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Nachrichten für Naunhof und Umgegend : 09.12.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787861864-192112098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787861864-19211209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787861864-19211209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof und Umgegend
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-12
- Tag 1921-12-09
-
Monat
1921-12
-
Jahr
1921
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m delm PütH», verek m Echt fich VtMchttzen koMtt«. Kapp selokt ist bekanntlich bald nach dem fehlgefchlagenen Staatsstreich nach Schweden geflohen und auch Lü 11 wttz, der al- der militärische Leiter der ganzen Aktion anzusehen ist, wär bisher nicht aufzufinden. Für eine große Zahl anderer Teilnehmer ist inzwischen daS Verfahren niedergeschlagen oder durch Amnestie erledigt und nur einigen wenigen Hauptbeieilig- ten kann jetzt daS Urteil gesprochen werden, nachdem auch die Nachforschungen nach diesen durch zahlreiche Zwischenfälle immer wieder in die Länge gezogen wurden. Nunmehr erschei nen nur drei Angeklagte, die in führenden Stellungen an dem Kapp-Abenteuer teilnahmen, vor ven Schranken ves Reichsgerichts: der frühere Polizeipräsident von Berlin von Jagow, der in der „Kapp-Regierung" Minister des Innern werden sollte, der als Politiker früher vielfach hervorgetretene Landwirt von Wangenheim und der praktische Arzt und politische Schriftsteller Dr. Schiele, der erst kürzlich bei einem Versuch, die deutsche Grenze zu überschreiten, sestgenommen werden konnte. Die Anklageschrift geht davon aus, daß bereits im Sommer 1919 Bestrebungen tm Gange waren, eine Diktatur in Deutschland zu errichten und die Republik zu beseitigen. Nach der Verkündigung der Verfassung im August 1919 war es eine Gruppe von Personen, die sich „Nationale Vereinigung" nannte und die planmäßig die Vorbereitungen für die Errichtung einer Diktatur fortsetzte. Dabei ging man von dem Gedanken aus, daß in Deutschland ein b o l s ch e w i st i s ch e r Putsch bevorstehe, daß diesem durch einen Gegenstoß von rechts her begegnet werden müsse und daß aus diese Art eine rechtsgerichtete Regierung ans Ruder kommen und allmählich die früheren Zustände wiederherstellen solle. Die Einzelheiten des Planes fand man bei einer Haussuchung in der Wohnung des Dr. Schiele. Das Aktionsprogramm sah vor: Einmarsch in Berlin, Besetzung der Ministerien, Fest nahme der Minister und jener höheren Beamten, die erst nach der Revolution ernannt wurden, Ausmerzung der nachrevolu tionären Ober-, Regierungs-, Polizeipräsidenten, Landräte usw. Den Präsidenten Ebert wollte man eventuell auf seinem : Posten lassen, wenn er sich gefügt hätte. Die Anklage sieht Jagow des Hochverrates schuldig durch seine Teilnahme j am Putsch, die sich in seinen Amtshandlungen bekundete: er setzte den Staatssekretär Freund, den Ministerialdirektor Mei- j ster ab, ernannte Doye zum Staatssekretär, entließ telegraphisch Ober- und Regierungspräsidenten usw. Herr von Wangen heim erscheint weniger belastet. Er ließ sich zwar zum Land- wirtschastsminister ernennen, hat aber keinerlei Amtstätigkeit ausgettbt und sein Ministerium gar nicht