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«ach Lage der "Dinge das erste politische Gebot zu erblicken. Der Aufruf lautet: Mir unterzeichneten Landwirte sind Besitzer kleinbäuerlicher Betriebe und sind Vertreter derselben im Vorl. Reichswirtschaftsrat. Wir haben in den Ausschußsitzungen des Vorl. Reichs- Wirtschaftsrates wiederholt Gelegenheit gehabt, uns zu überzeugen, in welch großer Gefahr der Landbesitz ist. Be sonders hatten wir Gelegenheit, Einblick zu erhalten in die Bestrebungen der sozialistischen Parteien, allen länd lichen und städtischen Besitz zu enteignen. Dies wird be wiesen durch die von ihnen gestellten Anträge. Die Ent eignung soll nicht etwa nur die größeren Besitzer treffen, sondern uneingeschränkt sämtliche Eigentümer bis zum kleinsten. So sieht die Erfüllung der Versprechungen aus, dem Bauer zu helfen, die, um Stimmen zu fangen, von der Sozialdemokratie gegeben wurden. Wir Bauern sollen herunter von unserer Scholle, die unsere Väter durch sauren Schweiß geschaffen und erhalten haben, und die auch wir wieder unseren Kindern vererben wollen; wir sollen Pächter werden, abhängig von der Gunst landsfremder Liukspolitiker, wenn möglich abhängig von landfremden Eindringlingen wie Lenin und Trotzky, die die russischen Bauern in Elend, Not und Tod gebracht haben. Dagegen hilft nur der feste Zusammen schluß unseres Standes. Wir haben uns wahr lich schon oft genug überzeugen können, daß es Unterschiede innerhalb unseres Standes, ganz gleich, ob klein oder groß, nicht gibt. Solche Unterschiede werden lediglich durch Entstellungen und hcrausgegrisfene Einzelheiten künstlich in unsere Reihen hineingetragen, um den Klassen kampf innerhalb unseres Standes zu schüren. Leider be teiligen sich an dieser Zerstörungsarbeit auch landwirt- schaftliche Verbände, uns zum Unglück, den Gegnern zur Erleichterung und Förderung ihres Werkes. Tie Land wirte selbst sollten die unlautere Arbeit der betreffenden , Verbände unterbinden. Die Gefahren, die uns bevorstehen, sind größer und liegen näher, als es die meisten ahnen. Nichts darf uns daher trennen in den schweren Zeiten, die uns bevorstehen. Berufskollegen! Es geht ums Ganze! Um Haus und Herd! Gegen die Erhaltung des Eigen tums wird von vielen Seiten Sturm gelaufen. Wir aber wollen bleiben, was unsere Väter waren: freie Bauern auf freier Scholle!" Fern. s O Ermäßigte Fahrpreise für den Seeweg nach Ost- Preußen. Wie aus dem ReichHwrkehrsministerium mit- geteilt wird, sind die im Interest Ostpreußens am 1. Juni dieses Jahres nach Verständigung mit den im Seedienst > Ostpreußen tätigen Reedereien von 110 auf 80 Mark er mäßigten Fahrpreise für den Seeweg Swinemünde—Pillau auch nach der Eisenbahntariferhöhung vom 1. Dezember dieses Jahres ab beibehalten worden. Hierdurch stellen sich die Preise für den Seeweg Swinemünde—Pillau noch wesentlich günstiger als bisher gegenüber dem Land- - weg durch den polnischen Korridor. O Eine Millionenstiftung Dr. v. Bodes. Der General direktor der Berliner Museen, Dr. v. Bode, hat die Summe von mehreren Millionen Mark, die die Versteigerung seiner Bibliothek gebracht hatte, den Museen zum Zwecke der Vollendung des Asiatischen Museums in Berlin-Dah lem zur Verfügung gestellt. s O Mafsenselbstmorde