zürich die deutsche Papiermark zu einem Kurse gehandelt, der einem Dollarstand von 5,75 Billionen entsprach und aut der Berliner .schwarzen" Devisenbörse, also in den Kaffees rings um die Börse herum, wurde der Dollar sogar bloß noch 5 Billionen „gesprochen" — oder glaubt einer etwa „gehandelt"? Die Papier mark steigt, erhält bald schon RaritätZ- wert, ist jedenfalls bis auf weiteres „wertbeständig" — vielleicht erleben wir schon sehr bald den Augenblick, da die ausländischen Devisenkurse sich den Berliner Zwangs kursen angeglichen haben. ' Die „schwarze" Börse hatte am Sonnabend vor acht Tagen den Dollar noch mit 11 Billionen Papiermark notiert, und diese Notiz ist für die Preisgestaltung doch viel wichtiger, als jener amtliche Devisenkurs, über den man zu lächeln sich angewöhnt hatte. Jetzt ist doch der Dollar gesunken, um mehr als die Hälfte gesunken — nun ! soll man in den Geschäften den Preisabbau nicht ver- j hindern wollen mit der Begründung, daß der amtliche Devisenkurs unverändert geblieben ist, denn nach dem hat ! sich bisher doch praktisch niemand gerichtet. Wenn das neue Kabinett in seiner ersten programmatischen Erklä-ung t ein Ermächtigungsgesetz vorlegen will, das ihnen die Möglichkeit geben soll, in die Preisbildung für lebens wichtige Waren einzugrcifen, so glauben wir, daß ein solches Eingreifen doch wohl längst möglich ist auf Grund mehrerer vom Reichstag gebilligter Verordnungen des Reichspräsidenten, möglich, ist vor allem aber durch die Wucherpolizei. Und dieses Eingreifen hat auch vielfach stattgesunden, teilweise jedenfalls mit gutem Erfolg. Es ist anzunehmen, daß ein solches Vorgehen gegen die Aufrechterhaltung der bisherigen Preishöhe durch das Publikum unterstützt wird. Der sogenannte Waren hunger im Publikum war zum allergrößten Teile nichts 1 anderes als Flucht vor der Papiermark in die Sachwerte hinein. Wan kaust alles mögliche, nur um die Papiermark schnellstens loszuwerden. Bleibt aber für die nächste Zeit die Papiermark einigermaßen wertbeständig, fließt noch mehr Nentenmark in die Hände der Konsumenten, so wird sich sehr bald eine Zurückhaltung der Käufer er geben, die preisdrückend wirken muß, weil sie an die Stelle der früheren wilden Nachfrage tritt. Gleichzeitig ist anzunehmen, daß unter dem Einfluß der verlänger ten Arbeitszeit sich die Produktion und damit das An gebot steigert; vermehrtes Angebot und verminderte Nach frage — ganz abgesehen von der bis auf ein Minimum gesunkenen Kaufkraft der Massen — muß aber zum Herab setzen der Preise oder zum — Aurückhalten der Ware führen. Gegen dieses letztere einzuschreiten, wäre aller dings eine sehr dankenswerte Aufgabe der Wucherpolizei. Wobei immer zu bemerken ist, daß diese Entwicklung nur solange möglich ist, wenn nicht äußere Umstände wie die Neparationsfrage, störend in sie Hineingreifen. Bisher haben die anfgczählten Momente schon eine Wirkung auf die Preise der Lebensmittel aus geübt. Preisabschläge von 30—50 A sind dort vielfach zu verzeichnen. Nicht zuletzt ist ja die Preissteigerung durch das ganz untragbare Währungsrisiko verur sacht worden, das der Kleinhändler jeder Art bei der An nahme des Papiergeldes einging; solange er nämlich da mit rechnen mußte, daß die Papiermark am nächsten Tage vielleicht nur noch die Hälfte wert war. Dieses Währungs risiko ist aber in der nächsten Zeit als ausgeschaltet zu betrachten, besonders auch dadurch, daß das wert beständige Geld selbst jetzt schon vielfach in seine Funktion als Zahlungsmittel eingetreten ist. So sehr übrigens, daß es allmählich an der Zeit ist, die Rabatte für wertbeständige Zahlung aufzugeben, weil sie weiter nichts sind als eine Unterbewertung der Papiermark. Denn nicht eine willkürlich durch Verordnung befohlene Relation zwischen Papiermark und Rentenmark hat störend in die Herstellung eines natürlichen Verhältnisses zwischen diesen beiden Zahlungsmitteln eingegriffen, sondern die Dinge haben sich ganz von selbst entwickelt: es wäre geradezu zu begrüßen, wenn sich dieses Verhältnis nun nicht etwa wieder verschieben, die Papiermark etwa nach oben hin entwickeln würde, weil das neue Unruhe, vor allem Be sorgnisse um die Zukunft der Rentenmark verursachen würde. Was wir brauchen, ist eine wirklich feste Stabili sierung dieses Verhältnisses, — solange die Papiermark noch als Zahlungsmittel von einiger Wichtigkeit ist, denn für die Preisbildung ist die Kalkulation die Haupt sache und diese ist nur möglich, wenn die Währungsver- hältnisse einigermaßen stabil sind. Dann werden sich auch, wie früher, vernünftige wirtschaftliche Momente preis regulierend auswirken und Preistreibereien auf wirtschaft lich-natürlichem Wege verhindern lassen. Hoffentlich sind das alles nicht bloße Zukunftsträume und zerschlägt uns nicht neuer französischer Machtbefehl jede Aussicht auf Gesundung. Neues Ermächligunssgefeß. Bis zum 15. Februar. DaS neue Reichskabinett hat in einer Sonntagssitzung beschlossen, folgende Vorlage am Dienstag im Reichstag ein zubringen: 8 1. Die ReichSregierung wird ermächtigt, die Maß nahmen zu treffen, die sie im Hinblick ans die Not von Volk und Reich für erforderlich und dringend erachtet. Eitle Abweichung von den Vorschriften der Ncichsverfassung ist nicht zulässig. Die crlassem-n V"rorvnung-n sind dem Reichstag und dem Reichsrat unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Sie sind auszuheben, wenn der Reichstag dies In zwei! Abstimmungen, zwischen denen ein Zeitraum von min destens einer Woche liegen mutz, verlangt. 