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Allgemeiner Anzeiger : 18.12.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190712189
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19071218
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-12
- Tag 1907-12-18
-
Monat
1907-12
-
Jahr
1907
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 18.12.1907
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h. Abgeordnetenhaus 8. Januar vertagt. "Das preu hat sich bis zum macht sich in diesen Tagen doppelt unangenehm bemerkbar, da gerade der Weihnachtsverkehr mit seinen vermehrten Sendungen beginnt. * 6ber einen rumänisch-ungarischen Grenzzwischenfall wird aus Hermann stadt berichtet: Zehn rumänische Grenzwächter überschritten bewaffnet die ungarische Grenze und drangen in den Ort Mikestelep ein. Sie hielten in Wohnungen Haussuchungen. Wer sich widersetzte, wurde geschlagen. Einen Un garn führten sie mit sich nach Rumänien und hielten ihn dort bis zum andern Tage fest. Eine Untersuchung wurde von ungarischer Seite ein geleitet. Frankreich. * Auch in Frankreich trifft man jetzt aus Anlaß der Unruhen in Südchina Vor sichtsmaßregeln. Admiral Aubert, der General stabschef der Marine, hat die Touloner Präfek tur beauftragt mehrere Panzerkreuzer zur Ausreise nach dem Stillen Ozean und Indo china bereitzuhalten. Die jüngsten Nachrichten aus China sollen die Veranlassung zu diesen Maßnahmen sein. Schweiz. * Die Bundesversammlung wählte zum Bundespräsidenten für das Jahr 1908 den BundeSrat Brenner-Basel (radikal), zum Vizepräsidenten den Bundesrat Zemp - Luzern. Belgien. * In der Kammer hielt der Sozialist VanderveIde eine Aufsehen erregende Rede gegen den König Leopold. Er tadelte besonders, daß die Töchter des Königs im Auslande weilen müßten und daß der Schmuck ihrer Mutter öffentlich versteigert werde. Die Ausführungen fanden bei allen Parteien des Hauses Zustimmung. * Die Regierung hat nunmehr die Anlagen zu dem Gesetzentwurf betr. die Übernahme deS Kongo st aates veröffentlicht. Der wichtigste Teil der Anlagen ist der Bericht der belgischen Regierungsbevollmächtigten, der zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Lage des KongostaateS in internationaler Hinsicht durch eine Gesamtheit diplomatischer Atte geregelt sei, deren Ausführung durch alle Parteien jede Mög lichkeit eines Konfliktes ausschließe. Ruhlaud. * Zur allgemeinen Überraschung hat General Kuropatkin in dem Prozeß gegen den General Stössel wegen Übergabe der Festung Port Arthur an die Japaner zu gunsten des Angeklagten ausgesagt, dieser sei nicht in der Lage gewesen, seinen Willen durchzu- setzen, die volle Verantwortung treffe den General Fock. Balkanstaaten. * In Bulgarien ist wieder einer jener politischen Morde verübt worden, die nachgerade zu einer ständigen traurigen Be gleiterscheinung der politischen Bewegnng in den Balkanländern geworden sind. Der Banden- führer Boris Sarafow, das Haupt der mazedonischen Bewegung, ist mit einem Genossen, dem Professor Garwanow, in seinem eigenen Hause niedergeschossen worden. Der Mörder, mit Namen Panitza, gehörte jener Bande an, die im Sommer den englischen Obersten Elios entführen wollte, daran aber rechtzeitig durch Soldaten verhindert wurde. Die beiden Er mordeten arbeiteten, wie auS Sofia gemeldet wird, gerade an dem Plane zu einer neuen allgemeinen Erhebung in Maze donien. ES ist nicht ausgeschlossen, daß der Mörder, der seine Opfer nach einem Gastmahl im Hause Sarafows niederichoß, im Dienste der türkischen Regierung handelte, die 2000 Pfund Belohnung auf Sarafows Kopf ausgesetzt hatte. Amerika. "Die brasilianische Kammer hat den Gesetzentwurf betr. die Einführung der allgemeinenWehrpflicht