betreten. übrigens soll auch Ludendorff in Beziehungen zu der erwähnten „nationalen Vereinigung" gestanden haben, doch ist ihm eine Beteiligung am Putsch selbst nicht nachzuweisen. Er ist nur beim Einzug der Truppen als Zuschauer am Branden- ! burger Tor gewesen und hat den Beratungen der Kapp-Regie- : rung als Besucher beigewohnt. Er steht bekanntlich auch nicht ! unter Anklage Die Vernehmung Zagows. Die Verhandlungen begannen früh 9 Uhr vor dem ver einigten 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts unter Vorsitz des Senatsprästdenten Geheimrat Pelargus. Der Andrang der l Zuhörer war nur mäßig, well die Ausgabe vvn Karlen der strengsten Prüfung unterlag. Besondere Absperrungen waren am Neichsgerichtsgebäude sedoch nicht vorgenommen worden» auch waren keine Massenansammlungen wie mitunter bet ande ren Sensationsprozefsen zu beobachten. Die Angeklagten befinden stchauffretemFuße und begeben sich von ihrem Hotel aus zu den Verhandlungen. Sie erschienen mit ihren Verteidi gern, den Rechtsanwälten Fritz Grünspach, Justizrat Görres, Rechtsanwalt Böttger aus Berlin und den Rechtsanwälten Justizrat Geutebrück-Leipzig und Dr. Martin-Halle im Saale und nahmen auf der Anklagebank Platz. Nach der Verlesung des Eröffn ungsbeschlufses, in welchem den Ange klagten vorgeworfen wird, daß sie versucht haben, die Ver fassung des Deutschen Reiches im März v. I. gemeinsam zu stürzen und sich nach ß 81 und 82 und K 47 deS Str. G. B. schuldig gemacht zu haben, tritt Herr v. Jagow an den Ge- richtstis chund antwortet auf die Anklage in zusammenhängen, der Rede. Er bestreitet, schuldig zu sein, und weist daraus hin, daß in § der 140 Seiten langen Anklageschrift sein Name sehr selten vor- I komme. Er habe vor allem nichts begangen, was zu einer ge- , waltsamen Änderung der Verfassung dienen sollte und sei nur Bussührender der Aufträge Kapps gewesen. Im einzelnen führte Jagow dann aus: Ich habe vor dem 3. März eine Unterredung mit Kapp gehabt, der damals noch der Ansicht war, daß die damalige Regierung auf unsicheren Füßen stehe, weil die Reichswehr nicht zufrieden war, und weil von links gegen sie gearbeitet wurde. Kapp glaubte, daß das Abtreten der damaligen Regierung und die Einsetzung einer neuen durchaus aus gesetzmäßigem Wege erfolgen werde. Er fragte mich damals, ob ich bei einem eben- Wellen Regierungswechsel den Posten eines Minister- des Innern bekleiden wollte. Ich erklärte mich dazu bereit. Kapp beauftragte mich sür die damals vorhandenen Regie rungsmänner Ersatz zu suchen. Am 13. März zogen die Trup pen ohne Widerstand in Berlin ein. Ich fuhr mit Kapp zu sammen im Auto in die Reichskanzlei. Kapp erzählte mir, daß die Reichsregierung geflohen sei und daß er vorläufig die Dik ta t u r übernehmen werde. Die gesamte Regierungsmacht liege bei 'hm und Lüttwitz. Ich habe dann unter der Kapp-Regie- rung einige unwesentliche Amtshandlungen, und zwar in Personalangelegenheiten vorgenommen. Die Lei tung der Sipo lag nicht in meiner Hand. Die Frage des Vorsitzenden nach den Beziehungen des An geklagten zur „Nationalen Vereinigung" beantwortet Jagow damit, daß er den Eintritt in diese abgelehnt habe, ebenso den , ihm angebotenen Vorsitz. Die Vereinigung habe seines Wissens lediglich