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Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat ?u Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal imd Umgegend. Inserate, die 4gespaltene Korpu»zetle 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den All« Rabatt nach Nebereinkunft. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag l/zii Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag '/»II Uhr einzusenden. Llchristleilung, Vruck und Verlag von N. Schurig, Vretnig Nr. 69. 16. Jahrgang Mittwoch den 29. August 1906. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den All- »donnementspreis inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Nnterhaltungsblattes" gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungsboten ? bnellährlich ab Schalter I Mark, bei freier Zusendung durch Boten in» Hau» 1 Mark jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähren wir Pfennige, durch die Post I Mark exkl. Bestellgeld. Rabatt nach Nebereinkunft. Neueste Nachrichten. Petersburg, 25. August. Heute Nachmittag 3 Uhr erfolgte gelegentlich eines Empfanges beim Ministerpräsidenten in dessen Ma auf der Apotheker-Insel eine Explosion Zahlreiche Personen wurden verwundet und getötet. Der Ministerpräsident Stolypin blieb unverletzt, aber sein Sohn und seine Tochter Wurden verwundet. Lie Täter trafen in kinem offenen Wagen ein, als die Besucher- bsie bereits geschloffen war, infolgedessen wollte °>e Dienerschaft sie nicht durchlafsen. Darauf »ersuchten sie mit Gewalt in das Zimmer ein- iudringen, das neben dem Empsangssaal lag, und in dem zahlreiche Gäste den Münster er ivarteten. Bei dem Handgemenge mit der Dienerschaft ließ der eine der Eindringlinge, d«r die Uniform eines Gendarmerieofftzieis trug, eine Bombe fallen, die mit großer Ge walt explodierte, Durch die Stärke der Ex plvsion wurde das Vorzimmer, in dem die dombe explodierte, das diesem benachbarte Zimmer und teilweise der Empfangssaal ver- Uichtel, ebenso da» Vestibül, die Freitreppe und der Balkon des zweiten Stockwerks. Getötet sind 30 Personen. Darunter befindet sich das Mit- glied des MinisterratsChwostow. Von den Tätern sind drei durch die Explosion getötet worden, der vierte ist verhaftet. Gelötet sind außer General Samjatin, Zeremonienmeister Woronin Und Chwostow, Fürst Nakaschioze, der Haupt- Kann der Gendarmerie Fedorow, der Polizei beamte Kasantzew sowie Wachen, Diener und Toten. Verwundet sind 25 Personen, darunter Mei Ministerialbeamte und ein General der Artillerie. Das Gebäude ist schrecklich zuge- üchlet. Die Feuerwehrleute sind mit Bergungs arbeiten beschäftigt. Noch ist der Donner der Explosion im Hause Stolypins kaum verhallt, das Blut dec Opfer noch nicht getrocknet, und schon lammt die Nachricht von einem neuen Alten lat, va» diesmal den, dem es galt, .getroffen hat. Der Kommandeur des Semenowschen ^eibregiments ist ermordet worden und zwar in Peterhof, fast unter den Augen des Zaren. Der offiziöse Telegraph meldet aus Peters- durg vom Sonntag: Der Kommandeur des semenowschen Regiments General Minn ist heute abend in Peterhof ermordet worden. Der General befand sich auf dem Bahnhof seiner Familie, als ein junges Mädchen nch ihm näherte und fünf Revolverschüsse auf ihn abfeuerte, die den General in den Rücken irafen. Frau Minn faßte das Mädchen bei der Hand, das sofort verhaftet wurde. Sodann zeigte ine Verhaftete der Polizei eine auf dem