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Allgemeiner Anzeiger : 30.03.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190703309
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19070330
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1907
-
Monat
1907-03
- Tag 1907-03-30
-
Monat
1907-03
-
Jahr
1907
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 30.03.1907
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politische Krmälchars Deutschland. * Der Kaiser hat für die an der Nieder werfung des Aufstandes in Südwest- Afrika beteiligten Krieger eine Denkmünze gestiftet. Sie trägt auf der Vorderseite den Kopf der Germania und die Inschrift „Südwest- Afrika 1904—06" und auf der Rückseite die Inschrift „Den siegreichen Streitern" sowie „Verdienste um die Expedition". *Der bisherige Kommandeur der Schutz truppe für Deutsch - Südwestafrika, Oberst v. Deimling, ist zum Generalmajor be fördert und mit dem 31. März d. von der Stellung als Kommandeur der Schutztruppe enthoben worden. An seiner Stelle ist der Kommandeur des 2. Feld-Regts. Oberstleutnant v. Estorfs mit dem 1. April zum Komman deur der Schutztruppe ernannt worden. *Der Reichs- und Landtagsabgeordnete Prinz v. Arenberg (Zentr.) ist im Alter von 58 Jahren in Krefeld gestorben. Österreich-Ungarn. * Wie verlautet, wird während der An wesenheit des Kaisers Franz Joseph in Bodenbach (in den ersten Apriltagen) eine Zu sammenkunft mit Kaiser Wilhelm im Schloß des ehemaligen Ministerpräsidenten Grafen Franz Thun in Tetschen stattfinden. * Der ungarische Ministerpräsident Doktor Wekerle wurde in längerer Audienz vom Kaiser Franz Joseph empfangen. Der Kaiser äußerte sein lebhaftes Bedauern über das Scheitern der Ausgleichsverhand- lu n g en und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Minister der beiden Reichshälften noch Mittel und Wege zu einer Verständigung finden werden. (Die Hoffnung des Kaisers dürfte sich bei den völlig abweichenden Meinungen der Minister schwerlich erfüllen.) Frankreich. * Der deutsche Botschafter FürstRadolin sprach bei der Leichenfeier des Chemikers Berthe lot dem Ministerpräsidenten Clemenceau im Namen der deutschen Regierung das Beileid anläßlich des Verlustes aus, den Frankreich durch das Hinscheiden des berühmten Gelehrten erlitten hat. Clemenceau dankte mit den herz lichsten Worten für diese Teilnahme. * In einem außerordentlichen Ministerrat wurde der Beschluß gefaßt, die Ermordung des französischen Arztes Mauchamp in der Nähe von Marrakesch in Marokko zum An laß für eine Strafexpedition zu nehmen, um zugleich für alle Vertragsverletzun gen, die Marokko seit 1901 begangen haben soll, Rechenschaft zu fordern. Demgemäß soll Nojiela von den französischen Truppen besetzt werden. Die Expedition soll von den Süd orantruppen unternommen werden und außerdem haben die Kreuzer „Jeanne d'Arc" und „Lalande" die Fahrt nach Marokko angetreten mit Ausrüstungsgegenständen für eine etwaige Landung an Bord. — Auch England benutzt diesen günstigen Zeitpunkt. Gleichzeitig mit den französischen Kriegsschiffen werden auch englische vor Marokko erscheinen, um Genugtuung für den kürzlich erfolgten Angriff auf das englische Konsulat zu fordern. England. * Die Regierung erklärte auf eine Anfrage, daß an den in Betracht kommenden Stellen über die (angeblich von Deutschland