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Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190706262
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19070626
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1907
-
Monat
1907-06
- Tag 1907-06-26
-
Monat
1907-06
-
Jahr
1907
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1907
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politische b^unälebau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm hat an denLord- Mayor von London ein Telegramm gesandt, in dem der Monarch die englischen Gäste zu ihrem Aufenthalt in Potsdam (am 20. d.) will kommen heißt. Die englischen Gäste haben sich nach längerem Aufenthalt in der Reichshaupt stadt wieder nach London begeben. * Der Bundesrat hat dem Ausschuß bericht, betr. den Entwurf eines Gesetzes über die Erleichterung des Wechselprotestes, zu gestimmt. * Gerüchtweise verlautet, der deutsche Bot schafter in Washington, Speck v. Sternburg, werde demnächst von seinem Posten abberufen werden. * Neuerdings haben sich wiederum eine An zahl der hervorragendsten Handelskammern des rheinisch-westfälischen Reviers gegen die Ab haltung einer Weitaus st ellung in Berlin im Jahre 1913 ausgesprochen. Der Plan kann nun wohl als endgültig gescheitert angesehen werden. *Um die Bekleidung der deutschen Trupven den modernen Anforderungen ent sprechend zu gestalten, soll nach einer neuen Verordnung bei allen Waffengattungen — mit Ausnahme der Kürassiere — im Mobil machungsfalle das weiße Lederzeug geschwärzt werden. * Aus Deutsch-Südwestafrika wird amtlich gemeldet: Am 11. d. zersprengte Haupt mann Doerschlag mit einer Kompanie eine Werft Feldschuhträger im östlichen Groß-Namaland, wobei Unterkapitän Elias Isaak und ein Vormann von der Bande Simon Koppers fielen und zwei Mann gefangen genommen wurden. Vfterreich-Un garn. * Eine Abordnung des Allgemeinen österrei chischen Frauenvereins überreichte dem Reichs rat zwei Petittonen. Die erste fordert das allgemeine Frauenstimmrecht, da die Frauen zum großen Teile erwerbstätig sind, und die Männer ihre Interessen nur mangelhaft vertreten. Die zweite Petition fordert, daß das Verbot der Teilnahme von Frauen an politischen Vereinen aufgehoben werde. Frankreich. * Präsident Falliöres hat die zu Ehren des Königs von Siam angesetzten Fest lichkeiten mit dessen Einverständnis wegen der Vorkommnisse in den Weinbaubezirken verschoben. * Der Winzeraufstandhat nunmehr die Ausdehnung und das Weien einer Revolu tion angenommen. In Perpignan wurde die Präfektur in Brand gesteckt. Während die Soldaten mit den Ruhestörern kämpften, wobei mehrere Personen getötet und viele ver wundet wurden, warf der Oberst des zur Ruhestiftung kommandierten Regiments sein Käppi zur Erde und reichte telegraphisch seinen Abschied ein. In Montpellier wurde von einer großen Volksmenge die Markt halle geplündert. In diesen Stunden ernster Gefahr, da sich der ganze Süden der Republik in offenem Aufruhr be findet, muß die Regierung die Erfahrung machen, daß sie sich nicht auf das Militär ver lassen kann. Das 17. Infanterie-Regiment, das von Böziers nach Agde wegen Unbotmäßigkeit straf versetztworden war, verließ eigenmächtig seine neue Garnison und kehrte nach Böziers zurück. Als sie in der Kaserne des 81. Linien-Regiments nicht die erbetene Aufnahme fanden, ersuchten sie den Unterpräfekten, dem Ministerpräsidenten mitzuteilen, daß sie bereit wären, nach Agde zurückzukehren unter der Bedingung, daß keine Disziplinarmaßregeln