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Nachrichten für Naunhof und Umgegend : 09.11.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787861864-192111095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787861864-19211109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787861864-19211109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof und Umgegend
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Jahr
1921
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Monat
1921-11
- Tag 1921-11-09
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Monat
1921-11
-
Jahr
1921
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schäften; 2. suchte ich zu verhindern, baß durch meine vorüber* gehend« Mmisterprafiventschast die christlich-nationale Ob» chMchaft-be^egung, in der ich meine Lebensarbeit verkörMi und die Lch auS Angehörigen der Opposition-- und KoW- timMaMW^ek nicht zerschlagen oder au-einander- mMvWW Mrd; S. wollte W auch nach Beendigung Mein« schwierigen Mission nach allen Seilen hin alS anständiger Mensch dafte-eN. Ich glaube, da- mir dies«» Liel gelungen ist, und das genügt mir. De« deutsch«« Volke aber möchte ich zurufen: Bache am au- deinem politischen Schlaf! DM gegen» wSrNge deutsche Parteielend bringt dich, Wenn eS andauert, rettungslos an den Abgrund! Deutscher Reichstag. L7L Berlin. 7. November. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung, stand die Beratung deS Branntweinmonopols in Verbindung mit den Steuergesetzen, zu deren Begründung der stellvertre tende Reichsfinanzminister Dr. Hermes in voriger Woche gesprochen hatte. Auf Vorschlag des Ältestenrates wurde mit den gesamten Vorlagen eine veutschnattonale Interpellation ' verbunden über den Stand unserer Valuta. Aba. Edler von Braun (Deutschn.) begründete die Inter pellation mit dem Bemerken, die Regierung habe versichert, daß nach Annahme deS Ultimatums eine erhebliche Besserung unserer finanziellen Lage sich ergeben würde. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Was gedenke die Regierung zu tun, um den völligen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft zu ver hindern? Der Redner verlangte eine klare Auskunft darüber. Präsident Loebe teilte dazu mit, daß die Interpellation im Laufe der jetzigen Aussprache vom Minister beantwortet wer den würde. Oie Aussprache über die Gteuervorlagen. Abg. Braun-Franken (Soz.) kritisierte die Rede des stell vertretenden Finanzministers, der sich leider nicht tiefergehend mit den Fragen dieses Amtes beschäftigt habe. Die Rede sei eine allgemeine Enttäuschung gewesen. Der Minister habe nur die phantasieloseste Darstellung der finanziellen Verhält nisse gegeben, die seit einer langen Reihe von Jahren dage- weien sei. Es fehle an jeder Spur eines Finanzplanes. Wei ter führte der Redner aus, wenn ein Franzose, der aus den stillstehenden Betrieben seiner Heimat kommt und unsere rau chenden Schlote sieht, der Ansicht ist, daß wir zahlen können, so sei diese Ansicht jedenfalls besser begründet als die Ansicht der Stinnes und Helfferich. Die Gesamtheit der Steuervorlagen erscheint uns ungenügend. Was der Finanzminister vorgeschlagen habe, befriedige in kei ner Weise. Der französische Mrnisterpräfident hat klipp und klar gesagt: „Erfüllung Deutschlands oder die Gewalt Frank reichs*. Die Devisenbeschaffung ist eine Frage von Leben und Lod. Wir wollen daß die deutsche Industrie ihren Teil leistet, damit wir nicht Konkurs anmelden müssest. Aufgabe deS Reichstags sei es, die Gefahr, die uns von der Industrie droht, abzuwerwen. Hier rief der Abg. Dr. He^fferich dem Redner zu: „Sie sind zu geistreich", worauf der Äbg. Braun entgegnete: „Sie find während des Krieges nicht nur