in Notwehr sür einen Eventualfall Vorbereitungen ge troffen. Er glaube nicht, daß Kapp mit der „Nationalen Ver- einiguna" etwas zu tun hatte. Den Hauptmann Pabst hab« i «r allerdings für einen leitenden Mann der Vereinigung ge- ! halten. Herrn Dr. Schiele habe er erst am 13. März kennen gelernt. ! Die Ereignisse deS 13. März. über den kritischen Tag selbst erzählt Jagow, er habe aus einen telephonischen Anruf -in vergeblich versucht, Falkenhau sen telephonisch zu erreichen, um ihn früh 6 Uhr an daS Bran- denburger Tor zu bestellen. Ich sah, so berichtet er. Kapp das letztemal am Tage vor dem 13., als die Nachricht kam, daß Kapp verhaftet werden sollte. Als ich da- hörte, blieb ich bei Kapp, um Zeuge der Verhaftung zu sein und um seinen An gehörigen Nachricht geben zu können. Ich nahm an, daß die Retchswehraktion unmittelbar bevorstand. — Vors.: Hatten Sie -ei diesem Besuch bei Kapp auch davon gehört, daß ein Haft, beseht gegen Lüttwitz schwebte? — v. Jagow: Lüttwitz er zählte, daß er am Tage zuvor mit Ebert und Noske verhandelt, aber nicht- erreicht hätte. Ich hatte gelesen, daß aus Döberitz Truppen in Anmarsch seien, aber ich hielt eine ungesetzliche Be wegung sür ausgeschlossen. Ich ging zum Brandenburger Tor, ! um zu hören, was los sei. Ich hatte dort den Eindruck, daß man etwas Feindselige- erwarte. Ich hörte Gesang, sah dann schwarz-weiß-roten Fahnen. — Vors.: Kannten Sie Lüttwitz schon früher? — v. Jagow: Ich habe ihn einmal oberflächlich kennen gelernt. — Vors.: Kannten Sie Kapttänleutnant Ehr hardt? — v. Jagow: Ich lernte ibn am 13. März erst kennen, und ich fuhr mit ihm, Lüttwitz und Kapp in die Reichskanzlei. — Vors.: War Kapp sehr aufgeregt? — Jagow: Nein. Er sprach sehr ruhig und teilt« uns mit, daß die Retchsregieruna geflohen sei. überhaupt war Berlin sehr ruhig. Ich batte absolut den Eindruck, daß di« Brigade Ehrhardt die Lage beherrscht«. Einen erfolgreichen Widerstand hielt ich für aus- geschlossen. — Vors.: WaS sprett« sich in der Reichskanzlei ab? I — v. Jaaow: An der Tür deS Saales wohnte ich einem er- solche« sUM Hb Sei. Dort siel auch wahrscheinlich von mir da-Won „Dar Recht vom S. Novembers — Vors.: Sie gingen dann in das preußische Ministerium deS Innern? — v. Jagow: Ja. Ich teilte dem Minister mit, daß er sich von nun an al-beurlaubtbeirach ten sollte. — Vors.: Haben Sie neue Beamte aus eigener Machtvollkom menheit ernannt? — v. Jagow: Nein, ich habe nur Persönlich keiten vorgeschlagen. Ich habe dann an der Versammlung deS GesamtministertumS am 14. März mittags teilgenommen. Dort hielt Kapp eine Ansprache. Ich betrachtete Kapp durchaus als meinen Vorgesetzten. Die Truppen waren einmarschiert und Kapp war der Herrscher geworden. ES konnte darin sür mich nichts Illegales liegen. Für mich be steht daS Ziel, mitzuhelfen, daß die Ordnung tm Staat ge sichert und wiederhergestellt wird. Kapps Ziele sind stets die gleichen gewesen. Er wollte keine Gewaltaktton vornehmen. Er wie- auf den drohenden Eisenbahner-General streik hin, und gab dabei der Meinung Ausdruck, daß nur Oeser ihn verhindern könne. Gelänge dies, so könnten even tuell frühere Minister beibehatten werden. — Vors.: Fürchte- ten Sie Arbeiterwiderstände? — v. Jagow: Daß Kapps arbei terfreundliche