angenommen. Afrika. "Die Frage der Entschädigung der durch das Bombardement von Casablanca in Mitleidenschaft gezogenen Europäer hat immer noch keine befriedigende Lösung gefunden. "In derZw eitenhessischen Kammer erwiderte StaatSminister Ewald auf eine Anfrage über die Vereins- und Ver sammlungsfragen, die hessische Re gierung habe an fick keine Veranlassung gehabt, die bestehenden Bestimmungen zu ändern. Nach dem aber der allgemeine Wunsch nach einem ReichSvereinSgesetz sich geäußert und die Reichs- regierung einen neuen Entwurf ausgearbeitet habe, könne sich die hessische Regierung der Mitarbeit bei dem Entwurf nicht verschließen. Die Stellungnahme der grobherzoglichen Re gierung fei naturgemäß auf die Wahrung der Grundsätze gerichtet gewesen, wie sie sich seit Jahrzehnten in Hessen bewährt haben. In diesem Sinne sei sie bestrebt gewesen, auf eine liberale Ausgestaltung der einzelnen Be stimmungen hinzuwirken. "Der letzte Truppentransport aus Deutsch. Südwestafrika trifft in Stärke von 20 Offizieren, Sanitätsoffizieren und oberen Sanitätsbeamten, 26 Unteroffizieren und 349 Mannschaften demnächst mit dem Dampfer „Prinzessin* in Kuxhaven ein. Seit dem 25. September 1906 sind insgesamt 10 OM Mann in Kuxhaven gelandet, während im Juni, Juli und August d. rund 3000 Mann Ablösungstruppen von Kuxhaven nach Südwest- afrika in See gegangen sind. Ofterreich-Uugaru. "In Österreich hat wieder eine jener Be wegungen eingesetzt, die nach italienischem Muster bei den Unterbeamten so beliebt geworden sind, um Gehaltsaufbesserungen und sonstige Forderungen durchzusetzen. In der ganzen Monarchie haben die PosthilfS- oeamten mit der passiven Resistenz begonnen, d. h. sie halten sich in Ausübung ihres Dienstes so peinlich genau an alle Vor- Misten, daß an einen schnellen und geregelten Verkehr gar nicht zu denken ist. Die Bewegung politische Kundsckau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm, der auf der Rück reise von England nach Berlin auf einen Tag in Amsterdam weilte, ist von der Königin Wilhelmine, wie von der holländischen Bevölke rung auf das herzlichste begrüßt worden. "Die Wahl des Generals Keim zum geschäftsführenden Vorsitzenden desDeutschen Flottenvereins hat zu einer ernsten Krise geführt: Der bayrische Landesverband hat einstimmig seinen Au 8 trittaus dem Deutschen Flottenverein erklärt. * Die Kommission des Reichstags zur Be ratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Bestrafung der Majestätsbeleidigung nahm dar Gesetz endgültig in folgender Fassung an: „Die Beleidigung ist nur dann auf Grund der 88 95, 97, 99, 101 strafbar, wenn sie mit der Absicht der Ehrverletzung, böswillig und mit Überlegung begangen ist. Im Fall mildernder Umstände kann die Gefängnisstrafe oder die Festungshaft bis auf eine Woche ermäßigt werden. Die Verfolgung verjährt in sechs Monaten. Außerdem wurde der 8 95 Absatz 2 StGB, dahin abgeändert, daß im Falle oer Verurteilung die durch öffentliche Wahl er worbenen Rechte nicht mehr aberkannt werden dürfen. * Zwischen der preuß. Regierung und der konservativen Partei im Abgeordneten- Hause ist bezüglich der Polenvorlage folgendes Übereinkommen getroffen worden. Die Regierung verzichtet auf die allgemeine Ent eignungsbefugnis für Posen und Westpreußen und erklärt sich mit deren Beschränkung auf be stimmte Bezirke einverstanden. Der Bezirk in Westpreußen dürfte etwa 12 OM Hektar, der jenige in Posen (und zwar ausschließlich im Regierungsbezirk Bromberg) etwa 45 000 Hektar nicht übersteigen. Ferner ist man bereit, entsprechend dem geringeren Rahmen, den die Enteignung demnach enthalten soll, die im Eni- wurf geforderten Summen herabzusetzen, so daß im ganzen statt wie