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Nachrichten für Kaunhof und Umgegend (Albrechtshain, Ammelshain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Groß- und Kleinstslnberg, Klinga, Köhra, Ltndhardt, Pomtzeu, Staudtnitz, Threna usw.) Dieses Blatt ist amtliches Organ des Stadtgemelnderates zu Naunhof; es enthält die Bekanntmachungen des Bezirksverbandes der Amtshauptmannschatt Gnurma und des Finanzamtes zu Grimma. : Erscheint wöchentlich S malt Dienstag, Donnerstoq, Sonnabend, nachm. 4 Uhr: : sür den folgend. Tag. »e,ng»prei», Wöchenll. M. 300060000 — ohn.Austr., Post : r einschl. der Postgeb. monatlich noch Schlüsselzahl. Im Falte höherer Gewalt, Krieg,: ; Streik oder sonstiger Störungen des Beiriedes, hat der Bezieher keinen Anspruch : : - uf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. Fernrui: Amt Noundof Nr. 8 Anzeigenpreis r Die kgespoltene Petilzeile 80 Mk., amtliche 160 Mk., Reklame-: !eil (3gesp.) 150 Mk., kleine und Familienanzeigen 50 Mk. mal Schlüsselzahl s 600000. Tabell. Satz 50'-'/, Aufschlag. Bet undeutlich geschriebenen, sowie durchs Fernsprecher aufgegebenen Anzeigen sind wir sür Irrtümer nicht hastbar. r Druck und Verlag: «nnz ck Eule, «annhof bet Leipzig, Markl 8. Sonntag, den 21. Oktober 1923 Rümmer 125 34. Jahrgang Konfliktsaefnhr in Lachsen. Offener Bruch zwischen Militär- unv Zivilgewalt. Das im sächsischen Landtag verlesene und vom Minister präsidenten Tr. Zeigner abaelehnte ultimative Verlangen des Generals Müller, gegen die Redewendungen des kommunistischen Finanzminislers Böttcher mar, wie nach träglich bekannt wurde, im örnvernchmcn mit dem Reichs präsidenten, dem Reichskanzler und dem Ncichswehrminister erfolgt. Nach Mitteilung des Reichswehrkommandos hat Ministerpräsident Dr. Zeigner gemäß seiner Ankündigung im Landtage das Ultimatum Mutters nicht beantwortet. Darauf hat der Militärbefehlshaber an ihn folgendes Schreiben ge richtet: „Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Da Sie es für gut befunden haben, »nein Schreiben nicht zu beantworten, ! teile ich Ihnen hierdurch ergebcnst mit, daß ich vie Ange legenheit zur weiteren Erledigung dem Herrn Reichswehr- ! Minister uüterbreitet habe. Mit der Versicherung der vor ! züglichsten Hochachtung Müller, Generalleutnant. Somit wird also die Reichsregierung vor schwere Ent scheidungen gestellt, da gleicherzeit von sozialdemokratischer Seite der sächsischen Regierung Unterstützung kommt. Das i Zentralorgan, der Vorwärts, wendet sich direkt an die sozial demokratischen Reichsminister und schreibt u. a., das Reich habe nichts getan, um de »bedenklichen Charakter der Vor gänge in Bayern abzuschwächen; dagegen solle jetzt in Sachsen mit aller Schärfe vorgegangen werden. Die Mög lichkeit eurer Verständigung sei hier immer noch gegeben. Werde aber in der bisherigen Weise fortgefahren, so erreiche man nur, daß sich mt jedem Tage die Zahl der Sozialdemo kraten vermehre, die sich fragen, wie lange noch eine mitver antwortliche Beteiligung ihrer Partei an der Leitung der Reichsgeschäfte möglich sei. Der Sozialdemokratischen Par tei dürfe nicht zugemutet werden, Tinge zu decken, die sie durchaus nicht decken könne. Damit wird also eine erneute Krise in der Reichsregierung deutlich an die i Wand gemalt. * Ministeraufruf zur Konferenz. Die Dresdener Nachrichtenstelle der Staatskanzlei verbrei tet einen Ausruf des Arbcitsministers Graupe, des Wirt- schastsministers Heckert und des Finanzministers Bött cher, in dem diese die Betriebsräte, Kontrollausschüsse, Ge werkschaften, Ortskartelle und Konsumvereine Sachsens auf- fordern, Delegierte zu einer Konferenz in Chemnitz am Sonn tag, den 21. Oktober, zu entsenden, um über Mittel und Wege zu beraten, wie die Arbeit und die Ernährung der werktätigen Massen sicherzustellen seien. Firranzminister Böttcher und Wirt schaftsminister Heckert sind zu Mitgliedern des Reicksswirt- schaftsrates ernannt worden. Die Ministerialräte Dr. Wockker und Schmidt sind