Absichten arbeiterfeindlich aufgefaßt würden, war mir klar. Der Zusammenbruch. über die Tage vom 14. bis 17. März, in denen sich der Um schwung vollzog, der zum Zusammenbruch des Putsches führte, berichtete v. Jagow folgendes: Am 14. habe ich meinem Be amtenpersonal Anweisungen gegeben. In der Kabtnettssttzung vom 15. hoffte ich noch auf einen vollen Erfolg. Ich habe nicht alle Vorgänge im einzelnen gewußt, z. B. hat Kapp mtr nur an gedeutet, daß er nach Dresden gehen wollte. Ich war auch nicht mit allein einverstanden, und meine Zusage an Kapp war keine unbedingte gewesen. Am Dienstag, 17. März, abends berichtete Pabst über die unruhige Haltung der Sicher heitspolizei. Man plante Kapps Rücktritt und Einsetzung einer völligen militärischen Diktatur ohne zivilen Einschlag Daher war Jagow gegen den Rücktritt, auch weil er ungünstige Wirkungen hinsichtlich der Bolschewisten davon befürchtete. Der Rücktritt. ' Jagow fährt fort: Am 13. März war eine herrliche Truppe etnmarfchiert und ein nervenstarker Mann wie Kapp hatte mir die Sachlage geschildert; am 17. März war alles ganz anders: Oberst Bauer zitternd und bebend, so daß er kein Wort mehr hervorbrachte; auch Kapp in einem Zustand, daß er mir gar nicht mehr imponierte, Pabst völlig zusammengeürochen. Ich sah, daß eS unter Lüttwitz in schroffmilitärifchcr Form weiter gehen würde. Vors.: Wer war denn beim ganzen Unternehmen die treibende Kraft? — Jagow: Lüttwitz, nicht Kapp. Als ich am Abend des 17. März wieder auf die Reichskanzlei kam, war niemand mehr da. Darauf ging ich auch weg. Ich fuhr am 18. März morgens mit dem Auto nach Potsdam und habe dort bis 20. März gewartet. Dann wurde meine Wohnung von Kriminalbeamten besetzt. Darauf entfernte ich mich. Einer Untersuchungshaft wollte ich mich nicht aus setzen. Ich schrieb aber an den Ersten Senat, ich wäre bereit, mich binnen 24 Stunden zu stellen, wenn ich von der Hast ver schont bliebe. Weiterhin sagte Jagow aus, anfangs wollte man nur, daß die rechten Männer an die rechten Stellen kommen sollen. E i n Programm ist niemals vereinbart worden. Kapps Unternehmen ging nicht gegen die Verfassung, die Verfassung sollte vielmehr -urchgeführt werden. DaS Mittel war die Diktatur, daS Ziel der Schutz der Verfassung. Kapps Forderungen waren: Neuwahlen innerhalb zwei Jahren, Wahl des Reichspräsidenten durch das Volk in zwei Monaten, Bildung des Fachkabinetts und die Amnestie. Rechtsanwalt Grünspach: Bestand überhaupt jemals inner halb der Kapp-Regierung die Absicht, die Nationalversammlung aufzulösen? — v. Jagow: Meines Wissens, nein. Explosionskatastrophe im Saargebiet Das Nobelwerk bei Saarlouis zerstört. — Zahlreiche Tote. Saarbrücken, 7. Dezember. Eine furchtbare Explosion hat sich gestern in der Dynamitfabrik Altien-Gesellschaft vormals Alfred Nobel u. Co. in Saarwellingen bei Saarlouis ereignet. Ein Ölbehälter geriet in Brand und brachte die ge samten in seiner Nähe lagernden Sprengstoffe zur Explosion. Der Brand dehnte sich bald auf die weitere Umgebung aus und rief neue Explosionen hervor. In dem Betriebe befanden sich etwa 120 Personen. Zu ihrer Ret tung konnte zunächst nichts geschehen, weil wegen der Ge fahr weiterer Explosionen die Rettungsmannschaften nicht an die