bisher 400 Millionen nur 275 Millionen gefordert werden sollen. Wie eS heißt, soll jetzt der deutsche Staats sekretär des Auswärtigen v. Schön Spanien und Frankreich Vorschläge unterbreitet haben, die eine Beschleunigung dieser Angelegenheit ermöglichen. — Die Einrichtung der marok kanischen Polizei macht nach wie vor noch große Schwierigkeiten. Ein hervorragender spanischer Politiker hat zu dieser Frage ge äußert, man werde zunächst treu dem Buch staben der Algeciras-Akte marokkanische Sol daten verwenden. Sehr bald aber werde sich die Unmöglichkeit, dieser Truppe den erforder lichen Sinn für Disziplin beizubringen, klar herausstellen. Die Offiziere würden sich von Verrat umlauert sehen, so daß in absehbarer Zeit die Mächte Frankreich und Spanien mit der Schaffung eines den Bedürfnissen wirk lich entsprechenden und lediglich in dieser Rück sicht zusammenzustellenden Polizerkorps betrauen dürften. Aus dem keiebstage. Der Reichstag trat am Donnerstag in die erste Beratung der Novelle zum Börsengesetz ein, die durch eine Rede des Preuß. HandelSministers Delbrück eingeleitet wurde. Die letzte Börsengesetz- resorm habe Fiasko gemacht, sie habe das unmora lische Börsenspiel nicht beseitigen können, und habe schließlich deutsches Kapital geradezu ins Ausland gedrängt. Nach einer Übersicht über die Bestim mungen des neuen Entwurfs schloß der Minister mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß alle Parteien an einer Verständigung in dieser schwierigen Lage Mitarbeiten möchten. Aba. Semler (wildlib.) legte gleichfalls dar, daß die Bestimmungen de- bisherigen Gesetzes die deutsche Börse in ihrer Entwickelung sehr gehemmt hätten, und vertrat die Ansicht, daß ein beschränkter Terminhandel in Getreide auch der Landwirtschaft Nutzen bringe. Für alle andern Waren und Papiere verlangte der Redner unein geschränkte Freiheit. Abg. Bitter (Zentr.) setzte jede Spekulation auf eine Stufe mit dem Spiel, nannte den Terminhandel den Ausgangspunkt betrügerischer Handlungen und will deshalb ein Verbot sowohl für Getreide und Mühlensabrikate wie auch für Montanwerte. Der nächste Redner sollte Abg. Graf Kanitz (konf.) sein. Ec mußte jedoch schon nach wenigen Minuten seine Rede abbrechen, da er plötz lich auf seinen Stuhl zurücksank und ohnmächtig aus dem Saal getragen wurde. Abg. Kämpf knüpfte an diesen bedauerlichen Zwischenfall an und gab der Hoffnung Ausdruck, daß Graf Kanitz sich bald wieder erholen möchte. Dann schilderte Redner die Schäden, die der gesamten Volkswirtschaft durch das bestehende Börsengesetz zugefügt worden seien. Das Geld sei verteuert worden, die kleinen Existenzen im Bankgewerbs seien vernichtet, und die großen seien noch größer geworden. Abg. Arendt (freik.) sprach über die WährungSfrage und Abg. Mommsen (freis. Vgg.) wünschte die möglichst schnelle Durch beratung des Entwurfs. Am 13. d. wird die erste Beratung über das Börsengesetz fortgesetzt. Abg. Singer (soz.): Die Vorlage bedeutet vollständige Preisgabe des Gesetzes von 1896. Die Regierung hat auch jetzt wieder halbe Arbeit ge macht; sie kann sich immer noch nicht von den Agrariern losmachen, sie macht wie ein Taschen krebs einen Schritt, nach links und drei nach rechts. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt für uns in Z SO, der von dem Verbot des Börsentermin- geschäfteS in Getreide und Mühlenfabrikaten handelt. Der Terminhandel in diesen Waren ist unsres Er achtens notwendiger als der Terminhandel in Effekten, da er von großer Bedeutung für die Wohlfahrt des Volkes ist. Die Börse ist unter den gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnissen eine Notwendigkeit. Unser definitives Verhalten der Vorlage gegenüber wird sich aus der Kommissions- beratung ergeben. Abg. Böhme (wirtsch. Vgg.): Auch wir stimmen für Kommisstonsberatung, wenn unsre Hoffnung auch nur gering ist, daß aus diesem Gesetze etwas wird. Schon lange vor dem Bestehen der Verbots des Termingeschäfts in Getreide hat eS an der Börse Treibereien in den Getreidepreisen gegeben, wie sie später nicht mehr vorgekommen sind. Des halb ist eS leere Redensart, wenn davon gesprochen wird, daß das Verbot des Terminhandels in Ge treide gegen die Interessen der breiten Massen des Volkes sei. Von einer Knebelung der Börse ist auch keine Rede. Die Spekulation bekämpfen wir, weil sie im allgemeinen unsittlich ist. Wir werden dem Gesetze vorurteilsfrei entgegentreten. Abg. v. Saß-JaworSki (Pole) führt aus, daß man bei dem Entwurf die Interessen der Land wirtschaft berücksichtigen und den Auswüchsen der Börse entgegentreten müsse. Abg. Hahn (B. d. L.): Leider hat Graf Kanitz als FraktionSrebner der Deutsch-Konservativen in folge seines Unwohlseins seine Rede nicht zu Ende führen können. Wenn ich an Stelle des Grasen Kanitz das Wort nehme, so muß ich sagen: Die Äußerungen der Börsenzeitungen und der der Börse nahestehenden Abgeordneten könnten die Ansicht auf kommen lassen, als ob das Börsengesetz von 1896 unserm Wirtschaftsleben die tiefsten Wunden ge schlagen hätte. Man könnte fast für die armen notleidenden Börsianer sammeln. Trotz des Börsen gesetzes haben wir einen glänzenden wirtschaftlichen Aufschwung namentlich auf dem Gebiete der In dustrie gehabt, die Arbeitslöhne sind gestiegen, die Börse hat außerordentlich verdient und die Banken haben hohe Dividenden gezahlt. Die Aussaugung der kleinen Banken steht in keiner Beziehung zu dem Börsengesetz von 1896. Die Land wirtschaft hat von demselben insofern Nutzen gehabt, als die Preisbildung des Getreides stetiger wurde. Redner belegt dies msi zahlreichen Bei spielen. Auch die Zahl der Börsenbesucher hat zu genommen. Die Börse ist also unter dem Gesetze sehr gut gediehen. In dem Augenblick, in dem die Termingeschäfte eingeführt werden, machen die In haber der großen Privatbanken den Kurs, und das große Publikum wird über den Löffel barbiert. Ich persönlich bin gegen die Aushebung des Termin- handelS. Wir verurteilen alle bas Spiel, aber wer dabei den andern noch betrügt, wird doppelt ver achtet. Wir wollen auch künftig die Bestimmungen des Gesetzes betr. den Diffcrenzhandel so gestalten, daß nicht der rücksichtslose Schlaue das Privileg er hält, Unerfahrene und Leichtgläubige oder auch Leichtsinnige auszuplündern. Auch heute noch blüht der Terminhandel in Getreide und Mühlensabri- katen in Berlin trotz des Verbotes. Nicht scharf genug ist daher die Fassung der neuen Vorlage, nach der dieser Terminhandel auch ferner verboten bleibt. Unterscheiden muß man aber doch zwischen Terminhandel auf Lieferung und Differenz. Der Landwirt ist oftmals genötigt, ein Geschäft auf Lieferung abzuschließen. Ich beantrage Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 28 Mit gliedern. Abg. Dsve (frs. Vgg.): Die Entwickelung der Börse hat gezeigt, daß sie von eminenter Wichtig keit für das ganze StaatSleben ist. Die Klagbar keit der Differenzgeschäste ist von außerordentlicher Bedeutung und ein großer Fortschritt gegenüber dem bisherigen Gesetz. Wenn mit der Börse von New Jork hier operiert wird, so muß doch bedacht werden, daß da kein Terminhandel besteht. Wenn Abg. Arendt über alle möglichen Mißstände aus dem Wirtschaftsmarkt klagte, so wollen wir ja gerade durch diese Novelle die Mißstände beseitigen. Wir wollen die Nachteile der alten Bösengesetz gebung beseitigen und die Börse zum Wettbewerb auf dem Weltmarkt zum Segen des Vaterlandes ge eignet