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Allgemeiner Anzeiger : 14.04.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190604143
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19060414
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1906
-
Monat
1906-04
- Tag 1906-04-14
-
Monat
1906-04
-
Jahr
1906
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.04.1906
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politische Aunäfckau. Deutschland. * Der Kaiser wird zur Besichtigung der neuen Befestigungsanlagen am 18, Mai in Diedenhofen eintreffcn. * Der Kaiser Hai für die aus Anlaß der Kaisermanöver in den einzelnen Pro- vinzen Jahr für Jahr wiederkehrenden Feste danken lassen. Das Oberhofmarschallamt hat dieser Tage dem schlesischen Provinziallandtag auf eine Anfrage einen in diesem Sinne ab lehnenden Bescheid zugehen lasten. * Das Befinden des Reichs kanzlers Fürsten v. Bülow gibt nach wie vor zu keinerlei Klagen Anlaß; der Fürst wmmt an den Tagesereignissen und an ver schiedenen dienstlichen Angelegenheiten regen Anteil. * Wie verlautet, soll mit der Vorlage über die Entschädigung lür Reichstaas abgeordnete eine Änderung der Ver- fassungsbestimmung über die Beschluß fähigkeitsziffer verbunden sein. *Die elsaß-lothringische Lan des-Versicherungsanstalt bewilligte vier Millionen Mark für Erbauung von Arbeiter wohnungen. Österreich-Ungar«. * Der Kaiser FranzJosepH empstna den früheren Ministerpräsidenten Freiherrn von Fejervarh sowie die zurücktretenden Minister einzeln in Abschiedsaudienz und sprach ihnen seine Anerkennung aus. * Im Amtsblatt wird die Enthebung sämtlicher königlicher Kommissare und ein Handschreiben des Kaisers bekannt gegeben, durch das der Reichstag für den 19. Mai einbenffen wird. Gleichzeitig erscheint ein Erlaß deS Ministers des Innern, der die Abhaltung der Wahlen vom 29. April bis zum 8. Mai anordnet. * Ministerpräsident Wekerle erklärte in einer Unterredung, die jetzige Regierung sei -war bloß ein Übergangs-Kabinett, er hoffe aber doch, daß sie Ersprießliches leisten und das Einvernehmen zwischen dem König und der Nation werde befestigen können. Unter richtsminister Graf Npponyi äußerte, die Fragen, deretwegen der Kampf ausgebrochen, seien nicht gelöst worden, sondern in der Schwebe ge blieben; doch ließen die Aufrichtigkeit und der ehrliche Wille, die bei der Bildung des über- gangskabinetts geherrscht hätten, hoffen, daß auch die endgültige Lösung der Militär fragen gelingen werde. * Unter dem Vorsitz des Sektionschefs im Finanzministerium Gruber in Wien fand eine Konferenz statt, an der auch der Direktor der Kreditanstalt Blum, der Prokurist des Bankhauses Rothschild und der Direktor der Bodenkreditanstalt Tausfig teilnahmen. Wie verlautet, handelt es sich um die Grundlagen für die in Paris einzuleitenden Verhandlungen über die Beteiligung des österreichischen Kapitals an der russischen Anleihe. Frankreim. * Zwischen dem französischen Arbeitsminister Barthou und den Ministern Clemenceau undThomson soll wegen der gegen die StaatS- ingenieure eingeleiteten gerichtlichen Untersuchung aus Anlaß des Grubenunglücks in Couwöres ein scharfer Zwist ausgebrochen sein. *Bei der Besprechung des Marine- Etats hielt Admiral de Cuverville die Flotte für ungenügend, um im Falls eines Krieges in wirksamer Weise ihre Aufgabe lösen zu können. Redner wünschte Vermehrung der Panzerschiffe und