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Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat?u Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hanswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal md Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. AbonnementSprei» inkl. de» allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Nnterbaltung»blattes" vierteljährlich ab Schalter 1 Marl, bei freier Zusendung durch Boten in» Hau» 1 Mark 2V Pfennige, durch die Post I Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korputzeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungtbote» jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« wir Rabatt nach Nebereinkunft. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bi« Dienstag vormittag l/,n Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi» Freitag vormittag l/,n Uhr einzusende». -chrislleitung, Wruck unü Verlag von A. Schurig, Bretnig Ar. 23. Mittwoch den 20. März 1907. 17. Jahrgang. Neueste Nachrichten. Saarlouis, 16. März. Auf dem Mathildenschachte der Gerharot - Grube riß heute früh da« Förderseil. Auf der Fürder schale befanden sich 33 Bergleute, welche, wie da« „Saarlouiser Journal" meldet, umgekom men sind. Forbach, 16. März. Auf der Grube Klein-Rosseln fand gestern abend eine Schlag wetter-Explosion statt. Etwa 80 Leute waren eingefahren. 65 Tote und 13 Schwerverletzte sind geborgen. Berlin, 18. März. Durch kaiserlichen Erlaß vom 6. März ist der in Südwestafrika bestehende Kriegszustand mit dem 31. d. M. aufgehoben. am Leben gebliebene Tochter Hilda de« Ober- förster« Wilsdorf ist heute morgen im Friedrich stadter Krankenhause ebenfalls ihren schweren Verletzungen, ohne da« Bewußtsein wiederer langt zu haben, erlegen. — Auf dem Tolte- witzer Friedhöfe erfolgte heute vormittag halb neun Uhr die Beerdigung der durch Mord und Selbstmord geendeten Familie de« Ober förster« Wil«dorf. Die sieben Leichen fanden Aufnahme in einem Grabe. Oderkonsistorial- rat Pfarrer Dr. Kühn spendete den Trost der Kirche. Zahlreiche« Publikum hatte sich eingefunden. Dresden. Au« Forstkreisen im Erzge birge werden über da« blutige Drama in der Familie de» Oberförster» a. D. Wilsdorf in Oertlicke» u«v GäLksHeS Bretnig. Wie uns mitgeteilt wird, be absichtigt der hiesige Mannergesangverein da» Singspiel „Die Wilddiebe", welche« derselbe aa seinem letzten Fastnachtskränzchen zur Auf führung brachte, in Großharthau im Klinger- scheu Gasthofe und zwar am 1. Osterfeiertage nochmals zu geben. Bretnig, 19. März. Heute nachmittag wurde der hiesige Ortsdiener Herr Wilhelm Nitsche zu Grabe getragen, welcher länger al« 20 Jahre unserer Gemeinde gedient hat. Er stand im 54. Lebcnsiakre Dresden folgende Mitteilungen gemacht. Ueber die Beweggründe, die die Veranlassung zu der schaudererregenden Schandtat de» pensionierten Oberförster» Wilsdorf gegeben haben, sind in den Tagesblättern nur zum Teil zutreffende Angaben gemacht worden. Da Wilsdorf au« der hiesigen Geqend, au« Erottendorf gebürtig ist, so hat di« hiesige Bevölkerung jedenfalls ein Interesse daran, über den Sachverhalt einigermaßen orientiert zu sein. Wilsdorf war ein arroganter Mensch, der von seiner Studentenzeit an auf großem Fuße und weit über seine Verhältnisse lebte. Er häufte fort gesetzt Schuloen auf Schulden, die wiederholt von seinen Geschwistern und von anderer I Seile gedeckt wurden. Bereits während «seiner Stellung al« Hilf«beamter auf dem iSeidewitzer Revier kamen Unregelmäßigkeiten lin seiner Dienstführung vor, die dazu führten, Idaß er vier Jahre später zum Oberförster be- Mördert wurde, al« e« sonst der Fall gewesen Mein würde. Al« ihm schließlich die Jöhstädter DOberförsterstelle übertragen war, reichte da« Mescheidene Oderförkergehalt auch nicht au«, Lie alten Schulden zu begleichen und eine lahlreiche Familie zu unterhalten, zumal MVilsdorf seine noblen Paffionen nicht auszab. Mrotz aller Hilfe feiten« der Verwandten Dmrde Wilsdorf« Vermögenslage immer trost loser. Al« nun erneut Unregelmäßigkeiten