geistreich, sondern gewissenlos gewesen." Wir erklären, damit schloß der Redner, daß die Arbeiterkreise zu größten Opfern bereit sind, Voraussetzung ist aber, daß die Besitzenden ihren Teil bei tragen. Wir müssen unbedingt zu einer Stabilisierung der deutschen Mark kommen, damit die weltwirtschaftlichen Be ziehungen gesichert werden. Soll die Erfüllungspolitik keine hohle Phrase sein, so müssen wir' zur Erfassung der Sachwerte gelangen. Im übrigen sind wir uns klar, daß die neuen Steuervorlagen nicht genügen. Die Steuern müssen die wa gen, die sie tragen können. Abg. Herold (Zentt.) bemerkte u. a., daß er den Zweck der soeben gehörten Rede nicht einzusehen vermöge, da doch die Partei deS Vorredner- der Koalition angehöre. Jedenfalls bestes gar keine Veranlassung, von vornherein dem jetzigen Reichsfinanzminister mit Mißtrauen zu begegnen. Die Rede des Vorredners machte geradezu den Eindruck, als solle sie eine Aufforderung an Frankreich sein, rücksichtslos seine Foderun- aen einzutreiben. (Zustimmung rechts und beim Zentrum.) Der Redner nahm weiter den Minister gegen den Vorwurf zu großer Bescheidenheit bei der Besteuerung deS Besitzes in Schutz und erklärte, man soll nicht immer jedes Gesetz für sich allein ansehen, sondern ihre Gesamtheit in Bettacht ziehen, um ein richtiges Bild von der Erfassung des Besitzes zu bekommen. Selbst die Sachverständigen der Alliierten geben zu, daß die direkten Steuern so hoch geworden sind, daß ihre Ermäßigung ins Auge zu fassen wäre. Auch weite Kreise unsere- Volkes erkennen diese über mäßige Belastung an. Vor allem aber warnen wir vor Experi menten, an die Stelle der Grundwerte jetzt mit einem Male die Lrttagswerte als Grundlage für die Besteuerung treten zu lassen. Für eine gesunde Steuerentwicklung sei Beständigkeit erforderlich. Schließlich ging der Redner auf die einzelnen Steuervorlagen ein, wobei er bemerkte, daß die Ausschuß beratung in der Frage der Besteuerung der Jndustriepapiere sowie in der Frage der Vermögenszuwachssteuer noch viel Arbeit vor sich hat. Ebenso gebe die Umsatzsteuer zu Bedenken Anlaß. DaS gleiche gelte übrigens von allen übrigen direkten wie indirekten Steuern. Man darf die Industrie nicht mit Steuern erdrücken. Der Redner schloß mit der Hoffnung, das; die Parteien sich schließlich alle hinter die Regierung stellen würden, auch die Partei, deren Redner vorhin abseits stand. Abg.Böhm (Bayer. VolkSP.) bedauerte, daß die Regie rung nicht den Mut habe, der Entente einmal offen über unsere Verhältnisse Ausschluß zu geben. Die Steuervorlagen seien jedenfalls ein Beweis dafür, daß wir am Ende unserer Kräfte stehen. Abg. Dietrich-Baden (Dem.) erblickte die einzige Ursache unseres Finanzelends in der Reparation-last. Die beiden Goldmilliarden, die wir jährlich bezahlen müssen, machen nach dem letzten Balutasturz 225 Milliarden im Jahre aus. Kein vernünftiger Mensch kann sich einbilden, daß wir das tragen können. Die Gehälter, die wir beziehen, sind in Wirk lichkeit ein Pappenstiel. Die Not der breiten Masse wachst, damit nimmt die innere Kaufkraft ab, wir überschwem men das Ausland mit billigen Waren, können aber selber nicht- kaufen. Solange die Entente an ihren Forderungen sefthAt, muß sie auch die Verantwortung für unseren Zusam menbruch tragen. Auch an der zunehmenden Arbeitslosigkeit im Auslande trägt die Ententepolitib die Schuld. Was die Sozialdemokraten hier über die Notwendigkeit einer Er fassung der Sachwerte vorbringen, zeugt von gänz licher Unkenntnis und Verkennung der Tatsachen. Auch uns scheint die Stabilität der Rechsmark das wünschenswerteste Zel, aber wir find dagegen, die letzten Restbestände unserer Reich-bank an diese Sache zu wagen. Die Reparationskom- misston