meint, man müsse sich auch den Vorsprung, den man anderen Mächten gegenüber bezüglich der Unterseebote und Tauch boote besitze, erhalten. Marineminister Thomson erwiderte, es sei Sache des Landes und der Regierung, die Flotte auf der Höhe zu er halten. * Die Bergwerksgesellschaften von Courriöres haben beschlossen, die Hauptforderungen der Arbeiter zu bewilligen. *An der belgisch - französischen Grenze dauern die Feindseligkeiten der fran- § zöfischm Arbeiter gegen die in Frankreich Arbeit suchenden belgischen Bergleute fort. Zu deren Schutz wurde ein Sonderzug mit Begleitung von Gendarmen ab gelassen. Mr 120 Bergleute benutzten ihn, da die andern die Rache der französischen Kameraden fürchteten. Enstlarrd« * In schriftlicher Beantwortung einer An frage über die zweite Haager Friedens konferenz sagte Premierminister Campbell- Bannerman: „Ich kann nicht sagen, ob es durchführbar wäre, bestimmt bezeichnete Vor schläge wegen der Beschränkung der Rüstungen zu machen; doch verfolgt dis englische Regierung die Angelegenheit mit dem teilnahmsvollsten Interesse." Italien. * In dem großen, prächtig geschmückten Saale des Palazzo Colonna in Rom wurde am Montag der Wellpostkongreß er öffnet. Der Staatssekretär des Deutschen Reichs- Postamts Krütke schlug zu Ehrenpräsidenten den Minister Baccelli und den Unterstaatssekretär Morpurgo im Ministerium sür Post und Tele graphen und zum Präsidenten den General direktor Gamond in demselben Ministerium vor. D'ese Vorschläge wurden einstimmig an genommen. Äthiopien ist durch den Direktor der Kolonialabteilung in dem italienischen Ministerium des Auswärtigen, Agnesa, vertreten, der mitteilte, daß Äthiopien dem Weltpost verein beizutreten wünsche. Spanien. * Die Mehrzahl der Teilnehmer an den Verhandlungen von Alge ci^as begab sich am Montag nach Madrid, um von dort in die Heimat zmückzukehren. * Nach einer Meldung aus Ceuta reist eine Studiengesellschaft von Deputierten, Ingenieuren und Journalisten, die von dem früheren Minister Villanueva organisiert ist, nach Marokko ab, um die Herstellung einer Verbindung zwischen Ceuta und Tetuan zu be schleunigen. (Man beginnt bereits durch die „offene Tür" zu schlüpfen!) R«ßla«d. * Die Opposition errang auch in Moskau einen glänzenden Sieg. Sämtliche 160 Wahl- mäuner der Stadt Moskau gehören der kon stitutionell-demokratischen Partei an. Auch die ersten Wahlen von Duma-Mit gliedern in 28 Gouvernemknis ergaben fast lauter Demokraten. Von sechs Abgeordneten, welche vom Gouvernement Moskau in die Reichsduma gewühlt wurden, gehören zwei der konstitutionell-demokratischen Partei, zwei den Krrtcllparteien des Zentrums und zwei den Konservativen an. Während man sich so um die Wahlen bemüht, Haden sich die Revolutio näre ein ganz neues Feld ihrer Tätigkeit ge sucht. Mit ihrer Hilfe gelang es nämlich 36 politischen Gefangenen, aus dem Peters burger TranSportgesängnis Zu entkommen. Von de» Flüchtigen und ihren Helfern fehlt jede Spur. Balkaustaaten. *Die griechischen Kammerwahlen find bisher zugunsten der Regierungspartei ver laufen. In mehreren Ortschaften sanden dabei blutige Zusammenstöße statt. Amerika. *Die Besprechung zwischen den Vertretern der nordamerikanischen Kohlen grub e n b e s i tz e r und der Bergarbeiter ist auf Verlangen der Unternehmer verschoben worden. Es verlautet, daß die ersteren ihre anfänglichen Zugeständnisse aus nicht erkenn baren Gründen