Unglücksstelle herankommen konnten. Auch ein Teil des benachbarten Waldes geriet in Flammen. Die Fabrik wurde zum größten Teil zerstört. Die Häuser der näheren Umgebung sind abgedeckt, vereinzelt sind ganze Gebäude eingestürzt. Bis Saarlouis und Völklingen wurden zahl reiche Fensterscheiben zertrümmert. Der Schaden, der durch die Explosion verursacht wurde, ist sehr groß. Die erste Meldung sprach von über hundert Toten. Sie scheint jedoch glücklicherweise übertrieben zu sein. Es wur den bis heute 13 Leichen geborgen, die wegen der erlitte nen Verletzungen bis zur Unkenntlichkeit entstellt sind. Man muß immerhin damit rechnen, daß bei der Katastrophe etwa 60 Personen umS Leben gekommen sind. Die Zahl der Verwundeten läßt sich noch nicht feststellen. Auf die Nachricht von dem furchtbaren Unglück be gaben sich mehrere M tz lieber der Regierungskommisston an die Unglücksstelle. Der Präsident der Kommission über reichte dem Bürgermeister als erste Unterstützung zur Lin derung der durch die Explosion entstandenen Not einen Be trag von 40 000 Mark. Es wurd« dann eine Sammelliste in Umlauf gesetzt. Der Mor- von Kleppelsdorf. Beginn der Beweisaufnahme. (Dritter Tag.) 8 Hirschberg, 7. Dezember. Rach Wiederherstellung der Öffentlichkeit wurde gestern «och di« Frage der Vermögensverhältnisse des Angeklagten be- fprochen. Grupen hatte stets behauptet, daß er vermögend rewesen sei; es wurde ihm aber jetzt nachgewiesen, daß er Wert- ^cheu seiner Frau und seiner Schwiegermutter verpfändet hat. Er blieb trotzdem dabei, daß er eigentliche Geldsorgen nicht ge kannt und die in Frage kommenden Gegenstände nur in augen blicklicher Geldverlegenheit versetzt habe. Damit war die Ver nehmung des Angeklagten beendigt, und «S begann die Zeugenvernehmung. Als erste ZeuAn wurde die 42jährige Erzieherin der vörthe Rohrbeck, Fräulein Berta Zahn, ausgerufen. Sie kam schon im Jahre 1905, als Dorothea Rohrbeck 1A Jahre alt war, als Hausdame und Erzieherin nach Kleppelsdorf und leitete den Haushalt, da Frau Rohrbeck nach der Geburt ihre- Kindes gestorben war. Rohrbeck soll nach dem Tode seiner Frau die Absicht gehabt habem die Erzieherin zu heiraten, wäh rend seine Schwiegermutter, Frau Eckert, wünschte, daß er ihre zweite Tochter, die später die Frau des Angeklagten Grupen leworden ist, al- Gattin heimsühre. Beide Heiratspläne zer- chlugen sich jedoch, und Rohrbeck blieb bis zu seinem 1914 er- olgten Tode Witwer. In seinem Testament bestimmte er je- wch, daß Fräulein Zahn die Ausbildung und Erziehung seiner Tochter wie bisher wettersühren solle. Anlaß -u dieser testa mentarischen Bemmmuna aab offenbar das nicht allzu freund- i sich« Verhältnis, da- zwffchen Fräulein Zahn und Frau ! Eckert, der Großmutter der Dorothea Rohrbeck, bestand. Merkwürdig« Angaben machte die Zeugin über da- Leben auf Schloß Kleppelsdorf. Die Schloßherrtn und Millionen- erbin wurde von ihrem Vormund, einem Herrn Biel hack, so knapp gehalten, daß ihr für den Lebensunterhalt in der teue- > ren Kriegszeil oft nicht mehr als 120 Matt im Monat übrig blieben. Für Erziehung, Personal und Kleidung bewtlliwie er i monatlich nur 1000 Mark. Er weigerte sich sogar, seinem Mün- - del das Geld für ein Konfirmalionskleid zur Verfügung zu ! Nellen, und