gegen sie ergriffen wür den. Darauf baten sie, ihre frühere Kaserne in Veziers beziehen zu dürfen. Der Minister präsident ließ ihnen unverzüglich antworten, daß er es ablehne, mit ihnen zu unterhandeln und auf keinerlei Bedingung eingehe. Die Zahl der Meuternden beträgt 600. Glücklicher weise kann sich das Ministerium, das nunmehr zu den ernstesten Maßregeln entschlossen ist, auf bis Mehrheit der Kammer stützen, die mit I 227 gegen 223 Stimmen der Regierung das Vertrauen aussprach, sie werde die Achtung vor dem Gesetz und den Frieden im Lande sichern. Der frühere Minister Millerand forderte den Rücktritt des Kabinetts. England. *Jm Unterhause führte in Beantwortung einer Anfrage wegen der Haltung der Regie rung bezüglich der Instruktionen der englischen Vertreter hinsichtlich der Unverletzlichkeit des Privateigentums zur See Staats sekretär Grey aus, er könne hierüber keine Er klärung abgeben. Die Frage würde zweifellos auf der Konferenz im Haag behandelt werden. Es sei aber nicht wünschenswert, dieser Beratung durch eine Erklärung einzelner Regierungen vor zugreifen. Luxemburg. *Jn der luxemburgischen Kammer wurde der Entwurfs des Gesetzes beraten, durch das dem Familienstatut des Großherzogs betr. die Erbfolge Gesetzeskraft verliehen wird. Der Staatsminister Eyschen wandte sich in seinen Ausführungen gegen ein Protest-Tele gramm des Grafen von Merenberg. Di; Ent scheidung der Kammer wird demnächst veröffent licht werden. Italien. *Jn Neapel haben die Streik unruhen ihren Höhepunkt erreicht. Wieder holt wurden die Straßenbahnwagen von den Streikenden aufgehalten und aus dem Gleise gehoben. Die Kavallerie weigerte sich, den Befehl, in die Menge hineinzureiten, auszu führen. Erst als Matrosen und Feuerwehrleute erschienen, gelang es, die Ruhestörer zu zerstreuen. Die Behörden sind jetzt bemüht, um weitere Unruhen zu vermeiden, eine Verständigung herbeizuführen. Holland. * Der Antrag, den D euts chl an d auf der Haager Konferenz gestellt hat, ein inter nationales Oberprisengericht ein zusetzen, wird u. a. von der norwegischen Dele gation energisch unterstützt werden, weil die nor wegische Regierung schon zu Beginn dieses Jahres eine Note an die russische Regierung gesandt hat des Inhalts, diese Frage, die dem Schiedsgericht eine neue Entwickelung gäbe, möchte auf der Konferenz verhandelt werden. Der Antrag der deutschen Delegierten soll übrigens, wie amtlich gemeldet wird, auch die lebhafte Zustimmung der englischen Delegierten gefunden haben, wobei bemerkt werden muß, daß England von vornherein erklärt hat, auf eine Beschränkung des Seebeuterechts nicht eingehen zu wollen. Der amerikanische Delegierte Porter wird nun doch im Laufe der Verhandlungen einen Antrag betr. Begren zung der Rüstungen einbringen. Wie ver lautet, soll diese Frage dann einer besonderen Kommission überwiesen werden, die bis zur nächsten Konferenz die Frage vorbereiten soll. Norwegen. * Ein von der Regierung beim Storthing eingebrachter Vorschlag, dem Könige das ihm bisher fehlende Recht der Auflösung des Storthings und der Ausschreibung neuer Wahlen zuznweisen, ist nur von einem einzigen Mitgliede des sogenannten „Konstttuttonsaus- schusses" empfohlen worden, hatte somit keine Aussicht, vom Storthing angenommen zu werden. Die Regierung hat sich daher bereit erklärt, ihren Vorschlag zurückzuziehen. Portugal. * Die Bewegung im ganzen Lande nimmt bedrohliche Ausdehnung an. An verschiedenen Orten, darunter inOporto und Lissabon, kam es abermals zu