in den einstweiligen Ruhestand versetzt »vor- den, weil beide dem Ministerpräsidenten erklärt hatten, daß sie bei der politischen Zusammensetzung der gcgenwärtiaen Regie- rung nicht an ein ersprießliches Weiterarbeiten glauben könnien. Sachsen und Bayern. Entsendung von Reichswehr nach Sachsen? Die Erklärungen des sächsischen Ministerpräsidenten im sächsischen Landtage über die sog. „Schwarze Reichs wehr" haben die Situation noch verschärft. Zeigner deutete darauf hin, daß die Franzosen genau über das Be stehen einer illegalen Armee informiert seien. Sie unter- hielten genug Spione, die von allem nnterrichtet wären. Hunderte und Tausende von Angehörigen dieser illegalen Organisationen seiet» in diesen Tagen in die Reichswehr eingezogen und bewaffnet worden, in Leipzig allein gegen 15t>0 Mann. Die Entente wisse von diesen Dingen und werde eine Änderung erzwingen. — Von rechts wurden diese Äußerungen als hochverräterisch erklärt, und die Deutschnationalen verließen den Saal. Schließlich beschloß die Landtagsmehrheit, die Entfernung des Reichswehr ministers Geßler in Berlin zu fordern. über diese Enthüllungen, die Ministerpräsident Dr. Zeigner im sächsischen Landtag gemacht hat, äußert mau an Regierungsstelle schwere Bedenken. Zeigners Auftreten sei nur geeignet, ausländischen Interessen zu dienen, sowie denen der radikalen Linken. Im allgemeinen habe Zeigner sein altes Material benützt, das durch eine Reihe krasser Entstellungen und Unwahrheiten an Beweiskraft nicht ge wonnen habe., Reichswehr nach Sachsen. Beim Reichspräsidenten fand eine Besprechung über die sächsische Frage statt, an der der Reichskanzler, der Reichswehrminlster Dr. G e ß l e r sowie der Reichsminister des Illnern Sollmann terlnahmen. Wie verlautet, soll beabsichtigt fein, in den nächste»» Tagen einige Bataillone nach Westsachfcn zu verlegen, um den Bevvlkerungdteilen, die sich durch die dort vorgekom menen Terrorakte bedroht fühlen, Beruhigung zu ver schaffen. Reichswehrabteilungen solle»» nach Chemnitz und Plauen (Vogtland) kommen. General v. Müller, dem Militärbefehlshaber, soll von Berlin aus mitgeteilt worden sein, daß er sich an seine bis herigen Instruktionen bis auf weiteres halten soll. Das heißt: Die Auslösung der Hundertschaften sott unbedingt durchgeführt werden. Zunächst soll dieser Auftrag mit Hilfe der Landespolizei in Angriff genommen werden, wenn aber deren Kräfte nicht ausreichen, soll Reichswehr eingesetzt werden. Das Reichswehrkreiskommando 4 erläutert seine Verordnungwber das Verbot der Hundertschaften dahin, daß Organisationen, Hunoertschaften und Sturmtrupps aller politischen Richtungen unter das Verbot fallen. * Bleibt General v. Lossow in München? B rliner Zeitungen wußten zu melden, daß der baye rische Militärbefchlshaber v. Lossow abberufen werden soll, weil er das Verbot des „Völkischen Beobachters" durch die Neichsbehörden gegenüber der gegenteiligen Ansicht der baye rischen Stellen nicht durchgesctzt habe. Amtlich wird aus München dazu mitgeteilt, das; in dieser Sache „irgendetwas Neues" nicht geschehen sei. Auch Lossow selbst wisse angeb lich nichts von Schritten der Neichsregicrung. Wahr sei nur, daß ihm ein Schreiben zugesandt wurde, das sein Ver halten rügt und aus den» er hätte die Konsequenzen ziehen können. Die Münchener Zeitung weiß dazu zu berichten, daß der Reichswehrminister die Nachricht von der Abberufung Lossows einem bayerischen General persönlich mitgeteilt habe. An Wohlinformierler Stelle wird gesagt, daß die Maß regelung Lossows die übelste Wirkung auf die öffentliche Ruhe in Bayern ausüben würde, und daß kein Ereignis seit vielen Jahren eine solche Belastungsprobe des Verhält nisses zwischen Bayern und Reich dargestellt hätte. Es würde zu Konflikten kommen. Die bayerische Antwort könne nur die Forderung des Rücktrits Geßlers sein. Keine Beziehungen zwischen Sachsen und Bayern. Die bayerische Regierung hat die Abberufung des bis herigen Vertreters Sachsens in München, v. Dziembowski, de» feine