müßte uns die Reparationszahlungen eine Zeitlang stunden, dann könnten wir die inneren Schwierigkeiten in Ord nung bringen. ReichswirftchastSminister Schmidt betonte, wir wollen unseren guten Willen bei der Erfüllung des Ultimatums zei gen, mehr haben wir bei seiner Annahme auch nicht ver sprechen können. Wenn die Entente damals das Ruhrgebiet besetzt hätte, ständen wir jetzt auch vor dem industriellen Zu sammenbruch. Wir müssen die Ausfuhr fördern, aber auch darin sind wir von der Entente beschränkt, und wir wären es noch mehr, wenn die Entente von ihren Machtmitteln noch stärker Gebrauch machte. Ungeheure Mengen französischer Luxusartikel werden bei uns eingeführt, entweder wir trinken nun den französischen Champagner und Kognak und pfeifen auf die Re- parattonen, oder wir erschweren den Zugang zu den Lein- , stuben und LikSrstuben. Hier treffen wir freilich aus Ver- ständni-losigkeit. Nun kam der Minister aus die wilde Spekulation an der Börse zu sprechen und er klärt«, wir woLen ein«n Gesetzentwurf einbringen, der > da- frei« Spiel in Devisen einschränkt. Vielleicht kann j man auch die SvekulattonSaewinne an der Effektenbörse weg- fteuern. ES ist verständlich, haß Kaufleute Devisen zurückhaltest, Mn Rohstoffe kaufen zu können. Aber wir werden unS an da- Au-land wenden müssen, damit das Ausland hilft, die von Deutschen im AuSlande hinterlegten Devisen herauszuholen Wegen einer Anleihe im Auslande find Vertzandlun gen mit der Industrie ^pflogen Worden, die leider zu ket« nem Resultat geführt haben. Bleibt der Dollar auf der tt^he* Lage^' fthr auch für die innerpolt« Abg. Dr. Helfferich (Deutschn.) bemängelte vor allem, daß in einer Zett wie der jetzigen oas Reichsfinanzministerium nebenamtlich verwaltet wird, und verurteilte es, daß der Reick,s- kanzler zugleich Minister des Auswärtigen ist. Dann ging Helfferich auf die einzelnen Zahlen des Reichshaushaltes ein. Der Redner betonte besonder-, daß im nächsten Jahre unsere Zahlungen an die Entewe sich aus 180 Milliarden belaufen werden. Alle AnstrenAmgen des deutschen Voltes seien vergeblich, derartige Lasten zu bewältigen. Die gesamte Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes reiche nicht einmal aus, um den Reichshaushall in Ordnung zu bringen, wenn wir keine Zahlungen an unsere Feinde zu leisten hätten. Seine Pattei werde sich sachgemäß an der Beratung der Steuervo?- lagen beteiligen, könne aber keine Vorlagen genehmigen, die nach ihrer Auffassung schädlich sind. Wenn jetzt die Ver brauchssteuern erhöht würden, so sei das die Schuld der Entente und der deutschen Sozialdemokratie. Das müsse bei zeiten sestgestellt werden. Am Schlüsse seiner Ausführungen beschäftigte sich der Redner mit dem Kurssturze der Mark. Die Verhandlungen dauerten noch geraume Zeit. politische Rundschau. Deutsches Reich. DaS Verfahren im Kapp-Prozeß. - ' , Von zuständiger Seite wird eine längere Darstellung der Dinge gegeben, die zur Verschiebung des auf de,: i 27. Oktober angesctzt gewesenen Prozesses gegen J-rgow Schiele und Wangenheim geführt Habens Die Erklärung betont, daß der Verteidiger der Angeklagten Ehrhard. Bauer, Schnitzler, Pabst am 14. Oktober den schriftlichen ! Antrag eingereicht habe, diese Angeschuldigten gegen Sicherheitsleistung mit der Untersuchungshaft zu ver- schonen. Der Oberreichsanwalt lehnte den Antrag ab. ! Diese Stellungnahme billigt auch der Reichsminister der! Justiz. Der Erste Strafsenat von Leipzig bewilligte aber das Freigeleit unter den gewissen, bekannten Bedingun gen. Nachher stellte sich heraus, daß der Verteidiger irr tümlich gehandelt hatte, da die genannten Angeklagten nicht mehr die Absicht hatten, sich zu stellen. Bei dieser Sachlage hat der