betriebene) Schließung der Ostsee nichts bekannt ge worden sei. (Die englische Regierung scheint nach dieser Erklärung also eingesehen zu haben, daß sie wieder einmal einer Zeitungshetze zum Opfer gefallen ist.) Schweiz. * In Vevey kam es beim Ausstand der dortigen Schokoladenarbeiter zu Unruhen, so daß Militär einschreiten mußte. Italien. * Am 15. April soll ein Konsistorium statt finden, bei dem der Papst die erledigten Bischofssitze neu besetzen und neue Kardinäle ernennen wird. * Infolge der Bestimmung, daß die An wendung des Gesetzes, durch das Bezüge der Unteroffiziere des Heeres gebessert werden, sich auf unbestimmte Zeit verzögern soll, ver sammelten sich 150 Unteroffiziere der Turiner Besatzung in einem öffentlichen Saale und beschlossen, wegen der angeblichen Verzögerung beim Kriegsminister und beim Ministerpräsidenten mit dem Bemerken Klage zu führen, daß sie nicht ruhen würden, bis das Gesetz zur Tat geworden sei. Dieses ungewöhn liche Vorgehen der Unteroffiziere hat in Offi zierskreisen peinliches Aufsehen erregt. Norwegen. *Die Mehrzahl der Abgeordneten im Storthing verlangten eine Erklärung über die Verhandlungen betr. die Neutralität Norwegens. Der Ministerpräsident er- Prof. v. Bergmann ch. widerte, zurzeit hätten sich die maßgebenden Stellen noch nicht geäußert. In jedem Falle werde die endgültige Entscheidung in dieser Frage dem Storthing überlassen bleiben. Rustland. * Die Duma ist bei ihren Beratungen auf einen gefährlichen Punkt gelangt. Zur Be ratung steht auf einige Tage der Antrag der Kadetten auf Abschaffung der Feld gerichte. Am 9. Mai d. läuft übrigens der Termin für das Bestehen der Feldgerichte ab und von ihrer Fortdauer muß rechtzeitig der Duma Mitteilung gemacht werden. Da die Rechte und die Minister gegen den Antrag der Aufhebung sind, ist die Stimmung nicht mehr so friedlich, wie in den ersten Tagen. * Das armenisch-revolutionäre Komitee im Kaukasus beschloß, mit den kurdischen Stämmen gemeinsache Sache zu machen und unter allen Umständen das türkische Joch abzuschütteln. Die türkische Regierung hat infolgedessen strenge Maßnahmen getroffen, um eine Erhebung der Revolutionäre im Keime er sticken zu können. Balkanftaaten. * Zu den Bauernunruhen in Ru mänien wird gemeldet: In der Moldau scheint sich unter dem Einfluß der jetzt mit aller Schärfe durchgeführten militärischen Besetzung aller wichtigen Punkte die Lage langsam zu bessern. Dagegen laufen aus der Walachei immer neue beunruhigende Nachrichten ein. Die Unruhen haben nun den Sturz des seit dem Januar 1905 im Amte befindlichen Ministeriums Cantacuzene herbeigeführt. Das neue Kabinett ist unter dem Vorsitz des früheren Ministers Sturdza gebildet worden. Ob das neue Ministerium, das sofort weitgehende liberale Reformen versprach, des Aufstandes Herr werden wird, muß abgewartet werden. * Die Lage inBulgarien ist noch immer sehr ernst. Infolge der letzten strengen Regierungsmaßnahmen nimmt die Gärung unter der Opposition zu. Die Gesetzesvorlage über die Abänderung des Preßgesetzes ver anlaßte durch ihre großen Härten in der Sobranje stürmische Szenen. Bei der scharfen Kritik der Vorlage seitens der Opposition entstand ein Handgemenge zwischen den Abgeordneten. Infolge des großen Tumultes wurde die Sitzung unterbrochen. Dis Regierung aber versucht mit eiserner Strenge die