heftigen Straß en- kämpfen, wobei eine Anzahl Personen ge tötet und viele verwundet wurden. Der durch einen Steinwurf erheblich verwundete Minister präsident Franco droht nunmehr die Ver hängung des Belagerungszustandes an. Der König erklärte, keine Abordnungen der Bürger mehr empfangen zu wollen, ehe nicht die Ruhe wieder völlig hergestellt sei. Die Lage ist sehr ernst. Ruhland. * Die Folgen derAuflösung der zweiten Duma machen sich im Zarenreiche jetzt nach i rd nach bemerkbar. Aus vielen Orten kommen 8^.7 hrichten von Meutereien, die in Odessa so -ernst gewesen sind, daß alle Schiffe der Schwarzmeerflotte entwaffnet worden sind. Auch in verschiedenen Jnfanterieregimentern kam es zu Gehorsamsverweigerungen. Unterdessen dauern die Verhaftungen an. Wer sich an einem Auf lauf, an einem Streik oder an irgend einer Kundgebung beteiligt, wird aus Gründen der Staatssicherheit „bis auf weiteres" verhaftet. Die Gefängnisse sind infolgedessen überfüllt. Balkanstaaten. *Die außerordentliche Tagung des rumä nischen Parlaments ist mit einer vom Ministerpräsidenten Sturdza verlesenen Thron rede eröffnet worden. Die Regierung verspricht Abstellung der im letzten Jahre zutage ge tretenen übelstände in der Bauernfrage und kündigt eine neue Heeresvorlage an. Allen. * Aus der Mandschurei wird gemeldet, daß Tichungtschusen einen Angriff auf die in der Nähe der Station Aschische gelegene Eisenbahn brücke gemacht haben, jedoch von der Grenz wache zurückgeschlagen wurden. Der Eisenbahn verkehr wurde nicht behindert. Oer neue Oreibunä. Allgemein wird die Auffassung vertreten, es handle sich bei dem neuen Abkommen zwischen England, Frankreich und Spanien, die Inter essen jener Länder im Mittelmeer und im Atlantischen Ozean betreffend, um Sicherung eigenen Interesses. Man glaubt nicht, daß das Abkommen seine Spitze gegen eine andre Macht richtet. Immerhin muß man mit allerhand unvorhergesehenen Möglichkeiten rechnen. So schreibt auch die ,N. Fr. Pr.' in Wien: Der Abschluß eines solchen Vertrages setzt Miß trauen voraus und ist kein wohlklingendes Präludium zur Friedensversammlung. Wirk samer als alle schiedsrichterlichen Institutionen ist das Vertrauen, und in London, Paris rind Madrid wird ein Akt vollzogen, der, da er als Defensivmaßregel auftritt, von der öffentlichen Meinung der drei Länder nicht anders aus gelegt werden kann, als daß Deutschland, Italien und die Ver. Staaten kein Vertrauen verdienen; weder Deutschland noch Italien denken daran, die Kanarischen Inseln oder die Balearen zu besetzen; und was die Ver. Staaten betrifft, so liegt auch kein Anlaß vor, anzunehmen, daß sie plötzlich neuerdings über Spanien herzufallen gedenken. Wenn diese neuen Bürgschaftsverträge nur enthalten, was bekannt gegeben wird, so sind sie vor allem auf der englischen so bequemen Legende von der unersättlichen Eroberungslust Deutschlands aufgebaut, und sollen an ihr weiter schaffen. Sie sollen aber Deutschland überhaupt hindern, sich zu bewegen. Glauben denn die franzö sischen Diplomaten ernstlich, daß Deutschland sich im Mittelländischen Meere zu schlagen gedächte? Wenn Frankreich seinen Verkehr mit Korsika, Algerien und Tunesien durch den Vertrag gesichert wissen will, so kann nur eine Mittelmeermacht, also Italien, als Feind ge dacht werden, und Italien ist der Feind, nur wenn es entweder selbst von Frankreich ange griffen wird, oder wenn es als Alliierter des von Frankreich angegriffenen Deutschlands seine Bundespflicht zu erfüllen hat. Der Vertrag ist als