machen. Abg. Zimmermann (Reform».): Die Ver leitung zum Börsenspiel muß gesetzlich bekämpft und der Schwache und NichtunterriHtete geschützt werden. Wir sind für Kommissionsberatuug, wenn wir auch schwere Bedenken gegen dieses Gesetz haben. Ein Zu geständnis an den Liberalismus vermag ich nicht in der Bekämpfung der Börsenzustände zu erkennen. Einen so schnellen Gesinnungswechsel wie die National liberalen machen wir nicht mit. Hiermit schließt die Diskussion. Der Entwurf wird an eine Kommission von 28 Mitgliedern über wiesen. ES folgt die erste Beratung deS Gesetzentwurfs betr. die Erleichterung des Wechselprotestes. Der Entwurf geht nach kurzer Debatte an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Hierauf vertagt sich das HauS auf Mittwoch, 8. Januar. Präsident Graf Stolberg erbittet und erhält die Ermächtigung, dem Fürsten zu In- und Knhp- hausen zu seinem 80. Geburtstage die Glückwünsche des Hauses darzubringen, und schließt die Sitzung, indem er allen Mitgliedern des Hauses ein ver gnügtes Weihnachtsfest und glückliches neue» Jahr wünscht. Von stab und fern. Zur Bekämpfung der Schlafkrankheit. Die zweite internationale Konferenz zur Be kämpfung der Schlafkrankheit wird am 9. Januar 1908 in London zusammentreten. Die erste im Sommer d. abgehaltene Konferenz verlief fast ergebnislos, wen die Mitglieder der Konferenz mangels eigener Erfahrung kein tatsächliches Material beibringen konnten. Bon der im nächsten Januar tagenden Konferenz verspricht man sich dagegen wirklichen praktischen Nutzen, weil diesmal Robert Koch in der Lage sein wird, seine in Afrika gewonnenen Erfahrungen dell Beratungen zugrunde zu legen. K In goläenen ketten. 8) Roman von F. Suta u. Forts-düng.) „Kurt, o Kurt I* stöhnte Leska aust „Ach hätte « wenigstens das nicht getan und seine Karriere wegen mir aufgegeben l* Darum also war er die ganze Zeit über unsichtbar gewesen. Und nun würde er kommen und sein Recht von ihr fordern, von ihr, an die er so fest geglaubt und die ihm doch untreu ge worden war. Deutlich sah sie ihn vor sich, die schönen Augen vorwurfsvoll, zürnend auf sie gerichtet. Wird er sie je vergessen können, und sie ihn? Sie starrte in das Dunkel hinaus, und nun stieg es wie eine Vision vor ihr auf: Sie sah sich selbst, aber sie war nicht mehr daS unerfahrene Mädchen, son dern ein welterfahrenes Weib, über dem GebirgSkamm mit seinen dunklen Tannen flimmerte daS Mondlicht, langsam klomm dieses Weib den steilen Weg empor, leichenblaß und fast irren Blickes, es wollte seinem Schicksal entfliehen und vermochte es doch nicht. Dort unten am Fuße des Berges stand aber ein Haus, die Fenster waren geöffnet, eine Stimme tönte aus dem Hause, ein Lied wurde gesungen, eine langsame, getragene todestraurige Melodie, einzelne Akkorde wurden dazu auf der Harfe angeschlagen. Sie. die ihrem Schicksal entrinnen wollte, sie blieb wie gebannt stehen und lauschte dem Gesang. Und was sie da vernahm, es war ihr Schicksalslied: „So heiß und stumm, so trübe, Und sternlos war die Nachl, So ganz wie ihre Liebe Zu Tränen nur gemacht.* Was sollten diese Bilder, diese Schicksals stimmen ? Leskas Schicksal hatte sich ja längst erfüllt. Sie wurde binnen kurzem die Frau deS reichen Mannes, die Not des Lebens würde nie mehr an sie herantreten, auch nicht an ihre Mutter, nicht an ihre Schwestern. Und wenn sie ein Opfer gebracht hatte, so war der Erfolg des Opfers wert. Das würde auch Adloff ein sehen, wenn er Genaueres davon erfahren würde. So suchte sich Leska allmählich zur Ruhe und klaren Fassung durchzuringen. Nebenan plauderten ruhig ihre Schwestern. „Die Martina scheint wirklich noch auf ihren Kandidaten zu hoffen,* sagte Klara soeben. „Hast du ihr seliges Gesicht gesehen, als sie die Bohne erhielt?" „Die sollte doch ja Lehrerin bleiben,* ver setzte Erna. „Was wartet denn ihrer, wenn sie wirklich nach vier oder fünf Jahren seine Frau wird? Arbeit, Sorgen, womöglich alle Jahr ein kleines Kind. Welch andre Zukunst blüht da Leska. Freilich, wenn sie ihren Leutnant nicht vergessen kann, ist es auch kein vollkommenes Glück.