Ordnung aufrecht zu er halten. Sie unterbreitete der Sobranje einen Gesetzentwurf, durch den Personen, die gegen den Fürsten, den Thronfolger, die Minister, Staatsanwälte, Gerichtsbsamte und Komman danten von zur Aufrechterhaltung der Ordnung ausgerückten Militärabteilungen Attentate ver üben oder versuchen, sowie Mitglieder der anarchistischen Vereine gegen die Sicherheit von Leben und Eigentum der kriegsgericht lichen Aburteilung unterworfen werden. Amerika. *Nach einer Meldung aus New Jork be stätigen sich die Angaben der nicaraguanischen Regierung, wonach die Nicaraguaner die vereinigten Truppen von Honduras und San Salvador geschlagen und die Stadt Choluteca erobert haben. Der Präsident von Honduras, Bonilla, ist zu Schiffe geflüchtet. Japan. *Die japanische Regierung wird, wie aus Tokio gemeldet wird, den Antrag, die Beschränkung der Rüstungen in das Programm der Haager Friedenskonferenz auf zunehmen, nicht unterstützen, sie wird sich jedoch auch nicht einer Besprechung dieser Frage wider setzen. Vie Schweiz unä äie Mgeciras-Akte. Der schweizerische Bundesrat hat eine Bot schaft an die Bundesversammlung über die Mit wirkung deS Landes bei der Ausführung der Konferenzakte erlassen. Diese Botschaft verbreitet sich nach der ,Schl. Ztg/ zunächst über die Organisation der marokkanischen Polizei und die Stellung des Generalpolizei-Jnspektors, verzeichnet dann die auf die Rechtsprechung des Bundes gerichts bezüglichen Bestimmungen der Kon zessionsakte für die marokkanische Staatsbank, um hierauf der Einladung Erwähnung zu tun, welche die spanische Regierung im Namen der Konferenzmächte an die Schweiz gerichtet hat. Dabei wird hervorgehoben, daß die Note Spaniens vom 31. Dezember 1906 um Über nahme der der Schweiz zugedachten Funktionen gebeten habe, „um so dem hohen Vertrauen zu entsprechen, das die Signatarmächte in die Armee und die Gerichtsbarkeit der Schweiz setzen." Bestimmend für den Wunsch, einen schweizerischen Polizei-Inspektor zu erlangen, war zunächst, daß die Schweiz an der Marokko angelegenheit das geringste Interesse unter allen Staaten habe. Ähnliche Erwägungen bestimmten die Konferenz, die Gerichtsbarkeit in den die Staatsbank von Marokko betreffenden An gelegenheiten dem Bundesgerichte zu übertragen. Es leuchtet ein — bemerkt nun der Bundesrat in seiner Botschaft — daß wir die uns so ver trauensvoll angetragene Mitwirkung bei der Ordnung der Verhältnisse in Marokko nicht versagen durften. Auch mußten wir bedenken, daß eine Ablehnung des Mandates unabsehbare Folgen hätte Haben können, indem das ganze in Algeciras mühsam zustande gekommene Re form- und Friedenswerk dadurch wieder in Frage gestellt worden wäre. Was den General- polizei-Jnspektor betrifft, so hat der Bundesrat an den Vorschlag zu Händen des Sultans einige Vorbehalte geknüpft. Sie gehen laut der Botschaft dahin: 1) Dem Generalinspektor soll gestattet sein, sich unter die Konsulargerichts- barkeit einer befreundeten Macht zu stellen. Dies jedoch nur hinsichtlich seiner privaten Ver hältnisse, denn, falls sich zwischen ihm und dem Maghzen über seine Befugnisse und die Auslegung des im Artikel 11 der Algeciras- akte vorgesehenen Vertrages Anstände ergeben sollten, um die etwa weiter erforderlichen Schritte zu veranlassen. 