von Kleinrentnern. Nach einer - Berliner Meldung sollen in den letzten Wochen in den s deutschen Großstädten mehr als fünfzig Kleinrentner sich ? aus Nahrungssorgen das Leben genommen haben. Außer dem sollen in Dresden, Kassel, Düsseldorf, Leipzig, Ham burg usw. viele kleine Rentner infolge von Unterernäh rung und Entkräftung gestorben sein. ' O Das verdunkelte München. Kohlenmangel und nie driger Wasserstand der Flüsse zwingen in München zu weitestgehenden Einschränkungen im elektrischen Licht- und Kraftverbrauch. Die Stromversorgung ist ernstlich ge- ! fährdet. Die Außenbeleuchtung der Geschäfte ist mit so- , fortiger Wirksamkeit verboten. In Versammlungsräumen, Gast- und Kaffeehäusern darf nur ein Drittel der Flammen gebrannt werden. Einschränkungen im Straßenbahnver- ! kehr stehen bevor. ! O Verkauf des Binzer Kurhauses. Vom Gemeinderat ! des Seebades Binz auf Rügen wurde das Kaufangebot eines Hamburger Konzerns auf das KurhauS bindend an genommen. Das Kurhaus soll seinem Zwecke dauernd er halten bleiben. Der Betrieb wird von einer Aktiengesell schaft übernommen. O Bergwerksunglück in Belgien. Bei einer Bergwerks katastrophe in Montigntes-sur-Sambre wurden, wie auS Brüssel gemeldet wird, zwei Bergleute getötet und sechzehn schwer verletzt, davon fünf'lebensgefährlich. HZ Ermäßigung der Gebühren für Auslandpakete und Telegramme. Die Besserung des deutschen Markkurses er möglicht es, vom 15. Dezember an im Auslandsverkehr die Gewicht- und Versicherungsgebühren für Pakete sowie die Telegrammgebühren nach dem Verhältnis von 1 Goldfrank 36 Mark zu erheben, d. h. gegenüber dem bisherigen Umrechnungsverhältnis von 1 Goldfrank — 48 Mark eine Ermäßigung um 25 Prozent eintreten zu lassen. Dieses Umrechuungsverhältnis ist auch für die Wertangabe auf Briefen und Paketen nach dem Auslande maßgebend, über die Einzelheiten geben die Postanstalten Auskunft. Auch für Ferngespräche nach dem Ausland werden entsprechend ermäßigte Gebühren erhoben werden. O Zur Wetterlage. Nach einer kurzen Tauwetterperiode setzte in der zweiten Dezemberwoche eine neue Kältewelle ein, die besonders Ostpreußen sehr strengen Frost brachte. So meldete z. B. Memel 17 Grad Kälte. Auch in Mittel deutschland verschärfte sich der Frost sehr schnell, um aber in der zweiten Wochenhälste bedeutend nachzulassen. Aus den deutschen Mittelgebirgen wurde Neuschnee gemeldet. ! Unter dem Druck eines im Norden lagernden Tiefdruck- ! gebietes wurde das zunächst über Polen liegende Hoch druckgebiet südwestwärts verdrängt. Die Winde drehten sich nach Südost bis Süd, an der Küste vielfach sogar nach Südwest und hatten eine schnelle Erwärmung zur Folge. Dringt der Einfluß des Tiefdruckgebietes noch weiter vor, so ist für ganz Deutschland mit einer neuen Tauwetter periode zu rechnen. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß auch diese nur von kurzer Dauer sein wstd. O Die neuen Schlafwagen. Die Probefahrt mit den neuen Schlafwagen dritter Klasse, zu der das Ncichsver- kehrsministerium und die Mitropa eine Reihe von Ver tretern der Presse und der Verwaltung geladen hatte, und die von Berlin nach Jena und zurück führte, ist gut ver laufen. Die neuen Schlafwagen machen einen günstigen Eindruck, und die vielfach geäußerten Befürchtungen über allzu große Primitivität der Einrichtungen scheinen nicht berechtigt zu sein. G Ein Bcelhovendenkmal in Mexiko. Aus Anlaß der Hundertjahrfeier zu Ehren Beethovens hatte die deutsche Kolonie in Mexiko dem Präsidenten der mexikanischen Re publik die Absicht kundgegeben, dem mexikanischen Volk ein Standbild Ludwig van Beethovens zu schenken. Auf dieses Angebot haben durch Vermittlung des deutschen Gesandten - in Mexiko, Grafen Montgelas, die Ausschußmitglicder der deutschen Kolonie ein herzlich gehaltenes Dankschreiben des mexikanischen Präsidenten Obregon erhalten. i Slrbeiier rmd Angestellis. Magdeburg. (Lichtsperre in Mitteldeutsch land.) Da die Direktion des Krastwerkes Gispersleben bei Erfurt eine Forderung der Arbeiter aus Zahlung einer Bei hilfe von 1000 Mak abgelehnt hat, haben die Arbeiter die Arbeit niedergelegt. Es sind infolgedessen 320 Ortschaften und 39 Staatsbahnhöfe ohne Licht. Die Technische Nothilfe ist eingesetzt worden. ! Siegen. (G r u b e n a r.b e i t e r st r e i k.) Die Beleg schaften sämtlicher Siegerländer Gruben sind in den Ausstand ! getreten. Die Zahl der Streikeirden beträgt 61-00 Mann. Schema F. Aus Pommern wird dem Reichs-Landbund ge- j schrieben: > „Die Staqtsanwaltschaft sieht bekanntlich jeden Preis, § der über 50 Mark per Zentner für Speisekartoffeln und bei Saatkartoffeln über 50 Mark per Zentner mit einem ! entsprechenden Zuschlag gezahlt wird, als Wucher an. Die ! Staatsanwalts haft droht Käufer und Verkäufer mit Be- i schlagnahme und Strafverfolgung, der bereits seriöse ! Firmen zum Opfer gefallen sind. Wir sind gezwungen, s wie auch der größte Teil der Kartoffelhändler Pommerns, - die Kartosfelverladungen einzustellen." Die der Regierung vorschwebenden Regelung in der i Frage der Ausschüsse, die in den einzelnen Bezirken Nicht- ! preise für Kartoffeln schaffen sollen, sieht auch die Beteili- j gung von Vertretern der Staatsanwaltschaft vor. Aus i welcher Gedankenwelt mancher unter den Staatsanwälten zu diesen Verhandlungen gehen wird, dafür ist das Schreiben aus Pommern leider lediglich eins von vielen Beispielen. Die Schlußzeilen der Zuschrift lehren aber i auch, zu welchen für die Verbraucher unerwünschten Fol gen das führen wird. Ein Prophet. Ein Organ des Deutschen Bauernbundes vom 26 11. spricht in einer Betrachtung zur politischen Lage das Be dauern darüber aus, daß die Sozialdemokratie fanatisch auf die Erfassung der Goldwerte blickt und dabei vergißt, daß in dem Privateigentum der einzige Schatz zu erblicken ist, den Deutschland noch besitzt, und der vom Feindbuud nach dem Friedensvertrage nicht erfaßt werden kann. Ebe sich die Sozialdemokratie nicht zur Erkenntnis dieser harten Wahrheiten durchringt und praktische wirtschaftliche Maß nahmen als unbedingt notwendig erkennt, eher werde auch die deutsche demokratische Fraktion nicht in die Reichsregierung wieder eintreten. Seitdem hat die Sozialdemokratie das neue Agi tationsrößlein der Erfassung der „Goldwerte" munter weitergetummelt; die demokratische Partei ist gleichwohl kn die Regierung wieder eingetreten, und erneut hat sich gezeigt, daß der Bedarf an Propheten durch die vier großen und die zwölf kleinen des Alten Testaments für , bescheidene Ansprüche doch eigentlich gedeckt sein sollte. ! Aus dem Gerichtssaar. 