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Nachrichten W Naunhof 32. Jahrgang Mittwoch, den 19. Oktober 1921 Nummer 124 und Umgegend (Albrechtshain, Ammelshain, Beucha, Borsdorf, Sicha, Srdmaunshatn, Fuchshain, Groß- und Kleinsteinberg, Klinga, KSHra, Ltndhardt, Pomtzen, StaudtniA, Threna usw.) Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschafk Grimma und des Stadtrates zu Naunhof. Erscheint wSchentttch L mal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, nachm. 4 Uhr sür den sotgenden Tag. VetugspreiS: Monatlich Md. 4.—, ^jährlich Md. 12.—, ohne Austragen, Post einschl. der Postgebühren Md. 12.75. Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Störungen des Betriebes, hat der Bezieher deinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. Fernruf: Amt Naunhof Nr. 2 Anzeigeupreiset Vie «gespaltene Äorpuszetle SO Pfg., auswSrts 1.—Wk. Amt licher Teil Mk. 2.-. Neklamezetle Mk. 2.—. Beilagegebühr pro Sundert Md. 2.—. Annahme der Anzeigen bis spätestens 10 Uhr vormittags des Erscheinungstages, gröbere noch früher. — Alle Anzeigcn-Dermittlungen nehmen Uufträge entgegen. — Bestellungen werden von den Austrägern oder in der Geschäftsstelle angenommen. Drück und Verlag: Gün, » Eule. Nanntzof bei Leipzig, Markt 2. Die Ausstellung für Auglings- u. Klkinkin-erfürfiirgk veranstaltet vom Deutsche« Hygiene-Museum Dresden wird vom 16. bis 25. Oktober im Maule der MMWe in Grimma gezeigt. Oeffnungszeiten: Werktags täglich von 10—12 Uhr vorm. und 2-6 Uhr nachm. Sonntags von 11—6 Uhr durchgängig. Täglich nachmittags 5 Uhr finden Führungen statt. Für Frauen und Mädchen werden 8—10 stündige Kurse veranstaltet. Preis der Teilnehmerkarte 10 Mk. Näheres darüber in der Sonntagsnummer. Wohlfahrtsamt der Slmtshauptmannschaft Grimma. Stadtrat Grimma. Ärztlicher Bezirksvercin. Bezirksamt für Kriegerfürsorge. Gcwerkschaftskartcll Grimma. Kraukenkassenverbanv. Verein der Kassenärzte für die Amtshauptmannschaft Grimma. Oeffentliche Einladung zur Tagung für Wohlfahrtspflege, Mittwoch, den ! tH.Oktob.rlO2;, 12Uhr imRatskellerzuGrimma. j Tagesordnung: I. Eröffnung der Tagung. Amkshauptmann Kardraht. 2. Amlliche und freiwillige Wohlfahrtspflege. Frau Regikrungsräitn- Dr. ph'l. Utich-Beti. Ministerium des Innern. 3. Vernunflgemübe ! Pflege und Esnährung des Säuglings und Kleinkindes. Dr. med. j Welde, Kinderarzt, Leipzig. 4. Aussprache. 5. durch die Ausstellung. Eintritt frei. Stadtgemeinderatssitzung Donnerstag, den 20. Oktober 1921, abends 7 Uhr. Tagesordnung befindet sich im Raihause am Brett. Führungen Gesucht werden sür ein Ostern 1922 aus der Schule § entlastendes Mädchen geeignete Pflcgeeltern. Angebote werden auf dem Rathaus hier, Zimmer 8 entgegengenommen. Naunhof, am 15. Oktober 1921. Der Bürgermeister. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Nach englischen Blättermekdungen werden die Wirtschaft» ! liehen Vorschläge über Oberschlesien in 13 Punkten geregelt. * In Berliner politischen Kreisen wird jetzt der Rücktritt der Reichsregierung als bald bevorstehend angesehen. * Der Reichstag tritt am Donnerstag zusammen. * Der Dollar erreichte in sprunghaften Steigerungen die katastrophale Höhe von 189. * Die Berliner Stadtverordnetenwahlen ergaben bei völlig ruhigem Verlauf des Wahltages eine knappe bürgerliche Mehr heit. * In Wie:- fanden erneut Teuerungskrawalle statt, bei denen es zu Gewalttätigkeiten und Plünderungen kam. Ein neues Grost-Berlin. Die Groß-Berliner Stadtverordnetenwahl . ergab nach den vorläufigen Feststellungen, die eine