2) Der Generalinspektor soll auch fernerhin die schweizerische, wenn nötig, dem Klima in Marokko anzupafsende Uniform tragen dürfen. 3) Der Generalinspektor soll befugt sein, sich einen von dem Maghzen zu besoldenden Ordonnanzoffizier schweizerischer Nationalität bei zugeben, der auch die Funktionen eines Sekre tärs zu versehen hätte. 4) Der im Artikel 11 der Akte von Algeciras vorgesehene Vertrag soll u. a. auch festsetzen, daß der General- inspektor^ oder seine Familie im Falle von Krankheit oder Tod Anspruch auf eine ange messene Entschädigung hat. Von der Erklärung der spanischen Regierung, es verstehe sich von selbst, daß der Bundesrat jederzeit, wenn er es für angezeigt erachtete, auf das ihm übertragene Mandat verzichten könne, wurde Akt genommen. Speziell staatsrechtliches Interesse bildet der übrige Teil der Botschaft, der die Übertragung der Rechtsprechung an das schweizerische Bundes gericht behandelt. Es wurde der spanischen Regierung geantwortet, der Bundesrat nehme die in Art. 45 und 46 der Konferenzakte er wähnte Entscheidungszuständigkeit für das Bundesgericht an unter dem Vorbehalte 1) daß die verfassungsmäßige Genehmigung erfolge, 2) daß das Bundesgericht befugt sei, das Ver fahren und alle andern Fragen der Ausführung in einem Reglement von sich aus zu ordnen. Auf diese Weise ist zwischen dem Bundesrat und den Signatarmächten eine Vereinbamng zustande gekommen, die nur noch der Genehmigung durch die Bundesversammlung bedarf, um rechtskräftig zu werden. ^on uncl fern. Prof. Ernst v. Bergman« 1-. Der be rühmte Berliner Chirurg, Exzellenz Prof, von Bergmann, der sich im Kriege 1866, 1870/71, sowie im russisch-türkischen Kriege auszeichnete, ist in Wiesbaden, wo er zur Kur weilte, an den Folgen einer Operation im 71. Lebensjahre gestorben. t. Rumänische Torpedoboote in Deutsch land. Die deutsche Staatsregierung gestattete vor einiger Zeit der rumänischen Regierung, daß sie sieben im Auslande erbaute Torpedo boote von Rotterdam aus durch den Rhein, Main usw. nach Rumänien schleppen lassen dürfe. Drei Boote haben bereits die in Frage kommenden Wasserstraßen passiert; die letzten vier Boote sind jetzt in den Rhein eingetreien. Die Fahrt auf den Booten, die nicht armiert und deren Maschinen noch nicht zusammen gesetzt sind, macht dem Vernehmen nach ein rumänischer Prinz in Zivil mit. r. DeutscheEhrung frauzösischerKriegs- Helden. Auf dem städtischen Friedhof zu Biebrich ruhen, wie im Laufe der Jahre ganz vergessen und erst jetzt aufgefrischt wurde, vier im Feldzuge 1870/71 im dortigen Lazarett ver storbene Krieger. Im Auftrage der deutschen Militärverwaltung hat das Grab jetzt einen Schmuck erhalten in Gestalt eines großen Siein- blockes, der den Spruch „Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben", zeigt. Die See-Schieftübungen ans Ballons, die in der Danziger Bucht stattgefunden haben, sind glänzend verlaufen, nachdem der Sturm endlich nachgelassen hat. Als Verlreter des Kriegsministers wohnte General Sixt v. Arnim den interessanten Übungen Lei. Der Freiballon Nr. 1 wurde durch drei Schrapnellschüsse herunter gebracht; ein zweiter Freiballon ging unverletzt landeinwärts. Der Fesselballon Nr. 3 wurde brillant heruntergeschossen. X Schwere militärische Unfälle. Ein schwerer Ünglücksfall ereignete sich in den Kasernements des Infanterieregiments Graf Rose (1. Thüring.) Nr. 31 in Altona. Ein Soldat der 