er riet Dorothea, sich ein Kleid aus alten Gesell schaftsanzügen ihres Vaters Herstellen zu lassen. Die ewigen ! Geldsorgen führten schließlich zu der Verbindung mit der Ver- wandtschast in Ottenbüttel, d. h. mit Grupen und seiner Fa- i milie. Man besuchte sich gegenseitig, und Grupen war anfangs äußerst liebenswürdig gegen Dorothea. Frl. Zahn gab eine ein- gehende Schilderung dieser Besuche, die von Grupens Angaben sich nicht wesentlich unterschied. Die Zeugin sah und siHt vieles ! allerdings ganz anders, als es der Angeklagte dargestellt hatte. ! Manches von dem, was er als „Scherz" betrachtet wissen will, hat sie ernst genommen, so den Heiratsantrag, den er ihr ge macht haben soll, die Kahnschaukelei auf der Alster u. a. Sie behauptet auch, daß Grupen seiner Nichte Dorothea nicht sehr sympathisch gewesen sei, während er aus brieflichen Äußerun gen der reichen Erbin das Gegenteil beweisen will. Bei der Erwähnung von Briefen wurde die überraschende Feststellung j gemacht, daß die Abschiedsbriefe, die die verschwundene Frau ! Grupen vor ihrer angeblichen Amertkareise geschrieben haben soll, niemals auf ihre Echtheit nachaeprüst worden sind. ; Die Zeugenvernehmung wurde dann unterbrochen, da daS ! ganze Schwurgericht und die Hauptzeugen sich in Automobilen ! nach Laehn und Kleppelsdorf begaben. Er wnrde zunächst das > Schloß besichtigt, worauf ein Lokaltermin stattfand. Zusammenbruch der pfälzischen Bant Ein Opfer der Devisenspekulation. ! Bei der Münchener Niederlassung der Pfälzischen , Bank (Ludwigshafen) haben sich durch verfehlte Devisen spekulationen des Devisenhändlers Römer, der gegen die bestimmten, von der Zentrale der Bank gegebenen Weisungen gehandelt und seine Baisseengagements der Lei tung der Bank verheimlicht haben soll, sehrbedeuten- d« Verluste im Termindevisengeschäft ergeben. Da das Aktienkapital und die Reserven der Bank verloren sind, ist es fraglich, ob die Pfälzische Bank als selbständi ges Institut wird weiterbestehen können. Die Pfälzische Bank selbst gibt in einer Erklärung den entstandenen Ver lust mit 340 Millionen Mark an. Durch die Mithilfe der Rheinischen Kreditbank und der Deutschen Bank soll dafür Sorge getragen werden, daß die Kunden der Pfälzischen Bank bei der Neuordnung keine Verluste erleiden. Angeblich sollen die Filialen der ! Pfälzischen Bank in der Pfalz von der Rheinischen Kredit bank übernommen werden, während die Geschäfte in Frankfurt a. M. und im rechtsrheinischen Gebiet auf die Filialen der Deutschen Bank übergehen sollen. Arbeiter und Angestellte. Berlin. (Schiedsspruch für das Bankgewerbe.) Der Schlichtungsausschuß hat jetzt einen Schiedsspruch gefällt, nach welchem die am 10. Oktober d. I. vereinbarten Teuerungs- zulagen, nach Berufsjahren gestaffelt, aus monatlich 950, 1000, 1100, 1150, 1200 Mark erhöht werden. Weibliche Angestellte erhalten 75 Mark weniger, Angestellte unter 20 Jahren die Hälft«. Verheiratete erhalten zu den Sätzen einen Zuschlag von monatlich 200 Mark. Die Kinderzulagen sollen in den drei Abstufungen jährlich 2000, 2600 und 8200 Mark betragen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beisitzer stimmten dem Schieds spruch, der auch noch einige andere Materien, wie Überstunden usw., regelt, unter