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Grohes Hauptquartier, am 2. September. Westlicher Kriegsschauplatz. In den Vogesen nördlich von Münster führte am 31. August unser Angriff zur Wiedcreroberung der in den Kämpfen vom 18. bis 23. August an die Franzosen verlorenen Grabenstücke. Die Kammlinie Lingckopf- Barrenlropf ist damit wieder in unserem Äcsitz. Gegenangriffe wurden abgewicsen. 72 Alpenjäger sind gefangen genommen, 3 Maschinengewehre erobert. Uebcr Avocourt (nordwestlich von Verdun) wurde ein französisches Flugzeug von einem unserer Kampf flieger heruntcrgeschossen. Es stürzte brennend ab. Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeld Marschalls v. Hindenburg: An der Bahn Wilna—Grodno wurde der Ort Czarnokowalc gcstiirmt. Bei Merecz macht unser Kampf Fortschritte. Aus der Westfront von Grodno ist die äußere Fortlinic gefallen. Norddeutsche Landwehr stiirmtc gestern das nördlich der Straße Dombrowo-Grodno gelegene Fort IV. Am späten Abend folgte die Eroberung des weiter nordwestlich gelegenen Fort IV a mit 150 Mann Besatzung durch badische Truppen. Die übrigen Werke der vorgeschobenen Westfront wurden darauf vo« den Nusscu geräumt. Oestlich des Forstes von Bialystok sind die Uebcr- gängc über den Swislocz von Makarowcc (südöstlich von Otelsk) ab auswärts nach Kämpfen von uns besetzt. Die gestrige Gesamtbeute der Heeresgruppe beträgt 3070 Gefangene, 1 schweres Geschütz und 3 Ma schinengewehre. Bei Ossowiec wurden außerdem 3 vom Feind in den Sumpf vcrscukte schwere Geschütze ausgcgraben. Heeresgruppe des Generalfeld Marschalls Prinzen Leopold von Bayern: Der Austritt aus dem Nordostrande des Vialo- wicskasorstcs ist gestern erkämpft. Durch Ucberfall bemächtigten wir «ns nachts der Iasiolda-Ucbcrgänge im Sumpfgebiete nördlich von Pruzana. 1000 Ge fangene wurden cingebracht. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen: Der Muchawiec-Abschnitt wurde auf der ganzen Front in der Verfolgung überschritten. Südöstlicher Kriegsschauplatz: Aus der Verfolgung fielen gestern über 1000 Ge fangene und 1 Maschinengewehr in die Hand der deutschen Truppen. Oberste Heeresleitung. Torpedierter Dampfer. (W. T. V.) Konstantinopel. Das Haupt quartier teilt mit: Der englische Transportdampfcr „Sawsland" ist von einem deutschen Unterseeboot im Aegiiischen Meere torpediert und versenkt worden. Ein großer Teil der an Bord befindlichen Truppen ist ertrunken. An den Dardanellen und an den anderen Fronten keine wesentlichen Veränderungen. Uttterqanq eines englischen Transportschiffes. -Ick- Budapest. Die Sofioter „Cambana" meldet: Ein englisches Transportschiff explodierte infolge Aus fahrens aus eine Mine und sank. 320 Ossiziere und 1250 Soldaten, sowie die aus 300 Köpfen bestehende Mannschaft ertranken. Bisher wurden 600 Leichen ge borgen. Versenkter Dampfer. London. Lloyds meldet: Der Dampfer „Savona", 1180 Tonnen groß, ist versenkt worden. 17 Mann der Besatzung wurden gerettet, drei Mann werden vermißt. Das Wrack der „Emden". Das australische Verteidigungsministerium hat mit einer Gesellschaft einen Kontrakt abgeschlossen, wonach der deutsche Kreuzer „Emden", der an der Klippe der Cieling-Inscln liegt, gehoben werden soll. Die australi sche Regierung hat das Recht Vorbehalten, das Wrack anzukaufen. Der Flieger P6gond tot. London. Reuter meldet aus Paris, daß der be kannte Pögoud tot sei. Nähere Einzelheiten werden nicht angegeben. Falls diese Nachricht, woran kaum zu zweifeln ist, sich bewahrheitet, hat die französische Armee ihren intelligentesten und unerschrockensten Flieger ver loren, jenen Flieger, der als erster der Welt sich an die Sturzflüge wagte. (Auch in Dresden war Gelegenheit, diesen tollkühnen Menschen zu bewundern.) Kitchener will die Dardanellen bezwingen. Nach einer Baseler Meldung des „Berl. Lok.