bedeutende Veränderung nicht mehr er fahren dürsten, ungefähr 815 OVO sozialistische und 842 OVO nichtsozialistische Stimmen. Die Wähler und Wählerinnen der Reichshauptstadl sind nicht umsonst zum zweitenmal an die Urne gerufen worden, um ihr Urteil darüber abzugeben, ob sie mit der Rachausherrschaft, wie sie seit dem 26. Juni 1920 von den drei sozialistischen Parteien gehandhabt wurde, einverstan den seien oder nicht. Ein Formfehler bet der vorigen Wahl gab dem Oberverwaltungsgericht die Möglichkeit, einen neuen Wahlgang anzuordnen, und der Spruch der Wähler schaft ist gegen den Kurs ausgefallen, den die Herren Wehl und Hofsmann im Berliner Rathaus steuerten. Einer Mehrheit von 125 sozialistischen Stadtverordneten stand bis jetzt eine bürgerliche Minderheit von 100 Stimmen ' gegenüber. Dieses Verhältnis wird sich auf Grund des Wahlergebnisses vom 16. Oktober zwar nicht in sein glat tes Gegenteil, aber doch so weit verändern, daß eine schwache bürgerliche Mehrheit aus der Man- datsverteilung herauskommen dürfte. Vielleicht werden es 115 bürgerliche und 110 nicht-bürgerliche Stimmen sein. Ungefähr so stehen die Chancen, soweit sie sich bisher Über sehen lassen. Jedenfalls geben auch die sozialistischen Blät ter zu, daß es mit ihrer bisherigen Machtposition im »roten Hause" vorbei ist. Sie suchen sich über die Tatsache, so gut es geht, zu trösten, wobei wie üblich die jeweils verwandten Richtungen am schlechtesten wegkommen. Einige Beruhigung finden sie zunächst in der Gewiß heit, daß die neue Stadtverordnetenversammlung in zwei niigefähr gleiche Parteilager zerfallen werde, daß also entscheidende Machtproben von der anderen Seite her nicht zu befürchten seien. Darin wird man ihnen auch aus gegnerischer Seite gewiß zustimmen. Auf Machtproben innerpolitischer Art kann es dem Bürgertum jetzt weniger als je ankommen. Waren es doch gerade die sozialistischen Machtproben, gegen die es sich auflehnte, weil es sie mit unserer Gesamtlage sür unvereinbar und ihre Veranstal tung deshalb für unverantwortlich hielt. Jedem vernünf- tiacn Menschen kann es im Augenblick nur auf möglichsten Ausgleich von Interessengegensätzen, auf ein möglichst friedliches Zusammenarbeiten aller derjeni gen Kreise unseres Volkes ankommen, die etwas zu bedeu ten haben. Der sozialistischen Arbeiterschaft ist von man chen Führern zeitweise eingeredet worden, sie könnten den ganzen Staat, bestimmt aber ganz Groß-Berlin allein re gieren, ohne dabei auf das nichtsozialistische Bürgertum sonderlich viel Rücksicht nehmen zu müssen; eine Behaup tung, die sich auch nach der Ansicht vieler sozialdemokrati scher Politiker mehr und mehr als unzutreffend erwiesen hat. Im Bürgertum ist man von einer gleichen Einseitig keit der Auffassung weit entfernt. Man denkt nicht daran, gegen die Arbeiter, oder im besonderen gegen die sozia listisch geleiteten Arbeiter zu regieren. Das einzige, was man will, ist, daß die Möglichkeit offen bleibt, sich mit ihnen zu vertragen, daß Bürger- und Arbeiterschaft gemeinsam ihre Kräfte für das Wohl des Vaterlandes regen mögen. Keine Vergewaltigung von links, aber auch keine Verge waltigung von rechts. Mehr will, mehr darf man auch nicht für die Politik des Tages fordern. Im einzelnen springt als auffällige Erscheinung des Wahlergebnisses der über Erwarten große Stimmenzu wachs der Deutschnationalen Volkspartet in die Augen; eine Tatsache, an der alle die zahlreichen Gegner dieser Partei nicht achtlos vorübergehen sollten, die der Meinung waren, ihr durch Schimpfwort« wie .Mörder partei" und ähnliches im Volke Abbruch tun zu können. Die Deutsche Volkspariei dagegen hat ihre vor jährige Stimmenzahl nicht voll behaupten können, wäh rend Demokraten und Zentrum einigermaßen un geschwächt geblieben sind. Die sozialistische Linke, als Ganzes betrachtet, hat erheblich an Stimmen verloren; die Haupteinbuße haben die Unabhängigen zu verzeich nen, von denen einige Tausend zu den Mehrheitssozial demokraten, viele Zehntausende dagegen zu den Kommu nisten abgeschwenkt sind. Im ganzen genommen ergibt sich für Groß-Ber lin ein Übergewicht der Bürgerlichen über die Nicht-Bür gerlichen von etwa 40 000 Stimmen. Daraus darf man die Schlußfolgerung ziehen, daß auch in Berlin nach den anfänglichen heftigen Schwankungen zwischen den politi schen Extremen sich allmählich eine Bewegung des Aus gleichs und der Sammlung der Kräfte anzubahnen beginnt. Einzelergebnisse. Dje bisher gezählten Stimmen verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt: 1920 : 283 586), 1920 : 633 657), 1920: 188 207), 1920: 275 664), l920: nicht kandid.), 1920: 116 657), 1920 : 68 635), i 1920: «1388), ' l920: nicht kandib.). 43 Punkte. Die Übergangsbestimmungen für das Judustriedreieck. Wer denkt nicht unwillkürlich an ein anderes weltge schichtliches Dokument, durch das vor Jahren einmal in 14 Punkten der Welt das Heil gebracht werden sollte, iyWN 343 947 318 206 299 800 255 962 157013 122 623 83531 61249 12588 Mehrheitssoziattsten Unabhängige Deutschnationale Deutsche VolkSpartei Kommunisten Demokraten Wirtschaft!. Bereinigung Zentrum Deutschsoziale man jetzt die Nachricht von den 13 Punkten erhält, durch die die Genfer Auserwählten das Unheil, das sie mit der politischen Grenze in Oberschlesten angerichtet haben, auf dem Wege wirtschaftlicher Übergangsbestimmungen zrpn Teil wieder reparieren möchten? Auch diese Vorschläge müssen mit der gleichen vorsichtigen Skepsis beurteilt wer den, die den Wilsonschen 14 Punkten leider nicht überall entgegengestellt worden ist. Nach Meldungen des eng lischen Blattes „Observer" ist der Hauptinhalt des Genfer Beschlusses in erster Linie der, daß die Hälfte des oberschlesischen In dustriegebiets, das infolge feiner jahrhundertelangen Ent wicklung unter deutscher Verwaltung einer der wichtigsten industriellen Mittelpunkte Europas geworden ist, und be sonders das wtEch ertragsreiche Industriegebiet Ober- schlesiens Deutschland weggenoinmen und Polen gegeben wird. Man beachte, daß das die Worte des englischen Blat tes sind, und welche Kritik sich bereits darin ausspricht: Die politische Grenzlinie sei so festgelegt worden, daß eine Mindestzahl von Polen auf deutscher und eine Min destzahl Deutscher auf polnischer Seite gelassen werden. In wirtschaftlicher Hinsicht habe man versucht, der po litischen Grenze die Bedeutung M nehmen, indem man ge wisse wirtschaftliche Maßnahmen auserlegte, die dazu be stimmt seien, den einheitlichen Charakter des Jndustriedreiecks während eines Zeitraums von 15 Jahren zu wahren. Aus den Einzelheiten dieses „Wie-erauttnachungsversah- rens", das in 13 Punkten abgefaßt ist, sei hervorzuheben, daß die Eisenbahnen auf deutscher wie auf polnischer Seite in einem einheitlichen System zusammengefaßt bleiben sollen. Für die Zollgrenze wird bestimmt, daß in den ersten sechs Monaten eine solche überhaupt nicht wirksam sein soll, und daß in den folgenden 14)4 Jahren alle Rohstoffe, die aus der deutschen oder polnischen Zone stammen oder in einer dieser Zonen verbraucht werden sollen, die Grenze ohne Zoll hin