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Meyer S- Jessen, Berlin SW. 11 Der arnik Mann im Porkmburg Am Tag vom 30. Oktober schreibt Julius Hart: Adolf Wilbrandt heißen Dank, daß er uns das alte köstliche Buch des Mi Braeker neu wieder heraus gegeben hat. Wilbrandt sagt wirklich nicht zu viel von ihm, wenn er diesen Mi Braeker ein Phänomen, einen Einzigen, Llnvergleichlichen nennt. In diesem Buche, das zum ersten Male im Nevolutionsjahre 1789 erschien, lacht die Sonne und die Erde, singt seinen Triumphgesang das Leben, welches mühselig, schwer und voller Elend und Arbeit ist und dennoch ein Schatz und höchster Gewinn. Eine Kunst, die ganz und gar Natur ist, Naturalismus in seiner tiefsten Innerlich keit, und eine Lebenskunst, Kunst zu leben, hat dieses Buch geschaffen. Wenn sie ganz und gar nichts erfindet, um so reiner und tiefer schöpft sie aus dem Erlebnis. Mi Braeker erzählt uns wunderbar treuherzig die Geschichte seines Lebens, die Geschichte eines blutarmen Volkspoeten aus dem niedrigsten Volke, wie er als Gaisbub im Lande Toggenburg auf den Schweizer Bergen haust, wie er liebt und heiratet und an der Seite einer ewig keifenden Ehegesponsin mit Gott, der Natur und mit der Kunst in höchster seliger Vereinigung lebt — und dieses Dasein in der gröbsten Alltäglichkeit, Niedrigkeit und Armut wird doch zum wundervollsten Gedicht, zu einem Hymnus, so schön wie der des Franziskus von Assisi. Eine der entzückendsten Stellen des Buches ist die so ganz phrasenlose Schilderung der Schlacht von Lowositz, die Mi Braeker als preußischer Soldat mitmacht. Wie die Soldaten des alten Fritz, das Herz in den Hosen, große Heldentaten verrichten, nur die eine Sehnsucht haben, auszureißen, und dann doch plötzlich mitten in den Kugeln stehen, wie Mi Braeker, listig und schlau, im rechten Augenblick zu desertieren weiß — das ist ein herrliches „I^ikul bumani a me alienum puto". Dieses echte Kind des Volkes, das gar kein Held sein will, hat doch gerade damit ein rechtes und echtes Heldengedicht des Lebens geschrieben, und in einer urwüchsigen Sprache, in welcher die Natur blüht und duftet — zu der wir uns immer wieder aus unserer Bücher- und Schulsprache hin retten müssen, wenn wir zu den Mquellen sprachlichen Lebens und sprachlicher Kunst hingelangen wollen. Berliner Tageblatt vom 29. Oktober (Johannes Trojan). Ein wirklicher Dichter, sagt Wilbrandt mit Recht, hat dies Buch geschrieben, aus dem Herzen heraus mit einer Lebendigkeit und mit einem natürlichen Humor, der entzückend wirkt. Dazu verleiht die schweizerisch-mundartliche Färbung der Sprache einen besonderen Reiz. Das Buch mutet an wie ein frischer Bergquell, der aus Felsgestein hervorspringt.