* Vollkommenes Glück! Leska lächelte bitter, als sie das Wort in Beziehung auf sich ver nahm. Nein, mit dem echten und vollkommenen Glück hatte sie nichts mehr zu schaffen. Hätte sie eS festzuhalten verstanden, dann würde es heute wie lauter Jubel durch ihre Seele ziehen, voll Liebe und Sehnsucht würde sie auf das Wiedersehen mit dem geliebten Mann, der ihr «in so großes Opfer gebracht, harren. Aber nun war alles ganz anders, das Glück ver band sich bei ihr trotz aller Beschwichtigungs versuche mit einer Schuld an eines andem Unglück. Die Mutier rief Leska jetzt. Sie trat in den noch hell erleuchteten Salon. „Aber LeSka, noch im seidenen Gewand!* sagte Klara und blickte prüfend in daS blasse, traurige Gesicht der Schwester. „Sie hat wohl da nebenan im Dunkeln ihrer schönen ersten Liebe nachgeweint,* sagte sie sich, „aber das ist nun einmal nicht anders im Leben! Die meisten Mädchen können sich solchen GesühISluxuS nicht erlauben, die müssen beizeiten ihr Herz zum Schweigen bringen.* 7. Am nächsten Tage hielt Leska einen Brief von Adloff in den zitternden Händen. Adloff hatte sich erst auf einem Kommando auf der Schießschule befunden und in der letzten Zeit hatte er sich nach L. zur Steuer begeben. Er hatte deshalb von den Vorgängen im Hause der Frau Rat noch keine Ahnung. „Nun darf ich kommen, um Dich werben, mein Lieb, alles ist geordnet!* schrieb er. „Vor läufig bin ich zwar nur Steuerassistent, aber ich hoffe eS bald weiterzubringen und dann, dann werden wir uns angehören. O, des Glücks, des übermächtigen! Ich vermag eS garnicht auszudenken, man könnte den Neid der Götter fürchten. Denke nicht, daß ich Dir ein Opfer gebracht mit dem Aufgeben meiner Karriere. Das Leben eines Offiziers ohne Vermögen bleibt immer, man mag sagen, waS «an will, ein glänzendes Elend, besonders, wenn die Naturanlage eine etwas ideale ist. Ohne Liebe, nur des Geldes wegen mich um ein Mädchen bewerben, wie so viele meiner Kameraden, daS hätte ich nie gekonnt. Dich siebe ich! Um Dich werbe ich und hoffentlich nicht vergebens. Heute abend gedenke ich nach M. aufzu brechen, und morgen, bald nachdem Du den Brief empfangen, hoffe ich in Deine lieben, braunen Augen zu schauen, mein Schicksal darin zu leien. Es muß ein freundliches sein, Deine Augen können nicht lügen, und sie haben mir Liebe geleuchtet.' Leska taumelte bei dem Lesen des Briefes wie ohnmächtig nach einem Stuhle. „Was soll ich beginnen! O Gott im Himmel, waS tue ich!* murmelten ihre bleichen Lippen und sie starrte verzweifelt auf den Brief. Sie hatte sich mit demselben in daS kleine Hinterzimmer geflüchtet, wo sie am vergangenen Abend gesessen. Noch wußte niemand etwas von dem Briefe. Sie war die erste heute am Briefkasten gewesen, und eS sollten auch keine andem Augen je auf diesen Zeilen ruhen. ES wäre ihr dies wie eine Entweihung erschienen. Es war der erste Liebesbrief von Adloff! Wie glücklich pflegen sonst Mädchenaugen darauf zu blicken! Die Augen Leskas waren aber bei dem Lesen des Briefes von Tränen verschleimt. „Was soll ich tun? Was soll ich tun?* so fragte sie sich immer wieder und immer wieder von neuem. Irgend etwas mußte doch ge» schehen. Kommen durfte Adloff doch nie und nimmer. Das wäre zu schrecklich. Wenn sie ihm nur ein« Botschaft s«nd«n könnt«! Ab«
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