Oberreichsanwalt Aufhebung des freien Geleits beantragt; das Reichsgericht gab dem statt. Es wird nunmehr gegen Jagow, Schiele und Wangenheim allein verhandelt werden. Der Termin hierfür ist auf den 7. Dezember festgesetzt worden. Flucht eines verurteilten Kommunistenführers. Der frühere Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, Brandler, der wegen der Haltung sei ner Partei während des diesjährigen Märzausstandes in Mitteldeutschland vom Sondergericht beim Landgericht in Berlin zu 5 Jahren Festungshaft verurteilt worden war und diese Strafe im Festungsgefängnis Gollnow verbüßte, ist aus Gollnow geflüchtet. Er hatte Stadt- urlaub und kam von diesem nicht zurück. Postbeamte gegen die neue Besoldungsordnung. Die Reichsgewerkschaft der Post- und Telegraphenbe amten hat zu der Neuregelung der Beamtenbesoldung Stellung genommen und eine Entschließung gefaßt, in der es heißt: Die für die Neuregelung der Beamtenbesoldung vorgesehenen Gehaltssätze find durch die überstürzte Preis entwicklung weit überholt. Sie sind nicht ausreichend, um den Beamten der unteren und mittleren Besoldungs- g, uppen die Lebenshaltung zu ermöglichen. Die Reichs- gewerkschaft erhebt daher gegen die geplante, völlig unbe- ftiedtgende Regelung nachdrücklichst Einspruch. Regierungsumbildung in Württemberg Die Regierungsumbildung in Württemberg durch den Eintritt der Sozialdemokraten in das Kabinett ist jetzt er reicht. Ver Rücktritt de- Arbeits- und Ernährungsmini- sterS Schall und die Übernahme dieses Ministeriums durch den sozialdemokratischen Reichs- und Landtagsabgeord- neteu Lett wird belanntgegebcn. . DaS Einwvhnerrecht im Saargebiet. Die deutsche Regierung hatte bekanntlich beim Rat des vöfterbundes Einspruch gegen die Verordnung der Regie rung des Saargebietes über den Erwerb des Einwohner rechts in diesem Gebiete erhoben. Das Sekretariat des Völkerbundes hat nunmehr die Antwort der Regierungs- kommission auf den deutschen Protest erhalten. Der fran zösische Vorsitzende der Regierungskommtssion des Saar gebietes, Rault, behauptet in dieser Antwort, daß seine Verordnung nicht nur einstimmig von der Kommission angenommen wurde, sondern daß auch die gewählten Ver treter der Bevölkerung gefragt worden waren. — Der Rat des Völkerbundes wird wahrscheinlich erst Januar Beschluß über den deutschen Protest fassen. Aus In» und Ausland. Tokio. Infolge der Ermordung des Ministerpräsidenten ist das Gesamtkabinett zurückgetreten. Berlin. Der bisherige erste Botschaftsrat der englischen Botschaft in Berlin, Lord Kilmarnock, geht als briti- scher Oberkommiffar in der Rheinlandkommisflon nach Koblenz. Lord Kilmarnock war der erste beglaubigte Vertreter Englands nach dem Waffenstillstand und der erste Geschäftsträger Groß- bitanniens in Berlin. Paris. Vom 22. d. M. an wird daS belgische Straf gesetz in den Kreisen Eupen und Malmedy eingeführt. Washington. Die neue Hauptstation der amerikani. schen Funkgesellfchaft Radio-Corporation of America wurde mit einer Kundgebung des Präsidenten Harding ans dem Weißen Hause in Washington eröffnet, in der er bald,- gen Frieden für alle Länder und Völker erhofft. Karls Abschied von Ungarn. Ohne Abdankung! Innerhalb der von der Entente gestellten Frist hat die ungarische Nationalversammlung den Gesetzentwurf über den Verlust der Herscherrechte des Exkönigs Karl und das Erlöschen des Thronfolgerechtes des Hauses Habsburg angenommen. Damit ist der staats rechtlichen Formalität Genüge getan, aber noch hat Ka.l selbst die Abdankung nicht unterzeichnet, son dern sich vielmehr mit der Hofstrung ins Ausland begeben, daß er eines Tages doch noch sein bereits zweimal vergeb lich angestrebtes Ziel erreichen werde. Das kommt in einer