und her passieren dürfen Während der Periode von 15 Jahren ist keinerlei Zwangsenteignung gestattet. Die Deutschen, die ans der polnischen Seite -er Grenze leben, haben während der 15 Jahre 'das Recht, sich sür die deutsche Untertanenschast zu ent scheiden. Die deutsche Mark wird als gesetzliches Zahlungs mittel in der polnischen Zone anerkannt. Die deutsche sozi ale Gesetzgebung bleibt in Kraft, bis die polnische Regierung allgemeine eigene Gesetze ausgearbeitet hat. Wasserver sorgung und Elektrizität sollen vorläufig ebenfalls ein heitlich geregelt bleiben, ohne Rücksicht auf die neue politische Grenze. über den Verlauf der politischen Grenze weiß das Blatt keine Einzelheiten, meint aber, man könne jedoch jetzt mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß neben Pleß und Rybnik drei der wichtigsten industriellen Mittel punkte, nämlich Kattowitz, Königshütte und Tarnowitz an Polen fallen werden. „Observer" er klärt die Aushändigung von Kattowitz und Königshütte sei der bei weitem ernsteste Punkt im Völkerbunds plan. Das Kapital, die Leitung und die gelernten Arbei ter in den jetzt Polen zugesprochenen Gebieten seien voll kommen deutsch. Der Völkerbundsplan bedeute keine Lösung der oberschlesischen Frage. Durch den Völkerbund sei der Streit um Oberschlesien wieder an Deutschland und Polen zurückverwiesen worden, wenn die Lösung überhaupt dauernd sein solle, denn ohne das Zusammenwirken Deutschlands und Polens könne der Völkerbunds plan kaum zur Durchführung gebracht werden. Lsngel-ste Rätsel. Balfour beschönigt die Genfer Beschlüsse. Das Charakteristische der Genfer Beschlüsse über Oberschlesien liegt in erster Linie darin, daß der Völkerbundsrat seine Aufgabe nur halb gelöst hat. Er hat sich aus dem unvereinbaren Zwiespalt einerseits gerecht und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechend zu entscheiden, andererseits doch die polnischen Wünsche weit gehend zu erfüllen, dadurch herausgezogen, daß er eine un mögliche Grenze festsetzte und diesen Akt des Wahnsinns damit zu verdecken suchte, daß er den beteiligten Parteien einige gute Ratschläge mit auf den Weg gab, wie sie sich mit den Härten und Gefahren dieses Urteils am besten ab finden könnten. Ob diese Ratschläge überhaupt brauch bar sind, ist eine ganz neue Frage, uüd so hinterläßt die Genfer Entscheidung keine klare Lösung, sondern nur eine Fülle neuer Rätsel, mit denen sich die Leidtragenden herumschlagen dürfen. Das Unzulängliche der Genfer Beschlüsse erkennt man natürlich auch bei der Entente, obwohl man es nach Möglichkeit zu verschleiern und zu beschönigen sucht. In jeder Hinsicht ist eine Rede des englischen Ver treters in Genf, des bekannten Lord Balfour von Be deutung, der, obwohl er die Entscheidung selbst durchaus billigt, doch auch ihre selbst für deutschfeindliche Augen un verkennbaren schwachen Punkte nicht verschweigt. Balfour sagte, er sei sicher, -aß es keinen Engländer geben würde, der in Oberschlesten reist und nicht mit Bestürzung die Zerteilung dieses Gebietes steht, man würde wegen dieser Zerschneidung sogar Entsetzen empfinden. Er sei -er letzte, -er in Miede stelle, daß im Zusammenhang mit diesem Verfahren Ungelegenheilen entstehen würden, vielleicht sogar ziemlich ernste, er glaube jedoch trotzdem, daß durch sorgfältige Anord nungen diese Ungelegenheiten ungeheuer vermindert werden würden. Wenn die beiden Parteien gewollt feien, Klugheit und eigenes Interesse walten zu lassen, dann würden sie in -er Laae sein, den Plan zu einem durcbMrenden BoYs^ag zu