wieder eingeschräntt haben. *Jm Auftrags des Staatsdepartements hat sich der amerikanische Gesandte in Havana, Morgan, mit dem Auswärtigen Amte von Kuba ins Benehmen gefetzt und mit diesem einen neuen Gegenseitigkeits - Vertrag entworfen, der dem gegenwärtig tagenden Kongreß unterbreitet werden soll. ' Afrika. * Nach einer Meldung aus Tanger (Marokko) wurde dort große Aufregung hervorgerufen durch eine Kundgebung von Mauren gegen den französischen Unternehmer, der mit dem Bau einer Wasserleitung für die Stadt begonnen hat. Der Gouverneur sah sich gezwungen, die b ew affn et e M s ng e durch Truppen zerstreuen zu lassen. Angeblich ge schah dis Verhinderung auf Veranlassung des Sultans, den man nicht um Erlaubnis zum Beginn der Arbeiten gefragt hatte. Daß der Herrscher von Marokko gefragt zu werden wünscht, wird man ihm nicht verübeln, die Art aber, wie er seine Wünsche zum Ausdruck bringt, muß Befremden erregen. Asten. *Zu den asiatischen Reichen, dis — sicher lich unter dem Eindruck der Erfolge Japans — danach streben, entschiedene Reformen in ihrem Militärwefen vorzunehmen, scheint sich auch Siam gesellen zu wollen. Die Regierung hat beschlossen, aut Grund des Ge setzes der .allgemeinen Wehrpflicht" die Armee auf 200 000 Mann Kriegsstärke zu bringen. Vorläufig allerdings lehnt sich das Volk gegen den Militarismus noch energisch auf. Klus ärr fluckt vor» äem feuer ström. Unaufhaltsam dringt die verderbenbringende Feuerflut vor, die der donnernde Vesuv hsraus- schleudert. In vielen Ortschaften hat das fl eßende Feuer Kirchen und Schulen zerstört und in den blühenden Wsinorten am Fuße des Berges sieht es trostlos aus. Auf 400 Meter Breite ist alles ein einziger rauchender kochender Fsuerstrom, der unersättlich alles verschlingt, was er auf seinem unheilvollen Wege trifft. Flüchtlinge bestätigen, daß in Oitajano achtzehn Häuser und fünf Kirchen einstürzten, sowie daß eme Glashütte in Fiammen aufgmg. Auch der Dom S. Michele brach unter dem Druck der Lavamaffen zusammen, die ihn mit feurigen Ringen erdrosselten. Viele Kunstschätzr gingen mit ihm zugrunde. In der ganzen Umgebung dmiert der Sandregen, der auf vielen Dächern halbhoch liegt, fort, so daß auch dort die Einsturzgefahr immer größer wird. Unter der selben Geisel haben die entfernter liegenden Ortschaften zu leiden. Es fehlt jede Nachricht über den Verbleib von 90 Kindern aus der Klosterschule von Ottajaiio, die zerstört ist, und aus der die Kinder auf die Felder flüchteten. — Der Feuerregen hat bereits mehrere Opfer an Menschleben gefordert. In San Giuseppe find fünf Personen getötet und elf verwundet worden. Der Schrecken ist so groß, daß der Zug von San Giovanni nach Teduccio, in dem sich über 1000 Flüchtlinge befanden, auf der Station verlassen wurde, weil die Maschinisten und Heizer, von dem Aschenregen in Angst verfetzr, flohen, und die Weichensteller infolge der Finsternis nicht arbeiten können. Infolge des Aschenregens ist die Bahnlinie von Neapel nach dem Süden unterbrochen. Auf die Nachricht, daß in BoScotrecase, das bereits am Sonntag völlig ein Raub des rasenden Elementes wurde, über 10 000 Menschen ob dachlos find, eilten der König und die Königin von Italien in der Nacht nach Neapel, um die Un- giücksstätte zu besichtigen. Auch der Papst ließ sich eingehend über das Unglück berichten und ent schloß sich, ebenfalls den Ortdes Schreckens aufzu suchen. Auf Veranlassung