Vorbehalt zu. Prag. (Beendigung deS Bergarbeiterstreiks im Mährisch-Ost rauer Revier.) Bei einer Beratung der drei koaliierten Bergarbeitergewerkschaften wurde ein An trag gestellt, nach welchem bet einer erhöhten Leistung von sechs Meterzentner pro Schicht der Lohn 58 Kronen gegen 55 Kronen früher im Durchschnitt betragen soll. Dieser Antrag ist von den Bergwerksbesitzern angenommen worden. Die Arbeit ist wieder ausgenommen. . , Echlußvienst. Trabinockrichten vom 8. Dezember. Ein Buch Kaiser Wilhelms II. Berlin. Soeben erscheint in Leipzig ein Buch deS Kaisers ' „Vergleichende Geschichtstabellen von 1878 bis zum KriegSaus- j bruch 1914", das von ihm persönlich im Jahre 1919 zusammen- gestellt und nach dem seither eingegangenen Quellenmaterial vervollständigt worden ist. Bevorstehende Optionsverordnung sür Oberschlesten. v. L. Oppeln. Auf eine dringende Anfrage des Landes- Verbundes Schlesien des Deutschen Ostbundes ist vom Aus wärtigen Amt in Berlin mitgeteilt worden, daß in den näch sten Tagen eine Opttonsverordnung der Roichsregierung be- i treffs Oberschlesten ergehen wird. Verurteilung wegen Gemäldeverschiebung. Hamburg. Die Witwe des Freiherrn Wildersch v. Ketteler aus Schwarzgraben bet Lippstadt hat ein aus dem Jahre 1636 stammendes Gemälde von Rembrandt, daS mehrere Millionen Mark Kunstwerk hatte, ins Ausland verschoben. Die Hamburger Strafkammer verurteilte sie unter Betonung, daß eS sich um eine Verschiebung eines Bildes von nationalem Wert handle, zu 500 000 Mark Geldstrafe. Ein Mitschuldiger wurde zu 20060 Mark Geldstrafe verurteilt. Oesterreichische Note an die Botschasterkonferenz. v. Wien. Wie verlautet, wird eine österreichische Note an den Botschafterrat gesandt werden, in der zum Ausdruck kommt, daß die österreichische Regierung keine Verantwortung für die weitere Entwicklung der Lage in Österreich mehr über- ; nehmen könne, wenn nicht in absehbarer Zeit ein« durchgrei- ! fende finanzille Hilfe von Seiten der Ententestaaten geleistet werde. Aufbau der zerstörten russischen Eisenbahnen. Riga. Wie die „Jswestja" berichten, ist im Eisenbahnver kehr Sowjetrußlands eine Besserung eingetteten. So wurden 77 neue Lokomotiven in den Verkehr eingestellt und viel be schädigtes Material wurde in Stand gesetzt. i China besteht auf der Rückgabe GchantungS. Pari-. Die cheni fische Delegation in Washington erhielt i «tn Telegramm ihrer Regierung, worin die bedingungslose Rückgabe GchantungS durch Japan und die Sicherung der chinesischen Interessen tn der Mandschurei gefordert wird. Eikicien wieder ganz in der Hand der Türken. v. /c. Pari-. Der „Mattn" mewel auS Konstantinopel, daß di« Lütten am 4. Dezember in Mersina oingezogen sind und nunmehr ganz Eikicien wieder besetzt haben. Keine Unterredung Rathenau- mit ZeitungSmitarbeitern. v. London. Die „Time-" veröffentlichen folgende Zu schrift Dr. RathenauS an den Herausgeber des Blattes: „Ich finde in mehreren Sonntagsblättern Auszüge, die sich ihrem Inhalt nach als Unterredungen mit mtr geben. Ich würde dankbar sein, wenn Sie bttanntgeben wollten, daß ich sei« meiner Ankunft in London nie einem ZeitunaSkorrespondenten ein« Unterredung gewährt habe." gez. Rathenau.
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