Defensivvertrag zum wenigsten überflüssig. Da aber dieses Werk einen Sinn haben muß, so kann es nur der sein, im Falle einer Differenz über Interessen im Mittelländischen oder Atlantischen Meere das Übergewicht von vornherein den drei europäischen Westmächten zu sichern. Damit ist eigentlich auch der Ver trag von Algeciras nur noch von dem guten Willen dieser drei, oder genauer Englands und Frankreichs, abhängig gemacht. Wenn aus dem unsicheren Bau des marokkanischen Reiches noch mehr Steine herausfallen, so können sehr schwierige Fragen auftauchen, und dann werden innerhalb des Kreises der Staaten des Ver trages von Algeciras England, Frankreich und Spanien ihren Willen durchsetzen können. Es ist ähnlich wie in Ostasien, wo jetzt England, Frankreich und Japan bei jeder Gelegenheit ge meinsam aufrücken werden. Unmöglich aber kann es dem allgemeinen Ruhegefühl zugute kommen, wenn in den für alle handeltreibenden Staaten wichtigen Fragen von vornherein eine Majorität geschaffen ist, wogegen die andern tatsächlich ohnmächtig sind. Deutschland ist nur darum am meisten getroffen, weil es von Eng land und Frankreich nicht nur als der stärkste wirtschaftliche, sondern auch als ein politischer Gegner betrachtet wird. Spanien ist Englands und Frankreichs Gefolgsmann geworden. Deutsch land soll lahmgelegt werden und daran denken, daß im Falle eines Konflikts Italien nicht wagen dürste, ihm zur See beizustehen. Das wird eine Friedensgarantie mehr genannt. Da fragt man sich wieder, wie sich die Schwärmerei für eine Begrenzung der Rüstungen mit den Vermehmngen der gerüsteten Ententen verträgt. wab unct fern. X Ein Unfall des Prinz-Regenten von Bayern, der glücklicherweise ohne irgend welchen Schaden verlief, ereignete sich gelegent lich des letzten Pferds-Rennens in Riem. Als der greise Regent vor dem dritten Rennen, dem „Dornach-Handikap", in dem Prinz Ludwig ein Pferd laufen ließ, die Zielrichtertribüne be stiegen hatte, um das Feld bester zu übersehen, brach der Feldstuhl, aus dem der Regent saß, plötzlich zusammen, wodurch der Regent zu Fall kam; er wurde aber sofort von dem hinzu- sprinaenden Prinzen Ludwig gestützt. Der betreffende Stuhl erwies sich als ein altes, wurmstichiges Möbel, mit dessen Haltbarkeit es offensichtlich nicht weit her war. Die Komitee- Herren beeilten sich nun, dem Regenten einen zweiten, ebensowenig vertrauenerweckenden Stuhl anzubieten, doch der Regent bedankte sich freundlichst dafür und ließ durch seinen Leib jäger einen haltbaren Stuhl herbeischaffen, auf dem er sich niederließ, da der Start fast ^4 Stunden in Anspruch nahm und der greise Landesfürst von dem langen Stehen er müdet war. Die deutsche Expedition zur Er- forschnny der Schlafkrankheit, unter Leitung des Professors Dr. R. Koch, wird voraussicht lich erst zu Ende des laufenden Jahres zum Abschluß gelangen. Dr. Koch wird deshalb auch nicht an dem 14. Internationalen Kongreß für Gesundheitslehre teilnehmen, der in den Tagen vom 23. bis 29. September d. in Berlin abgehalten werden soll. Aus dessen Programm steht ebenfalls die Schlafkrankheit. - Ein folgenschwerer Zusammenbruch eines Bankrans, bei dem drei Personen schwer verletzt wurden, ereignete sich aus dem Bauplatz des Neuen Operetten-Theaters am Schisfbauerdamm in Berlin. Infolge ungenügender Verankerung der Stützen des Krans mit dem Mauerwerk schlug der im Aufbau befindliche elektrische, Pier Stockwerk hohe Baukran um, fiel quer über die Straße und mit der Spitze in die Spree, unter seiner