5. Kompanie hantierte mit einem mit einer Platzpatrone geladenen Gewehr so unvorsichtig, daß die Waffe sich entlud und die Patrone nebst daran befindlichem Holzpflock ihm in den Mund fuhr. Mit einem gellenden Aufschrei brach der Unglückliche schwer verletzt zusammen. — Beim Sprengen von Blind gängern auf dem Artillerieschießplätze in Thom hat ferner ein Feuerwerker lebensgefährliche Verletzungen am Kopse erlitten; er wurde in hoffnungslosem Zustande dem Garnisonlazarett zugeführt. Während der Predigt gestorbe«. Während der Predigt in der Kreuzkirche zu Essen (Ruhr) wurde der evangelische Pfarrer ! Buchholz auf der Kanzel vom Herzschlage ge- i troffen und starb alsbald. N Getreu bis in äen üoä. 241 Erzählung von Martha Neumeister. «Fortsetzung.» Tief aufatmend gedachte Elisabeth ihrer Ant wort auf Georgs damalige Werbung und nickte ihrer Tochter mit still befriedigtem Lächeln zu. „Ich hätte mir natürlich niemals erlaubt, dir diese Gedanken auszusprechen," fuhr Erika fort, „und als mir mein eigenes, junges Liebes glück zu teil geworden und ich voll Wehmut unsrer Trennung, deiner künftigen Einsamkeit gedachte, da wagte ich ebensowenig dir zu sagen, wie ich aus innerstem Herzen hoffte und wünschte, dich, mit Onkel Georg vereint, wieder froh und glücklich zu wissen. Auch mein Mann hat mir gestanden, er habe an unsrem Hoch zeitstage die gleiche Empfindung gehabt, als du und Onkel Georg, ein so schönes stattliches Paar, unsern Brautzug in der Kirche er öffnet, daß ihr, geliebten beide, fortan zueinander gehören müßtet. O meme liebe, teure Mama, wie froh und glücklich bin ich jetzt, nun ich dich, mein Mütterchen, nicht mehr ein sam weiß!" Tränen schimmerten in ihren Hellen Augen, als sie tief bewegt Elisabeths Hand ergriff und mit fast feierlichem Emst sagte: „Im Andenken meines teuren, Heimge gangenen Vaters, dessen verklärter Geist uns umschwebt, segne und beglückwünsche ich euren Bund, meine geliebte Mitter, aus treuem Kindes herzen !" Stumm und innig hielten sich beide um schlungen. Nun waren die letzten Bedenken, die noch Elisabeths neues Lebensglück beschattet, der überzeugenden Gewißheit gewichen, jetzt, so wie damals im richtigen Verständnis ihrer Mutterpflichten, das Rechte getan zu haben, wie ihr Heimgegangener Gatte es von ihr voraus gesetzt hatte, und wie Sonnenschein durchflutete es ihre Seele. Mit schlichten, herzlichen Worten sprach ihr auch ihr Schwiegersohn seine aufrichtige Freude und innigen Glückwünsche zu ihrer Verlobung aus, die er, wie er lächelnd meinte, ebenso wie seine Frau aus innerstem Herzen für sie ersehnt habe. Denselben Abend noch schrieb Elisabeth ihre bedeutungsvolle Unterredung mit Enka an Georg; zu ihrer großen Verwunderung sei die Jugend in ihren Vermutungen und Voraus setzungen wahrlich viel klüger gewesen, als sie beide in ihrem reifen Alter es vermutet. Längst hätten Erika sowie auch Rolph das bisher so treu behütete Geheimnis inniger Liebe zwischen Onkel und Mutter erraten, und die herzliche Freude des jungen Paares, daß sich ihre Hoff nungen nun in schönster Weise erfüllt, laste sie selbst jetzt mit vollem, ungeteilten Herzen dem Glück ihrer Vereinigung entgegensehen. Auch Erika und ihr Gatte fügten an den lieben, neuen Papa, wie erstere neckend schrieb, innigste Glückwünsche hinzu und baten herzlichst, sich ihm am Weinachtsfest, zu