in Der Dienstführung zutage traten, wurde Will- Dorf — indem man mit Rücksicht auf die Mamilie äußerste Milde obwalten ließ — Reusioniert- Hinterher stellten sich aber Un- Zerschlagungen in solchem Umfange heran«, »aß sich die Staatsanwaltschaft der Angelegen- Iheit annehmen mußte. Die Untersuchung Iwar nunmehr jedenfalls so weit gediehen, daß I Wilsdorf über seine Verurteilung und harte Bestrafung nicht mehr im Zweifel sein konnte Dieser Umstand und die trostlose Vermögen«- lag«, in der er sich mit seiner Familie be- fand, haben wohl den Plan zur Au«führung jener scheußlichen Tat in ihm zur Reife ge- bracht. Dresden., 18. März. Das bei der Katastrophe de» Dampfer« „Berlin" zuletzt noch mitgerettete Fräulein Theile ist am Sonnabend abend wohlbehalten bei ihren An gehörigen auf der Friedrichstraße eingetroffen. Dresden. In der Nacht zum Sonn- abend gegen 3 Uhr ist in der Vorstadt Löbtau auf der Keffelsdorfer Straße in da« Gold- Warengeschäft von Bagehorn eingebrochen worden. Die Einbrecher haben vermittelst zweier Ziegelsteine ein zirka 1^ m große» Loch in da» Schaufenster geschlagen und e« zum großen Teil au»g«räuml. Sie wurden überrascht und von einem Schutzmann und einem Arbeiter verfolgt, der eine Einbrecher, Oonner»tag in Kamenz da« 18jährige, aus Wiesa gebürtige Dienstmädchen Elisabeth Kockel, da» eine abscheuliche Tat dadurch verübte, daß e« da» mehrere Wochen alte Kind ihrer Dienstherrschaft durch Einflößung von Kampferspiritu« umzubcingen versuchte. Da» Vorgehen, dessen da« Mädchen überführt ist, wurde noch rechtzeitig entdeckt, so daß da» Kind dank sofortiger ärztlicher Bemüh ungen hoffentlich am Leben bleiben wird. Bereit» vor einigen Tagen waren bei dem Kinde Symptome beobachtet worden, welche aus ein gewaltsame» Eingreifen von derselben Person schließen lassen. Da» in da» könig liche Amtsgericht eingelieferte Mädchen steht noch im Verdacht der eigenen Kindestötung. Dre« den, 15. Die einzige bisher noch angeblich ein Kaufmann au» Stettin, ist er griffen worden, während der andere flüchtete. Die geraubten Gegenstände sind aber zum Teil wiedererlangt, e» fehlen nur noch eine Anzahl Damenarmbänder und Ringe. Der Schaden für den Geschäft»inhaber ist trotzdem beträchtlich, da alle» beschmutzt und zerstört worden ist. Dresden. Sonnabend früh erschoß sich, vermutlich «egen Krankheit, ein Kauf, mann am Earolasee. Seine Leiche wurde nach dem Friedhof übergeführt. — Am Donnerstag nachmittag wurde in der Bürgerschule zu Roßwein ein 12jährige» Mädchen namens Trepte vom Gehirnschlag getroffen und war sofort eine Leiche. Da» Mädchen war um 2 Uhr wohl und munter zur Schule gegangen und halb 3 Uhr ereig- nete sich der Unfall. Die Mutter de» Kinde» ist um so mehr zu bedauern, al» sie bereit« vor acht Wochen ihren Gatten (Restaurateur Trepte) plötzlich durch einen Herzschlag ver- lor. — Unliebsame» Aufsehen erregte in Crotten dorf ein Vorfall, der in der Friedhofsgeschichte wohl beispiellos dasteht. Sei e« rurch Will kür oder infolge eine« Versehen», kurz e» wurde da« Küglersche Ecbbegräbni» an eine andere Familie verlauft, obwohl der Kauf vertrag auf dreißig Jahre lautete und das verstorbene Ehepaar Kügler erst 18 Jahre in der Gruft ruhte. Die noch gut erhaltenen Särge.wurden einfach in die Leichenhalle ge setzt, da» Grabgewölbe frisch getüncht und al» neue Leiche eine Frau darin beigesetzt. Da meldete sich aber plötzlich ein in Chemnitz wohnhafter Sohn der Küglerschen Eheleute, machte seine Ansprüche auf da« Grab geltend und übergab die Sache einem Recht«anwalt. Die Folge war, daß in Crottendorf sofort eine Kirchenvorstand«fitzung ernberufen und beschlossen wurde, da» K.'sche Ehepaar wieder in der Gruft beizusetzen. Die alten Särge wurden, nachdem sie eine Woche lang in der Leichenhalle gestanden, an ihren früheren Platz gebracht und die frische Leiche in der Halle aufgestellt, bi« für si, eine Erbgruft au«ge- mauert worden war. Marienberg, 18. März. Al« gestern früh auf dem Händelschen Restaurationsgrund stücke der Dachstuhl eingeäschert wurde, kam