des Königspaares wurde sofort eine umfangreiche Hilfeleistung sür die armen Obdachlosen ins Werk gesetzt. Finanz- MinisterSalardra und Unterstaatssekretär Denava haben im Emverständnis mit dem Präfekten und Provinzialsteuerdirektor beschlossen, die Zahlung der Mitte April fälligen Steuern in den durch den Vesuvausbruch betroffenen Ge meinden zu stunden. Die letzten Nachrichten besagen übrigens, daß die Kraft des Ausbruchs gebrochen er scheint. Zwar wirft der Hauptkrater noch immer ungeheure Aschenwolken gen Himmel, doch ist zu hoffen, daß die Lava stehen bleibt und somit das Zerstömngswerk der feurigen Ströme beendet sein wird. Hundert Menschen aber find von dem flüssigen Feuer dahingerafft, der Fleiß von tausenden fleißiger Hände ist zerstört und über 10 000 Menschen find vor läufig auf dis Mildtätigkeit ihrer Mitmenschen angewiesen. Da schaut der stolze Mensch kleinlaut A die gewaltige Natur und senkt das HE vor ihren rätselvollen Geheimnissen «—»H—— Von uns fern. Dis Berguugsarbeitea bei dem sunkenen Torpedoboot „8 ISS" find le« einigen Tagen unter der Leitung von Inspektor Hein des Nordischen Bergungsvereins in volle» Umfange wieder ausgenommen worden M schreiten infolge des günst'gen Wetters M schnell vorwärts. DisVoruutersuchuvg gegen de« Raub' mördee Heomg ist so weit gediehen, daß die Verhandlung vor dem Schwurgericht Polsda» bereits im Mai stattfinden soll. Der ProB erstreckt sich zunächst auf die Ermordung d" Kellners Giernoth und alle mit dem Mord «» Zusammenhang stehenden Taten. X Während einer GtrafkammerfitzaH vom Schlage getroffen wurde in Neustadt (Oberschlefien) der Vorsitzende, Amtsgerichts^ Schauschov. Der Bedauernswerte, der bewußt los in seinen Sessel zurückfiel, wurde sE mittels Wagens nach seiner Wohnung gebrE wo er bald darauf verstarb. Der VersioE war Aufstchtsrichter am dortigen AmtsgE und Hauptmann der Reserve; er erfreute st« allgemeiner Beliebtheit. Automobilnxfall! In Solingen wuA ein Fußgänger von einem Automobil erfaß- gegen eine Hausecke gepreßt und tödlich verlG trotzdem der Lenker des Fahrzeugs sich bernM auszuweichen. Außerdem wurde ein Kind rM fahren und schwer verletzt. Die Insassen N zum Teil aus dem Wagen geflogen und HE dabei Verletzungen erlitten. x Verunglückter „Kanonenkönig". Ei» schwerer Unfall ereignete sich dieser Tage Stadttheater zu Thorn, als der MaschinenmeW Wolff gelegentlich der Probe zu „Eine tE Nacht" nochmals den Kanonenschuß, bekannt^ die Glanznummer in dem S ück, probiere» wollte, und sich selbst aus dem Geschütz schießt» ließ, riß die Leine, an der er in die Höhe A zogen wurde. Er stürzte aus beträchtlicher HA in das Orchester hinab. Der Verunglückte, ^ kurze Zeit besinnungslos war, trug bei de» S urze außer einer Gehirnerschütterung sOv^ Verletzungen am Kopse davon und mußtr soft» das Krankenhaus aufsuchen. X Verhaftung eines unredliche« Post' Vorstehers. Unter dem Verdacht der UntA Wägung amtlicher Gelber in vorläufig A w'ttelter Höhe von etwa 3000 Mk. ist de Postvorsteher Nehring in Wilhelmsbrück A Ostrowo vom Amte suspendiert und bald dE verhaftet worden. Eine Anzahl Einwohner » Adelnau, wo Nehring früher amtlich tätig VA ist durch ihn empfindlich geschädigt worden, er im Laufe von acht Jahren von verschieden»» Vereinskaffen ukw. Wechseldarlehen im Gesa»» betrage von 18 000 Mk. mit deren Giros a»i genommen hat. X Die Bewachung der beidr« Mllitb' rische« Raubmörder