Depesche zum Ausdruck, in der er sagt«: „An dem Tage, an dem Ungarn im Unglück ist und nach mir ruft, werd« ich glücklich sein, ihm dienen zu können." Er will, wie berichtet wird, künftig vom Verkauf seiner Schmuck fachen und dem Ertrag seiner Güter leben, die er noch in i Ungarn besitzt. Die Pension, die man ihm angeboren hatte, falls er abdanke, hat er abgelehnt. Die Ktnder des ehemaligen Kaisers werden mit ErzHerzDM MWa Theresia ttn Schloß Wartegg bei Rorschach Aufenthalt neh men, wo die kaiserliche Familie, als sie nach W Schweiz kam, ihren ersten Wohnsitz batte. * Kaiser und Bauer. Über die Eimelhetten der Arbeise Karl- und ZitaS weiß, ein französischer Journalist ein rührsameS Geschichtchen zu er zählen. Er berichtet, daß das Exkaiserpaar in ganz einsamer Gegend an einem Eisenbahnviadukt auS dem Zuge in das englische Kanonenboot umstieg, welches zur weiteren Fahrt ins Exil dienen sollte. Aus diesem sei für beide die Wohnung eines einfachen Soldatest hergerichtet gewesen. Die Ententeoffiziere wären sehr höflich, die ungarischen Offiziere aber sehr rauh und unhöflich gewesen, ja, sie hätten nicht ein mal bis zur Abfahrt des Kanonenbootes eine Ehrenwache am User zugelassen. Auch die alten Offiziere, die Karl begleitet hatten, gingen zum Bahndamm hinauf. Als Karl noch ein mal die Tür seiner Kajüte öffnete, standen am Ufer nur ein Gendarm, ein Geheimpolizist und ein alter, Halbvertrotteller Bauer, der gekommen war — um den Kaiser Franz Josef zu sehen! Er wußte nichts davon (so erzählte der Franzose), daß Franz Josef gestorben sei, und war der Meinung, daß man den alten Kaiser außer Landes bringen wollte . . . ! . * Die Zurückgebliebenen. In Ungarn ist der Parteienstrett um Karl auch nach seiner Abreise nicht erloschen. Im Anschluß an den Be schluß der Nationalversammlung kam es zu einer Schlä- gerei zwischen einem Abgeordneten, der den Exkaiser als Deserteur bezeichnet hatte und einem Karlisten, der diese Beleidigung durch Schläge rächte. Fast wäre es zu Pi stolenschüssen im Parlament gekommen. — Einer der ver folgten Karlistenführer, der Oberst Lehar, ist nach München geflüchtet. Er hat die Donau durchschwom men und sich auf tschechischem Gebiet nach der bayerischen Grenze durchgeschlagen. — Die Tschechoslowakei stellt ihre Kriegsdrohungen gegen Ungarn ein. Die Demobil machung ist angeordnet. Kriegerische Verwicklungen bestehen für Ungarn nur noch nach wie vor im Westen, dem sogenannten Burgenland, um Vas der Streit mit Österreich trotz der Ententt-Jnterventton nicht bei gelegt werden konnte. Die Entthronung der Habsburger ist übrigens — o unfehlbarer Ben Akiba! — nicht die erste in der Ge schichte Ungarns. Wird sie die letzte sein? Bereits vor 200 Jahren und dann wieder im Jahre 1848 wurden die Habsburger aus Ungarn Vertrieben, konnten sich jedoch, wenn auch nur mit fremder Hilfe, wieder in den Besitz des Thrones setzen. IntttpMioa ii!n die SnWnngeu Lipinskis. Dresden. Die Enthüllungen des Ministers Lipinski über die „Brüder vom Stein" werden demnächst den Landtag beschäftigen. Die Deutschnationalen wollen eine Anfrage an die Regierung richten, die dem Minister Gelegenheit geben wird, sich zu den einzelnen Punkten seiner Anklage noch näher zu äußern. Auch wir halten es für sehr wünschenswert, daß über die von Minister Lipinski erhobenen Anklagen Klarheit geschaffen wird. Erklärung der Liga zum Schutze der deutschen Kultur, Laudesgruppe Leipzig, zu de« „Enthüllungen" des Herrn Lipinski. Der sächsische Minister Lipinski hat aus Anlaß der bevorstehenden Wahlen Gelegenheit genommen, von verantwortlicher Stelle aus eine Reihe von Organisationen anzugreisen und zu verdächiigen. Er hat dabei neben den Brüdern vom Stein auch die