8 2. Dieses Ge setz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. ES tritt am 15. Februar 1924 autzer Kraft. ! Diese Vorlage soll zunächst den Reichsrat beschäftigen, aber dem Reichstag sofort nach der Erklärung der neuen > Regierung vorgelegt werden. Bei Ablehnung Reichsiagsauflösung. Wie es heißt, soll die Regierung entschlossen sein, falls das Ermächtigungsgesetz abgelehnt wird, den Reichstag aufzu lösen. Die Neuwahlen sollen dann Ende Januar stattfinden. Bei der Abstimmung kommt auch die verfassungs- rechttiche Frage in Betracht, ob die Verabschiedung dieses Gesetzes mit einfacherMehrheit oder als versassungs- änvernd mit Zweidrittelmehrheit erfolgen muß. Die Negierungsjuristen sollen der Ansicht sein, es genüge eine einfache Mehrheit. Aber selbst die einfache Mehrheit würde schwer zu erreichen sein, wenn die beiden großen Oppositions parteien, welche die Regierung Stresemann stürzten, auch diesmal wieder sich gegen das Kabinett stellen würden. Darüber herrscht zurzeit noch keine Klarheit. Die Dinge liegen also reichlich unübersichtlich und Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.. ReWtagsprSsident Löbe zum Ermächtigungsgesetz. Berlin, 3. Dezember. Zu der Frage, ob das Ermächtigungsgesetz, das sich das Kabinett Marx vom Reichstag geben lassen will, eine Verfassungsänderung bedeutet und daher der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit bedarf, hat der Reichstagspräsi dent Löbe seine Ansicht dahin geäußert, daß dieses Gesetz ein verfassungsändcrndes Gesetz sein und der qualifizierten Mehrheit im Reichstag bedürfen würde. Selbst, wenn in dem Text des Gesetzes ein Vorbehalt zur Wahrung der Neichsverfassung gemacht werden sollte, so sei ein solcher Vorbehalt hinfällig, da schon dadurch die Verfassung ge ändert werde, daß der Reichstag aus sein Gesetzgebungs recht verzichte. Da eine Zweidrittelmehrheit für das Er mächtigungsgesetz kaum zustande kommen würde, ist es möglich, daß ver Reichstag der Auflösung verfällt. Amerika will Aufklärung. Das Schicksal der Reparationskonferenz. Die angeblich erzielte Übereinstimmung zwischen G rotz- britannien und Frankreich über die Prüfung der deutschen Leistungsfähigkeit bleibt noch in Dunkel gehüllt. Amerika soll immer noch energisch darauf bestehen, Gewiß-' beit über Praktische Arbeit der geplanten Konferenz zu haben. Sonst ist es nicht geneigt, daran teilzunehmen. And Washington verlautet, das Stontsdevartement be antwortete das Verlangen nach amerikanischer Teilnahme mit einem Ersuchen nm weitere Informationen darüber, was zu tim a^vlant sei und bis zu welchem Gmd die vorqe- sehenen Ausschüsse freie Hand erhalten sollten. Es gilt als sicher, datz die Vereinigten Staaten heute nicht geneigter sein dürften als vor einem Jahr, sich einer Reparations- nntersuchunq anznschliefien, di^keinerleiwesentliche Ergebnisse verspreche. Was die in Varis gemachten Vorschläge anbetrcffe. datz anrerikonische Bürger sich privat an den beiden Ausschüssen beteiligen, so müsse daran er- innert werden, datz Männer von Bedeutung es sicher ab lehnen würden, ohne die volle Billigung ihrer Regierung zu handeln. Wie in London behauptet wird, soll England durch einige Vorschläge Poinear^s bestimmt worden sein, sich mit Frankreich einig zu erklären. Diese Vorschläge lauten^an- geblich: 1. Frankreich und Belgien treten sofort in Verharrd- lungen darüber ein, wie weit die militärische Besetzung des Ruhrgebiets abgebaut werden könne. 2. In direkten französisch-englischen Verhandlungen soll die Frage erörtert werden, wie das französisch-belgische Wirtschaftsregime im Rheinland mit den wirtschaftlichen Interessen Englands, insbesondere in bezug auf die Ge fahr einer Schleuderkonkurrenz von Eisen und Stabl, in Übereinstimmung gebracht werden könne, und wie die Er- trägnisse der westdeutschen Eisenbahnen und der deutschen Industrien zwischen den Mitgliedern der Entente verteilt werden können, nachdem die belgischen Prioritätsansprüche befriedigt seien. Der amerikanische Botschafter soll diese Vorschläge auch seiner Regierung zur wohlwollenden Prüfung unterbreitet haben. Oer Zahnverkehr mit dem Westen. Inbetriebsetzung am 10. Dezember. Am 1. Dezember soll in Düsseldorf einer erste Reihe von ! Abmachunaen zwischen dem Reichsverkehrsministerimn und ! ver französisch belgischen Eisinüahnregie unterzeichnet wor- den sein. Falls diese Abmachungen vie Zustimmung der