Last zwei Arbeiter und eine Droschke mit Führer und Pferd be grabend. ' Bezahlung einer alten Schuld. In den Jahren 1813 und 1814 lieferte Lübeck zahlreiche Lebensmittel für das schwedische Heer. Diese Aufwendungen wurden in dem Übereinkommen vom 3. April 1815 auf 50 000 rheinische Gulden geschätzt, welche Summe Schweden an Lübeck zahlen sollte. In einem späteren Handels- und Schifsahrtsvertrage mit Schweden verpflichtete sich indessen Lübeck — so wird der .Germff ge schrieben — so lange die Schuld nicht einzu fordern, als dieser Vertrag Rechtskraft besitzt. Da nun jetzt Schweden und Deutschland einen Handelsvertrag abgeschlossen haben, so ist der alte Vertrag mit Lübeck aufgehoben. Die schwedische Regierung hat jetzt auch die Staats kasse angewiesen, die Schuld zu tilgen. Lübeck wird etwa 35 000 Mk. erhalten. Mus Typhusepidemie ist in der Kaserne des 161. Infanterieregiments in Trier aus gebrochen. Eine ganze Anzahl typhusverdächtig erkrankter Personen wurde ins Lazarett ein geliefert. K Gestörtes Glück. 21 j Kriminalroman von A. v. Trystedt. (Fortsetzung.) „Ms bald darauf ein im nahen Gehölz ver borgen arbeitender Bauer verwundert den einen der Burschen im Master „gehen* sah, wie der Bauer das Wassertreten Brieses nannte, traute er kaum seinen Augen; der Mann wußte nämlich, daß die Stelle, wo der im Master „Gehende* sich bewegte, eine beträchtliche Tiefe hatte. Von Briese auf das Ungefährliche der Stelle hingewiesen, folgte Nolle, der kein Schwimmer war, alsbald jenem in den Fluß, wo er bald uutersank und von Briese nach einigen Minuten — als Leiche ans Land getragen wurde. Der entsetzt herbeigeeilte Bauer, der ans der Ferne alles mit angesehen hatte, ahnte wohl, daß hier wahrscheinlich ein Verbrechen begangen war, hütete sich aber, seine Vermutung laut auszusprechen, da er sie nicht zu beweisen vermochte. Mit seiner Hilfe wurde Briese — wohlge merkt Briese, nicht Nolle — als der Ertrunkene ins nächste Dorf gebracht und im Gemeinde hause niedergelegt. Briese, der Nolles Klei dungsstücke und Legitimationspapiere an sich ge nommen hatte, erklärte mit frecher Stirn vor dem Orts schützen und dem Gerichtsarzte, daß sein Begleiter, der gewesene Handlungskommis Briese, trotz aller Abmahnungen seinerseits, ihm doch ins Wasser gefolgt sei und daß er nur mit aller Anstrengung sich des Ertrinkenden, der ihn, als er zu besten Rettung herbeigeeilt sei, I immer wieder mit in die Tiefe gezogen hätte, habe erwehren müssen, um nicht selbst zu er trinken. Man glaubte dem Briese Mr allzu bereitwillig. Am nächsten Tage wurde Nolle als Gottlieb Briese beerdigt und Brieses Papiere wurden nach Berlin gesandt; darauf reiste der Ver brecher ungehindert weiter. In dem mit dem wirklichen Briese aufgenommenen Protokoll steht „Gottlieb Briese, Handlungskommis aus Berlin, beim Baden verunglückt", während hier ein mit Überlegung geplanter Mord begangen wurde, wie jetzt jedem Menschen einleuchten muß, wenn er sich den Hergang beim Baden und das Vertauschen der Papiere seitens des Briese überlegt. Der Nutzen für diesen war ein zwei facher: einmal schaffte Briese, der als Hoch stapler Verfolgte, sich die Polizei vom Halse, wenn ausgesprengt würde, er sei beim Baden ertrunken; sodann setzte er sich in den Besitz von gültigen Papieren und einer Summe Geldes, was beides der ermordete Nolle bei sich führte, wie ich ermittelt habe. Die verbrecherische Tat Brieses mutzte, wie dieser ganz richtig be rechnete, unentdeckt bleiben, da von feiten der Verwandten des Nolle