Bahn- h»f liegende Bombe und bat, sich in acht zu Nehmen. General Minn verstarb sofort. rerMcke» und Sächsisches — Die 4. Klaffe der 150. Königl. Sächs. Landes-Lotterie wird am 5. und 6. Septem »er gezogen. Hau» walde. Ungeachtet des schlechten Weiters am Sonntag hielt der Handwerker- Verein sein Sommer- bez. Kinocrfest im Gast M zum goldnen Löwen ab. Während die Knaben nach stattgehabtem Umzuge ihre Spiele dennoch im Garten ausführten, vergnügten r '^»<hen ^f vem Saale, dabei jubelnd, sodaß es nicht schren, al» hätte das unauf- yorlrche Naß des Hunmels die frohe Laune er Kmrnr auch nur um etwas beeinträchtigt. , e uns mitgeteilt wird, sind sämtliche „ ""r vom Freihandschützenkiud Röder " den, Bunoesschießen in Plauen i. V. mit Preisen zurückgekehrt. E» sind dies die Herren Baumeister Nitsche und Erwin Rösen in Großröhrsdorf, sowie Bernhard Petzold in Bretnig. Kamenz. Von der Gendarmerie wurde am Montag der in einer hiesigen Fabrik be schäftigte 38 jährige Arbeiter L. au» Wiesa wegen an mehreren schulpflichtigen Mädchen von da begangener sittlicher Verfehlungen ver haftet und an das Königl. Amtsgericht einge liefert. Nach Lem Geständnis der Mädchen soll der unsittliche Verkehr mit L. bereits seil einigen Jahren bestehen. Bischofswerda In den Schießhaus bilken, sowie in der städtischen Waldung sind wiederum Ruhebänke gewaltsam herausgerisssu und vernichtet worden, selbst eine mehrere Zentner schwere Steinvank wurde losgewuchtet und umgeworfen. Die nichtswürdigen Buden sind unbekannt, auf die Ermittelung derselben setzt der Gebirgsverem eine hohe Belohnung aus — Zwangsweise versteigert wurde in Zittau Vas altbekannte Restaurant zur Post. Das höchste Gebot gab mit 185 000 Mk. Hotelbe sitzer Reiche in Dresden ad, der früher Besitzer des Grundstücks war. Auch die Stadt Zittau ließ auf das Objekt bis zu 180 000 Mark Vieten, da die städtische Sparkaffe eine erste Hypothek von 130 000 Mark auf dem Grund- stücke hat, letzteres bei angemessenem Preise event. auch von der Stadt erworben werden soll, zwecks Verbreiterung der Bautzener Straße — Demnächst kommt auch das Hotel Goldene Sonne, eines der ältesten dortigen Hotels, zur zwangsweisen Versteigerung. Dresden. Der Besitzer des Restau rants Vlktoriahaus, Herr Hoffmann, macht bekannt, daß die Preise für Münchner und Kulmbacher Bier auch bei ihm nicht erhöht worden, sondern die alten sind. — Am Freitag entschlummerte sanft ohne oorhergegangenes Leiden in Dresden der älteste Offizier der sächsischen Armee, Major a. D. Castor Freiherr von Kochlizky, in seinem 90. Lebensjahre. Mit ihm ist die Familie v. Kochtizky in Sachsen erloschen; der letzte noch am Leben befindliche Nachkomme lebt außer halb Sachsens und ist kinderlos, — Der bekannte vollbärtige Keffelpauker der Kapelle des Garberciter - Regiments in Dresden ist in Zivildienst getreten. Nach weit über zwölfjähriger Dienstzeit ist er als Portier im Königl. Schlöffe anzestellt worden, nachdem er seit 1895 den Dienst als Pauker versehen. Das Gardeceiter-Regiment sucht natürlich nach einem neuen vollbärtigen Pauker, denn der Vollbart des Kesselpaukers ist eine alte Realgerechtigkeit des Regiments. — Der Betrieb der Heilanstalt Lindenhos in Coswig wirv trotz des Ablebens des Be sitzers, des Herrn Sanitätsrat Dr. Pierson, eine Störung nicht erfahren, nachdem die Leitung der Anstalt schon seit Jahresfrist in den Händen des Herrn Dr. Lehmann ruht, der von jetzt an auch