8 Ein Millionenbetrug vor Gericht. Vor einer Berliner i Strafkammer hat sich der 26jährige frühere Rennstallbesttzcr Alfred Stempel, der in den Jahren 1917 und 1918 gemeinsam mit dem Esfettcukassierer Richard Gericke das Bankhaus Bleich- röder in Berlin um annähernd sieben Millionen Mark ge schädigt hat, zu verantworten. Bereits im Februar d. Js. war Termin zur Verhandlung gegen Stempel und Gericke angesetzt. Stempel erschien jedoch nicht zur Verhandlung, er : war damals haftunfähig und weilte in einem Sanatorium. : Gericke wurde in jenem Termin wegen Diebstahls und Umer- ! schlagung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. In der f Zwischenzeit ist Stempel in Hamburg wegen Betruges ver- i urteilt worden. Mit seinem Geisteszustand haben sich ver- schiedene ärztliche Sachverständige besaßt; sie haben Stempel zwar nicht sür geisteskrank erklärt, aber doch Der Ansicht Aus druck gegeben, Daß er an Größenwahn leide und stark minder wertig sei. ß Französische Großkaufleute als „Sanktionsschieber". Zwei französische Großkaufleute in Mainz hatten zur Zeit der Wirt- schastlichen Sanktionen in Mainz unter der Deklaration „Mili- tärgut" Spirituosen zollfrei ins besetzte Rheinland in großen Mengen eingeführt und die der Zollbehörde vorgelegten militä rischen Lieserungsbescheinigungen in eigenmächtiger Weise zwecks Zollhinterziehung abgeändert. Das französische Kriegs gericht erkannte die Angeklagten in 104 Fällen für schuldig und verurteilte einen von ihnen zu einem Jahr Gefängnis und beide zusammen zu 320 000 Mark und 155 348 Frank, also bei einem Frankkurs von 15 Mark zu 2 357 720 Mark Geldstrafe. 8 Millioncnstrafe gegen oinen Steucrdefrandanten. Gegen einen Lahrer Geschäftsmann sprach das Finanzamt Lahr wegen Steuerhinterziehung einen Strafbefehl von 1600 000 Mark aus. Dazu kommen noch nachzuzahlende Steuern im Betrage von 1,5 Millionen Mart. 8 Todesurteile. Das Naumburger Gericht verurteilte den Arbeiter Willi Schinkel aus Aue, der, als Krimwalwachtmeister verkleidet, in das Naumburger Gerichtsgesängnis eindrang, um einen Gefangenen zu befreien und dabei den Gesangenenwacht- meister Wölke erschoß, zum Tode. Sein Helfershelfer Schön war gleich bei der Tat von einem Aufseher erschossen worden. — Das Gothaer Scknvurgericht verurteilte den Gärtner Friy Wnndel, der im September 1920 den Kaufmann Germscheidt aus Eisenach ermordet und beraubt hatte, zum Tode. 4- Berliner Produktenbörse vom 16. Dezember. (Nichtamt lich.) Langstroh 30—32, Weizen- und Roggenpreßstroh 33—36, Haserpreßstroh 43—47, Maschinenstroh 25 bis 27, Häcksel 42—44, Wiesenheu 90—98, Feldheu 106—108, Wicken 320—335, Kokos- tuchen 298—305, Erdnußkuchen 392—404, Palmkernkuchen 290 bis 301 sür 50 Kilogramm, Torfmelasse 111—115, Weizenkleie melasse 185—190, Haferschalenmelasse 160 -170, Biertreber- mclasse 190—198 sür 50 Kilogramm etnschl. Papiersack. Alles ab Verladestation. Schlachtvichprette. Die nachstehende Tabelle zeigt den Preis für den Zentner Lebendgewicht in Mark an den einzelnen Plätzen: Rinder Kälber Schafe Schweine Berlin 14.12. 475-1100 700-2100 400—850 1100-1800 Breslau 14 12. 450- 925 900- 12 0 600-800 1400-1900 Dresden 12.12. 