-Anz." erhält sich in der City Londons das Gerücht, daß Kitchener persönlich das Oberkommando gegen die Türkei über nehmen werde. Die englischen August-Verlnste. London. „Daily Telegraph" berechnet die englischen Verluste im August aus 2256 Offiziere und 30 139 Mann. Russische Vorbereitnngen für einen Winterfeldzng. Paris. Die Blätter melden, Rußland bereite für den Winterfcldzug eine Sonderarmee berittener Kosaken vor, deren Aufgabe sein soll, den Deutschen zuzusetzen. Politische Tagesübersicht. Andrang znr Kriegsanleihe. Berlin. Schon am ersten Tage der Ausschreibung der neuen Kriegsanleihe sind namhafte Zeichnungen zu melden. Die städtische Sparkasse in Köln hat beschlossen, sür die dritte Kriegsanleihe einen Betrag von 45 Millionen Mark zu zeichnen. Es zeichnet serner: die Hirsch Kupser- und Messingwerke A. - G. in Halberstadt 2 Millionen, die Gebrüder Körting A--G., Körtingdorf bei Hannover 1 Million. Der ^.l'ttnr Iv mörltv^ für Admiral v. Usedom. Amtlich wird bekanntgegebcn, daß dem Gencral- adjutanten, Admiral v. Usedom, das Eichenlaub zum Orden „I^our Io märito" verliehen worden ist. Admiral v. Usedom hat bekanntlich wegen seiner hervorragenden militärischen Leistungen während des Boxer-Ausstandes in China den Orden „kour Io mörito" erhalten. Deutschland und Amerika. Berlin. Wie wir erfahren, hat der deutsche Bot schafter in Washington, Graf Bernstorff, der Negierung der Vereinigten Staaten weisungsgcmäß mitgeteilt, daß nach den bestehenden Instruktionen Passagierdampser nicht ohne vorherige Warnung und ohne daß das Leben der Nichtkombattanten in Sicherheit gebracht sei, versenkt werden sollen. Hierbei werde natürlich vorausgesetzt, daß die betreffenden Schiffe nicht zu fliehen versuchen und keinen Widerstand leisten, widrigensalls sic sich ohne weiteres der Zerstörung äusseren. Es ist anzunehmen, daß die Zwischensälle mit Amerika hierdurch ihre Er ledigung finden. Washington. Das Neuterbüro meldet: Während Graf Bernstorff die Ansicht vertritt, daß das einzige, was noch zu tun übrig bleibe, eine formelle Erklärung aus Berlin sei, weisen die amerikanischen Autoritäten darauf hin, daß der Befehl an die Kommandanten der Unter seeboote sich allein aus Passagierschiffe beziehe, wenn sie Neutrale an Bord haben. Man sei sich auch noch nicht über die deutschen Bemerkungen im klaren, wonach Deutschland beabsichtige, von Wilsons Angebot der Zusammenarbeit in der Frage der Freiheit der Meere Gebrauch zu machen. Der türkisch-bulgarische Vertrag. Berlin, 3. September. Die Festsetzung der türkisch bulgarischen Verständigung ist, wie die Doss, und Köln. Ztg. aus Sofia melden, nunmehr geschehen. Anstatt einen Krieg zu führen, der bittere Prüfungen mit sich bringen würde, habe Bulgarien einen wertvollen Zusatz an Land erhalten und die Türkei einen wohlwollenden Nachbar. Die Lyoner Messe. Paris. „Petit Parisien" meldet aus Lyon: Die erste Lyoner Messe, durch die man die Leipziger Messe ersetzen will, wird am 1. März 1916 beginnen und 14 Tage dauern. Die Brüsseler Dokumente sind unseren Feinden so unangenehm, daß der französische Minister des Auswärtigen, Delcassä, lediglich ihretwegen nach Havre gereist war, um dort mit dem belgischen Minister Brocqueoille darüber zu beraten. Es sollten Dokumente ausgewählt werden, die Brocqueoille für seine geplante Streitschrift gegen die von der „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlichten Brüsseler Dokumente