dem wirtschaftlichen Betriebe vorstehen wird. Die Familie des Herrn Dr. Pierson ist entschlossen, die Anstalt rm Besitz zu behalten. — Die Sezierung der drei Leichen der Familie Doberenz in Zeulenroda, die unter Vergioungseischeiuungett kurz hintereinander aus oem Leden schied, ergab, daß es sich um ein: hisrlingsoergiftuug handelt. Man hatte Schierling mit Petersilie verwechselt. Der rraurige Fall mahnt wredec zur größten Vorsicht. Meiße n. In der Sitzung der Stadtver ordneten wurde ein Antrag auf Aenderung des Wahlrechts au» der Mitte des Stadtver- ordnetenkollegiums angenommen. Nach diesem vom Stadtrate gebilligten Anträge werden die Ansässigen und die Nichtansäffigen je nach der Steuerleistung in zwei Gruppen geteilt: Die Ansässigen in die Steuerzahler bis 3000 Mk. und in die über 3000 Mk., uno die Un ansässigen in die Steuerzahler dis 1800 Mk. und in die über 1800 Mk. Auf die niedrigeren Einkommen der Ansässigen entfallen 11, aus die höheren IO Mandate; auf die niedrigeren Einkommen der Unansäffigen 7, auf die höheren 8 Mandats. Der Entwurf wurde gegen die fünf Stimmen der sozialdemokratischen Stadtverordneten angenommen. Oschatz. In tiefste Betrübnis wurde die Familie eines hiesigen Seminaroberlehrers versetzt. Ihr zwölfjähriger Sohn sollte wegen verschiedener DiSziplinarwidrigkeiten in der Schule mit zwei Stunden Karzer bestraft werden. Sei es nun aus Furcht vor Strafe, oder aus krankhaftem Ehrgefühl — Freitag nachmittag gegen */zö Uhr ließ er sich von vem Züge Oschatz—Dresden überfahren. Da- bei wurde ihm der Kops vollständig vom Rumpfe getrennt. — Ein Angestellter des Bankhauses Nuß baum u. Frie.mann in Oschersleben verlor 5 Tausendmarkscheine. Ein Kind fand die Schrine und spielte mit den „schönen Bildern", dis seine Taute den Wert des Fundes er kannte. Das Kind, sowie die Tante erhielten jetzt je 500 Mark Belohnung. Der Verlierer, der unter dem Verdachte der Unterschlagung verhaftet worben war, wurde sofort auf freien Fuß gesetzt. — Dem sicheren Tode entrissen wurde am Mittwoch abend eine Frau auf dem Bahn hofe in Flöha. Kurz vor dem 6,7 Uhr ein führenden Annaberger Personenzug lief eine ältere Frau über das Gleis, auf dem kaum 10 Meter entfernt der Zug heranbrauste, um in Len auf dem zweiten Gleise zur Abfahrt dereitstehenoen Personenzug nach Niederwiesa einzusteigen. Die Frau, eine Witwe aus Niederwiesa, wäre unrettbar verloren gewesen, wenn nicht der diensthabende Assistent, Herr Fritzsche, unter Einsetzung seines eigenen Ledens ins Gleis gesprungen wäre und die schon dem sicheren Tode Geweihte vor der Lokomotive aus dem Gleise herausgeriffen hätte, wobei die heftig widerstrebende Frau und ihr Retter noch zu Falle kamen, glücklicherweise aber so, daß die Oberkörper auf dem Bahnsteig, die Füße hingegen dem Zuge zugewendet lagen. Verletzt wurden beide glücklicherweise nicht. Chemnitz, 24. Aug. Uebelangebrachte Sparsamkeit. Für die Verwaltung des 1^ Millionen betragenden BUndensondS wurde kürzlich ein Diätist bei 2 Mark Tagegeld gesucht und dabei auf einen jungen (!) im Rechnungswesen geübten (!) Kaufmann reflek tiert. Und wenn solch ein junger, schlecht bezahlter Kaufmann ihm anvertraute Gelder unterschlägt und damit abrückt? Chemnitz. Der Höhepunkt des Chem nitzer Bierkrieges kam am Donnerstag hier zum Ausdruck, wo abends nicht weniger als neun große Volksversammlungen stattfanden, die rund 12—13 000 Personen besuchten. Als Tagesordnung