2W—1050 701—1100 400-856 1150-1800 Hamburg 8.13.12- 350-1200 700-1500 400—850 1200—'800 Dortmund 12. 12. 600- 1175 750—1100 400-750 1300-1800 Küln a.M. >2.12. 450-1200 650—1500 490—730 1100—1850 8ranlf.a.M.12.12. 450 -1106 700^1160 850-750 1300-1800 Siutigart 13.12. 301—930 850 1!80 - 1300-1800 München 9.12. 300-9^0 860-1100 - 1000-1650 Der Wahrheit Sieg. Rowan von Erich Ebenstem. 29 „Nachher sollen sie sich halt nur auch fragen, wer dabei den größten Schaden gehabt hätte," antwortet der Teichwirt unbedacht, weicht aber dann weite, en Fragen des Wiesen- banerS hastig mit dem Hinweis ans, daß er heute doppelt zu ttm habe, da Regina sich verlobt habe, an diesem Sonntag nach St. Iakob zu wallfahrten, nnd deshalb »richt daheu» wäre. Co müsse er halt jetzt bedienen helfen. Während so im TeichwirtshauS die Umstände und Ur- achen der schrecklichen Tat besprochen werden, wandert Ga briel Heidrich über wiesen- nnd wnldgekrönte Höhen. Wie immer, »venu er erregt ist, treibt es ihn fort von den Men schen und hinaus in die Natur. Hier ahnt mau uichts voll Mord lind Totschlag. Fried lich stehen die einsamen Höse auf dell Bergabhäugen, uur von einer alten Magd und dein Hallshund bewacht, denn ihre Bewohner weilen unlen in Friedleiteu, von dein man hier oben uur die Kilchturmspitze sieht. Noch höher obeu im Ge birge ragt eiu anderer Kirchturm auf, schlank, hoch, mit ei- urm goldenen Krenz an der Spitze: St. Iakob. Das kleine gotische Kirchlein, um das sich uur weuige Häuser scharen, ist voll altersher als wnudertälig bekannt wegen eines Bildes rm rechten Seitenaltar. „Zur schmerzhaften Mutter Maria, heißt eS, und Schmerz nnd Leid vor allem sind es, die hier in glänbiger Demnt dem hin mel „vnfgevpsert" werden. Unbewußt hat auch Heidrich hewe seine Schlitte in diese Richtung gelenkt. Tie Nnchmittagssouue brennt in Hellen Glnten nieder. Aber Heidrich spürt uichts davon. Andere Glnten sinds, die st,m Herz nud Seele versengen seit langer Zeit. Da ist die Liebe, die er nicht auSrvtten kann, nnd da ist noch brennen der alS die Liebe der Gedanke an das Unrecht, das Regina ihm angetan hat. Verworfen ohne Rechtfertigung, Verstößen ohne Abschied, verlassen ohne ein Wort des Mitleids. So also war ihre Liebe: ohne Glauben, ohne Erbarmen, ohne Vertrauen. Ob sie in all der langen Zeit, da sie, obwohl im selben Ort, doch weiter von einander getrennt waren, als läge ein Erdteil zwischen ihnen, nicht doch manchmal berent hat, so hart gewesen zu sein? Obste nur einmal geahnt hat, wie bitter Unrecht sie ihm tat? „Wenn ich das wüßte," denkt er, „könnte ich alles leichter verwinden." Im nächsten Angenblick stockt sein Fuß uud er bleibt wie angewurzelt stehen. Uur rille Wegbieguug kommend, sieht er ein hölzernes Krenz, wie deren mehrere ans dem Weg zu St. Jakob stehen. Zu Füßeu diesfs KrenzeS kniet eine weibliche Gestalt. Sie hat den Kopf tief ans die gefalteten Hände gesenkt, nnd er hört, wie sie leise vor sich hin weint. Auf den erstell Blick hat er Regina erkannt. Er rührt sich nicht. Kaum zu atmen wagt er, so hat der Schreck ihn über mannt bei ihrem Anblick. Aber sein unverwandt auf sie ge richteter Blick muß eine magnetische Kraft auSiiben, denn Re gina wird plötzlich unruhig und hebt den Kopf. Als sie Heidrich erkennt, schießt ihr das Blut