Abneigung gegen das jetzige sächsische Kabinett bekundet hatte, mit der Mitteilung an den bayerischen Vertreter in Ber- lin, Dr. v. Preger, beantwortet, sein gleichzeitiges Mandat für Sachsen als aufgehoben zn betrachten. Also ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen in aller Form. Amtliches. Notgeld. Mit Genehmigung des Reichefinanzpliniskeriums gibt der Be- zirksoerband Notgeld aus und zwar zunächst in Scheinen über 50, 100 und 500 Millionen Mark Nennwert. Die 11,5 cm langen und 7,5 cm hohen Scheine sind aus Papier hergeslellt, das ein geschütztes Wasserzeichen enthält. Sie sind fortlaufend benummert und werden bis einen Monat nach öffentlichem Aufruf von der Bezirkskosse zum Nennwert eingelöst. Grimma, am 16 Oktober 1923. Der Bezirksoerband der Amtshauptmannschafk. Milch- im- MüchWpiM. Das Wirtschaftsministerium hot lt. Verordnung vom 15. Oktober 1923 (Sächs. Staatszeitung vom 16. Oktober 1923 — Nr. 242 —) mit Wirkung vom 18. Oktober 1923 ad folgende Preise festgesetzt: Erzeuger an Wiederverkäuser: Vollmilch für das Liter 109000000 Mk., Magermilch 75000000 MK., Butter kür das Ptund, 1090000000 MK, Quark 150000000 Mk., Erzeuger ab Gehöft an Verbraucher: Dollm lch 115OM000 M., Magermilch 47 MOMO Mark, Gewerbl. Molkereien an Käudler: Butter 1 200 000 000 Mark, Quark 118000000 Mk. Für den .siletnverkaus von Butter und Quark ob Gehöft oder Molkerei unmittelbar an die Verbraucher ist den Kuhhaltern zu den vorstehenden Preisen 5° », den gewerblichen Molkereien tO'/„ Zu schlag zu zahlen. Diese Kleinoerkausspreise sind aus volle 500 LOO Mark nach oben abzurunden. Grimma, 17. Oktober 1923. Der Bezirksverband der Amtshauplmannschasl. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der französische Ministerpräsident Poincars lehnte alle durch den deutichen Geschäftsträger übermittelten Verhand- lungsvorschläge der Reichsrcgierung ab. * Post- und Eisenbahnbeamte im Ruhrgebiet haben in größerem Umfange die Arbeit wieder ausgenommen. * Der Streit zwischen Militär- und Zivilgewalt in Sachsen hat sich derart zugespitzt, daß sich der Militärbefehlshaber an tue Reichsregierung wandte. * Ans dein MilttärgefängniS in Recklinghausen wurden Neichsbankdircktor Jury und zwei ReichSbanttassierer entlassen, die seit den» 4. August in Hast waren. * Wie es heißt, ist die Entsendung von Reichswehrbataillonen nach Sachsen zur Beruhigung der Bevölkerung geplant. * In Berlin ist der Preis eines Brotes auf eine Milliarde festgesetzt worden. * Das bayerische Generalstaatskommissariat ließ eine An zahl unerwünschter Ausländer, besonders Russen, ausweisen. * Wegen der Unruhen der letzten Tage hat der badische Innenminister über Mannheim den Ausnahmezustand verhängt. * Ein englisches Bankenkonsortium will Deutschland einen größeren Kohlenkredlt gewähren. Lm Kreis der Vernichtung. Der Index ist eine grausame Zahl. Wenn man sich auch darüber klar sein muß, daß die Statistik, die alle die verschie denen Indizes bearbeitet, nur ein zusammensassendes, ein Durchschnittsbild geben kann, das häufig genug von der ! Wirklichkeit schor» überholt ist, so find doch schon die Zahlen, die er zeigt, grausige Wirklichkeit genug, um unseres Elends ganze Tiefe zu zeigen. Volkswirtschaftlich verhängnisvoll ist aber, daß, wie der neueste G r o ß h a n d 1 e s i n d e x zeigt, die Großhandelspreise schnellersteigen als der Dollar. Vergleicht man den Goldstand der Großhandelsindexziffer von 1913 mit der vorletzter» Groß handelsindexziffer, so betrug diese, wenn man vie von 1913 mit 100 ansetzt, schon 107 A und die letzte gar 112 26. Das ist das 1093millionenfache des Friedcnsstandes. Ebenso ist die R e i chs i n d e x z i f f e r sür die Lebenshaltungskosten, also für Ernährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung und , Bekleidung gegenüber der Vorwoche auf das 692millionen- fache der Vorkriegszeit gestiegen, und zwar — das ist das Niederschmetternde — um 534 26 gegenüber der Vorwoche, während der