Rosinski und Gepp^ dievom Kriegsgericht inPosen zum Tode veru^V wurden, istinletzierZeit erheblich verschärftwordA um einen etwa beabsichtigten Selbstmord vereiteln. Vor den beiden Zellen der urteilten ist ständig ein Posten mit Vft gepflanztem Seitgewehr ausgestellt, der dM die in den Zellentüren befindlichen Gucklös» die Insassen abwechselnd zu beobachten dH Za diesem Zwecke werden die Zellen währA der ganzen Nacht durch je eine Gasflamme leuchtet. x Bo« einem EiSblock erschlag««. Ausübung seines Seemannsberufes tödlich vA unglückt ist im Hafen zu Leer in Ostfriesl»»; der 18 jährige Sohn Max des Fabrild reE Riemer aus Wolgast i. P. Bei BeausE gung der Entladung eines Schiffes fiel ihm Schiffsraum ein Eisblock mit solcher Wucht A den Kopf, daß er einen Schädelbruch erlitt, bald darauf zum Tode führte. Die Leiche »» Unglücklichen ist auf Veranlassung der E hörigen nach Wolgast übergesührt worden, « in der Familiengruft die Beisetzung stattfand. N Vie letzte Arte. ILs Roman von Karl Schmeling. K-rtl-tzung.) Der Jurist hatte einen Hekratsvertrag auf gesetzt, welchen er den Beteiligten zur Durch ficht vorlegte. Ausstellungen waren nicht zu machen, das Geschäft nahm daher nur kurze Zeit in Anspruch. Luise, Weilmann und Reuser unterzeichneten, die beiden anwesenden Werk- führer taten dies als Zeugen jenes Aktes. Der Notar schloß die Urkunde ab, überreichte sie, wünschte den Verlobten alles mögliche Glück und empfahl sich. Die beiden Werkführer schickte Reuser mit dem Bemerken fort, daß er und das Brautpaar bald nachkommen würden. „Mein lieber Weilmann," wendete der Fabrikherr sich dann an den glücklichen Bräuti gam, „meine Familie ist etwas größer, als es auf den ersten Blick der Fall zu sein scheint. ES zählen zu derselben nämlich alle Leute, die ich in der Fabrik beschäftige, sowie deren Ange hörige. Alle Feste, welche ich und die Meinigen bisher gefeiert haben, wurden stets von den Arbeitern mitbegangen. Andre Elemente waren ausgeschlossen. Wir bildeten eben eine Welt für unS. Dies soll auch für heute gelten. Die Leute haben einen freien Tag und find meine Gäste. Wir werden mit ihnen speisen und ihre Vergnügungen teilen. Sie müssen fiÄ schon den Gewohnheiten eines alten Handwerkers anzuschmiegen suchen; es ist vielleicht etwas schwer, w rd aber wohl gehen. Eine glänzende Hochzeitsfeier muß ich natürlich meiner einzigen Tochter ebenfalls ausrichten. Bei dreser Ge legenheit mögen Sie über die einzuladenden Personen mitbestimmen. Für diesmal müssen sich unsre gegenseitigen Verwandten mit der bereits abgeschickten Verlobungsanzeige be gnügen." „Mr ist jede Ihrer Anordnungen recht, Papa," antwortete Weilmann, indem er Reuser zum erstenmal so nannte. „Ich habe keine Veranlassung, Einwürfe zu machen." „Mn, so kommt, Kinder, man wird uns erwarten," schloß Reuser und alle drei begaben sich nach den Fabrikanlagen. Der große innere Hof derselben war in einen Blumengarten verwandelt worden. Die überall angebrachten Lampen deuteten an, daß derselbe am Abend erleuchtet werden sollte, was in Verbindung mit den ringsum erleuchteten Fenstern der Gebäude einen großartigen Anblick darbieten mußte. Die großen Arbeitssäle der gewaltigen Fabrikgebäude waren ausgeräumt worden. An die Stelle der Maschinen, Werkzeuge, Arbeits gerätschaften und zu verarbeitenden Stoffe waren reich mit Blumen geschmückte Tische und Bänke getreten. Auch die Wände der