braucht. Gleichzeitig wollte Delcassä auch die der obersten Heeres leitung Frankreichs und dessen Zivilverwaltung aus der Fortdauer der Selbständigkeit der sogenannten belgischen Organisation in Havre und Flandern erwachsenden Schwierigkeiten zur Sprache bringen. Beförderung Enver Paschas. Konstantinopel, 2. September. Der Kriegsmtnister Enver Pascha Ist zum Divisionsgeneral befördert worden. Die Wafsenbestellnngen in Nordamerika. Petersburg. Nach dem „Rußkoje Slowo" haben die Feinde Deutschlands in Nordamerika zusammen für etwa zwei Milliarden Rubel Kriegsmaterial bestellt. Englands Mnnitionsfabrikation für Rußland. London, 2. September. Die „Times" melden aus Tokio: Die Negierungsaisenale arbeiten mit voller Kraft an der Herstellung von Munition für die Verbündeten, besonders für Rußland. Auch die Privatfabriken sind sür diesen Zweck mobilisiert worden. Aie Zeäan iyis äal>eim geleiert Minae. Ein offener Feldpostbrief an die Schandauer, die da draußen sind, fern von der Heimat, fern von Weib und Kind, von Vater und Mutter, Bruder und Schwester — weit, weit von der heißgeliebten Braut. Euch Feldgrauen! Da Ihr keine Ahnung haben könnt davon, wie man hier in Schandau auch Eurer gestern am Sedantage gedacht hat, wie man hier den Tag, den Geburtstag unseres herrlichen Deutschen Reiches in diesem Jahre gefeiert hat, will ich Euch darüber einen Bericht geben. Hoffentlich langweilt Ihr Euch nicht allzusehr beim Lesen desselben. — Der im Werden begriffene Tag wurde durch unsere Stadt im Flaggenschmuck begrüßt. Verwundert rieb sich die lebenspendende Sonne die verschlafenen Augen. Donnerwetter, schon wieder ein großer Sieg? Doch — da siel ihr Blick auf den Kalender: Ah, ganz recht, heut ist ja Sedan! Es sind doch brave Geschöpfe, diese deutschen Menschlein da unten aus der Erde. Wacker, schlicht und recht und dankbar! Halt, nicht von der Sonne will ich Euch erzählen, Ihr lieben Leser, sondern von Schandaü. Nun paßt auf: Früh um neun versammelten sich im Prüsungssaale der Schule außer den oberen Klassen derselben das Lehrerkollegium, die Spitzen der weltlichen und geistliche« Behörden, sowie Frauen und Männer (ich könnte ja schreiben „Damen und Herren" - - aber ich will heute mal echt deutsch sein!) aus der Stadt, um eine Feier mit zu erleben, wie sie nur möglich sein Kan», wenn Harmonie und Frieden unter der gesamten Bürgerschaft vorhanden sind. Es war eine eigenartige Feier: hier Im Lande wir und draußen Ihr. Jeder zweite Gedanken galt Euch. Und so kam es, daß ganz besonders des großen Mannes unserer Zeit, daß unseres Hindenburg vor allen Dingen gedacht wurde. Verkörpert doch gewissermaßen dieser Held Euch alle, die Ihr in heißem Ringen Deutschlands Größe, die heimische Scholle verteidigt. In ausgezeichneter Rede entrollte Herr Lehrer Zimmer ein Lebensbild dieses allverehrten Strategen, so greifend wahr, daß man die verschiedenen Episoden säst mit zu erleben vermeinte. Gesänge unter Leitung des Herrn Kantor Lindner, gut cinstudiertc und mit Verständnis wiedergegebene Deklamationen wechselten flott miteinander ab. Ich glaube, Ihr hättet Euch beim Anhörcn all dieser Dar bietungen genau so tiesinnerlich gefreut, wie ich. Die geschickt zusammengesetzte Vortragsfolge wickelte sich unter „Oberaussicht" des Herrn Schuldirektors Mohrich zu aller Zufriedenheit glatt ab. — Vollbefricdigt, mit nachhaltigen Gedanken ging wohl jeder aus dem Schulhause Helm. — Wenngleich uns bisher der Himmel in letzter Zeit fast täglich mit reichlichem Naß überschüttete, so hatte er gestern ein Einsehen, und die Sonne setzte ihr freundlichstes Gesicht auf, erfrischender Wind wedelte