keine Nachfragen nach diesem zu fürchten waren; Nolles Eltern waren tot, zwei Geschwister lebten in Amerika. Das alles wußte der Verbrecher. Aus den Briefen seines Opfers sowie aus dessen früheren Ge sprächen hatte er sodann die Vergangenheit des selben erfahren, und da beide fast dieselbe Größe hatten, ja, was der Zufall wollte, beide auf der Wange ein kleines Muttermal trugen, so wurde es Briese leicht, die Rolle des Nolle als Zimmermann und gewesener Soldat weiter zu spielen. Der einzige Sohn der verbrecherischen Tat, ein Bauer, hat mir gestern die Melle, wo Nolle ertrank, gezeigt. Der Fluß ist allerdings an dieser Stelle sehr tief, trotzdem hätte es Briese, da er ein geschickter Schwimmer ist, gelingen müssen, Nolle aus dem Mr mäßig breiten Muffe zu retten, wenn er es beabsichtigt hätte. Aus dem Berichte des Bauern habe ich die unzweifel hafte Gewißheit geschöpft, daß Briese, der Stärkere, den Nolle, sobald dieser wieder an die Oberfläche kam, stets wieder untertauchte. Der Bauer hat das freilich im Protokoll als einen Rettungsversuch des Briese geschildert, da es zweifelhaft war, ob das Ringen der Männer im Wasser nicht doch auch der Rettung Nolles hätte gelten können. Auf diese Aussage hin hat man nun den Mörder unbehelligt ziehen lassen. Mit dem Gelds des Nolle trieb Briese sich eine Zeitlang in hiesiger Gegend umher, bis ihn eine Erkrankung nötigte, das Krankenhaus hierorts aufzusuchen. Als er genesen war, hörte er, daß eine Briesträgerstelle hierorts zu besetzen sei. Vermöge seiner äußerlichen Rüstigkeit, so wie seiner vorzüglichen Militärpapirre erhielt er, als er sich meldete, dieselbe, welche er weniger um ihrer selbst willen, als um in derselben einen wiederum ersonnenen, verbrecherischen Plan zur Ausführung zu bringen, übernahm. Ich habe bereits erwähnt, daß Briese sich mit der Absicht trug, nach Amerika auszuwandern. Hier zu gehört Geld. Solches hatte er nicht; das nächste war, es sich zu beschaffen. Seine Ab ¬ sicht wird gewesen sein, den Beamten im Amte zu bestehlen. Hierzu wollte sich nun so recht keine Gelegenheit bieten, die beiden älteren Be amten mögen ihm von vornherein mißtraut haben. Der dann endlich von ihm bestohlen« Herr Fokmer hatte bei Nolles — ich will ihm noch einmal den Gefallen tun und ihn so nennen — Eintritt in den Postdienst noch keine Be fassung mit Geldgeschäften, weswegen Nolle mit der Magd des Herrn Postdirektors ein Verhältnis an- knüpste, um dieser die ersparten paar Tausend Mark abzuschwindeln. Das mißlang aber ebenfalls. i Da wurde Herr Fokmer plötzlich auch zu den Postdienstgeschästen mit herangezogen, und nun war es Briese sehr leicht, diesen uner fahrenen Beamten zu bestehlen. Daß er die ihm selbst übergebenen Wertbriefe und Bak«' beträge nicht unterschlug, war eine schlaue Be rechnung, auch mögen die ihm anvertrautes Summen nicht hoch genug gewesen sein, oder auch trachtete er immer noch nach dem Gelde der Magd, — genug, er sagte sich, daß eine Unterschlagung bald bemerkt werden würde, noch ehe er sich mit dem Gelde in Sicherheit gebracht haben konnte. Die von ihm gewählt« andre Methode gefiel ihm daher besser, vorerst hatte er ja nicht zu befürchten, daß der Ver dacht auf ihn fallen würde. Wußte er doch so überzeugend sein Alibi vor dem Gerichte zu beweisen. Meine Aussagen kann ich durch unumstöß liche Beweise in meinen Händen Punkt für Punkt bestätigen, und so behaupte ich* Kranz zeigte Ms den mit erdfahlem Antlitz da-
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