Dollar in dieser Zeit sich nicht auf die fünffache Höhe erhob. ! So erklären sich die Ai's^uche der Verzweiflung, die ! Plünderungen der hungernde»» Massen, deren Einkommen in keiner Weise dieser furchtbaren Steigerung folgen, einer Stei- j gerung, deren Schnelligkeit und deren Envc in keiner Weise abzusehen sind. Wenn Has Reich in diesem Augenblick auf die Kohle »ist euer verzichtet, so ist die vadurch erfolgte Preisermäßigung durch die Steigerung der Fracht ebenso wie durch die Steigerung der Lebensmittelpreise, namentlich des Brotes, mehr wie wettgemacht. Damit werde»» selbstverständlich auch neue Lohnforderungen mehr wie begründet erscheinen, die sich wieder als- Steige- r»mg der Produktionskosten äußern. Wir bewegen uns in einem Kreis, einem furchtbar verhängnisvollen Kreis, eine»« Kreis der Vernichtung, aus dem ei»» Herausbrechen unmög lich erscheint. Wie es aber doch möglich sein kann, darauf deutet jenes fast erschütternd klingende, aber doch wahre Wort: „Das deutsche Volk verhungert hei vollen Scsi-nern.* Mehr noch, vas deutsche Volk kau»» sich nichts von o n reichen Vorräte»» kaufen, die unsere Läden bergen; ängstlich versteckt der Kauf mann seine Ware. Nicht nur Steigerung der Pro duktion heißt das selbstverständliche Problem der Gegen wart; es heißt auch: Überwindung der Vertei lung s k r i s e. Das Mittel der Verteilung aller produzierter» Güter, das Instrument, mit dem diese an die Stellen des Bedarfes geführt werden, ist das Geld. Ein Geld selbstverständlich aber nur, das sür diesen Zweck geeignet, dem, um das Wild zu Tode zu Hetzen, bei der Hinüberschaffung der Produktion nach jenen Stellen der Atem ausoebt. Die Dollarschatz anweisungen, die Devisen, die Goldanleihe — alle diese Er satzmittel für das den Atem verlierende Papiergeld sind nur kleinen Kreisen zugänglich, können nur vou den mit gro ße»» Mengen arbeitenden Produzenten und Verteilen» benutzt werden. Aber nicht von der großen Masse. In den» Plan ver »reuen Renten bank ist die Papiermark, die als Lauschmittel eben unbrauchbar ist, wieder zürn gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht worden, und sie wird bleiben, was sie ist, das Wort, das man neulich lesen konnte, ist wahr: Das Geld der Armen, wie jene andere,» Zahlungsmittel: das Geld der Neichen sind. Wen»» hier nicht ein schneidendste Maßnah,ne»» getroffen werden, so wird diese tiefe Spalte sozialer Natur, der unser Volk zerklüftet, nur noch tiefer und breiter werdön. Es ist wirklich unerfindlich, ja mehr noch, es ist verhängnisvoll, daß die Währungs- refarm nicht einschneidend genug ist, um die Eiterbeule ber Papiermark vom Leibe der deutschen Volkswirtschaft zu br- fettigen. Im Wirtschaftsleben, gleichgültig, ob es die Großen oder die Kleinen berührt, ist das wichtigste die Gleichsetzung von Leistung und Gegenleistung. Diese selbstver ständliche Forderung wird aber nicht erfüllt, wenn der Wert der Gegenleistung unter den Hände»» schwindel, und zwar unter den Händen der Kleinen. Jeder weiß, welch armes Volk wir geworden sind; aber wen»» die sozialen Kämpfe der Gegenwart noch verschärft werden, dadurch, daß den sozial Schwächeren das Wenige, das sie haben, durch die betrüge rische Papiermark auch noch genommen wird, während die sozial und wirtschaftlich Stärkeren sich für die Erhaltung der Gegenleistung dieser Papiermark nicht bedienen, so bedeutet das eine sittliche Gefahr für de»» Staat selbst. Denn der moderne Staat hat die Pflicht, gerade den sozial-wirtschaft lich Schwächeren nicht vor der» Gefahren, vor der Schwere der Gegenwart zu befreien, Wohl aber vor den Ungerechtig keiten. Tut er das nicht, so verliert er das Recht zu seiner Existenz. Darum ist es sittliche Pflicht des Staates, die Un gerechtigkeit, die sich in der Verteilungskrise äußert, mit ein schneidendster» Maßnahme»» zu überwinden, die aufreizen den Ungerechtigkeiten auszugleichen, weil er sich andernfalls sonst das eigene Grab gräbt. Vorläufig ist mit der Währungsreform nach dieser