dem die Mama ihnen sein Kommen verhießen, als Sohn und Tochter hier vorstellen zu dürfen/ Unter mannigfachen Vorbereitungen zum Weihnachtsfeste waren die wenigen Wochen ihrer Trennung von Georg im innigen Zu sammenleben mit ihren Kindern, füll und traulich für Elisabeth vergangen, während Georgs tägliche Briefe von leidenschaftlicher Sehnsucht sprachen. Am Vormittage des Heilig abends holte ihn Rolph im Schlitten von der Eisenbahnstation; mit freudigem Jubel ward er von Erika begrüßt, und mit stillem, innigen Glücksgefühl, das ihr schönes Antlitz fast jugend- frisch verklärte, reichte ihm Elisabeth wortlos beide Hände entgegen. Mit strahlendem Ent zücken blickte er sie an, und unbekümmert um die Gegenwart ihrer Kinder umschlang er sie sest und innig, während er ihre erglühenden Wangen mit heißen Küssen bedeckte. Deutlich fühlte sie das laute, unregelmäßige Schlagen seines Herzens, und als sie besorgt zu ihm auf blickte, flüsterte er ihr zärtlich zu: „Erschrickst du, Geliebte, weil mein Herz gar so stürmisch und sehnsuchtsvoll pocht, wenn ich dich in den Armen halte? Noch vermag es sein großes Glück nicht füll und gleichmäßig zu ertragen, aber wenn du erst bei mir bist als mein geliebtes Weib, dann wird auch mein törichtes Herz wieder Ruhe und Frieden finden!" Es waren traurige Nachrichten, die Georg aus der Heimat mitbrachte. Auf der Reise hierher war er zu kurzem Besuche bei seinem Bruder in K. eingekehrt, den wiederholte Schlaganfälle jetzt auch körperlich gänzlich ge lähmt hatten; er erkannte niemand mehr, und nach Ansicht des Arztes stand seine Erlösung wohl nahe bevor. Auch seine Mutter hatte Georg nur mit banger Sorge verlassen, da sie stark erkältet gewesen, doch hätte sie durchaus keinen Aufschub seiner Reise.gestattet, da sie fast ebenso innig wie er selbst Elisabeths Heim kehr mit ihm ersehne. Allerdings meinte Enka, daß dieselbe vorläufig noch nicht fest gesetzt werden könne, zunächst müsse man doch die Freude des hiesigen Beisammenseins voll und ganz genießen. So verlebten sie alle in der behag lichen Häuslichkeit des jungen Paares ein fried lich schönes Weihnachtsfest, an dem Rolph und Enka gleichzeitig den Jahrestag ihrer Ver lobung feierten, und immer wieder versicherten beide, wie sie sich im eigenen, jungen Glück des neuerblkhten der Eltern aus innerstem Herzen erfreuten. Noch hatten Georg und Elisabeth in den wenigen Tagen ihres Zusammenseins den Zett punkt ihrer endlichen Vereinigung, nach der er sich so leidenschaftlich sehnte, nicht endgültig besprechen können, als ihn ein düngender BriH des Arztes an das Krankenbett seiner Mutter zurückrief, die an einer Lungenentzündung fest daniederläge. Ohne zu zögern, reiste Georg nach schmerz bewegtem Abschied von Elisabeth sofort wieder ab; wie ein Traum dünkten ihnen allen die kurzen, glücklichen Weihnachtstage, die so jäh und traurig geendet hatten. Er fand seine Mutter, wie er schrieb, schwach und elend, in fast hoffnungslosem Zustande, und wochenlang schwebt«; sie zwischen Tod und Leben. Mit opfer freudiger Kindesliebe widmete er sich, von der lang jährigen, treuen Dienerin unterstützt, unermüd lich der Pflege der Kranken, deren zähe, kräftig» ! Natur dem hohen Fieber erfolgreichen Wider- ! stand leistete. Allmählich klangen seine Briefe
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