all die Flaggen lustig hin und her --- kurz es war ein „Kaiserwetter". In der Mittagsstunde ertönte aus ehernem Munde vom Kirchturme feierliches Geläut. Könnt Ihr Euch noch dieser warmen Töne erinnern? Wißt ihr es noch, wie sie Euch riefen zum Gotteshause, wie sie Euch bei fast allen wichtigen Ereignissen im Leben erklangen? Besinnt Euch und hört sie im Geiste! Für abends hatten der Militär- und der Kricgerocrein eine schlichte Gedenkfeier am Kriegerdenkmal im Stadlpark veranstaltet. Zu demselben strömte denn auch die Ein wohnerschaft in der neunten Stunde. Schon von fern sah man die zuckenden Flämmchen flackern, mit welchen das Denkmal bedacht worden war; außerdem wurde es von Pcchsackeln der Turner-Feuerwehr beleuchtet. In lauthinschallendcn, warmen Worten begrüßte Herr S. Petrich die Anwesenden. Unter Blasmusikbegleitung erklang aus aller Mund das Schutz- und Trutzlied unseres Luther: „Ein feste Burg ist unser Gott". Eine feierliche Stimmung schwebte über dem Stadtpark. Nachdem die letzten Töne verklungen, brachte Herr Petrich ein selbstverfaßtes inhaltsreiches Gedicht — der Würde des Tages ent sprechend — zu Gehör. Mit Begeisterung wurde das dreifache Hoch aus den obersten Kriegsherrn, unsern Kaiser, und aus unsern Landesvater, den König Friedrich August, ausgenommen, und einem Echo gleich erdröhnten Böllerschüsse. Darauf ergriff Herr Pfarrer Hesselbarth das Wort zur Festrede. Dies war der Höhepunkt der Feier. Mit seinem sonoren, wohlklingenden Organ — das Euch wohl allen zur Genüge bekannt ist — gedachte er der großen Zeit vor 45 Jahren, dankte er den Helden, die dereinst mit ihrem Blut das herrliche Deutsche Reich zusammenkitteten, mit einem Kitt, der wetterbeständig und unverwüstlich ist. Er dankte den anwesenden Veteranen, die damals den Helden von heute ein gutes Beispiel gaben. Weiter wandte sich der beliebte Redner an die am Denkmal erschienenen verwundeten Streiter aus dem jetzigen Kriege, er ge dachte der in heißer Schlacht, im Schützengraben oder aus hoher See auf ihrem Posten stehenden Feldgrauen, an Euch, die Ihr Euch ausopsert sür das Erbe der Väter. Es waren von Herzen kommende, tiefgründige Worte, die jedem ins Herz drangen, und dankerfüllt für diese Erbauung hingen aller Augen an dem Munde unseres lieben Pfarrers, aus dem sic hervorquollen. . . Begeistert sangen wir Daheimgebliebenen darauf das herrliche Lied: „Deutschland, Deutschland Uber alles!" Hiermit war der Hauptteil der Sedanseier 1915 beendet. Im Kurhaussaale schloß sich ein vaterländisches Konzert an. Ausgeführt wurde cs von der städtischen Kurkapclle unter Leitung des Herrn Musikdirektors Dubclowsky. Zahlreich war der Besuch vonseiten der Einwohner schaft, und auch hier konnte man beobachten, daß die Begeisterung sür das Gute und Edle ewig jung bleibt. Mit markigen Worten gedachte hier Herr Bürger meister Dr. Voigt all der großen Taten unserer Väter und Großväter und deren Söhne und Enkel, die jetzt aus blutiger Walstatt sür uns Kämpfen. Herr Karl Fiedler trug selbstverfertigte Gedichte vor und erntete damit reichen Beifall. Die Stimmung war eine gehobene, und alle Teil nehmer werden immer dieser anregenden Stunden gedenken, die ihnen die Sedanfeier 1915 in unserer Stadt ge bracht hat. . . Die Lichtlein am Kriegerdenkmal verloschen eins nach dem anderen, und dasselbe stand bald in Finsternis. Anders mit der Liebe zum Vaterland, anders soll es sein mit der Dankbarkeit sür unsere Helden — nie sollen sie verlöschen, immer und ewig werden sie bestehen bleiben zur Ehre unserer deutschen Nation. Heil und Sieg! Auf Wiedersehen! Mit herzlich deutschem Gruß K. Rppr.