Liga zum Schuhe der deutschen Kultur genannt und behauptet, diese wäre eine poiMsche Organisation und arbeite mit den Brüdern vom Stein Kand in Land. Wir stellen demgegenüber fest: Die Liga ist weder eine geheime noch eine Kampforganisativn, sondern eine Frtedensorganisation, im schärfsten Gegensatz zu Kerrn Lipinski, dem ausgesprochenen Vertreter des Klaffen- Kampfes. Die Liga unterhält keinerlei Beziehungen weder zu den Brüdern vom Stein noch zu anderen Organisationen, sei es geistiger, geldlicher oder persönlicher Art. In voller Unabhängigkeit arbeitet die Liga an folgenden Zielen: Rein sachliche Aufklärung des deutschen Volkes über politische und wirtschaftliche Fragen der Gegenwart, insbesondere über den Versailler Vertrag und seine Folgen. Uebcrbrückung der Parteigegensätze, Ausgleich der Standes- und Klassenunterschiede, zwecks Schaffung einer wahren Volksgemeinschaft und Volkseinheit. Die Liga verfolgt keine nationalistischen und internationalistischen Ziele, sondern vertritt die Notwendigkeit der Zusammengehörigkeit aller Volksgenossen und der Schaffung eines Staats- und Volks- bewußtseins im Geiste lebendiger Leimatliebe und Zugehörigkeit zur deuischen Kulturaememschast. Die Liga steht aus dem Boden der Verfassung und kämpft für die Aufrechterhaltung von Ruhe, Recht und Ordnung sowie der sozialen Verantwortung jedes Staatsbürgers gegenüber der Gesamtheit. Die Liga bildet den Boden, auf dem die Anschauungen der verschiedenen Parteien und Persönlichkeiten über die politischen, wirt- schastftchen und ethischen Aufgaben des gesamten Volkes sich aus- gleichen sollen und verwehrt niemandem, seine gegenfätzliche Meinung zu äußern. Die Liga ist keine Partei, will keine Pariet werden und ist völlig srei von jedem Parteieinsluß. Sie vereinigt vielmehr Angehörige oller Siände, Klassen und Parteien, nicht zum geringsten der orbei- tenden Bevölkerung. Die Liga faßt als völlig neutrale Organisation bei gegebenen Anlässen politische, wirtschaftliche und kulturelle Verbände zu gemeinsamen Kundgebungen zusammen, wie dies beispielsweise anläßlich der großen Leipziger Demonstration gegen die Pariser Beschlüsse am !3. Februar d. I. geschehen ist. Die Liga arbeitet mit freiwilligen und regelmäßigen Beiträgen ihrer Mitglieder, ohne sich bet der Durchführung ihrer oben dargelegten Aufgaben von irgend einer Seite beeinflussen zu lassen. Jedem Unbefangenen und rechtlich Denkenden, der nicht wie Kerr Lipinski einseitige, selbstsüchtige, dem Allgemeinwohl völlig wider- sprechende Parieiintereflen verfolgt, ist es ohne weiteres klar, daß Kerrn Lipinski die Ersüllung solcher idealer Ausgaben im höchsten Grade unbequem ist Und daß seine böswilligen unwahren Dehaup- kungen rein demagogischen Beweggründen entspringen. Aus der Praxis der Betriebsräte. Wer sich vor Schade« schütze« will, wähle die Gemeinschaftslifte. In welch unverantwortlicher Weise gewirtschaftet wird und welche Zustände in solchen Eemeindcwesen einreißen, wo die rote Mehrheit herrscht, dafür ist die Sladt Berlin bekanntlich ein Schulbeispiel. Der ^Industrie- und Kandelrzeiiung" Nr. 228 entnehmen wir folgenden Artikel: „Wie weit die zum Teil sogar illoyale Machtanwendung und Anmaßung der Betriebsräte in der letzte» Zeil gehl, dafür dürften sich besonders lypische Beispiele in den Betrieben Groß-Berlins finden. Den Berliner Betriebsräten sind Rechte etngeräumt, die wett über das Betrtebsrälegeietz hinausgehen. Alle Neueinflellungen und Kündi gungen müssen nach II der Anlage zum Torisvertrage vom 23. Juni 1920 vorher dem Betriebsrat bekanntgegeben werden. Dieser kann Widerspruch erheben, über den im Schlichtungsoersahren entschieden
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