war „Der Bierkcieg uno die letzte Antwort der Brauereien" ausgestellt Schon lange vor Beginn der Versammlung mußten die Sale polizeilich geschloffen werden. In allen Versammlungen wurde »ie Fort führung des BreckcregeS und des Boykotts beschlossen und die Entlassung der organisier» ten Brauereiarbeiter von selten der Ringbrau ereien scharf gegeißelt. Die Versammlungen standen im Zeichen der „alkoholfreien" Ge tränke, soweit nicht ringfreie Biere zu alten Preisen zum Ausschank kamen. Döbeln. Man liest soviel von mageren Konkursen, hier hat aber auch einmal ein Konkurs einen die Gläubiger sehr befriedigenden Ausgang genommen. Im Konkurs über den Nachlaß de» Moschinenhändlers und Stadt verordneten Ernst Friedrich können die nicht- bevorrechtigten Forderungen mit 82 Prozent berücksichtigt werden. — Ein Drama imWalde spielte sich Mittwoch mittag bei Leipzig ab. Spaziergänger fanden am Mittwoch nachmittag in der Harth waldung, in der Nähe von Zwenkau, einen jungen Aiann uno ein Mädchen in anscheinend leblosem Zustande vor. Bei näherer Unter suchung stellte es sich heraus, daß die beiden Leute Schußwunden hatten. Der junge Mann war bereits verstorben. Das Mädchen gab noch geringe Lebenszeichen von sich. Auf Grund behördlicher Ermittelungen wurde fest gestellt, daß der Tote der Kaufmann Willy Max Rodert Kräusel ist, geboren am 25. Dezember 1885 in L. - Neuschbnefeld. Er wohnte bei seinen Eltern in L.-Neustadt, Eisen- dahnstraße 27. Das Mädchen ist die Köchin Berta Karoline Johanne Behrmann, geboren am 30. Dezember 1380 zu Brachtstorfer Hütte in Mecklenburg-Schwerin- Sie war in Leip zig in Stellung. Offenbar handelt es sich um ein Liedesdrama. Es rst auzunehmen, daß Kräusel die Waffe zuerst aus das Mäd chen gerichtet und ihm die schweren Verletzungen beigebracht hat. Alsdann gab er auf sich die todbringenden Schüsse ad. Der Leichnam Kräusel» ward der Anatomie überwiesen. Die schwerverletzte Behrmann ward uach dem Krankenhaus St. Jakod in Leipzig üdergesührt, wo sie noch bewustlos darniederliegt. Leipzig, 24. August. Da» Reichsge richt verwais heute die Revision des ehemaligen Landgerichtsrates Blumenberg, der nach teil weiser Aufhebung des ersten Urteils, das auf 5 Jahre Gefänguis lautete, vom Landgericht Beuchen O./S. am 16. Juni wegen Amts vergehens u. s. w. zu einer Gesamtstrafe von 4 Jahren 9 Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Leipzig, 26. Aug. Modern! Die Frau eines hiesigen Verlagsbuchhändler» hatte sich zusammen mit der Gattin eines PostsekcetärS vor Gericht zu verantworten, weil sie mit dieser in einem Schokoladengeschäft die Begriffe von Mem und Dein nicht genau genommen hatte. Al» die VerlagSduchhändlersgattin nun auf der Anklagebank saß, und sich der Gerichtshof zurückgezogen hatte, um üver sie jein Urteil zu fällen, langte sie aus ihrer Lasche nicht etwa das Taschentuch heraus, um ihre Tränen zu trocknen, sondern einen — Roman, um sich — die Langeweile zu vertreiben. Dieses etwas eigenartige Be nehmen zog ihr eine ernste richterliche Rüze zu. Im übrigen kamen beide Langfinger um vre Strafe herum, da die Sache iu der Be- rusungsinstaiiz Nicht als Diebstahl, sondern als Geliußmittuentwenoung bewertet wurde, und hierzu kem Strafantrag vorlag. Nossen. Von dem vormittags 3 Uhr 11 Mui. voa Brenenmühle—Freiberg hier euU'-rsseiwen Pe.sonenzug ist Freitag zwischen Zellwald uno hier em älterer unoekannrec Mann überfahren und getötet worden.