der 25jähr. Sohn de« Händel in den Flam men um. Da« 18 jährige Dienstmädchen Schreier sprang auf ein benachbartes Dach und wurde leben«gefährlich verletzt. Händel selbst wurde am Nachmittag von einer ein- stürzenden Esse getroffen und erlag seinen Verletzungen. — Um in die Besserungsanstalt zu kommen! Ein Lehrling de« Gärtnereibesitzer« Rothardt in Lommatzsch hat am Freilag abend den zehnjährigen Claus, der die Botengänge be sorgte, mit einer Rosenschere in den Hals gestochen. Der Verletzte kam in der achten Stunde vollständig entkleidet und mit gebun denen Händen nach der Apotheke, wo ihm von Herrn Dr. Henrici ein Notverband angelegt wurde. Dann wurde er ms Krankenhaus gebracht. Uhr soll er nach Hause ent- lassen worden sein, bald danach scheint die Tak geschehen zu sein. Der Täter ist gestän dig, und gibt an, nicht ander» gekonnt zu haben, um wieder in die Beffecungrar^ialt zu Bräuntdorf zu kommen, wo er schon früher untergebracht gewesen ist. — Mit 23 Kindern ist eine Familie in Niederhaßlau gesegnet, darunter Drillinge Am 23. G«burt»tage der ältesten Tochter meldete sich da» 23. Kind an. — Ein originelle« Mittel wandte Herr Schiff«eigner Aug. Günther au« Königstein an, um seinen Kahn durch eine Brück» zu bringen. Herr Günther schreibt: Ich war mit meinem Fahrzeug in Pottdam verwintert und mußte nun, in der Richtung nach Magde burg, di« Eisenbahnbrücke am Lustgarten passieren. Infolge de» hohen Wafferstande« der Havel kam ich aber mit leerem Fahrzeug nicht durch, und war ein Belasten dazu nötig, konnte hier aber kein Material, zur Belastung bekommen. Ich stellte nun di« Bitte an da« 1. Garde-Regiment zu Fuß, mir zur Belastung de» Fahrzeuge» durch diese Brücke 250 Mann zu stellen. Diese Bitte wurde in danken«- werter Weise genehmigt und wurden mir hierzu 300 Mann vom 1. Bataillon gestellt. So konnte ich am Donnerstag mittag mit dieser Besatzung ohne Hinderni» die Brücke passieren. — Ein Komödiant! Er hatte mit seinen Eltern Streit bekommen. Warum, da» mag hier unerörtert bleiben. Jedenfall« ist die Art, wie der Sohn — er ist Schreiber und 18 Jahre alt — sich rächen wollte, recht komödiantenhaft und verdiente wohlgezählte Fünfundzwanzig- Schmollend und grollend ging er nämlich in sein Schlafzimmer und schloß hinter sich ab. Dann entkleidete er sich, legte sich in» Bett und rief: „Lebt wohl' Ich verlasse die trübselige Welt!" Und — krach! krach! — ging e«. Herrgott, da« waren ja Schüsse! Der Junge hat ja schon lange einen Revolver. Die Eltern waren ganz außer sich. Die ganze Werder- straße in Gohli« war in Aufruhr. Die neueste Sensation. Die Eltern waren tief» unglücklich: Ach, der arme Junge! Ader al« der Schmerz und die Verzweiflung am größten war, da ging die Kammertüre auf und im weißen Gewands erschien der Totge glaubte. Er hatte nur in die Luft geschossen, um seinen Eltern durch den Schreck einen Denkzettel zu geben. Ob wohl die Eltern ihm, wie e» sich gehört, für die frivole Kämödie auch einen Denkzettel gegeben haben ? Hoffentlich! Plauen i. V., 16. März. Wie dec „Vogtl. Anz." meldet, sind in der vergangenen Nacht im benachbarten Lengenfeld durch ein Großfeuer 12 Wohnhäuser mtt Nebengebäuden ein Raub dec Flammen geworden. 22 Fa milien sind obdachlos. — Ueder den Nachlaß de» durch Selbst mord au» dem Leden geschiedenen Bürger schullehrer» Zieger in Borna bei Leipzig ist da« Konkursverfahren eröffnet worden- — Leipzig bekommt 24 Aulomodiidroschken. Auf Vorschlag de« Polizeiamt» ist von der Königl. Kreishauptmannschaft einer Anzahl Droschkenbesitzer in Leipzig die nachgesuchle Genehmigung zur Inbetriebsetzung von wetteren 12 Kraftdroschken erteilt worden. Et wird sich damit die Gesamtzahl der im Betrieb be findlichen Kraftdroschken auf 24 erhöhen. Die Einstellung der neu zugelaffenen Kraftdroschken wird im Laufe de« Frühjahrs und Sommer« erfolgen. — Die Kleinigkeit von 332 000 Mark verlangt der Rat in Leipzig nachverwilligt für den Umbau de« alten Rathause«, so daß zu diesem Zwecke rund eine Million Mack aufgewendet werden müssen.