jäh zum Herzen und sie springt verwirrt ans. Der leidvolle Ausdruck ihres Gesichtes macht einem beinahe zornigen Platz. „Was willst Du da," fragt sie bebend, „hast Du wir noch nit genug angetan? Was kommst mir immer in dell Weg, wo Dus doch schon sehen hast müssen, daß —" „Daß Du mir answeichst ans allen Kräften!" unterbricht er sie ernst. „Wohl, Regina, das hab ich schon gesehen. Aber was ich Dir angetan hab, das weiß ich nicht !" Sie schweigt und zerrt all ihrem Taschentuch, daS sie um Rosenkranz und Gebetbuch geschlungen hat. „Regina," fährt er fort, „ich bin Dir nit mit Absicht in den Weg getreten, lind Dn brauchst Dich uit zu fürchten, daß ich von — dem, was früher war zwischen unS — zu re den anfangs." „Das tat sich auch uit schicken. Wirsts ja gehört haben, daß — »ch mich dem Veitelbauer versprochen hab'!" sagt sie mit abgewandtein Blick etwas ruhiger. „Ich weiß eS , Regina." „Nachher - nachher weißt auch, daß wir zwei nix mehr zu rede» hnbeu miteinander." „Doch, Regina. Wenn Dn mir durch Dritten Willen auch verloren bist für immer, in einer Sache mußt mich «och an hören jetzt. Einell Lügner hast mich genannt und mir sorge warfen, daß ich Dich betrogen hätte, obwohl mir unser Herr gott Zenge ist, daß die Bachwirtin damals —" Regina, die nuter seinen Worten noch bleicher geworben ist, unterbricht ihn rasch: „Wenn? das ist, daß Dir meine Heftigkeit dazumal uahgegcmgen ist, so geb ich Dirs gern zu, daß ich unbesinnt dahergeredet hab. Das war ein harter Tag für nlich." Sie senkt unwillkürlich den Kopf nnd unterdrückt einet» Seufzer. „Und nachher bin ich? wohl inne geworden daß »ch Dir vielleicht Unrecht getan hab, mußt mirS halt nit Nachträgen." ! Der innige, leidvolle Ton, in dem sie die letzten Worte gesprochen, erschüttert ihn tief. Zugleich aber flucet beiß nud unbezwinglich die mühsam niedergehaltene Liebe in ihn» em por, flammt wie ein Stern auf dunklem Hnumel das flim» »uernde Licht einer vagen Hoffnung auf. „Regina." flüstert er hastig, dicht an sie berautretend, „weunS so steht, nnd DuS weißt, daß ich nnr Dich allein gern hab auf dieser Welt »md Dir allezeit treu war, nachher kaunst auch die Stund dazumal auf Gmwokei» uit vergessen haben! Nachher mußt auch Erbarmen haben mit mir, mußt es längst wissen, daß ivir zivei zusammengehöreu in alle Ewigkeit nnd Dein Versprechen mit'nl Veitelbauer eine gcoßmachuge Lüge vor Gott und den Menschen ist." Sie hat schon bei seinen ersten Worten in bebender Ab wehr die Hände erhoben; jetzt weicht sie vor ihm zurück nud ihr totenblasses Gesicht trägt eineu Ausdruck so tiefer, kum- merooller Verzweiflung, daß Heidrich erschrickt. „Regina, »vas ist Dir?" Da stammelt sie flehend: „Mutzt mich nit in Versuchuug führen, Gabriel. Schau, ich komm von St. Iakob, wo im nuferer lieben Fran meine Lieb nud meine Schmerzen aus geopfert habe! Mein Versprechen mit'« Beitel, das kann ich nimmer ungeschehen machen." „Regina! Und ich sag Dir, unsere liebe Fran hat Dein Opfer verworfen und Dir zeigen wolle»», welchen Weg Du gehen mutzt, sonst hätte sie nuch nicht jetzt gerad daher aul Wegkreuz geführt!" „Nein, Gabriel! Prüfe»» hat sie mich wollen, ob ich» auch treu nnd ehrlich halte, waS ich versprochen hab'." Heidrich ballt ve»z>veifelt die Hände. 241.20