Säle waren mit Blumen und entsprechenden Wavpen- schildern reich geschmückt worden. Die Tische waren gedeckt und mit dem nötigen Geschirr versehen worden. Gegen zweitausend Menschen sollten hier heute gespeist werden und ein kleines Heer von Auswärterinnen stand bereit, dieselben zu bedienen. Die sämtlichen Beamten und Arbeiter Musers waren vor den Gebäuden im Hofe auf gestellt worden: Männer, Frauen und Kinder in bunter Reihe durcheinander. Sobald sich Reuser mit dem jungen Paare zeigte, brach ein langanhaltender Jubel los, zu welchem ein MufikkorpS seine Töne erklingen ließ. Auf dem einen Flügel der Gesellschaft befand sich ein Trupp Soldaten. Der Kommerzienrat wendete sich lächelnd an Werlmann. „Damit Sie nicht gänzlich das „zweierlei Tuch" vermißten, lieber Sohn," sagte er, „habe ich auch meine Einquartierung geladen." Reuser behielt nämlich im Gegensatz zu andern reichen Leuten der Stadt, welche ihre Einquartierung auszumieten pflegten, dieselben auf seinem Grundstück. In der Regel befanden sich ein Sergeant und zwölf Dragoner bei Reuser im Quartier. Der Sergeant trat den Herrschaften näher, um in seinem und der Dragoner Namen dem Brautpaare seine Glück wünsche darzubringen. „Ich danke Ihnen, lieber Seeger," sagte der Leutnant, dem Manne die Hand reichend; „es freut mich ungemein, bei diesem Feste Kameraden zugegen zu wissen." Als sich der Jubel gelegt hatte, sprach auch Reuser einige Worte des Dankes für alle und dann wurde zu Tische gegangen. Nach dem Mahle folgte zwanglose Unterhaltung. Das Brautpaar bewegte sich während dieser Zeit in den verschiedenen Sälen unter den Arbeitern umher. Etwas später wurden die Vorbe reitungen zu Tanzvcrgrügungen getroffen; mü der hergcstellten Festbeleuchtung nahmen auch jene ihren Aniang. Während sich Tausende innerhalb der Fabrikgebäude auf diese M-ise ergötzten, umgaben andre Tausende das Werk als Zuschauer. Die Festfreude war im schönst^ Gange, als plötzlich Friedrich, der Bursche d^ Leutnant von Weilmann, erschien und sein«» iöerrn den Befehl überbrachte, sofort zw» Obersten zu kommen. „Das hat nichts Gutes zu bedeuten," sE Weilmann, während er sich zum AufbrrE rüstete; „der Oberst ist heute schon sehr ftR nach der Hauptstadt gereist." „Lassen Sie sich durch nichts die Stimmt verderben, lieber Sohn," mahnte der KoV' merzienrat. „Mag kommen, was da will, uw wäre es lieb, Sie erhielten schon morgen ZW Entlassung, gleichviel aus welchem Giunde." Weilmann verabschiedete sich von der etwa« ängstlich gewordenen Braut und erlaubte seines» Burschen Friedrich, sich an dem Feste zu b? teiligen. Sodann eilte er davon. Daß der Leutnant bet sein m jetzigen Gang» durch die Stadt nicht ganz ruhig war, ist leE begreiflich. Wenn er auch keinen Befürchtung» Raum geben wollte, so war doch gewiß, daß Wichtiges vorliegen mußte, weil ihn Marschau Kanonendonner ohne weiteres von der Feie» seiner Verlobung, über deren Anordnung del alte Herr in Kenntnis gesetzt worden war, ab' rufen ließ. Weilmann nahm sich indessen vor, der Mahnung seines zukünftigen Schwieger' Vaters eingedenk zu bleiben und alles mit Ruh» zu »rtraren, was ertragen werden mußte. Sobald der alte Veit Kunz, der Diener de» Obersten, ein nicht minder drolliger SonderlinS als sein Herr, den Leutnant in das Zimm»» desselben eingelassen hatte, wußte WeilmaNü auch schon, was seiner wartete.
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